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Die Funktion der Motorproteine Dynein und Kinesin in der Reifung und Sekretion von Zymogengranula des exokrinen Pankreas der Ratte

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Academic year: 2022

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(1)

Aus dem Institut für Physiologische Chemie der Tierärztlichen Hochschule Hannover

und

der Medizinischen Klinik und Poliklinik B der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Die Funktion der Motorproteine Dynein und Kinesin in der Reifung und Sekretion von Zymogengranula des exokrinen Pankreas der Ratte

INAUGURAL-DISSERTATION

Zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Ina-Alexandra Weber

aus Osnabrück

Hannover 2003

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Hassan Y. Naim Prof. Dr. Markus M. Lerch

1. Gutachter: Prof. Dr. Hassan Y. Naim 2. Gutachter: Prof. Dr. Bernd Otto

Tag der mündlichen Prüfung: 03. Juni 2003

(3)

Meinen Eltern

(4)
(5)

INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung und Aufgabenstellung 1

2. Literaturübersicht 2

2.1. Das Pankreas 2

2.1.1 Das exokrine Pankreas 2

2.1.2 Die Azinuszelle 3

2.2. Die Physiologie des Pankreas 5

2.2.1 Cholezystokinin (CCK) 5

2.2.2 Cholezystokinin-Rezeptoren 6

2.2.3 Die Mechanismen der Signaltransduktion 7

2.3. Die Pankreatitis 7

2.3.1 Die akute Pankreatitis 7

2.3.2 Pathogenese und Pathophysiologie der akuten Pankreatitis 8

2.4. Die Pankreatitis bei Tieren 10

2.4.1 Inzidenz der akuten Pankreatitis bei Tieren 10 2.4.2 Ätiologie und Pathogenese der akuten Pankreatitis bei Tieren 11 2.5. Tierexperimentelle Modelle zur Untersuchung einer Pankreatitis 13 2.5.1 Einsatz von Versuchstieren zur Erforschung der akuten ödematösen

Pankreatitis 13 2.5.2 Charakterisierung des Pankreatitis-Modells der hormonellen-Hyperstimulation:

Cerulein-Pankreatitis 14

2.5.3 Genehmigung der Tierversuche 15

2.6. Das Zytoskelett 16

2.6.1 Das Zytoskelett – ein kurzer Abriß 16

2.6.2 Aktinfilamente 16

2.6.3 Mikrotubuli 17

2.7. Der intrazelluläre Transport sekretorischer Proteine 18

2.8. Motorproteine 19

2.8.1 Kinesin 20

2.8.2 Der Kinesin-Anker Kinectin 23

2.8.3 Dynein 24

(6)

2.8.4 Der Dynactin-Komplex als Dynein-Anker 25

2.8.5 Myosin 26

2.8.6 Regulation des bidirektional gerichteten Transports durch Phosphorylierung 28 2.8.7 Zytoskelett und Motorproteine im exokrinen Pankreas 32

3. Material und Methoden 37

3.1. Bezugsquellennachweis 37

3.1.1 Chemikalien 37

3.1.2 Enzyme und Kits 39

3.1.3 Materialien 39

3.1.4 Geräte und Software 40

3.1.5 Puffer 41

3.1.6 Antikörper 43

3.1.7 Versuchstiere 45

3.2. Das Tiermodell der akuten Pankreatitis 45

3.2.1 Narkose der Tiere 46

3.2.2 Belastung der Tiere durch den Tierversuch 46

3.3. Proteinanalytische Methoden 47

3.3.1 Lyse von Pankreasgewebe mit Triton-X-100 47

3.3.2 Aufreinigung von Tubulin auf der Basis wiederholter Temperatur-abhängiger

Polymerisation und Depolymerisation 48

3.3.3 Polymerisation von Tubulin 50

3.3.4 Protein-Konzentrationsbestimmung 50

3.3.5 DNA-Konzentrationsbestimmung 50

3.3.6 Immunpräzipitation von Proteinen 51

3.3.7 SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese 51

3.3.8 Fixierung und Färbung von Gelen nach der Elektrophorese 52 3.3.9 Transfer von Proteinen auf Nitrozellulose-Membranen (Western-Blot) 52

