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Hauptgrund ist das zäh verhandelte WTO-Rahmenabkommen

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I 215/2004 VOL 9. März 2005 43C Interpellation

0875 Oesch, Eriz (SVP)

Weitere Unterschriften: 22 Eingereicht am: 06.09.2004

WTO-Rahmenabkommen – Schreckgespenst für die Landwirtschaft

Die Schweiz als kleines Binnenland ist auf einen gut funktionierenden Welthandel angewiesen. Ebenso ist auch eine intakte Landwirtschaft unabdingbar, wollen wir nicht auch sichere Nahrungsmittel und die Landschaftspflege und die Aufrechterhaltung der dezentralen Besiedelung gemäss Verfassungsauftrag verzichten. Die Bevölkerung schätzt die Leistungen.

Der Bauernstand ist momentan sehr verunsichert und beunruhigt. Hauptgrund ist das zäh verhandelte WTO-Rahmenabkommen. Es verlangt den längerfristigen Abbau der Exporthilfen sowie eine drastische Reduktion der Zölle. Man braucht kein Hellseher zu sein, um den Zerfall in der Landwirtschaft als Folge der Billigimporte voraus zu sehen. Die Tatsache, dass selbst wenn die Landwirtschaft ihre Produkte gratis abgeben würde, die Schweizer-Konsumenten mehr dafür bezahlen müssten, als in anderen Ländern, zeigt, auf welch verlorenem Posten die Landwirtschaft heute steht.

Fragen:

• Welche Auswirkungen auf die bernische Landwirtschaft erwartet die Regierung bei der Umsetzung des WTO-Rahmenabkommens?

• Was bedeutet diese Umsetzung für unsere Berglandschaft, insbesondere auch bezüglich der Reduktion oder Aufhebung der Exportbeiträge für Zuchtvieh?

• Geht die Regierung davon aus, dass die bernische Wirtschaft und insbesondere das Gewerbe von den WTO-Rahmenabkommen profitieren können?

Es wird Dringlichkeit verlangt Abgelehnt: 09.09.2004

Antwort des Regierungsrates

Der Regierungsrat teilt die Beurteilung des Interpellanten bezüglich der Bedeutung eines gut funktionierenden Welthandels. Die Exportabhängigkeit gerade auch der Berner Wirtschaft ist offensichtlich. Der Regierungsrat hat sich beim Bund in verschiedenen Stellungnahmen für eine multifunktionale Landwirtschaft in der Schweiz resp. für die Verbesserung der völkerrechtlichen Basis bei den "nicht handelsbezogenen Anliegen"

ausgesprochen.

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Am 1. August 2004 haben sich die 147 Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) auf ein Rahmenabkommen für die Fortführung der Verhandlungen der Doha- Welthandelsrunde geeinigt. Bei der Schweizer Verhandlungsdelegation dominierte damals die Erleichterung darüber, dass ein erneuter Misserfolg der WTO vermieden werden konnte. Laut ihrer Beurteilung berücksichtigt das Abkommen die Interessen aller Sektoren der Schweizer Wirtschaft. Der Handelsbeauftragte hielt fest, dass es kein „Bauernopfer“

war.

Der Regierungsrat schätzt im Bereich Landwirtschaft das WTO-Rahmenabkommen vorläufig wie folgt ein: Das zäh verhandelte Abkommen ist für die Landwirtschaft punkto Zollabbauverpflichtungen sehr herausfordernd. Sie wird jedoch dadurch vorerst nicht in ihrer Existenz bedroht. Wichtig ist, dass die Schweiz die bisherige Stossrichtung in der Agrarpolitik grundsätzlich fortführen kann, zumal unser multifunktionales Green Box- Programm (das Fundament für unser Direktzahlungssystem) von der WTO voraussichtlich weiterhin akzeptiert wird. Der Regierungsrat ist sich aber bewusst, dass der eingeleitete Strukturwandel in der Landwirtschaft weitergehen wird.

Zugleich ist das WTO-Rahmenabkommen für die exportorientierten Branchen im Kanton Bern von grosser, existenzieller Bedeutung. Ohne Exportmöglichkeiten würde die Wirtschaftskraft des Kantons Bern deutlich geschwächt, was sich sehr negativ auf die Binnenwirtschaft auswirken würde.

