DIE PRIMÄREN FUNKTIONEN DER PERSONALMORPHEME
DES SEMITISCHEN VERBUMS
Von Gerd Steiner, Marburg/Lahn
Von den Personalmorphemen der beiden Konjugationstypen des semitischen
Verbums zeigen die der Präfixkonjugation eine bemerkenswerte Einheitlich¬
keit in allen semitischen Sprachen, - zu denen hier außer den semitischen
Sprachen im engeren Sinn auch das Ägyptische und das Berberische gerechnet
werden sollen. Eine grundsätzliche Ausnahme bildet dabei nur das Ägyptische,
das an Stelle der Präfixkonjugation überhaupt einen ganz anderen Typ der Kon¬
jugation mit suffigierten Personalmorphemen gebraucht.
Dagegen finden sich bei den Personalmorphemen der Suffixkonjugation in den
einzelnen semitischen Sprachen auffällige Unterschiede der Formen. Zwar sind
gemeinsame Formen für die Morpheme der 3. Person und wohl auch der 1. pl.
anzunehmen; auch gilt das Prinzip, daß die Formen der 2. pl. im chareikte-
ristischen Konsonainten mit den Formen der 2. sg. übereinstimmen. Bei den
Morphemen der 1. und 2. sg. erscheinen aber als gleichwertig nebeneinander
Formen, die sich jeweils durch die charakteristischen Konsonanten /k/ und /t/
unterscheiden. Durch die Kombination dieser Formen ergeben sich in den ein¬
zelnen Sprachen drei verschiedene Serien von Personalmorphemen der Suffix¬
konjugation, die als K-, T- und K/T-Serie bezeichnet werden können, ^ij Dem¬
entsprechend lassen sich die Sprachen, in denen sie gebraucht werden, als
K-, T- und K/T-Sprachen charakterisieren.
K-Sprachen sind das Äthiopische, das Mehri und seine Verwandten, mögli¬
cherweise auch das Altsüdarabische; T-Sprachen das Ugaritische, das Aramä¬
ische, das Kanaanäische und das Nordarabische; und K/T-Sprachen das Ak¬
kadische, das Ägyptische und das Berberische.
Nach der "orthodoxen" Auffassung der Semitistik wären die Formen der
K/T-Serie die ursemitischen Personal morpheme der Suffixkonjugation. In
der K-Serie wären danach die Formen der 2. Person an die Form der 1. sg. ,
in der T-Serie dagegen die Form der 1. sg. an die Formen der 2. Person an¬
geglichen worden. Unerklärt bleibt dabei, warum in der K-Serie die Formen
der 2. pl. ebenfalls sin die Form der 1. sg. angeglichen worden ist, nicht aber
in der T-Serie auch die 1. pl. an die Formen der 2. pl.
Eine von der "orthodoxen" Auffassung abweichende Theorie erklärt die /k/-
und /t/-Formen der 2. Person aus einer primären Funktion der Konsonanten
zur Differenzierung des Genus. Die Form der 2. m. sg. sei ursprünglich /*kä/,
die der 2. f. sg. /*ti/ gewesen; in den Einzelsprachen sei dann ein Ausgleich
nach der /k/- oder der /t/-Form erfolgt. Das Verhältnis dieser Formen der
2. Person zu den entsprechenden Formen der 1. sg. bleibt dabei außer acht.
Eine wesentliche Rolle für die Erklärung der verschiedenen Formen bei den
Personalmorphemen der Suffixkonjugation spielt ein Typ von selbständigen Per¬
sonalpronomina, die ebenfalls mit Morphemen gebildet werden, die grundsätz¬
lich der K/T-Serie entsprechen. So wird die Suffixkonjugation überhaupt als
eine Kombination eines "Verbalnomens" mit dem pronominalen Bestandteil
dieser Personalpronomina erklärt. Nicht berücksichtigt wird jedoch dabei,
daß die Formen dieser Personalpronomina, die hier als Typ A bezeichnet
werden sollen, in den meisten Sprachen nicht mit den entsprechenden Formen
der Suffixkonjugation übereinstimmen. Vielmehr findet sich [2]
1) völlige Ubereinstimmung nur im Akkadischen;
2) Ubereinstimmung in der 1. Person im Ägyptischen und im Berberischen;
3) Ubereinstimmung in der 2. Person in den T-Sprachen;
4) keine Ubereinstimmung in den K-Sprachen.
Diese Divergenzen der K- und T-Formen zeigen nicht nur, daß die Suffix¬
konjugation und die Personalpronomina des Typs A voneinander unabhängig,
wenn auch mit Verwendung der gleichen Morpheme gebildet sein müssen, son¬
dern sind auch ein grundsätzlicher Einwand gegen alle Versuche, die Vertei¬
lung der K- und T-Formen auf die 1. und 2. Person durch morphologische An¬
gleichung innerhalb des Paradigmas einer bestimmten Sprache zu erklären.
Wenn aber eine morphologische Erklärung auszuschließen ist, bleibt nur
die Möglichkeit, einen Ausgleich von Formen mit ursprünglich differenzierten
Funktionen anzunehmen, der nicht nur in den einzelnen semitischen Sprachen,
sondern auch bei den Personalpronomina des Typs A und bei der Suffixkonju¬
gation innerhalb derselben Sprache jeweils verschieden erfolgen konnte. Da
in den historischen semitischen Sprachen K- und T-Formen gleichermaßen das
"Subjekt" des Satzes, speziell des Verbalsatzes bezeichnen, können die dif¬
ferenzierten Funktionen, die sie ursprünglich jeweils bezeichnet haben, nur
das Subjekt eines intransitiven oder passivischen und das Agens eines transi¬
tiven Verbums gewesen sein.
