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Ringvorlesung Psychologie: Wirtschaftspsychologie

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01.02.2006 vwa-bwl.de wopsa.de Seite 1 / 3

Projekt: VWA Thema: WS 2005/06

Empfänger:

Absender: Dittmar Nagel

Anlage-Datum: 31.01.2006 Status-Datum: 01.02.2006

Ringvorlesung Psychologie: Wirtschaftspsychologie

Prof. Dr. Detlef Fetchenhauer

Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie 18.01.2006

____________________________________________________________

• Gängiges Vorurteil: die Wirtschaftspsychologie beschäftigt sich mit Werbung und Personalauswahl, insbesondere aber auch mit Manipulation...

Tatsächlich beschäftigt sich die Wirtschaftspsychologie mit menschlichem Erleben und Verhalten im wirtschaftlichen Kontext; es ist eine eigenständige Teildisziplin, nicht nur angewandte Psychologie.

• Die Fragen nach „sein“ und „sollen“ sind unabhängig voneinander: Erkenntnisse sind unabhängig vom Verwertungsinteresse

⇒ z.B. Verkaufspsychologie: Æ das Interesse: die Steigerung des Umsatzes, also wird man das Marketing unterstützen

Æ das Interesse: die Vermeidung privater Überschuldung, also wird man die Schuldnerberatung unterstützen Æ das Interesse: Imagesteigerung,

also Unterstützung der Werbung

Æ Int.: Senkung gesundheitsschädigenden Verhaltens, also Werbekampagne gegen Nikotin

Alle die genannten Punkte sind auch wissenschaftlich interessant!

Wirtschaftspsychologie ist

„ eine praktische Disziplin, die eine Verhaltensänderung nach sich zieht und

„ Grundlagenpsychologie, die Verhalten erklärt.

Anwendungsbeispiel:

Zum Verkauf per Auktion steht ein Glas mit 20,-- Euro; die Auktionsregeln besagen, daß der zweite (also der Letztbietende hinter dem Gewinner) dem Auktionsleiter das von ihm ausgesprochene Gebot bezahlen muß, ohne einen Gegenwert zu bekommen.

Die praktische Übung im Rahmen der Vorlesung zeigte, daß die Bietenden noch deutlich über die 20,-- Euro hinaus steigerten. Bis 20,-- Euro sind die Gebote ohnehin plausibel, da jeder meinte, mit seinem Kaufpreis mehr zu bekommen als es ihn kostete. Ab 20,-- Euro aber steigerte jedesmal der Überbotene weiter, weil er sonst ohne Gegenwert bezahlen zu müssen fürchtete. Hatte jemand z.B. zunächst 19,-- Euro geboten, wurde mit 21,-- Euro überboten und zog nun mit einem Gebot von 22,-- Euro nach, so entständen im für den Fall des Gewinns mit 2,-- Euro (20,-- Euro Einnahme abzgl. 22,-- Euro Ausgabe) weniger Kosten als wenn er bei seinem letzten Gebot bliebe und die 19,-- Euro ohne einen Gegenwert zu bekommen zahlen müßte.

Das Beispiel zeigt die psychologischen Vorgänge, wie sie oft auch in Verhandlungssituationen zu finden sind: die Kognition der Partner wird falsch eingeschätzt oder sogar ignoriert. Es wird nicht realisiert, daß andere Personen das gleiche tun oder denken oder auch, daß andere in der gleichen Situation etwas vollkommen anderes denken oder tatsächlich in einer vollkommen anderen Situation sind.

(2)

01.02.2006 vwa-bwl.de wopsa.de Seite 2 / 3 Risiko-

entscheidung

Variante 1

43,8%

Variante 2

69,5%

Geschätzt Tatsächlich

45,6% 77,8%

60,4% 91,5%

Studie 1 Undergrates Cornell University, USA Studie 2 Universität Groninger, NL

Forschungsfelder der Wirtschaftspsychologie sind:

„ Konflikt, Vertrauen, Kooperation

„ Wahrnehmung wirtschaftlicher Vorgänge

Vertrauen ist ein wichtiges Element zur Stabilisierung sozialer Beziehungen

⇒ Arbeitsbeziehungen, Freundschaften, Fremde

⇒ Wirtschaftswachstum in Ländern mit großem Vertrauen zueinander ist größer Æ Vertrauen ist ein Element sozialen Kapitals

• Dave DUNNING: „Do people trust too much or too little?“

⇒ Verhaltens(behavorial)- und Wahrnehmungs(kognitiv)-Ebene

Anwendungsbeispiel („trustgame“):

2 Personen A und B, 1 Interaktion, A und B während gesamten Experiments anonym, A bekommt 5,-- Euro, die er behalten (Æ 1. Experimentende) an B geben kann. Gibt A das Geld an B, woraufhin B die 5,-- Euro vom Versuchsleiter durch 20,-- Euro ersetzt bekommt. B kann das Geld behalten (Æ 2. Experimentende) oder mit A teilen (Æ 3. Experimentende).