3.3.10 Immunoblot 53

3.3.11 Detektion mit dem ECL-Verfahren 53

3.4. Immunhistochemische Detektion 54

3.4.1 Gewinnung und Konservierung des Gewebes 54

3.4.2 Einzel-Immunomarkierung 54

3.4.3 Doppel-Immunomarkierung 55

(7)

3.4.4 Mikroskopie und Bildbearbeitung 56 3.4.5 Elektronenmikroskopische Immunogold Markierung 57

4. Ergebnisse 58

4.1. Funktion der Motorproteine Dynein und Kinesin in der Pankreas-Azinuszelle 58 4.1.1 Lokalisation der Motorproteine Dynein und Kinesin in der Pankreas-

Azinuszelle 58 4.1.2 Kolokalisation der Motorprotein Dynein und Kinesin in der Pankreas-

Azinuszelle 60 4.1.3 Kolokalisation der Motorproteine Dynein und Kinesin mit dem Golgi-Marker

58K in der Pankreas-Azinuszelle 61

4.1.4 Kolokalisation der Motorproteine Dynein und Kinesin mit Mikrofilamenten

und Mikrotubuli in der Pankreas-Azinuszelle 63

4.1.5 Assoziation der Motorproteine Dynein und Kinesin mit Mikrotubuli in

Pankreas-Azinuszellen 68 4.2. Funktion von Dynein und Kinesin nach physiologischer Cerulein-Stimulation

der Pankreas-Azinuszelle 71

4.2.1 Expression der Motorproteine Dynein, Kinesin und Myosin und des

Zytoskelettproteins Tubulin nach physiologischer Cerulein-Stimulation 72 4.2.2 Lokalisation der Motorproteine Dynein und Kinesin in der Pankreas-

Azinuszelle nach physiologischer Cerulein-Stimulation 73 4.2.3 Assoziation der Motorproteine Dynein und Kinesin mit Mikrotubuli in

Pankreas-Azinuszellen nach physiologischer Cerulein-Stimulation 78 4.3. Funktion von Dynein und Kinesin nach supramaximaler Cerulein-Stimulation

der Pankreas-Azinuszelle 80

4.3.1 Expression der Motorproteine Dynein und Kinesin und der Zytoskelettproteine

Aktin und Tubulin in der akuten Pankreatitis 81

4.3.2 Lokalisation der Motorproteine Dynein und Kinesin und Kolokalisation mit

Mikrofilamenten und Mikrotubuli nach supramaximaler Cerulein-Stimulation 82 4.3.3 Assoziation der Motorproteine Dynein und Kinesin mit Mikrotubuli in

Pankreas-Azinuszellen nach supramaximaler Cerulein-Stimulation 88 4.3.4 Tyrosin-Phosphorylierung von Dynein und Kinesin nach supramaximaler

Cerulein-Stimulation 89

5. Diskussion 92

(8)

5.1. Charakterisierung von Zytoskelett und Motorproteinen im exokrinen Pankreas 94 5.2. Funktion von Zytoskelett- und Motorproteinen im exokrinen Pankreas nach

physiologischer Cerulein-Stimulation 100

5.3. Funktion von Zytoskelett und Motorproteinen im exokrinen Pankreas nach

supramaximaler Cerulein-Stimulation 105

6. Zusammenfassung 111

7. Summary 113

8. Literaturverzeichnis 115

9. Abkürzungen 136

10. Lebenslauf 138

11. Veröffentlichungen 140

12. Erklärung nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 der Promotionsordnung 141

13. Danksagung 142

(9)

1. E

INLEITUNG UND

A

UFGABENSTELLUNG

Die Pathogenese der humanen Pankreatitis ist weitgehend unverstanden. Gesichert ist eine vorzeitige Aktivierung von Verdauungsproteasen als eines der initialen Ereignisse. In den Tiermodellen der akuten Pankreatitis wurde gezeigt, dass unter experimentellen Bedingungen lysosomale Proteasen Verdauungsenzyme in autophagischen Vakuolen von Pankreas-Azinuszellen aktivieren. Die Mechanismen der Entstehung dieser Vakuolen sind ebenfalls unbekannt. Diskutiert wird eine Verschmelzung von Lysosomen mit unreifen Zymogengranula. Die Stimulation des exokrinen Pankreas mit supramaximalen Konzentrationen an Sekretagog wie Cholezystokinin (CCK) führt zur Ausprägung einer akuten ödematösen Pankreatitis und bereits in der Initialphase zum Zerfall des Zytoskeletts.

