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Viel Einsatz, wenig Wirkung

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Academic year: 2022

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Deutschland unternimmt erhebliche diplomatische und entwicklungspo- litische Anstrengungen, um zu einer politischen Lösung in Syrien und der Stabilisierung der Region beizutra- gen. Ohne eine gesamteuropäische Strategie, die alle Instrumente syste- matisch einsetzt, zeigt unser Engage- ment allerdings viel zu wenig Wir- kung. Welche Schritte sind nötig, und wie kann unser großes humanitäres Engagement sicherheitspolitisch stär- ker unterfüttert werden?

Stabilität im Nahen Osten ist von strategischer Bedeutung für unsere innere und äußere Sicherheit. Wir müssen dem Terror den Nährbo- den entziehen und Flucht und Ver- treibung eindämmen. Das bedeu- tet, dass wir die Ursachen angehen müssen: den Zerfall von multiethni- schen und -religiösen Staaten; regio- nale und externe Akteure, die ihre Partikularinteressen verfolgen; und die völlige Aushöhlung des interna- tionalen Rechts. Dies ist besonders in Syrien sichtbar. Daher versucht

Deutschland gerade in dieser Regi- on einen umfassenden Beitrag zur Krisenbeilegung, Stabilisierung und Konfliktprävention zu leisten, um zu- mindest die politische und humanitä- re Lage zu verbessern.

Gemeinsam Prioritäten setzen Unser Engagement bleibt aber weit hinter seinen Zielen zurück, wenn keine an der Realität orientierte, gesamteuropäische Vorgehensweise existiert, die tatsächlich auch gemein- sam umgesetzt wird. Wir müssen in Europa verstärkt um eine gemeinsa- me Linie ringen. Nur wenn wir zu- sammen sinnvolle Schwerpunkte für das operative Handeln setzen, kön- nen wir aus der Zuschauerrolle her- auskommen und unseren Einfluss zu einer sichtbaren Stabilisierung Syri- ens nutzen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Europa überhaupt an Ge- wicht gewinnen und Gesicht bewah- ren kann.

Gleichzeitig muss uns bewusst sein, dass trotz aller in diesem Arti- Roderich Kiesewetter und Stefan Scheller | Deutschland leistet diplomatisch und entwicklungspolitisch im Syrien-Konflikt Enormes. Doch wir brau- chen eine gesamteuropäische Vorgehensweise, die die machtpolitischen Re- alitäten erkennt. Denn unser Handlungsspielraum zur Neuinitiierung des politischen Prozesses und Verbesserung der Lage ist sehr begrenzt.

Die EU muss im Syrien-Konflikt endlich mehr Einfluss gewinnen

Viel Einsatz, wenig Wirkung

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Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit

kel genannten Vorschläge kein völlig realistischer Masterplan für Frieden und Stabilität in Syrien existiert. Dies entlässt uns allerdings nicht aus der Pflicht, bei der Prioritätenfestlegung und europäischen Abstimmung nach- zubessern, um die Ursachen des Kon- flikts wirksamer einzuhegen, die Es- kalation durch andere zu behindern und unsere eigenen europäischen In- teressen durchzusetzen.

Europa muss versuchen, den po- litischen Prozess in Syrien wieder- zubeleben. Aus diesem Grunde wer- den hier auch Impulse für eine stär- kere Mittlerrolle Deutschlands und der EU gegeben. Diese kann indes nur erfolgreich sein, wenn Maßnah- men und Teilschritte zur Stabilisie- rung auf der Grundlage eindeutiger Prioritäten erfolgen. Vor allem auf europäischer Ebene wurde in den vergangenen Jahren keine kohären- te Linie verfolgt. Stattdessen wurde die Prioritätensetzung immer wie- der durch Ereignisse geändert, die durch außereuropäische Akteure ge- steuert und von Europa kaum zu be- einflussen waren: von der Unterstüt- zung der Revolution in der Frühpha- se (2011) über das Ziel, den Diktator Baschar al-Assad zu stürzen (2013) bis hin zu der politischen Notwendig- keit (seit 2015), die Flüchtlingszahlen möglichst klein zu halten.