Aus dieser Annahme von primär differenzierten Funktionen der K- und T-
Morpheme ergibt sich einerseits, daß die Suffixkonjugation auch in einer pro¬
tosemitischen Sprachform sowohl transitiv als auch intransitiv konstruiert
werden konnte. Andererseits aber ist sie ein neues, und zwar wesentliches
Argument für eine primär "ergativische" oder besser intransitiv-passivische
Verbalauffassung der semitischen Sprachen.
Bekanntlich ist das grundlegende Kriterium der intransitiv-passivischen Verbal
auffassung, daß im Vergleich mit der aktivischen Verbalauffassung das Subjekt ei¬
nes transitiven Verbums als "Agens" sich vom Subjekt eines intransitiven oder pas
siven Verbums unterscheidet, und ferner, daß das Subjekt eines intransitiven und
das direkte Objekt eines transitiven Verbums dieselbe syntaktische Kategorie dar¬
stellen, nämlich das "passivische Subjekt".
Ein weiteres Kriterium, das jedoch nicht für alle Sprachen mit passivischer
Verbalauffassung Geltung hat, bieten bestimmte nicht durch Personal morphe¬
me realisierte Formen des Verbums, die sich auf Numerus- und Klassenkate¬
gorien eines korrespondierenden Nomens beziehen, und zwar auf das intransi-
ve oder passivische Subjekt, nicht auf das Agens.
Neben diesen gewissermaßen "idealen" strukturellen Merkmalen der intransi¬
tiv-passivischen Verbalauffassung finden sich indessen vielfach auch Formen
und Konstruktionen, bei denen die grundlegende syntaktische Opposition "Sub¬
jekt : Agens" scheinbar oder tatsächlich aufgehoben ist. Allerdings wird die
passivische Verbalauffassung einer Sprache durch derartige Fälle von morpho¬
logischer Indifferenz oder von abweichenden Konstruktionen des transitiven
oder auch des intransitiven Verbums nicht verändert, solange in einem mehr
oder weniger umfangreichen Teilbereich des Verbalsystems die Opposition
"Subjekt : Agens" eindeutig differenziert wird. Ist hingegen diese Opposition
im gesamten Bereich der verbalen Kategorien aufgehoben, so wird die in¬
transitiv-passivische Verbalauffassung zur aktivischen.
Dabei können morphologische Erscheinungen der primären Opposition "Sub¬
jekt : Agens" oder numerus- imd klassenbezogene Formen des Verbums mit
veränderter Funktion weiterhin Bestandteile einer Sprache bleiben und so als
"fossile" Formen Zeugen für die primär passivische Verbalauffassung sein.
In der Regel erhalten sich derartige "fossile" Formen eher beim Verbum als
beim Nomen, da verbale Formen außer den Kategorien Subjekt und Agens in
der Regel noch besondere verbale Kategorien realisieren.
Bei Sprachen mit aktivischer Verbalauffassung, die Kasusformen des No¬
mens unterscheiden, kann ein Subjekts- oder Objektskasus mit Morphem/-O/
in Opposition zu positiv bezeichneten Kasus als Indiz für einen primären Ka¬
sus des intransitiv-passivischen Subjekts gelten. In den semitischen Sprachen,
in denen das ursprüngliche morphologische System der Kasusbezeichnung nur
teilweise erhalten ist, findet sich ein solches Relikt etwa im Akkadischen,
wo neben dem "normalen" Nominativ mit Morphem /-u/ im Singular des Sta¬
tus rectus eine Form des Nomens im Status absolutus mit Morphem /-O/ noch
als Prädikatsnomen und als Vokativ gebraucht wird. Auf einen ursprünglichen
Nominativ mit Morphem /-O/ deuten ferner akkadische Lehnwörter im Sumeri¬
schen, die in der reinen Stammform erscheinen. Der historische Nominativ
des Status rectus mit Morphem /-u/ kann danach aus dem primären Kasus des
Agens abgeleitet werden, wobei die Frage seines morphologischen Zusammen¬
hangs mit dem im Akkadischen noch produktiven Lokativ-Adverbialis mit Mor¬
phem /-u/ gar nicht weiter relevant ist.
Von den Personalmorphemen des semitischen Verbums zeigen die Morpheme
der Präfixkonjugation keinerlei Ähnlichkeit mit den pronominalen Objektsformen.
Bei den Personalmorphemen der Suffixkonjugation dagegen sind nicht nur die
konkurrierenden K- und T-Formen zu unterscheiden, sondern die Formen der
K-Serie stimmen zumindest in der 2. Person völlig mit den entsprechenden
Objektsformen überein. pj] Somit sind die Formen der K-Serie als primäre
Morpheme des intransitiv-passivischen Subjekts, die der T-Serie als primäre
Agensmorpheme der Suffixkonjugation aufzufassen.
In einigen semitischen Sprachen, wie im Akkadischen, im Arabischen oder
im Hebräischen, finden sich ferner Formen des Intensivstammes, die eine
Pluralität in bezug auf das Objekt eines transitiven und das Subjekt eines in¬
transitiven Verbums realisieren, d.h. in bezug auf die Kategorien, die bei
passivischer Verbalauffassung identisch sind.
Die historischen semitischen Sprachen enthalten demnach, wenn auch in
unterschiedlicher Art der Uberlieferung, "fossile" Formen für alle wesent¬
lichen Erscheinungen, in denen sich die für die passivische Verbailauffassung
charakteristischen oppositionellen Kategorien Subjekt und Agens darstellen
können.
Allerdings war diese Opposition im Protosemitischen wie in anderen Spra¬
chen mit passivischer Verbalauffassung nicht in allen Formen differenziert
und gleichartig realisiert. Vielmehr lassen sich Formen bestimmen, die
offenbar sowohl das Subjekt eines intransitiven als auch das Agens eines trein-
sitiven Verbums bezeichnen konnten.