Mikrotubuli sind Hauptbestandteil des Zytoskeletts in polaren Epithelzellen und dienen als Leitbahnen des Transports von Zellorganellen durch Motorproteine.

Ziel dieser Arbeit war es zu untersuchen, ob Störungen im Transport von Lysosomen und Zymogengranula am Entstehen autophagischer Vakuolen beteiligt sind.

Die Charakterisierung des Transports sekretorischer Vesikel und die Sekretion ihres Enzyminhalts am apikalen Zellpol der Azinuszellen stellen wesentliche Voraussetzungen für das Verständnis zellulärer und proteinchemischer Vorgänge in der initialen Phase der akuten Pankreatitis dar. Die widersprüchliche Datenlage zu Beginn dieser Arbeit erforderte die grundlegende Untersuchung der Funktion von Motorproteinen beim gerichteten Transport von Zymogengranula.

Aufgabe dieser Arbeit war es zu untersuchen, welche Komponenten am Transport sekretorischer Vesikel vom Golgi-Apparat zum apikalen Zellpol beteiligt sind und wie diese Komponenten mit Elementen, die an der Fusion und Fission im Bereich der apikalen Membran der Azinuszelle beteiligt sind, interagieren? Welche Motorproteine lassen sich in den Azinuszellen des Pankreas nachweisen? Sind die Motorproteine selbst am Transport sekretorischer Vesikel beteiligt, und wie werden sie reguliert und aktiviert? Welche strukturellen Veränderungen lassen sich am Zytoskelett und seinen Motorproteinen in der Initialphase der akuten Pankreatitis identifizieren? Welche Kolokalisationen und Assoziationen finden sich zwischen Zytoskelett-Elementen und den Motorproteinen der Azinuszelle, und wie verändern sich diese in der Frühphase der experimentellen Pankreatitis?

(10)

2. L

ITERATURÜBERSICHT 2.1. Das Pankreas

2.1.1 Das exokrine Pankreas

Die exokrine Zelle des Pankreas ist ein Modellfall für Zellen mit hoher Eiweißsynthese und Sekretion. Durch ihre polare Struktur mit einem basolateralen und einem luminalen Anteil eignet sie sich ideal zur Erforschung grundlegender Sekretionsmechanismen (Palade 1975).

Das exokrine Pankreas ist eine Drüse, die aus vielen Tausend, schon makroskopisch sichtbaren Läppchen besteht. Die morphologischen und funktionellen Grundeinheiten in diesen Läppchen bilden die Drüsenendstücke (Azini), die über dünne Röhrchen (Schaltstücke) an die innerhalb der Läppchen (intralobulär) und im Bindegewebe zwischen den Läppchen (interlobulär) verlaufenden Gänge angeschlossen sind. Jeder dieser Strukturkomponenten wird eine spezifische Funktion zugeordnet, die koordiniert reguliert wird und in ihrer Gesamtheit das Pankreassekret bildet. Dieses besteht hauptsächlich aus im Pankreas inaktiv vorliegenden Vorstufen der Verdauungsenzyme, die im Dünndarm durch das Enzym Enterokinase aktiviert werden (Rinderknecht 1986).

Abb. 1: Schemazeichnung des humanen exokrinen Pankreas. Im Drüsengewebe werden die Verdauungsenzyme als inaktive Vorstufen synthetisiert, die nach Stimulation über den Ausführungsgang in den Dünndarm sezerniert und dort durch das Darmenzym Enterokinase aktiviert werden.

