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Arbeiten im Reallabor Bottrop
Stand: März 2018
Im Rahmen des Verbundprojekts „Bottrop 2018plus“ wurde mit der Wirtschaftsallianz Bottrop (WiAll) eine neuartige Plattform geschaffen, in der Bottroper Unternehmen, städtische Institutionen und andere Akteure der Stadtgesellschaft gemeinsam in einem offenen Prozess die Zukunft des Wirtschaftsstandortes gestalten. Die WiAll ist dabei in drei zukunftsträchtigen Handlungsfelder aktiv, welche in Bottrop von besonderer Relevanz sind:
»Kooperative & digitale Produktion im Handwerk«, »Nachhaltige Unternehmensgründungen«
und »Handel der Zukunft«. In vier Reallaboren werden die gemeinsam erarbeiteten Strategien und Leitlinien einer nachhaltigen und resilienten Entwicklung der Wirtschaftsstruktur in konkrete Maßnahmen und Aktivitäten umgesetzt.
Was verstehen wir unter dem Begriff Reallabor innerhalb des Projekts Bottrop 2018plus?
Ein Reallabor ist ein Experimentierraum, in dem Veränderungsprozesse angestoßen und innovative Vorhaben ausprobiert werden können. Diese Vorhaben nennen wir
Realexperimente. Das Reallabor bietet Realexperimenten den nötigen Schutz, ergebnissoffen innovative Lösungsansätze zu erproben. Auch ein Scheitern kann zu nützlichen Erkenntnissen führen. Ein zentraler Bestandteil des Reallabors ist es, neue Formen der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren zu erproben. Das hier erworbene Wissen der Akteure soll zu einem resilienten und nachhaltigen Ansatz führen. Beteiligte im Reallabor haben die Chance, von Beginn an der Konzipierung des Vorhabens mitzuarbeiten und den Prozess
mitzugestalten. Außerdem macht die Alltagserfahrung der Beteiligten sie zu Experten mit wertvollen Ideen, um eine nachhaltige Entwicklung anzustoßen.
Was soll das Bottroper Reallabor erreichen?
Ziel der Bottroper Reallabore ist es, einen Bewusstsein- und Verhaltenswandel zu bewirken.
Sie sind »Kristallisationspunkte« der Transition hin zu einer nachhaltigen und resilienten Wirtschaftsstruktur am Standort Bottrop. Dabei geht es nicht darum, feste Vorgaben zur Nachhaltigkeit umzusetzen, sondern nachhaltige Praktiken zu erproben, die mit einer Vielfalt verschiedener Lebens- und Arbeitsweisen kompatibel sind. Alternativen sollen aufgezeigt werden, die zu einer Veränderung der Ansichten und Routinen anregen sollen. Durch eine lösungsorientierte Zusammenarbeit können bestehende Barrieren aufgebrochen werden. Die Erfahrungen, die im Reallabor gemacht werden, stellen einen Innovationsvorrat dar.
Wie wird innerhalb des Reallabors gearbeitet?
Ausgangspunkt der Reallabore als operative Ebene, bilden die im Rahmen der Strategischen Allianzen definierten Leitideen, Ziele, Indikatoren und Instrumente. Drei wichtige Punkte sollen während der Arbeit in den Bottroper Reallaboren beachtet werden. Es soll
ergebnisoffen gearbeitet werden, das bedeutet es darf nicht erwartet werden, dass am Anfang schon feststeht, was am Ende herauskommt. Der Prozess soll flexibel und lernfähig gestaltet werden. Hindernisse sollen thematisiert und aus den Erfahrungen gelernt werden.
Es soll also möglich sein, während der Umsetzung den Ablauf anzupassen. Ein weiterer Punkt
2 ist es, für alle Akteure einen einfachen Zugang zum Reallabor zu ermöglichen, um partizipativ
zu arbeiten. Jeder soll die Möglichkeit haben sich in das Vorhaben einzubringen. Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen, da die Akteure unterschiedliche Rollen an verschiedenen Stellen der Konzipierung, Umsetzung und Auswertung der Reallabore einnehmen können.
Mittels des eigens entwickelten Planungsinstruments ist es den Akteuren des Reallabors möglich, strukturiert über Abhängigkeiten, Zielkonflikte und Wirkung der Reallabore zu diskutieren. Auch die Projektleitplanken der Nachhaltigkeit und Resilienz
(Widerstandsfähigkeit) am Standort Bottrop können mit diesem Instrument systematisch betrachtet werden. Es dient als Planungshilfe und ist eine Methode, die von den
Projektpartnern mit den Akteuren gemeinsam durchgeführt wird.
