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Z Erkenntnis per Euro?

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© 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 1617-9439/13/0707-3 Physik Journal 12 (2013) Nr. 7 3 M E I N U N G

+) vgl. Physik Journal, März 2013, S. 6 Dies ist die bearbeitete Fassung eines Beitrags, der zuerst in „Forschung und Lehre“ (4/2013, S. 278) erschienen ist.

Meinung von Prof. Dr. Claudius Gros, Professor für theoretische Physik an der Universität Frank- furt/Main.

Z

wei Flaggschiffe pflügen seit Ende Januar 2013 stolz durch die See der europäischen Wis- senschaft, dank der milliarden- schweren EU Flagship Initiative.+) Werden sie mehr erforschen als dies eine kleine Flottille wendiger Erkundungsschiffe vermocht hätte?

In diesem Zusammenhang stel- len sich zwei Fragen: Zum einen, welches sind die Hintergründe für die zunehmende Bedeutung von strukturierter Forschungsförde- rung und Großprojekten? Und zum anderen, wie steht es mit der Effi- zienz? Gibt es eine positive (oder negative) Korrelation zwischen der wissenschaftlichen Ausbeute – wohlgemerkt pro Euro Förderung und nicht absolut – und der Größe von Forschungsprojekten?

In den Wissenschaften gibt es bekannte Komplexitätsbarrieren, welche weiteren Fortschritt zwar nicht verhindern, jedoch deut- lich erschweren können. Für die Forschungsförderung wäre es wichtig, die Stärke dieser Barrieren zuverlässig abschätzen zu können.

Dieses ist jedoch erst in wenigen Fällen versucht worden, etwa in der Meteorologie, wo Prognosen über einen längeren Zeitraum exponen- tiell schwieriger werden. Auch in jungen Forschungsgebieten wie der Genforschung gibt es solche Barrie ren. Der Aufwand für die Sequenzierung von Genen hat sich in den letzten Jahren dramatisch reduziert, und doch nehmen unser Wissen über die Zusammenhänge in der Genomik und die verwert- baren Ergebnisse deutlich lang- samer zu als ursprünglich erwartet.

Die Forschungsförderung sieht sich in der Nähe von Komplexitäts- barrieren mit einem abnehmenden Grenznutzen konfrontiert und hat im Prinzip zwei Möglichkeiten.

Zum einen könnte man bevorzugt auf kleinere oder mittlere For- schungsprojekte setzen, um eine

Vielzahl von Ansätzen und Mög- lichkeiten für den weiteren Fort- schritt auszuloten, oder aber zum anderen das Problem mehr oder minder frontal angehen und die Mittel bündeln. Beides ist notwen- dig und sollte in ausgewogener Ba- lance verfolgt werden. In der Praxis wird jedoch die gebündelte und strukturierte Forschungsförderung von Förderinstitutionen zuneh- mend bevorzugt. Der Vorteil liegt dabei auf der Hand: Forschung wird planbar und hängt nicht mehr vom Geistesblitz Einzelner ab. Zu- dem haben strukturierte Projekte eine größere Sichtbarkeit, sowohl für den Empfänger als auch für den Geldgeber – ein entscheidender politischer Vorteil.

Da die meiste Forschung aus öf- fentlichen Mitteln finanziert wird, haben die Steuerzahler ein Anrecht darauf, dass ihr Geld möglichst effizient eingesetzt wird. Es gibt ein weit verbreitetes, und berechtigtes, Unbehagen unter Wissenschaft- lern, ihre eigene Arbeit unter dem Gesichtspunkt der Effizienz zu sehen. Als Grundlagenforscher bin ich natürlich auch der Meinung, dass man Forschungsergebnisse nicht in Euro und Cent bewerten sollte, einzelne Ergebnisse und Publikationen können einen im- mensen Fortschritt darstellen.

Allerdings sollten wir uns nicht der Tatsache verschließen, dass Groß- projekte, welche meist in der Nähe von Komplexitätsbarrieren angesie- delt sind, tendenziell einen abneh- menden Grenznutzen aufweisen.

Diese Zusammenhänge systema- tisch und unvoreingenommen zu untersuchen ist eine wohldefinierte wissenschaftliche Fragestellung.

Ich plädiere daher dafür, bei der Evaluation von Forschungsförde- rung und Ergebnissen als eines von mehreren Kriterien auch die Höhe der eingesetzten Mittel verstärkt zu berücksichtigen.

Man sollte den Effizienzgedan- ken in der Forschung nicht über- treiben, doch teilweise haben wir heute Strukturen, welche Ineffizi- enz tendenziell belohnen. So wird beispielsweise bei universitätsinter- nen Evaluationen die wissenschaft- liche Produktivität in der Regel anhand der Anzahl Publikationen, Zitaten usw. gemessen. Dabei wird, bei gleicher wissenschaftlicher Pro- duktivität, der Forscher belohnt, welcher diese Ergebnisse mit einem möglichst hohen Aufwand an Steu- ergeldern (Drittmittel) erreicht hat, und derjenige tendenziell bestraft, welcher höchst effizient arbeitet (geringeres Drittmittelaufkom- men). Analog wird im Falle von Berufungen, bei vergleichbarer wissenschaftlicher Qualität, in der Regel derjenige Kandidat bevor- zugt, welcher seine Ergebnisse mit einem hohen Einsatz externer Res- sourcen erzielt.

Wir können uns in Deutschland über eine breite gesellschaftliche Unterstützung von Wissenschaft und Forschung freuen. Damit dieses auch in Zukunft so bleibt, sollten wir in der Forschungsförde- rung Strukturen schaffen, welche effizient arbeitende Institutionen, Einrichtungen und Arbeitsgruppen belohnen und nicht bestrafen. Die derzeitig zu beobachtende Tendenz zu vermehrter Programmfor- schung, Großprojekten und struk- turierter Forschungsförderung scheint dabei nicht der geeignete Weg zu sein.

Erkenntnis per Euro?

In Zeiten immer größerer Forschungsprojekte lohnt es sich, die Effizienz von Forschung unter die Lupe zu nehmen.

Claudius Gros

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