(11)

Innerhalb des exokrinen Pankreas tragen die verschiedenen Zelltypen zur physiologischen Funktion des Organs bei (Slack 1995). Zu diesen Zellen gehören die sogenannten exokrinen Zellen, auch Pankreas-Azinuszellen genannt, die große Mengen exkretorischen Proteins produzieren und freisetzen, interazinäre Zellen, die für das Recycling der Zymogengranula- Membran an der luminalen Oberfläche der azinären Zellen verantwortlich sind, Gangzellen, die die exkretorischen Gänge auskleiden und die Bikarbonat- und Wassersekretion übernehmen (Freedman and Scheele 1994) sowie Fibroblasten und Endothelzellen. Von den hier beschriebenen Zellen machen die Pankreas-Azinuszellen mehr als 85 % des Pankreasgewebes aus (Lerch 1993). Sie sind auch die am stärksten polarisierten Zellen des Pankreas.

2.1.2 Die Azinuszelle

Die Länge der pyramidenförmig gebauten Azinuszellen beträgt vom apikalen zum basalen Zellpol etwa 12 – 15 µm. Die mit Mikrovilli besetzte apikale Membran begrenzt das Azinuslumen. Gegenüber benachbarten Zellen erfolgt ein Abschluß durch Tight junctions.

Die Organellen der Azinuszelle weisen eine deutlich polarisierte Verteilung auf. Das Zytoplasma unterhalb und seitlich vom Zellkern ist angefüllt mit den dicht gepackten Profilen des rauhen endoplasmatischen Retikulums (RER), während der Golgi-Apparat und die Sekretgranula das apikale Zytoplasma ausfüllen. Der Golgi-Apparat erscheint in Schnitten als hufeisenförmige Struktur, die aus abgeflachten Membran-begrenzten Zisternen besteht, in deren Umgebung sich zahlreiche Vesikel und verschiedene Reifungsstadien von Sekretgranula befinden. Im Verlauf ihrer Reifung konzentrieren die Sekretgranula ihren Inhalt und bewegen sich in Richtung des apikalen Zellpols. In unstimulierten Zellen werden reife Zymogengranula unmittelbar am apikalen Zellpol in großer Zahl und dicht gepackt gefunden.

Auch der Golgi-Apparat ist in der räumlichen Anordnung seiner Strukturen polarisiert aufgebaut. Eine Seite (cis-Seite) ist zu den Profilen des RER hin orientiert, wobei einzelne Zisternen in unmittelbarer Nachbarschaft zur cis-Golgi-Zisterne erweitert und teilweise frei sind von Ribosomen. Von diesen, als Übergangselemente des RER bezeichneten Strukturen knospen kleine Vesikel ab, die sich auf der cis-Seite des Golgi-Apparats anreichern. Auf der gegenüberliegenden Seite (trans-Seite) ist die Zisterne häufig erweitert und mit flockigem Material angefüllt. Man beobachtet verschiedene Stadien der Abschnürung von unreifen Sekretgranula, die als kondensierende Vakuolen bezeichnet werden und deren

(12)

Abb. 2: Aufbau der funktionellen Untereinheiten des exokrinen Pankreas. Schematische Darstellung (A) und elektronenmikroskopische Aufnahme (B) einer sekretorischen Pankreas-Azinuszelle. Schema (C) und elektronenmikroskopische Aufnahme (D) eines Pankreas-Azinus.

Membran auf der zytoplasmatischen Seite einen „stacheligen“ Überzug trägt. Dieser

„Stachelsaum“ besteht aus dem Protein Clathrin, welches im Rahmen der Endozytose entscheidend an der Abschnürung von Membran-Domänen beteiligt ist (Pearse and Robinson

Golgi Tubulin Aktinfilamente

ER Motorproteine

Nucleus

apikal

Zg

A

D C

B

Pankreas- ganglumen

apikal

(13)

1990). Im Verlauf ihrer Reifung zu Zymogengranula verlieren die kondensierenden Vakuolen ihren Stachelsaum. Der Prozeß der Reifung an sich ist bisher noch nicht aufgeklärt. Am apikalen Pol der Azinuszelle werden die Zymogengranula in großer Zahl gespeichert.

Besonders in sekretorisch nicht aktiven Zellen ist die apikale Membran dicht besetzt mit etwa 1 µm langen Mikrovilli, in deren Innerem sich Aktinfilamente zu einem Band formieren, das an der Innenseite der Plasmamembran verankert ist und an der Basis ein Stück weit ins Zytoplasma ragt (Elsasser, Kloppel et al. 1991). Sie bilden das terminale Aktin-Netz des apikalen Zellpols, das auch an der Verankerung von benachbarten Azinuszellen beteiligt ist (Bendayan 1985). Die genaue funktionelle Bedeutung der Mikrovilli im Rahmen des Sekretionsprozesses ist bisher unbekannt.

