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Zum arabischen Till Eulenspiegel.
Von Friedrich Schwally.
Unter den arabischen Schalksnarren der älteren Zeit hat es
einige gegeben, deren tolle Streiche in besonderen Werken nieder¬
gelegt worden sind. Der Fihi-ist des Ibn Abi Ja'qüb al-Nadim
(377 a. H.) ed. Flügel, pag. zählt z. B. folgende auf: 1^=^,
ihrer Navädir nicht mehr erhalten, oder wenigstens bisher nicht
bekannt geworden. Nur Fragmente dieser und manch anderer finden
sich in der Adablitteratur zerstreut.
Unter jenen Männem ist der an erster Stelle genannte Djohä
zur grössten Berühmtheit geworden. Denn auf diesen Namen muss
man nicht nur gewisse in verschiedenen Teilen Italiens und Albaniens
vorkommende Bezeichnungen für komische Käuze, wie Giufa, Giucca,
Giuxa, zurückführen (vgl. M. Hartmann, Schwänke und Schnurren
im islamischen Orient in der Zeitschr. f. Volkskunde, Jahrg. 5 (1895)
S. 47 Anm. 1), sondern auch den bekanntesten Typus der türkischen
Schwanklitteratur , den Chödjä Nasreddin*). In den aus dem tür¬
kischen Volksbuche geflossenen arabischen Bearbeitungen, von denen
mir eine in Ägypten, ohne Angabe von Ort und Jahr, gedruckte
unter dem Titel ^^^^^ i^iXÄst ^yLX.i! yai ts>-y^ y\yi
^yOjjJi vorliegt, kommt der Name des arabischen Helden wieder zu
seiner verdienten Ehre , indem auch im Texte der Held beständig
Djohä genannt wird.
Als älteste Stelle für den arabischen Djoliä, abgesehen von dem
oben citierten Abschnitte des Fihrist galt bisber die Sprichwörter¬
sammlung des Maidäni (f 518). In dieser (ed. Preytag I, p. 403;
1) Über Nasreddin vgl. P. Horn, in Revue Orientale (Keleti Szemle) ed.
Künos I (1900) 66 ff.
238 Schwally, Zum arabischen Till Eulenspiegel.
ed. Beyrouth. I, Uf) werden zur Illustration des Sprichwortes
^^^.i^ yt oUs»! verschiedene Streiche desselben zum Besten ge¬
geben. Hiernach wäre Djohä eine historische Person, die im Zeit¬
alter des Abü Muslim in Küfa gelebt hätte.
Auf derartige Identifikationen ist natürlicb nicht gerade un¬
bedingter Verlass. Dagegen kann man sicher nachweisen, dass der
arabische Djohä bereits in der Mitte des dritten Jahrhunderts der
Flucht ein bekannter Typus gewesen ist. Denn in den Mahäsin
des Ibrahim b. Muhammad al-BaihaqT pag. fAO lin. 9—14 meiner
Ausgabe (ira Kapitel ^.^^Ü ^^L^) wird von einem gewissen Djohä
Folgendes erzählt:
„Sein Vater sagte einmal zu ihm: Höre doch einmal auf, ein
so verzwickter , toller und loser Bursche zu sein und werde ernst,
dass ich dir ein Mädchen freie von reichen und vomehmen Leuten.
Djohä antwortete: Jawohl Väterchen. Nachdem er sich geputzt
und parfümiert hatte, trat er zu einer Versammlung vomehmer und
angesehener Männer und nahm schweigend Platz. Da hiess der
Vater sein Söhnchen das Wort ergreifen. Dieser hob darauf also
an: „Preis sei Allab, ich preise ihn, ich rufe ihn um Hilfe an und
verehre andere Götter neben ihm. Herbei zum Heile, herbei zum
Segen!" Der Vater aber sprach: Unterfang dich nicht, auch noch
den Gebetsritus zu vollziehen, denn ich habe die rituelle Waschung noch nicht vorgenommen." *)
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass dieser Djohä dieselbe
Person ist. von der im Pihrist sowie bei Maidäni gehandelt wird.
1) Iqd ed. Qair. 1305 a. H. III, 351, 10—12 (Cap vJiA5>-Lia«) ist hier¬
von nur ein elender Torso übrig geblieben.
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Zur hebräischen und aramäischen Verbalflexion.
Von J. Barth.
Die - Imperfekte der Verba ult. /.
In dieser Zeitschrift, Bd. 55, 359 ff. begründet Praetorius (,Zur hebr. und aram. Grammatik") mehrere Thesen zur Suffixansetzung
in diesen beiden Sprachen. Gleichzeitig mit dieser Abhandlung er¬
schienen von mir „Beiträge zur Suffixlehre des Nordsemitischen"
im „American Journal of Semitic languages and literatures" VoL XVII,
Juli 1901, S. 193—208. Ein Teil der dort von mir behandelten
Probleme sind dieselben, die auch Praetorius unter Anderem unter¬
sucht, und es ist mir sehr erfreulich , dass wir in mehreren neuen
Ergebnissen 1) unabhängig von einander zusammengetroffen sind.
In einem Punkte allerdings, der Deutung des syrischen Imperfekt-
Suffixes ^0)Q^, das wir Beide behandelt haben, besteht eine solche
Übereinstimmung nicht. Diese Frage greift aber gerade nach
Praetorius' Resultat stark in die Konjugationslehre der Verba ult.j
im Hebr. und Aram. ein. Betreffs dieser Klassen hatte ich in
meiner Nominalbildung S. XXX f und ZDMG. 44, 695 f, 48, 14 f
die These begründet, dass im Wortschluss die Endung n— , St. estr.
n— im Hebr., /— im Syr. sowohl aus virtuellem y wie aJ zu¬
stande käme, somit das Hebr. und Aram. ein Imperfekt dieser
Klassen auf i nicht besessen haben. — Praetorius kommt dagegen,
um das Suffix ,..0)q1 erklären zu können —, das ich in der
jüngst erschienenen Abbandlung S. 207 f als das selbständigen Pro¬
nomen i^o) IfT^i* gefasst habe — wieder auf die Annahme eines
i-Impf s der Verba ult. / zurück, dessen Existenz er zu begründen
sucht. Nachdem seine Argumente für ein solches an dieser Stelle
zum Ausdruck gekommen sind, die wegen der anderweitigen und.
1) Nämlich betreffs der Bindelaute aj beim syrischen Imperativ-Suffix, sowie des Bindelauts e beim hebr. starkauslautenden Imperfekt und Imperativ.
Bd. LVI. 16