Diplomatisches Engagement Aufbauend auf ihrer Globalen Stra- tegie für die Außen- und Sicherheits- politik beschreibt die EU in ihrer Sy- rien-Strategie von 2017 den Traum eines demokratischen, vielfältigen, inklusiven, sicheren und stabilen Staates. Diesem Ziel will die EU nä- herkommen, indem sie die Bemühun- gen der Vereinten Nationen für eine

dauerhafte politische Lösung, die in Einklang mit der UN-Resolution 2254 steht, in Syrien unterstützt. Ein po- litischer, alle Seiten einbeziehender Übergangs- und Aussöhnungspro- zess soll den Weg zu ei-

nem friedlichen, einheit- lichen und föderalen Sy- rien ebnen. Die beschrie- benen Maßnahmen sind äußerst vielfältig. Sie be-

treffen jedoch vor allem den Wieder- aufbau, womit sie nicht unbedingt lückenlos an die reale Lage in Syrien anknüpfen.

Doch Politik beginnt mit der Be- trachtung der Wirklichkeit. Und weder die von den UN organisier- ten Genfer Gespräche noch der von Moskau, Teheran und Ankara ange- stoßene Astana-Prozess haben diese Wirklichkeit im Sinne der EU-Strate- gie maßgeblich verändert. Vielmehr hat das syrische Regime mit russi- scher und iranischer Hilfe den Kon- flikt in weiten Teilen zu seinen Guns- ten entschieden. Gleichzeitig ist im Land eine kontrollierte Eskalation zwischen Israel und dem Iran zu be- obachten, die erhöhtes Spannungspo- tenzial besitzt. Die Türkei hält an ih- rer Einflusszone in Afrin und ihren Beobachterposten in der Provinz Id- lib fest; die USA tun dasselbe östlich des Euphrats.

Es wird also auf europäischer Ebene zuvörderst ein gemeinsamer und mit entsprechenden Fähigkei- ten unterfütterter Plan benötigt, um überhaupt den Weg zu einem politi- schen Prozess zu bereiten. Erst im Anschluss können große Teile der bereits existierenden Strategie im- plementiert werden. Was genau kann Deutschland beitragen, und wie lässt sich die Lücke zwischen der EU-Stra-

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Auch der Kreml hat ein Interesse an der Stabilisierung Syriens

tegie und der Wirklichkeit in Syrien schließen?

Die Bundesregierung pflegt den po- litischen Dialog mit allen beteiligten Kräften und unterstützt den UN-Son- dergesandten Staffan de Mistura nach Kräften durch die Abordnung von

Personal, die Bereitstel- lung technischer Experti- se und die politische Flan- kierung seiner Bemühun- gen. Diese Bemühungen alleine sind jedoch, wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, längst nicht ausreichend. De Mistu- ra wurde seit zwei Jahren nicht mehr in Syrien empfangen, und eine Reak- tivierung des Genfer Prozesses unter Einbezug der Opposition ist derzeit nicht absehbar.

Vielmehr müssen die Staaten der EU gemeinsam die Frage beantwor- ten, wie sie die Öffnung eines Zeit- fensters für die Neuinitiierung des po- litischen Prozesses erwirken können.

Wer vorausschauende Diplomatie be- treibt, muss jetzt versuchen, Einfluss auf das Kosten-Nutzen-Kalkül der Be- teiligten zu nehmen, die ein Interesse an der Fortführung des Konflikts ha- ben bzw. auf eine Ausweitung ihres Einflussbereichs hoffen. Europa wird sein Gewicht nur dann in die Waag- schale werfen können, wenn sämt- liche diplomatische Initiativen nicht nur untereinander abgestimmt, son- dern auch in Gänze gemeinsam voll- zogen werden.

Mit Moskau und Teheran umgehen Wie kann Brüssel vor allem Russland und dem Iran diplomatisch begegnen?

Eine gemeinsame Linie gegenüber dem Kreml krankt bisher vor allem an den unterschiedlichen Perspek- tiven der EU-Mitglieder gegenüber

der russischen Rolle in Syrien. Hier muss auch Deutschland stärker Kom- promisse eingehen und zwischen den Partnern vermitteln. Einerseits gibt es klare Differenzen mit Moskau, was die Zukunft des syrischen Regimes betrifft. Russland unterstützt das Re- gime maßgeblich durch seine Luftan- griffe und Zwangsevakuierungen à la „humanitärer Korridor“. Anderer- seits sind die russischen Versuche zur Restrukturierung der syrischen Ar- mee wenig erfolgreich, und auch auf diplomatischem Parkett zeigt sich der schleichende Machtverlust Russlands gegenüber Assad.