2.2. Die Physiologie des Pankreas

Das am häufigsten verwendete Versuchstier zur Untersuchung der Pankreas-Sekretion ist die Ratte. Auf den Azinuszellen dieser Tiere finden sich eine ganze Reihe von Rezeptoren, die die Sekretion von Verdauungsenzymen stimulieren können. Hierzu gehören unter anderem auch die Cholezystokinin-Rezeptoren.

2.2.1 Cholezystokinin (CCK)

Die Molekularform des zuerst entdeckten Cholezystokinins umfaßt 33 Aminosäuren (CCK-33) (Mutt and Jorpes 1968). Das C-terminale Pentapeptid-Amid Gly-Trp-Met-Asp- Phe-amid des Cholezystokinins ist dabei strukturidentisch mit dem entsprechenden Abschnitt des Gastrins (Gregory, Tracy et al. 1969). Später wurden weitere Molekularformen des Cholezystokinins mit unterschiedlicher Anzahl von Aminosäuren isoliert (Walsh 1994; Mutt 1980; Eysselein, Reeve et al. 1982).

Alle Molekularformen enthalten als biologisch aktiven Teil das C-terminale CCK- Oktapeptid (CCK-8). Mit Hilfe immunzytochemischer Methoden konnte gezeigt werden, dass CCK zum größten Teil in endokrinen Zellen der intestinalen Mukosa, den sogenannten I- Zellen, synthetisiert und in den Blutkreislauf freigesetzt wird (Buffa, Solcia et al. 1976).

Neben dieser endokrinen Funktion als gastrointestinales Hormon wurden klein- und großmolekulare Formen von CCK außerdem in Nervenfasern der glatten Muskulatur des Dünndarms sowie im Pankreas nachgewiesen, wo CCK die Funktion eines Neurotransmitters

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bzw. Neuromodulators übernimmt (Mutt 1980; Walsh 1994).

CCK gehört zusammen mit Gastrin zu den Hauptvertretern der „Gastrin- Cholezystokinin-Peptidfamilie“. Die CCK-spezifische biologische Aktivität beruht auf der Sulfatierung eines Tyrosinrests unmittelbar N-terminal zu einer Pentapeptid-Sequenz.

Zur Quantifizierung von CCK wurde die Amylase-Freisetzung aus isolierten Pankreas- Azini der Ratte benutzt (Bruzzone, Halban et al. 1985).

Die Freisetzung von CCK erfolgt unter der Kontrolle einer negativen Feedback- Regulation. In den Ratten wird die CCK-Freisetzung durch eine Reduktion der intraduodenalen Trypsin-Konzentration stark stimuliert und bildet so einen wichtigen Bestandteil der Feedback-Regulation der exokrinen Pankreas-Sekretion (Funakoshi, Miyasaka et al. 1988; Green and Lyman 1972; Owyang, Louie et al. 1986). Beim Menschen scheint jedoch die Feedback-Hemmung der CCK-Freisetzung im wesentlichen nicht über die intraduodenale Trypsin-Konzentration gesteuert zu werden (Jansen and Lamers 1983; Nagai, Henrich et al. 1989).

Als Antwort auf einen physiologischen Cholezystokinin-Stimulus kommt es an der apikalen Membran der Azinuszelle zu Fusions- und Fissionsvorgängen, in deren Verlauf der Inhalt der reifen Zymogengranula in das Lumen der Azinuszelle abgegeben wird. Von hier fließt er, gelöst in Wasser und Bikarbonat aus interazinären- und Gangzellen, in den Pankreasgang und von dort schließlich ins Duodenum, wo die endgültige Aktivierung durch Enterokinase erfolgt (Kay and Kassell 1971).