So ist bei den nominalen Kasus eine morphologische Opposition zur Bezeich¬
nung von Subjekt und Agens nur für die Formen des Singulars zu rekonstruieren.
Bei den Formen des Plurals und des Duals dagegen sind in den historischen
Sprachen keine funktional bestimmten Varianten erkennbar. Daher sind analog
zu der indifferenten Bezeichnung von Akkusativ und Genitiv auch identische
Formen für Subjekts- und Agenskasus im Plural und Dual anzunehmen. [4
Indifferente verbale Formen sind wohl immer die Formen der Präfixkonju¬
gation gewesen, da sie keine eindeutige Differenzierung bei transitiver und
intransitiver Konstruktion des Verbums erkennen lassen. Aber auch von den
Personalmorphemen der Suffixkonjugation können mit großer Wahrscheinlich¬
keit die Formen der 3. Person, vielleicht auch die Formen der 1. pl. als
primär indifferent angenommen werden, [l]
Andererseits kann jedoch vorausgesetzt werden, daß in Korrespondenz mit
einem pluralischen oder dualischen Subjekt ein Verbalkomplex mit einer plu¬
ralisch bestimmten verbalen Basis, etwa in der Art des historischen Inten¬
sivstammes, fakultativ, bei manchen Verben wohl auch obligatorisch gebil¬
det worden ist.
Damit lassen sich Formen und Konstruktionen eines protosemitischen in¬
transitiven Verbums ohne Schwierigkeiten rekonstruieren. Das pronominale
Subjekt wurde bei der Präfixkonjugation durch die indifferenten Personal¬
morpheme bezeichnet, _5A] bei der Suffixkonjugation durch die Personalmor¬
pheme der K-Serie. [5B] Dabei konnte speziell ein pluralisches oder dualisches
Subjekt durch eine pluralische verbale Basis realisiert sein. Ein korrespondie¬
rendes Nomen war im Singular durch das Kasusmorphem /-O/, im Plural und
Dual durch die Morpheme /-ü/ bzw. /-ä/ charakterisiert.
Bei der Rekonstruktion des transitiven Verbums ist die Bezeichnung des
Agens als relevant anzunehmen, abgesehen davon, daß ein pluralisches oder
dualisches Subjekt auch hier durch eine pluralische verbale Basis realisiert
sein konnte. Ein pronominales Agens wurde bei der Präfixkonjugation eben¬
falls durch ein indifferentes Personalmorphem, '5AJ in der Suffixkonjugation
durch die Personalmorpheme der T-Serie bezeichnet, [5C] ein nominales
Agens durch die Formen des historischen Nominativs.
Problematisch ist allerdings Form und Konstruktion des transitiven Ver¬
bums in Kombination mit einem pronominalen oder nominalen passivischen
Subjekt.
Nach der "Idealstruktur" eines Verbums mit passivischer Verbal auffassung
wird ein transitives Verbum mit pronominalem Subjekt durch einen bipersona¬
len Verbalkomplex mit Personalmorphemen für Agens und Subjekt dargestellt,
wobei die Subjektsmorpheme mit den Subjektmorphemen eines intransitiven
Verbums identisch sind. Dieser "Idealtyp" findet sich indessen nur in einem
Teil der Sprachen mit passivischer Verbal auffassung rein ausgeprägt, und
auch hier meist nur bei einem Teil der verbalen Kategorien. Daneben finden
sich ebenso transitive Verbalkomplexe, in denen nur das Agens, seltener nur
das Subjekt durch ein Personalmorphem realisiert wird, sowie auch Verbal¬
komplexe ohne jegliches Personalmorphem .
In den semitischen Sprachen scheinen Formen der Suffixkonjugation wie
qatala-ka oder qatal-tü-ka oder Formen der Präfixkonjugation wie jaqtul-ka
bzw. jaqtulü-ka dieser "Idealstruktur" zu entsprechen. Insgesamt sind je¬
doch die historischen Personalmorpheme des direkten Objekts, die den Mor¬
phemen des passivischen Subjekts entsprechen müßten, nur in den Formen
der 2. Person mit den Subjektsmorphemen der K-Serie identisch, in den
Formen der 1. und 3. Person aber von ihnen verschieden. Problematisch ist
zudem die Annahme einer Kombination von Personalmorphemen der Suffix¬
konjugation als Subjekt mit Formen der Präfixkonjugation.
Überdies sind die historischen Personalmorpheme des direkten Objekts
nicht in demselben Maße feste Bestandteile des Verbalkomplexes wie die
Subjektsmorpheme der K-Serie, die stets unmittelbar auf die verbale Basis
folgen und nicht von ihr getrennt werden können. Vielmehr können die histo¬
rischen Objektsmorpheme von dem engeren Verbalkomplex aus verbaler Ba¬
sis und Morphem des transitiven Subjekts, d.h. Agens, durch modale Mor¬
pheme und Personalmorpheme des indirekten Objekts getrennt sein. Speziell
im Berberischen werden die normalerweise dem Verbalkomplex suffigierten
Personalmorpheme des direkten und des indirekten Objekts von bestimmten
präfigierten Morphemen, wie dem Negativmorphem, morphologisch attrahiert,
so daJ3 sie faktisch zu Präfixen des Verbalkomplexes werden.
Nach diesen Erscheinungen in den historischen semitischen Sprachen sind als
Morpheme des pronominalen passivischen Subjekts beim transitiven Verbum
Personalpronomina zu rekonstruieren, die nicht feste Konstituenten des Ver-
balkomplexes undin der Form mehr oder weniger selbständig sind, sowie in den
Formen der 1. und 3. Person von den Subjektsmorphemen der K-Serie ab¬
weichen.