Präsident Wladimir Putin hat ein langfristiges Interesse, sein Engage- ment zu reduzieren, aber die beiden russischen Militärbasen in Tartus und Latakia zu behalten. Die Siche- rung dieser Basen wird allerdings nur dann gelingen, wenn kein Guerilla- krieg marginalisierter Gruppen die Kosten des russischen Engagements in die Höhe treibt. Insofern existiert mit dem Kreml eine nicht genutzte Interessenüberschneidung der Sta- bilisierung, die allerdings erst noch durch einen Dialog zu den konkre- ten Übergangsschritten verwirklicht werden muss. Im Sinne von pragma- tischer Diplomatie sollte Europa – mit geeinter Stimme – Russland stärker die eigenen Bedingungen für Hilfe zum Wiederaufbau Syriens vorlegen.

Auf den Iran lässt sich zugege- benermaßen nur schwer politischer Druck ausüben, seit die USA das Atomabkommen JCPOA aufgekün- digt haben. Dennoch wäre es wün- schenswert, dass sich die europäi- schen Außenminister auf wiederkeh- rende gemeinsame Reisen einigen, statt immer einzeln vorzusprechen.

So könnten sie sich dafür einsetzen,

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die Ergebnisse des Astana-Prozes- ses und des Genfer Formats durch ei- nen gemeinsamen Mechanismus zu- sammenzuführen. Schon im Laufe der jahrelangen Atomverhandlungen mit dem Iran, bei denen die EU und Deutschland eine entscheidende Rol- le gespielt haben, wurde klar, dass die europäischen Mächte nur in absoluter Gemeinsamkeit wirksam Druck aus- üben können – und dazu noch einen sehr langen Atem benötigen.

Hemmschuh Assad

Der größte Hemmschuh für den Neu- start des politischen Prozesses ist al- lerdings Assad selbst. Solange Damas- kus in weiten Teilen des Landes die militärische Oberhand hat, sieht As- sad keinen Anlass, eine politische Lö- sung zu akzeptieren. Allerdings könn- te sich seine Bereitschaft dazu pers- pektivisch vergrößern, wenn sich die regimetreuen Bevölkerungsteile in ei- ner Post-Konflikt-Phase nicht mehr so sehr um das Überleben sorgen, son-

dern Ansprüche wie sauberes Was- ser, Infrastruktur, Stromversorgung, ein funktionierendes Gesundheits- system usw. stellen. Bei Gesprächen zwischen Wissenschaftlern, religiö- sen und gesellschaftlichen Führungs- persönlichkeiten, die allerdings nicht Teil des Regimes sind, sowie Vertre- tern der Zivilgesellschaft und Opposi- tionellen muss von europäischer Seite ausgelotet werden, ob und wann sich ein Momentum für die effektive Wie- derbelebung des politischen Prozesses herausbildet.

Überschätzt sich die EU politisch, wenn sie eine stärkere Rolle bean- sprucht, obwohl sie in der aktuel- len Lage mehr Zaungast als Gestalte- rin von Politik ist? Nicht unbedingt, denn der Wiederaufbau Syriens kann nur mit europäischen Geldern statt- finden. Das syrische Regime ist auch mit russischer und iranischer Hilfe dazu nicht in der Lage.

Neben ihren ökonomischen und entwicklungspolitischen Kapazitäten

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Ein deutsches Ziel:

die Rückkehr von geflohenen Syrern

ist die Möglichkeit der Wiederauf- nahme diplomatischer Beziehun- gen zu Syrien das letzte Mittel, das den EU-Staaten zur Verfügung steht, um eine politische Lösung und einen Friedens- und Aussöhnungsprozess einzufordern. Die Anerkennung ei- ner legitimen syrischen Regierung

muss daran gekoppelt wer- den, dass sie vollständi- gen humanitären Zugang gewährt und NGOs wie staatliche Entwicklungs- organisationen unbehin- dert arbeiten lässt. Es ist von größter Wichtigkeit, dass wir uns nicht von den militärischen Fakten in Syrien erpressen lassen und unsere beiden letzten verbliebenen Mittel vorschnell aus der Hand geben.

Humanitäre Hilfe und Entwicklung In Syrien herrscht die weltweit größ- te humanitäre Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Über 13 Millionen Men- schen sind auf humanitäre Hilfe an- gewiesen. Die immensen Hilfsmaß- nahmen der EU und insbesondere Deutschlands umfassen neben Maß- nahmen innerhalb Syriens auch Hil- fe für Flüchtlinge und Aufnahme- staaten in der Region, schwerpunkt- mäßig im Libanon und Irak, in der Türkei und Jordanien. Diese erfol- gen vor allem über die Mittelausstat- tung von UN-Organisationen wie WFP, UNHCR und UNRWA, aber auch über IKRK, DRK und humani- täre NGOs.