2.2.2 Cholezystokinin-Rezeptoren

Pharmakologisch lassen sich zwei Klassen von CCK-Rezeptoren unterscheiden (Adler 1991). CCK-A-Rezeptoren sind auf der Pankreas-Azinuszelle, den Insel-Zellen, glatten Muskelzellen der Gallenblase und verschiedenen neuronalen und muskulären Zellen des Gastrointestinaltrakts sowie umschriebenen Gehirnbereichen lokalisiert. Diese Rezeptoren weisen einen hochaffinen und einen niedrigaffinen Rezeptorstatus und die typische Struktur eines G-Protein-gekoppelten Membran-ständigen Rezeptors auf. Ob auch die humane Pankreas-Azinuszelle CCK-A Rezeptoren exprimiert, ist derzeit noch umstritten (Silvente Poirot, Hadjiivanova et al. 1993).

CCK-B-Rezeptoren (brain-type) finden sich überwiegend in verschiedenen Gehirnarealen (Wank, Harkins et al. 1992).

(15)

2.2.3 Die Mechanismen der Signaltransduktion

Die Azinuszellen der Ratte als typischem Versuchstier zur Untersuchung der Pankreas- Sekretion besitzen neben anderen auch Rezeptoren für Cholezystokinin und Azetylcholin (ACH). Eine Stimulation mit Cholezystokinin oder Azetylcholin führt klassischerweise zu einer Inositol-Triphosphat (IP3)- und Kalzium-abhängigen Stimulation. Cholezystokinin bindet dabei zunächst an einen Rezeptor der basolateralen Membran. Vermittelt durch ein G- Protein kommt es zu einer Aktivierung der Membran-gebundenen Phospholipase-C. Dieses Enzym spaltet Phosphatidylinositol in IP3 und Diazylglyzerol (Berridge and Irvine 1989). IP3

bewirkt eine rasche Freisetzung von Kalzium aus im Endoplasmatischen Retikulum (ER) lokalisierten Speichern (Streb, Irvine et al. 1983). Diazylglyzerol aktiviert Proteinkinase-C.

Dieses Enzym und das freigesetzte Kalzium vermitteln die Fusion und Verschmelzung von Zymogengranula mit der luminalen Zellmembran und somit die Sekretion von Verdauungsenzymen (Gardner, Costenbader et al. 1979; Ederveen, Van Emst-De Vries et al.

1990; Matozaki, Zhu et al. 1991).

Ob die an Ratten nachgewiesenen Sekretionsmechanismen auch für den Menschen eine Rolle spielen, ist bislang ungeklärt.

2.3. Die Pankreatitis

2.3.1 Die akute Pankreatitis

Die akute Pankreatitis wurde 1984 auf dem Symposium von Marseille als akutes Geschehen definiert, welches typischerweise mit abdominalen Schmerzen und einer Erhöhung der Pankreas-Enzyme in Blut und Urin sowie Entzündungserscheinungen des Organs einhergeht (Singer, Gyr et al. 1985). Diese rein klinische Definition spiegelt bereits die Grenzen wieder, die dem Kliniker die Diagnose der Erkrankung und das Verständnis der molekularen und zellulären pathophysiologischen Mechanismen erschweren.

Die akute Schädigung des Pankreas vollzieht sich so schnell, dass die initiierenden Faktoren bereits abgebaut sind bevor eine Diagnose und ein therapeutisches Eingreifen möglich sind.

Die Pathogenese der akuten Pankreatitis ist daher bisher in vielen Punkten unklar. Als wesentlicher Pathomechanismus der akuten Pankreatitis aber gilt die vorzeitige

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intrapankreatische Aktivierung proteolytischer Enzyme. Aber auch diese Annahme ist bisher nicht zweifelsfrei bewiesen (Chiari 1896).

Zu den wichtigsten Ursachen der akuten humanen Pankreatitis zählen Alkohol und Gallenwegserkrankungen (Saluja, Saluja et al. 1986). Je nach Patientengut läßt sich bei bis zu 30 % der Pankreatitiden keine Ursache eruieren. 90 % der akuten Pankreatitiden verlaufen ödematös. In diesen Fällen liegt die Letalität bei 1 %. Die verbleibenden 10 % akuter Pankreatitiden zeigen einen hämorrhagisch nekrotisierenden Verlauf mit einer Letalität von 10 - 50 %. Eine ödematöse Pankreatitis kann dabei mehr oder weniger rasch in eine nekrotisierende Form übergehen (Isenmann, Buchler et al. 1993).