Antwort zur Frage 1:

Das WTO Rahmenabkommen Landwirtschaft beinhaltet in drei zentralen Punkten folgende Vorgaben:

1. Abbau des Grenzschutzes

• Abgestufte Zollabbauformel, wobei höhere Zölle stärker zu reduzieren sind

• Flexibilität beim Zollabbau einer bestimmten Anzahl sensibler Produkte; erfordert jedoch Kompensationsleistungen

• Abbau der Zölle nach Produkten (nicht nach Tariflinien) 2. Abbau der handelsverzerrenden Inlandstützung

• Abgestufte Abbauformel, wobei Länder mit höherem Stützungsniveau stärker zu reduzieren haben

• Reduktion der internen Stützung um 20% bei Inkrafttreten

• Der Abbau erfolgt auf der Basis des notifizierten Niveaus

• Produktspezifische Obergrenze

• Kriterien der Green Box (Stützungsmassnahmen, die zu keinen oder höchstens minimalen handelsverzerrenden Wirkungen oder Produktionseffekten führen) werden überprüft; über die Höhe dieser Stützungen wird nicht verhandelt.

3. Abbau aller Formen der Exportsubventionierung

• Exportsubventionen werden ganz abgeschafft

• Abschaffung von Exportkrediten, -garantien und -versicherungen mit einer Laufzeit von über 180 Tagen

• Disziplinierung von Staatshandelsunternehmungen und gewissen Arten von Nahrungsmittelhilfe

Im Vergleich zu den anderen Dossiers ist das Rahmenabkommen im Agrarbereich schon sehr klar und präzise. Was noch fehlt und in der Folge ausgehandelt werden muss, sind die genauen Abbauzahlen und der Zeitraum des Abbaus. Deshalb lässt sich noch nicht genau sagen, welche Konsequenzen das Rahmenabkommen für unsere Landwirtschaft haben wird. Die Auswirkungen werden jedoch einschneidend sein. Obschon die

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Landwirtschaft in gewissen Bereichen durchaus profitieren wird (z.B. tiefere Futtermittelpreise), wird sie beim gesamten Produktionswert voraussichtlich einen Verlust von 1,5 bis 2,5 Milliarden Franken im Vergleich zum Stand von 2000 / 2002 hinnehmen müssen.

Durch die acht- bis zehnjährige Übergangsfrist wird dieser Ertragsverlust etwas gemildert.

Zudem ist davon auszugehen, dass durch den Strukturwandel in diesem Zeitraum bei gleichzeitiger Steigerung der Arbeitsproduktivität und Senkung der Kapitalintensität pro Hektar ein Teil des durch die Vorgaben des WTO-Rahmenabkommens verursachten Verlustes kompensiert wird.

Absehbar ist aufgrund des Rahmenabkommens bereits die künftige Stellung der Direktzahlungen: Diese sind durch die Green Box abgestützt. Selbst wenn die Green Box im Rahmen der weiteren Verhandlungen hinsichtlich gewisser Kriterien überprüft und geklärt wird, werden ihre Existenz und Grundsätze nicht in Frage gestellt. Weil unter anderem die USA und die EU kein Interesse an grossen Veränderungen der Green Box haben, ist davon auszugehen, dass die Schweizer Landwirtinnen und Landwirte punkto Direktzahlungen auf der Basis der Agrarpolitik 2007 / 2011 zuversichtlich sein können.

Die Agrarpolitik des Bundes, wonach die unternehmerische Dimension in der Landwirtschaft gestärkt und der Strukturwandel akzeptiert werden muss, ist im Grundsatz mit dem WTO-Rahmenabkommen deckungsgleich. Parallel dazu müssen die von der Gesellschaft erwarteten Leistungen der Landwirtschaft, welche die eigentlichen Argumente für die Multifunktionalität abgeben, von den Agrarpolitiken des Bundes und des Kantons berücksichtigt und entsprechend unterstützt werden. Das Direktzahlungssystem gemäss Agrarpolitik 2007 und die Investitionshilfen zur Strukturverbesserung in der Landwirtschaft tragen den gesellschaftlichen Anliegen an eine multifunktionale Landwirtschaft Rechnung und stimmen auch mit dem neuesten WTO-Rahmenabkommen überein.

Antwort zur Frage 2:

Aufgrund des Rahmenabkommens muss mit der vollständigen Abschaffung der Exportsubventionen gerechnet werden. Exportsubventionen verursachen gemäss internationalem Konsens die grössten Marktverzerrungen. Deren Eliminierung bringt nicht nur Nachteile für die Schweizer Landwirtschaft, weil damit auch Preisdumping und ungleiche Wettbewerbsbedingungen vermieden werden. Trotzdem sind die Besorgnisse des Interpellanten um den Viehexport nicht unbegründet. Zwar bleibt die Möglichkeit für den zollfreien Viehexport bestehen. Wegfallen werden jedoch die entsprechenden Exportsubventionen pro Tier. Weil sich verschiedene Kosten- und Marktfaktoren parallel verändern werden, ist es nicht ausgeschlossen, dass die Nachfrage nach Qualitätsnutzvieh und –mastremonten aus Schweizer Berggebiet auch ohne Exportsubventionen erhalten bleibt.