Mit insgesamt 5,4 Milliarden Euro für Hilfe und Entwicklungszusam- menarbeit ist Deutschland unter den größten Gebern in der Welt. Die ent- wicklungspolitischen Vorhaben wer- den von der GIZ, KfW, NGOs und UN-Organisationen umgesetzt und

hauptsächlich über syrische NGOs implementiert. Es werden alle verfüg- baren Zugangsmöglichkeiten genutzt („Whole of Syria“-Ansatz), das heißt die Implementierung findet grenz- überschreitend statt, beispielsweise von Gaziantep, Beirut und Amman aus, aber auch über die Konfliktlinien hinweg. Außerdem ist die Unterstüt- zung multiethnisch und multikonfes- sionell ausgerichtet.

Das deutsche Engagement steht auf zwei Säulen: Erstens werden stabilisierende Vorhaben in den sy- rischen Oppositionsgebieten zur Stärkung der lokalen Verwaltungs- strukturen und zur Versorgung der Menschen finanziert. Hier ist eine verstärkte EU-Abstimmung äußerst wichtig, denn eines unserer Ziele ist die Rückkehr von geflohenen Syrern, selbst wenn fehlende russische und iranische Sicherheitsgarantien und das jüngste syrische Enteignungsge- setz für im Ausland befindliche Sy- rer dies auf absehbare Zeit verhin- dern. Zweitens werden Projekte ver- schiedener UN-Organisationen wie UNDP, UNICEF und UN Habitat in ganz Syrien unterstützt, wobei es vor allem um die Finanzierung der Bedar- fe geht, die im UN-Hilfsaufruf für Sy- rien benannt wurden.

Damit ist ein Zielkonflikt zwi- schen einer sozial und politisch inklu- siven Entwicklung, die helfen wür- de, künftige Krisen zu verhüten, und der kurz- und mittelfristigen Stabili- sierung des Landes vorprogrammiert.

Außerdem spricht die Höhe des finan- ziellen Aufwands eher für die Promi- nenz des Flüchtlingsthemas in der Gebergesellschaft als für die Exis- tenz einer kohärenten Regionalstrate- gie, die nicht nur Ziele definiert, son- dern auch ihre mannigfaltigen Inst-

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Missionen in der Region strategisch verbinden

rumente systematisch nutzt. Immer- hin existiert zumindest auf EU-Ebene in der Syrien-Strategie von 2017 ein ausdifferenzierter Plan für die unter- schiedlichen Wiederaufbauleistungen für den Fall einer politischen Lösung des Konflikts.

Zu einer europäischen Gesamt- strategie gehört allerdings eine Eini- gung, wie genau mithilfe dieser Leis- tungen vermehrt Druck ausgeübt werden kann – in einer Zeit, in der der Konflikt grundsätzlich entschie- den, der Frieden aber alles andere als gewonnen ist.

Sicherheits-Engagement

Im Gegensatz zur humanitären und entwicklungspolitischen Unterstüt- zung entfaltet das deutsche militä- rische Engagement keine größere Wirkung. Dies hat unterschiedliche Gründe, die vor allem in der Komple- xität der Situation und dem hohen mi- litärischen Einsatz anderer Akteure zu suchen sind.

Einerseits setzt Deutschland ge- messen an der begrenzten Befähi- gung seiner Streitkräfte viel daran, sich umfassender zu engagieren. So ist die Bundeswehr in den syrischen Anrainerstaaten durch die „Opera- tion Counter-Daesh“ (zur Bekämp- fung des so genannten Islamischen Staates), die Ausbildungsunterstüt- zung im Irak und ihren Beitrag zu UNIFIL eingebunden. Auf diese Wei- se will sie verhindern, dass sich ein er- weiterter Krisenbogen um Syrien her- um bildet. Eine Vielzahl an zwischen den zuständigen Ressorts abgestimm- ten Projekten im Rahmen der Ertüch- tigungsinitiative ergänzen die Einsät- ze im Irak und in Jordanien.