Diesen Kriterien entsprechen fast völlig die sog. "abhängigen" Personal¬
pronomina des Ägyptischen, die das pronominale Objekt eines transitiven Ver¬
bums bezeichnen. Sie sind ebenso wie die morphologisch unselbständigen pro¬
nominalen Objektsmorpheme der anderen semitischen Sprachen in der Form
verwandt oder sogar identisch mit selbständigen Personalpronomina eines
Typs B, die aus einem Pronominalstamm allein oder kombiniert mit einem
t-Suffix bestehen. [^6] Diese selbständigen Personalpronomina, die teils das
Subjekt, teils das direkte Objekt bezeichnen, sind in den K- und T-Sprachen
nur in der 3. Person erhalten, in der 2. Person im Berberischen, in der 2.
und 3. Person im Ägyptischen und vollständig im Akkadischen; hier sind über¬
dies die selbständigen und die dem Verbalkomplex suffigierten Objektsformen
im Plural völlig identisch.
Die Suffixkonjugation eines transitiven Verbums mit pronominalem Subjekt
ist demnach zu rekonstuieren als Kombination eines Verbalkomplexes aus ver¬
baler Basis und Agensmorphem der T-Serie und einem selbständigen oder en¬
klitischen Personalpronomen des Typs B. [^7] Dasselbe Schema der Konstruk¬
tion ist analog für die transitive Präfixkonjugation anzunehmen.
Vielleicht schon fakultativ im Protosemitischen, auf jeden Fall in den ein¬
zelnen semitischen Sprachen ist diese Konstruktion morphologisch so verfestigt
worden, daß die Personalpronomina in einer zum Teil lautlich reduzierten Form
als unselbständige Personalmorpheme in den engeren Verbalkomplex aufgenom¬
men wurden. Daneben besteht jedoch auch in den historischen semitischen Spra¬
chen die Tendenz, die Personalmorpheme des direkten wie des indirekten Ob¬
jekts aus dem Verbalkomplex zu lösen und in Kombination mit einer "Prä¬
position", speziell einer Nota accusativi, quasi selbständig zu konstruieren.
Ein spezielles Problem ist dabei das Objektsmorphem der 1. sg. Als pro-
tosemitisch ist die Form /-jä/ anzusetzen, die aus dem selbständigen Pro¬
nomen *juwa (o.ä) abzuleiten ist, ferner dem gemeinsemitischen adnomina-
len Possessivsuffix der 1. sg. entspricht und auch in einigen Sprachen, im
Berberischen, im Mehri sowie im altassyrischen Dialekt des Akkadischen die
normale oder sogar einzige Form des Objektsmorphems ist. Die Ableitung
der Form /-ni/, durch die sie in den übrigen Sprachen ersetzt wird, ist un¬
klar. Ein Ausgangspunkt könnte eine Anwendung wie im Altassyrischen sein,
wo sie nach einem vokalisch auslautenden Verbalkomplex als AUomorph zu
der normalen Form /-T/ gebraucht wird.
Das nominale passivische Subjekt eines transitiven Verbums müßte wie das
Subjekt eines intransitiven Verbums grundsätzlich durch den Subjektskasus
mit Morphem /-O/ im Sg. , /-ü/ im PI. und /-ä/ im Dual bezeichnet worden
sein. Auffällig ist jedoch, daß dieser Kasus in den historischen Sprachennicht
analog den pronominalen Formen zum Kasus des direkten Objekts geworden
ist, sondern sich nur in den spezialisierten nicht-verbalen Funktionen des
Status absolutus im Akkadischen erhalten hat.
Soweit die historischen semitischen Sprachen überhaupt noch Kasusformen
unterscheiden, gebrauchen sie als Form des nominalen direkten Objekts den
"Akkusativ", der nach seinen sonstigen Funktionen zu schließen primär eine
terminativische dimensionale Relation ("in bezug auf", "in Richtung auf") be¬
zeichnet haben dürfte. Ferner bezeichnete er wohl auch schon im Protosemi¬
tischen das sog. "zweite" Objekt eines Vorgangs, das in den historischen Spra¬
chen auch bei passivischer Konstruktion im Akkusativ konstruiert wird.
In einigen semitischen Sprachen kann indessen auch schon das "erste" direk¬
te Objekt eines transitiven Verbums, und zwar speziell ein nominales, als
idiomatische Variante oder grammatikalisiert zur Bezeichnung etwa der De¬
termination durch ein dimensionales, speziell ein indirektes Objekt ersetzt
werden. Als analoges Prinzip kann daher auch für das Protosemitische eine
abweichende Konstruktion des transitiven Verbums angenommen werden, in
der als idiomatische Variante oder vielleicht bereits grammatikalisiert bei
bestimmten Verben das passivische Subjekt durch ein dimensionales Objekt
im "Akkusativ" ersetzt wurde, da sich entsprechende abweichende Konstruk¬
tionen auch in sinderen Sprachen mit passivischer Verbalauffassung nachwei¬
sen lassen.
Durch eine derartige abweichende Konstruktion des transitiven Verbums wie
auch durch die indifferenten Formen zur Bezeichnung von Subjekt und Agens
bei den nominalen Kasus im Plural und Dual sowie bei den Personalmorphemen
der Präfixkonjugation insgesamt, der Suffixkonjugation in der 3. Person war
bereits im Protosemitischen die Opposition "Subjekt : Agens" in einem Teil¬
bereich des Verbalsystems und seiner Konstruktionen morphologisch aufge¬
hoben.