Zur Betrachtung gelten die gleichen Regeln wie in der Mikroökonomie:

vollständige Rationalität

Eigennutzaxiom

⇒ „Common knowledge assumption“ (jeder weiß vom Egoismus des anderen)

Nähme A an, daß B das Geld teilte, würde er seine 5,-- Euro weitergeben. Wenn A das Geld weitergäbe und B teilte, hätte beide etwas davon. Wenn A annähme, daß B das Geld selbst behalten würde

(Antizipation des Verhaltens von B), gäbe er die 5,-- Euro auch nicht an B weiter. Dann hätte A weniger als er haben könnte und B erhielte gar nichts. So verhindert individuell rationales Verhalten kollektive Rationalität.

Sozialpsychologisch geht es um das Abwägen zwischen Eigennutz und dem Befolgen von Normen distributiver Gerechtigkeit.

⇒ Reziprozitätsregel („den nett behandeln, der nett zu mir ist“)

⇒ Gleichheitsprinzip

• Eine valide Vorhersage des Verhaltens des Partners ist in vielen Alltagssituationen wichtig

⇒ Einschätzung der Prosozialität

⇒ „holier than thou“-Effekt (EPLEY & DUNNING, 2000)

Æ die meisten Menschen halten sich für moralischer als die anderen

Æ die Frage ist, Überschätzen diese Menschen die eigene Prosozialität oder Unterschätzen sie die Prosozialität der anderen?

In zwei Untersuchungen in den USA und Niederlande (hier haben 9 von 10 Studenten inn der Rolle von B geteilt) stellte sich heraus, daß die Menschen kognitiv einander zuwenig vertrauen.

In einer Variante 1 wurde allen A’s berichtet, die B’s hätten sich schon entschieden und von den B’s wären 40% vertrauenswürdig

(ohne daß der einzelne A nun wüßte, ob er einen soliden B erwischt hat). In der Variante 2 wurden dann 80% der B als vertrauenswürdig eingestuft. Das Ergebnis, wieviele der A sich dann für das Risiko (dem B zu vertrauen)

entschieden, zeigt die Grafik.

In einer weiteren Varianten 3, 4 wurde die (menschliche) Unsicherheit dadurch eliminiert, daß man den Probanden Lotterien anbot: die Chancen ständen dabei 40% zu 80%

bzw. 80% zu 40%, daß der A den Betrag (dann aber ohne Einfluß

(3)

01.02.2006 vwa-bwl.de wopsa.de Seite 3 / 3

Rotwein- Bewertung

Mat.

45

Nicht-Mat.

53

Nicht-Mat.

61

Mat.

68

"3 Euro" "20 Euro"

Risiko- entscheidung

Variante 2

69,5%

Variante 1

43,8%

Variante 3

20,8%

Variante 4

49,2%

des B) verdoppeln könne. In diesem Falle zeigte sich ein anderes Ergebnis, obschon

sich von der rational-ökonomischen

Betrachtung her nichts verändert hat(!!).

Offenbar ist es also so, daß man sich vom

menschlichen Gegenüber mehr erhofft,

obwohl die Wahrscheinlichkeit, aus der

Situation Nutzen zu ziehen, in beiden Varianten identisch sind.

Vertrauen und Mißtrauen sind Signale ...

... gegenüber dem anderen ... gegenüber der eigenen Person ... über die eigene Person

• Der „Labeling-Effekt“ ist die Zusammenhangsvermutung zwischen steigendem Preis und steigender Qualität (und vice versa), was in gewissem Umfang von der Erfahrung gedeckt ist.

⇒ das ist unbedingt sinnvoll, wenn der Preis die einzige Information über das Produkt ist Æ wenn man keine Ahnung von Wein hat und niemanden fragen kann, ist es zum Kauf eines

hochqualitativen Weines eine vernünftige Strategie, einen teuereren zu nehmen

⇒ macht gar keinen Sinn, wenn man die Möglichkeit hat, Preis und Qualität zu beurteilen Æ wenn man schonmal einen Wein probiert hat und weiß, wie er schmeckt, nutzt es

nichts sich einzureden, da er teuer ist, müsse er doch gut sein

• Es gibt einen wachsenden „Materialismus“, eine Tendenz, sich über den Konsum von Statusprodukten zu definieren.

⇒ das Ausmaß der Zustimmung zu dem Satz „Besitz sagt etwas über Erfolg aus“

bestimmt das Maß des Materialismus Köln-Lindenthaler Weinprobe (N=300)

Es wurde mit den Probanden eine Weinprobe durchgeführt; alle erhielten den gleichen chilenischen Wein für 4,95 Euro zum Probieren. Als Preis wurde bei einer Gruppe 3 Euro angegeben, bei einer anderen 20 Euro. Bei den Probanden wurde zusätzlich nach Materialisten und nicht-Materialisten unterschieden. Alle sollten

die Qualität des Weines auf einer Skala von 0 („schlecht“)

bis 100 Punkten („exzellent“) einordnen. Es zeigte sich, daß in beiden Gruppen der „teuere“ Wein besser beurteilt wurde; die Diskrepanz der Beurteilung zwischen dem „billigen“ und dem „teuereren“ Wein war bei den Materialisten aber signifikant größer.

Referenzen

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