Was sind mögliche Rollen der einzelnen Akteure innerhalb des Reallabors?
Die Akteure können unterschiedliche Rollen während des Reallaborprozesses annehmen, diese können variieren.
Geschäftsstelle
Prozessbegleiter
o Initiierung und Begleitung von Reallaboren
o Ermöglichung der Vernetzung verschiedener Akteure
o Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Sektoren o neutrale Vermittlung zwischen verschiedenen Interessen von Beteiligten
Unterstützer
o Entwicklung und Durchführung von Diskurs- und Beteiligungsformaten o Bereitstellen von Informationen z.B. Statistiken und Behördenwissen zu
Prozessen Wissenschaft
Begleitung und Beforschung von Realexperimenten
Weitergabe von Expertenwissen
Vermittlung von Knowhow zur Selbstbeforschung an Praxisakteure
Wirtschaft (Unternehmen am Standort)
Pionier
o Initiierung, Mitgestaltung und Durchführung von Realexperimenten
o Entwicklung und Umsetzung von technischen und/oder sozialen Innovationen, die einen Beitrag zu einer nachhaltigen und resilienten Wirtschaftsstruktur leisten
Unterstützer
o Sponsoring von einzelnen Maßnahmen bei der Umsetzung von Realexperimenten
o Unterstützung durch z.B. Bereitstellung von Ressourcen
Visionär
o Bereitschaft für den Diskurs vor Ort und die Teilnahme an Beteiligungs- und Meinungsbildungs-Prozessen, z. B. Workshops zur Entwicklung von
Nachhaltigkeitsvisionen
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Experte
o Durch eigene Alltagserfahrungen werden Unternehmen zu Experten und können Vorhaben bewerten und ihre Erfahrungen teilen
Politik und Verwaltung am Standort
Ermöglicher
o Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für Realexperimente
Fürsprecher
o öffentliche Befürwortung des Ansatzes von Reallaboren o Teilnahme an Veranstaltungen
Wie kann ein Reallabor ablaufen?
Ein Reallabor kann unterschiedliche Formen annehmen und je nach Zweck und Erkenntnisziel variieren.
1. Zu Beginn werden Visionen und Ideen, die Veränderungen zu Routinen und
Verhaltensweisen bieten, einen Nachhaltigkeitsnutzen erfüllen und einen Beitrag zur Resilienz leisten, zusammengetragen.
2. Die Ideen werden unter bestimmten Forschungsfragen zu Reallaboren entwickelt. In einem Reallabor werden Realexperimente entwickelt und alle nötigen Beteiligten einbezogen. Ein konkreter Zeitplan wird erstellt, Aufgaben und Arbeitsschritte
definiert und ggf. Materialien und Geräte beschafft. Außerdem wird festgelegt, woran der Erfolg der Realexperimente und des Reallabors gemessen wird.
3. In der Umsetzungsphase der Reallabore, werden die einzelnen Realexperimente umgesetzt. Der konkrete Ablauf der Realexperimente kann während des Verlaufs weiter angepasst werden. Dieses sollte geschehen sobald sich Rahmenbedingungen ändern oder sich unvorhersehbare Wirkungen ergeben, die im weiteren Verlauf beachtet werden müssen, um nützliche Erkenntnisse zu erzielen.
4. Während der Umsetzung werden wissenschaftliche Erhebungen und Untersuchungen über die Wirkung des Reallabors gemacht.
5. Während und zum Ende der Reallabore werden diese ausgewertet.
6. Es gibt vier Möglichkeiten, die nach Abschluss der Reallabore passieren können.
a. Die gewonnenen Erkenntnisse werden zu Handlungsempfehlungen verdichtet, die eine Verwertung des genierten Wissens und der Erfahrungen in
unternehmerische Praktiken erlauben.
b. Im Falle einer positiven Auswirkung, werden die erprobten Praktiken weiter angewandt.
c. Wenn die Wirkung noch verbessert werden kann, kann das Reallabor oder das Realexperiment überarbeitet werden und erneut getestet werden.
d. Die erprobten Praktiken haben sich als nicht zielführend erwiesen und werden verworfen oder weiter angepasst.