Dennoch konnte durch diese Abweichungen von der "Idealstruktur" die pas¬
sivische Verbal auffassung nicht verändert werden, da sie durch die stabile
morphologische Opposition der nominalen Kasusformen im Singular und der
Personal morpheme der Suffixkonjugation in der 1. und 2. Person ausreichend
charakterisiert war.
Der Wandel zur aktivischen Verbal auffassung kann nur von einer abweichen¬
den Konstruktion ausgegangen sein, bei der entweder das primäre Subjekt ei¬
nes intransitiven Verbums wie das Agens eines transitiven oder umgekehrt
das primäre Agens eines transitiven wie das passivische Subjekt eines intran¬
sitiven Verbums konstruiert wurde, und zwar jeweils in allen relevanten ver¬
balen Kategorien.
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Da in den semitischen Sprachen der primäre Kasus des Agens mit Morphem
/-u/ zum historischen "Nominativ" und damit zum Kasus des aktivischen Sub¬
jekts geworden ist, kann die den Wandel auslösende und bewirkende abweichen¬
de Konstruktion nur die transitive Konstruktion von intransitiven Verben ge¬
wesen sein. Eine Konstruktion von intransitiven Verben mit Agensformen an
Stelle der primären Subjektsformen findet sich in verschiedenen Sprachen mit
passivischer Verbalauffassung als idiomatische Variante neben der normalen
intransitiven Konstruktion vor allem bei Verben der Bewegung, wenn eine be¬
sondere "aktive" Beteiligung des primären Subjekts am Zustandekommen des
Vorgangs bezeichnet werden soll. In diesen Fällen können dann die nicht-per¬
sonalen Verbalformen, die Numerus oder Bedeutungsklasse des primären Sub¬
jekts realisieren, auch mit einer solchen sekundären Agensform korrespon¬
dieren. In manchen Sprachen werden weiterhin bestimmte, im einzelnen aber
durchaus verschiedene intransitive Verben immer mit einer sekundären Agens¬
form konstruiert, so daß sich die passivische Verbal auffassung eventuell nur
noch in einigen Zustandsverben, insbesondere Eigenschaftsverben mit primä¬
rem Subjekt manifestiert.
In dieser Entwicklungsphase der passivischen Verbalauffassung ist von den
semitischen Sprachen das Ägyptische verblieben, wenn auch mit Veränderung
der protosemitischen Verbalstruktur. Es findet sich hier bei qualitativen Ver¬
ben neben der alten Suffixkonjugation eine Konstruktion mit denselben "ab¬
hängigen" Personalpronomina des Typs Bb als Subjekt, die bei einem transi¬
tiven Verbum das "direkte Objekt", d.h. in diesem Fall eben das passivische
Subjekt bezeichnen, [s] Hierbei ist also das pronominale Subjekt des intransi¬
tiven Verbums an das passivische Subjekt des transitiven Verbums angeglichen
worden. Die passivische Verbal auffassung hat sich weiterhin bis in das Kopti¬
sche erhalten, wo nach wie vor das Subjekt eines qualitativen Verbums mit
dem "Objekt" eines transitiven Verbums identisch ist, allerdings wiederum
mit Veränderung der altägyptischen Verbal struktur.
Nicht ganz so eindeutig ist die Situation des Berberischen. Immerhin kön¬
nen hier in einigen Dialekten allein von allen Verben die qualitativen Verben
noch in der alten Suffixkonjugation konstruiert werden. [9]
Die übrigen semitischen Sprachen haben die Konstruktion auch der Zustands¬
verben völlig an die Konstruktion des transitiven Verbums angeglichen, so
daß sie auch in der Suffixkonjugation mit einer nominalen Agensform korres¬
pondieren, [jio] Damit aber ist der Wandel von der passivischen zur aktivi¬
schen Verbalauffassung vollzogen.
Ausgegangen ist die Entwicklung wohl von der Präfixkonjugation, die nicht
nur wegen der primären Indifferenz der Personalmorpheme gegenüber der
Opposition "Subjekt : Agens" die Fusion dieser Kategorien zu einem alctivi-
schen Subjekt begünstigte, sondern selbst die Darstellung von "Zuständen" in
nicht-perfektiven verbalen Kategorien als eine Art von "Handlung" ermöglich¬
te. Denn auch im Ägyptischen, das die Präfixkonjugation und überhaupt seine
protosemitische Verbalstruktur aufgegeben hat, können qualitative Verben be¬
stimmte verbale Kategorien nur durch Formen der primär transitiven sdm.f-
Konstruktion realisieren, [ll]
Durch die transitive Konstruktion aller intransitiven Verben einer Sprache
verschmelzen die primären Kategorien "intransitives Subjekt" und "Agens"
zu der neuen Kategorie "aktivisches Subjekt", während gleichzeitig das pri¬
märe passivische Subjekt des transitiven Verbums zu der neuen Kategorie
Ml i
"direktes Objekt" wird. Zur Bezeichnung dieser neuen Kategorien werden in
den semitischen Sprachen pronominale und nominale Formen unterschiedlich
weitergeführt. Von den nominalen Formen wird der Kasus des Agens zur Be¬
zeichnung des aktivischen Subjekts gebraucht, zur Bezeichnung des direkten
Objekts aber an Stelle des primären Subjektskasus mit Morphem /-O/ der Ak¬
kusativ als Kasus des dimensionalen Objekts. Dagegen bezeichnen die prono¬
minalen Formen des passivischen Subjekts eines transitiven Verbums weiter¬
hin auch das "direkte Objekt".
Eine besondere Situation ergibt sich durch den Wandel der primären Funk¬
tionen für die Personal morpheme des Verbums. Die ohnehin indifferenten
Personalmorpheme der Präfixkonjugation konnten ohne weiteres auch das
aktivische Subjekt bezeichnen, so daß von den historischen semitischen Spra¬
chen einheitlich die protosemitischen Formen weiterverwendet wurden.