Andererseits bildet Deutschland weder genügend Fähigkeiten auf na-

tionaler Ebene heraus, um diese Man- date realitätsgerecht auszuweiten, noch werden die Fähigkeiten auf eu- ropäischer Ebene konsequent zusam- mengeführt, um den hoch-

gesteckten Zielen näher zu kommen. Rhetorik und Praxis klaffen bisher zu weit auseinander. Dies be- deutet auch, dass bei den

Missionen nicht gänzlich ersichtlich wird, inwiefern sie die notwendigen Einzelbausteine für eine erfolgsver- sprechende europäische Gesamtstra- tegie sind. Zuweilen können sie gar als Stückwerk internationaler Ver- pflichtungen erscheinen, die man im Nachhinein versucht, einer auf Mini- malkonsens beruhenden Strategie zu- zuordnen.

Die Ad-hoc-Koalition, die im Rah- men des Anti-IS-Mandats gebildet wurde, müsste durch einen schritt- weisen Ausbau integrierter EU-Pla- nungs- und Führungsstrukturen erweitert werden. Im Rahmen die- ser Strukturen würden dann die ge- meinsamen Fähigkeiten zur Frie- denssicherung eingesetzt – mit spezi- fischen Beiträgen beispielsweise zur Kampfmittelräumung und Grenzsi- cherung. Das wäre dann eine konkre- te Ableitung aus den deutsch-franzö- sischen Bemühungen gemeinsamer PESCO-Projekte und einer echten Europäischen Verteidigungsunion.

Auf diese Weise könnten zudem frühzeitig Zielkonflikte bereinigt und bilaterale Maßnahmen koordi- niert werden. Auch zu einem mögli- chen UN-Mandat könnte Europa auf diese Weise beitragen. 

Der Syrien-Konflikt sollte zu- dem Anlass sein, über eine Reform der europäischen Krisenmanage- ment-Strukturen nachzudenken. Mit

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Bleibt der EU in Syrien nur die Macht der warmen Worte?

der Etablierung eines Sicherheitsrats der EU beispielsweise, der mit quali- fizierter Mehrheit entscheidet, ließe sich eine größere strategische Auto- nomie erzielen. Zur Wahrung euro- päischer Interessen könnten dann di- plomatische und humanitäre Initiati- ven robust und glaubwürdig mit der

Europäischen Interventi- onsinitiative über die EU Battle Groups beispiels- weise zur Sicherung hu- manitärer Konvois unter- füttert werden. Diese Eu- ropäische Interventionsinitiative gilt es aber noch in die bisherige Struktur der gemeinsamen verteidigungspoliti- schen Zusammenarbeit einzu pflegen.

Denn bei der Unterfütterung durch die Interventionsinitiative muss die europäische Verteidigungsunion die Grundlage sein, auf der gemeinsa- mes strategisches Handeln im Ein- satz verwirklicht werden kann.

Das Erodieren von Normen

Während gerade das deutsche Engage- ment für eine nachhaltige Verbesse- rung der Situation in Syrien bedeu- tender ist als gemeinhin wahrgenom- men, führt angesichts des seit sieben Jahren anhaltenden Konflikts kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass die EU mit einer politischen Lösung bisher gescheitert ist.

Einer der Faktoren betrifft die hier analysierte Unfähigkeit der eu- ropäischen Staaten, diplomatisch, entwicklungs- und sicherheitspo- litisch an einem Strang zu ziehen.

Ferner müssen wir selbstverständ- lich auf nationaler und europäischer Ebene auf die Herausbildung derjeni- gen Fähigkeiten – politisch und mili- tärisch – pochen, die wir für die Um-

setzung einer gemeinsamen Strategie benötigen. Andernfalls bleibt der EU zur Begrenzung dieses verheeren- den Konflikts lediglich die Macht der warmen Worte.

Eines dürfen wir nicht vergessen:

Für die deutsche und europäische Au- ßenpolitik steht mehr auf dem Spiel als der Wiederaufbau Syriens und die Stabilisierung der Region. Der syrische Bürgerkrieg ist ein Testfall für außenpolitische Glaubwürdig- keit und die Geltung internationaler Normen – spätestens seit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in die- sem Jahr (ähnlich wie 2013 der dama- lige US-Präsident Barack Obama) den Einsatz von Chemiewaffen zu „roten Linien“ erklärt hat.

Die bislang eher symbolischen Reaktionen auf die Übertretung die- ser Linien setzen verheerende Prä- zedenzfälle und sind vor allem Aus- druck der außenpolitischen Hilfslo- sigkeit gegenüber einem vom Iran und von Russland gestützten syri- schen Regime.

Stefan Scheller ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von Rode- rich Kiesewetter.

Roderich Kiesewet- ter, MdB, ist Obmann für Außenpolitik der CDU/CSU-Fraktion.

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