Nach Ansicht des Regierungsrates ist indes der EU-Marktzutritt in der Milchwirtschaft für unsere Landwirtschaft wichtiger als der Marktzutritt beim Viehexport. Dies gilt speziell auch für die Berglandwirtschaft. Können die Marktanteile im Bereich Milchwirtschaft nicht gehalten werden, wird dies grosse Auswirkungen auf die Strukturen und die Einkommenssituation der schweizerischen Landwirtschaft zur Folge haben. Hier gilt es jene Segmente zu entwickeln, die ohne Subventionen exportiert werden können. Neben der Milchwirtschaft sind auch die Bereiche Obst, Kartoffeln und die erwähnte Viehwirtschaft stark gefordert.

Antwort zur Frage 3:

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Die Berner Wirtschaft bildet keine abgeschlossene Volkswirtschaft, sondern ist Teil der Schweizer Wirtschaft. Die Gründe, die dafür sprechen, dass sich die Schweiz in der WTO engagiert, gelten deshalb auch für den Kanton Bern. Die Berner Wirtschaft exportierte im Jahr 2003 Waren im Wert von 8,8 Milliarden Franken. Damit liegt der Kanton Bern hinter den Kantonen Basel-Stadt, Zürich und Genf im interkantonalen Vergleich an vierter Stelle.

Die wichtigsten Exportprodukte sind Industriemaschinen und Uhren. 22'000 Arbeitsplätze sind in diesen Branchen vom Export abhängig, wobei die Zulieferbetriebe noch nicht eingerechnet sind. Zahlreiche bekannte Berner Unternehmen, zum Beispiel in der Medizinaltechnik, könnten ohne Exporte nicht existieren. Auch der Dienstleistungssektor, beispielsweise im Bereich Finanzdienstleistungen, ist exportabhängig. Nicht zuletzt ist der Tourismus zu erwähnen, der ebenfalls auf den internationalen Markt angewiesen ist.

Eine exportorientierte Wirtschaft braucht Rahmenbedingungen, die ihr den Zugang zum Weltmarkt öffnen. Die WTO setzt solche Rahmenbedingungen für den grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr. Die Schweiz als rohstoffarmes, kleines Land ausserhalb der grossen Handelsblöcke ist auf diese multinationale Zusammenarbeit besonders angewiesen. 40 Prozent der Exporte der Berner Wirtschaft gehen in Länder ausserhalb der EU. Die bilateralen Verträge und Freihandelsabkommen mit der EU sind deshalb nicht ausreichend, um die wirtschaftlichen Interessen der Schweiz zu schützen. Dies umso weniger, als gerade bei den Uhren und der Maschinenindustrie die Orientierung auf den gesamten Weltmarkt besonders ausgeprägt ist.

Das WTO-Rahmenabkommen sieht Zollabbaumöglichkeiten und Vereinfachungen der Zollverfahren im Bereich der Industriegüter vor, was für die Schweiz von hoher Priorität ist.

Auf der Grundlage des Rahmenabkommens werden die WTO-Mitgliedstaaten Modalitäten (konkrete Formeln, Zahlen und Fristen für die Senkung bzw. den Abbau von Zöllen) aushandeln, die zu einer Verbesserung des Marktzutritts für Schweizer Industriegüter - insbesondere in aufstrebenden Märkten ausserhalb Europas, wie beispielsweise China und Indien - führen dürften. Auch im Dienstleistungssektor zielt das Rahmenabkommen auf eine Verbesserung des Marktzutritts ab, wobei die Lösungsansätze noch wenig konkret sind.

Die Stossrichtung des Rahmenabkommens ist angesichts der grossen Bedeutung des Dienstleistungssektors in der Schweiz zu begrüssen und entspricht dem Interesse der Wirtschaft, Dienstleistungen auch grenzüberschreitend anbieten zu können.

Zusammenfassend zeigt sich, dass das WTO-Rahmenabkommen vornehmlich für die exportorientierten Branchen im Kanton Bern eine grosse Bedeutung hat. Die damit verfolgten Handels- und Dienstleistungsliberalisierungen wirken sich indirekt auch auf die gesamte Binnenwirtschaft aus, weil die Wirtschaftskraft des Kantons Bern ohne Exportmöglichkeiten deutlich geringer wäre.

An den Grossen Rat

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