Dagegen standen für die Suffixkonjugation zur Bezeichnung des aktivischen
Subjekts nunmehr zwei gleichbedeutende Serien von Personalmorphemen zur
Verfügung, die sich in den Formen der 1. und 2. Person durch die charakte¬
ristischen Konsonanten /k/ und /t/ unterschieden. Bei der Auswahl unter den
differenzierten Formen wurden von den theoretisch möglichen 4 Kombinationen
von k- und t-Formen praktisch 3 realisiert, nämlich als K-, T- und K/T-Se¬
rie. Dagegen ist eine T/K-Serie mit /-tü/ für die 1. sg. und /-kä, -kT/ für
die 2. sg. nicht nachzuweisen. Auch die K/T-Serie dürfte als Variante einer
T-Serie unter dem Einfluß des Personalpronomens vom Typ A zu erklären sein,
da sie sich nur in Sprachen findet, in denen dieses Pronomen in der Form
*anäku erscheint.
Der Einfluß des Personalpronomens reicht allerdings zur Erklärung des
Phänomens nicht aus, da andere Sprachen mit der zumindest fakultativen Form
*anäku, wie das Ugaritische und das Hebräische, die reine T-Serie übernom¬
men haben. Es finden sich jedoch bei den durch die Formen der K-, und T-
und K/T-Serie charakterisierten Sprachen noch weitere gemeinsame Merk¬
male, insbesondere Merkmale, die sich auf die Gestaltung des Verbalsystems
beziehen. [l2]
Eine unmittelbare Folge des Wandels von der passivischen zur aktivischen
Verbalauffassung ist die Ausbildung einer verbalen Kategorie "Passiv" in Op¬
position zu der "aktiven" Konstruktion des transitiven Verbums. Während bei
passivischer Verbalauffassung eine "Passivkonstruktion" lediglich darin be¬
steht, daß das Verbum intransitiv, d.h. ohne bestimmtes Agens, konstruiert
wird, ist bei aktivischer Verbalauffassung hierzu die Spezialisierung oder
Bildung von besonderen intransitiven Verbalformen erforderlich. In der Bil¬
dung von Passivformen zeigen die semitischen Sprachen starke Divergenzen.
Allen Gruppen gemeinsam ist nur die Möglichkeit, Formen eines t-Stammes
oder des N-Stammes passivisch zu gebrauchen. Ein inneres Passiv mit Vo¬
kalablaut findet sich nur in T-Sprachen.
K- und K/T-Sprachen haben ferner als positives gemeinsames Merkmal
die grammatische Systematisierung von Formen der Präfixkonjugation mit
einer gegenüber der Grundform *japrus erweiterten Stammform, die in den
meisten Fällen für den Grundstamm etwa als *japarras anzusetzen ist. Sie
unterscheiden sich indessen darin, daß diese Form *japarras in den K/T-
Sprachen in einer funktionalen Opposition zur Form *japrus steht, in den
K-Sprachen dagegen als eigentliche Repräsentantin der Präfixkonjugation in
Opposition zur Suffixkonjugation, während hier die Form *japrus nur noch
in einer quasi-modalen Funktion gebraucht wird.
In der Reduktion der Funktionen der Grundform *japrus stimmen die K-
Sprachen wieder mit den T-Sprachen überein. Sie unterscheiden sich aller¬
dings von ihnen in der "indikativischen" Form, die in den K-Sprachen eben
als * japarras bzw. * jaqattal, in den T-Sprachen als *jaqtulu anzusetzen ist.
Weiterhin wird in den K-Sprachen wie in den T-Sprachen die Suffixkonju¬
gation transitiv und intransitiv konstruiert. In den K/T-Sprachen aber ist
die transitive Suffixkonjugation auf bestimmte Verben beschränkt oder über¬
haupt ganz aufgegeben. Das Ägyptische hat dabei auch die gesamte Präfix¬
konjugation verloren; hingegen haben das Akkadische und das Berberische zu
der Grundform *japrus und der erweiterten Form *japarras noch eine dritte
Form der Präfixkonjugation ausgebildet, die einen Teil der transitiven Funkti¬
onen der Suffixkonjugation übernimmt.
Die bloße äußerliche Aufzählung solcher gemeinsamer Merkmale, die keines¬
wegs vollständig ist, läßt deutlich erkennen, daß die Übernahme der primären
Subjekts- und Agensmorpheme der Suffixkonjugation zur Bezeichnung des akti¬
vischen Subjekts als K-, T- und K/T-Serie nicht ein zufälliges Ergebnis von
parallelen Entwicklungen in den einzelnen semitischen Sprachen ist, sondern
ein zentrales Phänomen für ihre Typologie und ihre engere genetische Ver¬
wandtschaft.
K-Serie T-Serie K/T-Serie
sg- pl. sg- pl. sg. pl.
1 . c . ♦-kü ♦-nä *-tü ♦-nä/nü ♦-kü *-nä/nü
2 .m. *-kä ♦-kum/nü ♦-tä ♦-tum/nü ♦-tä ♦-tum/nü
f. ♦-kl ♦-ku/inä ♦-ti ♦-tu/inä ♦-ti *-tu/inä
5 .m. ♦-0 ♦-Ü ♦-0 ♦-Ü ♦-0 ♦-Ü
f. ♦-at ♦-ä ♦-at ♦-ä ♦-at ♦-ä
Äthiop . ) Ug., Aram. , Akk. , Ägypt. ,
Mehri Hehr , Ar. Berberisch
Suffixkonjugation und Personalpronomen Typ A (l./2.sg.):
Akk. -äku an-äku
-äta attä (♦'an-tä)
-äti atti (♦'an-ti)
Berb. -g/q(^-ku) nek
-d/t(^-ta) [kaj]
-d/t(^-ti) [kem]
** ana/* anäku
♦ 'an-tä
♦'an-ti [2]
(1)
(2) Ägypt. -kw/j
-tj -tj (3) T-Sprachen
jnk [jnt-k]
[jnt-t(^ki)]
(4) K-Sprachen
♦-tü
♦-tä
♦-ti
*-kü
♦-kä
♦-ki
♦' ana
♦'an-tä
♦'an-ti
Subjekts- und Objektsmorpheme der K-Sprachen (2.sg./pl.)