2.3.2 Pathogenese und Pathophysiologie der akuten Pankreatitis

Das Pankreas sezerniert mehr als 20 verschiedene Verdauungsenzyme in den Darm und verfügt über eine 13-fach höhere Protein-Syntheseleistung als Leber und retikuloendotheliales System zusammen. Alle Proenzyme können von Trypsin aktiviert werden. Eine Autodigestion wird durch verschiedene natürliche Mechanismen verhindert:

Die Membran-verdauenden Enzyme werden nur als inaktive Vorstufen synthetisiert;

ihre Aktivierung erfolgt erst im Duodenallumen. Die Enzyme der Azinuszelle werden vom Zytoplasma abgegrenzt und in den Zymogengranula zwischengespeichert, so dass auch versehentlich vorzeitig aktivierte Proteasen vom Zytoplasma getrennt bleiben. Darüberhinaus bildet die Azinuszelle selbst auch eine Reihe von Proteaseinhibitoren, die parallel zu den Enzymen sezerniert werden und versehentlich vorzeitig aktivierte Enzyme unverzüglich inaktivieren.

Diese natürlichen Mechanismen des Pankreas zum Schutz vor Selbstverdauung werden bei der Entstehung der akuten Pankreatitis außer Kraft gesetzt.

Ausgehend von den hier erwähnten Schutzmechanismen des Pankreas im Hinblick auf einen Organ-Selbstverdau muß eine vorzeitige intrapankreatische Aktivierung der Proenzyme, vor allem von Trypsinogen, als Schlüsselmechanismus für die Pathogenese der akuten Pankreatitis betrachtet werden (Trapnell 1981; Grant 1986). Als Ursache für die intrapankreatische Trypsin-Aktivierung werden verschiedene Modelle diskutiert:

1. Selbstaktivierung.

2. Aktivierung durch Plasmin bei gleichzeitiger Inhibitoren-Imbalance.

3. Aktivierung durch lysosomale Enzyme.

(17)

4. Aktivierung durch Enterokinase (infolge Reflux des Dünndarminhalts).

Trypsin selbst wird bei der Entstehung der Pankreatitis eine sekundäre Funktion zugedacht, die infolge eines gestörten Schutzes durch Störung der Protease-Inhibitoren entsteht (Grant 1986). Isolierte Pankreas-Azinuszellen sind über einen gewissen Zeitraum gegenüber Trypsin resistent, so dass es nicht als erwiesen angesehen werden kann, dass eine Aktivierung des Trypsins der früheste oder entscheidende Schritt in der Pathogenese der Pankreatitis ist (Nagai, Henrich et al. 1989).

Verschiedene Untersuchungen mittels unterschiedlicher Pankreatitis-Modelle haben gezeigt, dass eine Blockierung der Sekretagog-stimulierten Pankreas-Enzymsekretion eine Bedeutung im Rahmen der Pathogenese der Pankreatitis hat. Die Hyperstimulation mit Cerulein führt zum Zerfall von Mikrofilamenten und Mikrotubuli (O'Konski and Pandol 1990;

Jungermann, Lerch et al. 1995).

Im Rahmen der akuten Pankreatitis entstehen große intrazelluläre Vakuolen, in denen lysosomale- und inaktive Verdauungsenzyme kolokalisiert sind (Niederau and Grendell 1988). Innerhalb dieser Vakuolen aktiviert das lysosomale Enzym Cathepsin-B das Trypsinogen. Diese Aktivierung könnte als Ursprung einer kaskadenartigen Aktivierung weiterer Digestionsenzyme angesehen werden. Nach Ansicht der diese Hypothese unterstützenden Forscher liegt der Ursprung der Pankreatitis in der Pankreas-Azinuszelle selbst (Trapnell 1981; Rinderknecht 1986; Halangk, Lerch et al. 2000). Das Zustandekommen der intrazellulären Vakuolen kann bislang nicht erklärt werden.

