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Antibiotikum nach Abszessdrainage – wann und wenn ja, welches?

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Academic year: 2022

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Eine Identifikation des Pathogens ist bei unkomplizierten Hautabszessen nicht notwendig, kann aber bei Rezidiven oder systemischen Grunderkrankungen weiterhelfen. Häu- figste Erreger sind Staphylococcus aureus, besonders methi- cillinresistente Stämme (MRSA), ferner auch etliche andere, der normalen Hautflora entstammende Bakterien. Leitlinien aus verschiedenen europäischen und amerikanischen Quel- len sprechen sich gegen einen Einsatz von Antibiotika bei Hautabszessen aus. Das britische Leitlinienpanel stützt sich auf eine systematische Übersicht von 14 randomisierten, kontrollierten Studien, in denen bei unkomplizierten Haut- abszessen zusätzlich zur Inzision und Drainage jeweils Pa- tienten mit und ohne Antibiotikabehandlung oder Therapien mit verschiedenen Antibiotika verglichen wurden.

Eher Antibiotika einsetzen –

aber dies mit den Betroffenen besprechen

Die Empfehlungen beziehen sich auf Patienten mit unkompli- zierten Hautabszessen und können nicht bei Verdacht auf systemische Erkrankung (z.B. Sepsis), bei oberflächlichen Hautinfekten, Hidradenitis suppurativa oder Immundefek- ten angewendet werden.

Empfehlung 1 (schwach): Verabreichung von Cotrimoxazol oder Clindamycin zusätzlich zu Inzision und Drainage an- statt alleiniger Inzision und Drainage. Die Frage der Thera- piewahl muss aber mit jedem Patienten besprochen werden.

Im Vergleich zum Verzicht auf Antibiotika reduzieren Cotri- moxazol oder Clindamycin das Risiko eines Therapieversa- gens nach 1 Monat um ungefähr 5 Prozent (Evidenz hoher Qualität). Bei geheilten Patienten verringerten diese Antibio- tika das absolute Risiko eines Rezidivs nach 3 Monaten um zirka 8 Prozent (Evidenz hoher Qualität). Zählt man initiales Therapieversagen und Rückfallrisiko zusammen, bewirken Cotrimoxazol oder Clindamycin eine Reduktion von 13 Pro- zent. Evidenz mittlerer Qualität lässt zudem auf eine mässige Reduktion von Schmerzen, auf selteneres Fieber sowie auf etwas seltenere Hospitalisationen und weniger ähnliche In- fektionen bei Kontaktpersonen im selben Haushalt schlies- sen. Da Patienten mit Hautabszessen in der Allgemeinpraxis im Vergleich zu Patienten auf Notfallambulanzen andere Charakteristika aufweisen, dürfte der Therapienutzen der Antibiotika hier geringer ausfallen. Wahrscheinlich verrin- gern Antibiotika das Risiko für schwere oder invasive Infek- tionen oder Todesfälle nicht (Evidenz moderater Qualität).

Das Guidelinegremium ist sich bewusst, dass hinsichtlich des Einsatzes von Antibiotika bei Patienten und Ärzten eine grosse Variationsbreite in der Gewichtung erwarteter er- wünschter und unerwünschter Behandlungseffekte besteht.

Deshalb wurde die Empfehlung als schwach eingestuft.

Empfehlung 2 (stark): Wenn Patienten sich für eine Antibio- tikabehandlung ausgesprochen haben, sind Cotrimoxazol oder Clindamycin gegenüber Cephalosporinen zu bevorzu- gen.Die Effekte anderer Antibiotika sind spekulativ, ausser für Cephalosporine, die wahrscheinlich weniger oder nicht effektiv sind. Gemäss Netzwerkmetaanalyse bieten Cephalo- sporine bei einer substanziellen Prävalenz von MRSA gegen- über dem Verzicht auf Antibiotika keinen Vorteil hinsichtlich Therapieversagen (Evidenz moderater Qualität).

Empfehlung 3 (schwach): Soll eine Antibiotikabehandlung begonnen werden, ist Cotrimoxazol dem Clindamycin vor- zuziehen. Dies muss mit dem Patienten zur gemeinsamen Entscheidfindung diskutiert werden. Mit Clindamycin ist das Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen, in erster Linie Durchfälle, im Vergleich zu einer Behandlung ohne Antibiotika um zirka 10 Prozent höher (Evidenz hoher Qua- lität). Das Risiko gastrointestinaler Nebenwirkungen ist bei Cotrimoxazol mit etwa 2 Prozent geringer (Evidenz moderater Qualität) und besteht vor allem in Nausea. Insgesamt gibt es

FORTBILDUNG

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ARS MEDICI 9 | 2018

Antibiotikum nach Abszessdrainage – wann und wenn ja, welches?

Empfehlungen für die Praxis

In seiner Serie der «Rapid Recommendations» hat das «British Medical Journal» in Zusammenarbeit mit der MAGIC-Gruppe eine Praxisguideline zum Einsatz von Antibiotika als Ergänzung zu Inzision und Drainage bei Hautabszessen publiziert.

British Medical Journal

Bei bakteriellen Hautinfekten empfiehlt die Guideline den Einsatz von Cotrimoxazol oder Clindamycin zusätzlich zu Inzision und Drainage.

Cotrimoxazol oder Clindamycin reduziert in bescheidenem Umfang Schmerz und Therapieversagen und verringert wahrscheinlich Abszessrezidive, allerdings verbunden mit dem Risiko von Übelkeit und Durchfall.

Cotrimoxazol ist Clindamycin vorzuziehen, da es ein gerin - geres Durchfallrisiko aufweist.

MERKSÄTZE

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beim Therapieversagen zwischen Cotrimoxazol und Clinda- mycin keinen wichtigen Unterschied. Patienten, die der Ver- meidung eines Abszessrezidivs einen höheren Stellenwert bei- messen, werden sich eher für Clindamycin entscheiden, wäh- rend diejenigen, denen es wichtig ist, Durchfälle zu vermeiden und die Kosten tief zu halten, sich wahrscheinlich eher für Cotrimoxazol entscheiden werden, wie die Autoren schreiben.

Und die Gefahr von Antibiotikaresistenzen?

Diese Empfehlungen machen sich explizit eine patientenori- entierte Sichtweise zu eigen, anstatt eine sozialmedizinische oder gesellschaftliche Perspektive einzunehmen. Aus gesell- schaftlicher Sicht überwiegt angesichts der Beunruhigung über die Zunahme von Antibiotikaresistenzen der beschei- dene Nutzen adjuvanter Antibiotika bei Hautabszessen das Risiko weiterer Resistenzen möglicherweise nicht. Dazu äus- sert sich das Leitlinienpanel wie folgt: «Die Auswirkung einer

individuellen Antibiotikabehandlung auf die Resistenzraten in der Bevölkerung ist jedoch unbekannt, und somit bleibt hoch spekulativ, ob Antibiotika in dieser Situation einen Nettonutzen oder Nettoschaden bewirken.»

Halid Bas

Quelle: Vermandere M et al.: Antibiotics after incision and drainage for uncomplicated skin abscesses: a clinical practice guideline. BMJ 2018; 360:

k243.

Auch zugänglich über

https://www.magicapp.org/app#/guideline/ 2303

Interessenkonflikte: Für die Autoren werden im Zusammenhang mit der referierten Originalpublikation keine finanziellen Interessenkonflikte deklariert.

FORTBILDUNG

ARS MEDICI 9 | 2018

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