Mehri sj
[3]
2. m.sg. Äth
f.
sj -ka -ki
oj -ka -ki
-k -hi' -ki)
oj -k
-^(♦-ki)
2.m.pl. -kammu -ksmmü -kem -kem
f. -ken -kan -ken -ken
[4] Kasusformen des Nomens: Sg. PI. Du.
"Subjekt" (Status absolutus / Nominativ ) ♦-0 ♦-Ü ♦-ä
"Agens" (Nominativ) ♦-U ♦-Ü ♦-ä
"Objekt" (Akkusativ) ♦-a ♦-1 *-aj
"Adnominalis" (Genitiv) *-i ♦-i ♦-aj
(G/P = indifferente / pluralische verbale Basis)
[5A] Präfixkonjugation Suffixkonjugation
intr. tr. [5B] intr. [50] tr.
3 m.sg. sj *j-G ag *j-G/P sj »G-O ag *G/P-0
f. *t-G *t-G/P *G-at *G/P-at
2 m. *t-G *t-G/P *G-kä *G/P-ti
f. ♦t-G-i ♦t-G/P- i ♦G-ki *G/P-ti
1 c . *'-G *' -g/p *G-kü *G/P-tü
3 m. pl . ♦j-G/P-Ü *j-G/P- •ü *G/P-ü *G/P-ü
f. *j-G/P-5 *j-G/P- ■ä ♦G/P-i *G/P-ä
2 m. *t-G/P-ü *t-G/P- ■ü ♦G/P-kumü *G/P-tumü
f. *t-G/P-ä *t-G/P- -a *G/P-kinä *G/P-tinä
1 c . »n-G/P *n-G/P *G/P-nä *G/P-ni
[6] Personalpronomina Typ B (Ba = selbständige, Bb selbständige
oder enklitische, Bc = Verbalsuffixe, Bd = Nominalsuffixe):
sg. Ba Bb Bc Bd pl. Ba Bb Bc Bd
1. * juwat * juwa *- jä *- jä *nijat *ni ja *-ni *-ni
Akk. jäti ( ji'um) -i -ja/l niäti (ni'i'um) -niäti -ni
Äg. jw/wj - j - j *n -n -n
Berb -i -i -ne§ -anag
2.m. *kuwat ♦kuwa *-kä •-kä *kumut *kumü *-kumü *-kumü
Akk. kuwäti (kuwä'um) -ka/ku -ka kunüti ( kunilm) -kunuti -kunu
Äg. *kwt/^wt kw/tw -k -k *kn/tn *-kn/tn *-kn/tn
Berb kaj -k(aj) -ek kawen -wen -awen
3.m. *suwat *suwa *-su *-su *sumüt *sumü *-sumu *-sumü
Akk. suwati (suwä'um ) -su -su sunuti ( sunüm ) -sunüti -sunu
sü sunu
Äg. swt SW [-f] [-f] sn -sn -sn
Berb -as -is -asen -sen
Qat. swt 6w -s(w) -s(w) smt sm -sm -sm
Sab. hwt hw' -h(w) -h(w) hmt hmw -hin(w) -hm(w)
Äth. wa'atü -hü/ö -hü/ö wa'atömu -(h) ömü -(h)ömü
Ug. hwt hw -h -h hmt hm -hm -hm
Ar. huwa -hu -hu hum ( ü ) -hum(u ) -hum(u)
(G/P = indifferente / pluralische verbale Basis)
sj sg. 3.m. 3. f. 2 .m. 2. f. I.e. sj pl. 3.m. 3. f. 2.m. 2. f. I.e.
[7A] intr. *G-0 *G-at *G-ki ♦G-ki ♦G-kü ♦G/P-ü ♦G/P-i *G/P-kumü »G/P-kini *G/P-r
[7B] tr.
ag sg.
3.m. *G- ■0 *suwa »si ja »kuwa »ki ja ♦juwa »G/P-0 »sumü ♦sinä ♦kumu »kina »nija
f. *G- ■at *suwa *si ja »kuwa »ki ja ♦juwa ♦G/P-at »sumu »sini ♦kumü »kina »nija
2.m. *G- ■ti *suwa *si ja - -
»juwa ♦G/P-ti ♦sumu »sini - -
»nija
f. »G- •tl *suwa *si ja - -
»juwa *G/P-ti »sumu »sini - -
»nija
1.0. *G- ■tü *suwa »si ja »kuwa »ki ja - »G/P-tü »sumü »sina ♦kumü »kini -
ag pl-
3.m. *G- ü *suwa »si ja »kuwa »ki ja ♦juwa ♦G/P-ü »sumu »sini ♦kumü »kini »nija
f. »G- i *suwa »si ja »kuwa »ki ja »juwa ♦G/P-i »sumü »sina »kumü »kina »nija
2.m. »G- tumu *suwa »si ja - -
»juwa »G/P-tumü »sumü »sina - -
»nija
f. *G- tini *suwa »si ja - -
»juwa *G/P-tini »sumü »sini - -
»nija
l.c. *G- ni *suwa »si ja »kuwa »ki ja -
»G/P-nä »sumü »sinä »kumü »kini -
analog: transitive Präfixkonjugation
ag sg.
3.m. *j- G *suwa »si ja ♦kuwa »ki ja »juwa «j-G/P »sumu »sina »kumu »kini »nija
f. *t- G *suwa »si ja »kuwa »ki ja »juwa »t-G/P »sumu »sina ♦kumu »kina »nija
usw.
Ägyptisch nfr sw "er_ ist gut" sdm.f sw "er hört ihn "
Koptisch nanu-f "er_ ist gut" af-sepsöp-s_f "er bat ihn "
[9] Intransitive Suffix- bzw. Präfixkonjugation:
Berb. 5.m. mellul "er ist weiß" *j-ella (illa) "er ist"
f. mellul-et t-ella
[10] "Agentiv" bei Zustandsverben (Sj-0 Ag-u):
Akk. eql-u(m) mäd "Feld ist viel (vorhanden)"
Ar. 2aid-u(n) marida "Zaid ist erkrankt"
[11] Konstruktion von Zustandsverben:
Ägyptisch nfr.j / nfr sw "er ist gut"
nfr.f "er wird gut sein"
[12] Merkmale der K/t, K- und T-Sprachen:
Typ Passivformen Präfixkonjugation Suffixkonjugation
t- Stamm
N- Stamm
Ab¬
laut
* japarras "Perfekt" tr. int]
Äg. K/T (/) (/) (/) (/) (/) ( + ) +
Berb. K/T + - - + + - +
Akk. K/t + + - + + (+) +
Äth. K + - - + - + +
Mehri K + - - + - + +
Ug. T ( + ) + + - - + +
Ar. T ( + ) ( + ) + - - + . +
Hebr. T ( + ) + + - - + +
Phön. T ( + ) + + - - + +
Aram . T + - + - - + +
Syr. T + - - - — + +
IST IVRIT EINE SEMITISCHE SPRACHE ? *)
Von Stefan Wild, Amsterdam
Johann Fück hat meines Wissens zum ersten Mal festgestellt, daß bestimm¬
te Aporien der Klassifizierung semitischer Sprachen gelöst werden können
"durch die Einsicht, daß es ebensogut Sprachen gibt, die noch nicht semitisch
sind, wie solche die nicht mehr semitisch sind" (l). Edward Ullendorffs skep-
ticher Artikel What is a Semitic Language? (A problem of linguistic identi¬
fication ) (2) weist darauf hin, daß in nahezu allen vergleichenden Darstellun¬
gen der semitischen Sprachen synchrone Feststellungen eines semitischen
Sprachtypus und diachrone sprachhistorische Aussagen über einen semitischen
Sprachstamm vermengt worden sind. Im Fall der sog. "klassischen" semi¬
tischen Sprachen, zu denen u.a. Akkadisch, Hocharabisch, Biblisch-Hebrä¬
isch und Äthiopisch gerechnet werden, hatte diese Unschärfe der Betrachtung
nie zu Problemen geführt. Diese Probleme wurden jedoch akut, als den "klas¬
sischen" semitischen Sprachen fernerstehende Sprachen des semitisch-hami-
tischen Sprachkreises in den Mittelpunkt des Interesses traten.
Vergleichbare, aber andersgeartete Probleme wirft die Klassifikation und
Identifikation des modernen Neuhebräisch, des Ivrit auf. Diese Probleme, die
außer der rein linguistischen, auch eine sprachpsychologische und eine sprach¬
politische Dimension haben, sollen im Folgenden kurz skizziert werden.
Daß hier eine Schwierigkeit liegt, zeigt bereits die Widersprüchlichkeit der
Aussagen in der semitistischen Literatur. Während Carl Brockelmann das Ivrit,
gewissermaßen ohne mit der semitistischen Wimper zu zucken, als semitisch
einstuft (3), nannte Gotthelf Bergsträsser das Ivrit eine "Scheinlösung"; dieses Neuhebräisch sei "in Wirklichkeit eine europäische Sprache in durchsichtiger
hebräischer Verkleidung ... mit gemeineuropäischen Zügen und einzelsprach¬
lichen Besonderheiten, aber nur ganz äußerlich hebräischem Charakter" (4).
Edward Ullendorff zweifelt zunächst daran, ob Ivrit noch als semitisch gelten
könne, hält die semitische Identifikation aber endlich aufgrund des im Wesent¬
lichen intakten, d.h. von fremdem Einfluß freien Verbalsystem aufrecht (5).
Haim B. Rosen, ein israelischer Sprachwissenschaftler, der die erste wissen¬
schaftliche Beschreibung des Ivrit verfasst hat (6), kommt schließlich zu der
paradox anmutenden Aussage: "Israelischhebräisch ist eine abendländische
Sprache" (7). Er fügt aber sogleich hinzu: "Dergestalt ist das Israelischhe¬
bräisch eine abendländische Sprache, ohne je seine Identität als semitische
Sprache aufgegeben zu haben. Mit seinen semitischen Schwester sprachen hat
es die formalen Elemente gemeinsam (Wurzeln, Präfixe, Suffixe, Wortgrup¬
pierungsmechanismen, Satzmodelle); jedoch die Begriffsstruktur des heuti¬
gen Hebräisch, das Ausgedrückte, dasjenige, um dessentwillen der sprach¬
liche Ausdruck erst der Mühe wert wird - all das hat die hebräische Gegen¬
wartssprache mit den Hauptkultursprachen 'Europas' gemeinsam" (8). Rosen
definiert den "abendländischen" Charakter des Ivrit an der gleichen Stelle fol¬
gendermaßen: " 'Abendländisch' mag passend als das Gegenteil von 'orienta¬
lisch' aufgefaßt werden" (9).