Zu berücksichtigen bleibt bei dieser Theorie, dass es auch physiologisch in einem gewissen Ausmaß zu Kolokalisationen zwischen lysosomalen Enzymen und Verdauungsenzymen in Vesikeln kommt, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Pankreas-Azinuszelle nicht in der Lage ist, die von ihr synthetisierten Enzyme vollständig richtig zu sortieren. Trotz der geringgradigen Fehlsortierung tritt aber physiologisch keine Pankreatitis auf (Tooze, Hollinshead et al. 1991; Kukor, Mayerle et al. 2002).

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2.4. Die Pankreatitis bei Tieren

Eine Entzündung des Pankreas tritt auch bei Tieren auf. Die Untersuchung dieser Erkrankung bei Haus- und Nutztieren ist bislang jedoch nur unzureichend erfolgt. Ursachen hierfür sind die infolge der Lage des Pankreas schwierige Diagnostik sowie die Tatsache, dass eine Pankreatitis in der Regel mit anderen Erkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus vergesellschaftete auftritt und diesen Erkrankungen im Rahmen der Diagnostik und Therapie in der Regel eine höhere Aufmerksamkeit geschenkt wird.

2.4.1 Inzidenz der akuten Pankreatitis bei Tieren

Die Morbidität der Pankreas-Erkrankungen bei der Katze wird als gering eingestuft.

1990 fanden Hänichen und Minkus bei 6504 sezierten Katzen folgende Morbiditätsraten:

-Akute nekrotisierende Pankreatitis 20 (3 ‰) -Chronisch-fibrosierende Pankreatitis

(einschließlich Pankreas-Zirrhose) 49 (7 ‰) -Interstitielle Pankreatitis bei Jungkatzen 5 (1 ‰)

-Pankreas-Karzinom 9 (1.4 ‰)

Die exokrinen Pankreas-Erkrankungen treten bei der Katze noch seltener auf als beim Hund, und die Symptomatik ist noch unspezifischer. Strombeck stellte 1979 eine Krankheitshäufigkeit von 1.5 ‰, Duffell von 4.6 ‰ (Strombeck 1979; Duffell 1979) fest. Da zahlreiche Pankreas-Erkrankungen intra vitam unentdeckt bleiben, liegt die Häufigkeit, mit der diese Erkrankungen im Rahmen pathologischer Untersuchungen festgestellt werden, wesentlich höher als die klinische Diagnose (Owens 1975).

Die Diagnose der akuten Pankreatitis beim Tier stützt sich auf einen Anstieg der Serum- Lipase auf das Drei- oder Mehrfache des maximalen Normalwertes (Hund: 250 IU/l) und auf die Hyperamylasämie. Diese erreicht nach 12 Stunden ihr Maximum, ist jedoch weniger spezifisch als die Serum-Lipasewerte. Serum-Amylasewerte von 2000 und 3000 IU/l sprechen für eine Pankreatitis. Zu berücksichtigen bleibt, dass normale Lipase- und Amylasewerte eine Pankreatitis nicht ausschließen, zumal auch im Rahmen einer Pankreatitis nach ca. fünf bis sechs Stunden die Werte wieder im Normbereich angesiedelt sind. Als weitere diagnostische Möglichkeiten stehen Röntgenaufnahmen sowie der Nachweis eines erhöhten Amylasegehalts im Bauchhöhlenpunktat zur Verfügung. In jüngster Zeit hat sich auch die Bestimmung der

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Trypsin-like Immunreactivity als sinnvoll erwiesen, die im Serum ansteigt.

Bei der Katze wird die akute Pankreatitis bisweilen im Verlauf systemischer Krankheiten beobachtet. Sie tritt in den meisten Fällen als ödematöse Pankreatitis auf und ist dann nicht oder nur wenig auffällig. Nur selten werden schwere Verlaufsformen der hämorrhagischen und nekrotischen akuten Pankreatitis gesehen. Die Häufigkeit der chronischen Pankreatitis ist unbekannnt (Steiner and Williams 1999).

Zusammenfassend läßt sich sagen, dass die Pankreatitiden bei der Katze im Gegensatz zum Hund seltener vorkommen und einen weniger dramatischen Verlauf zeigen. Die vorhandenen Grundkrankheiten wie Cholangitis, Cholangiohepatitis und Diabetes mellitus scheinen häufiger für den tödlichen Ausgang einer Erkrankung verantwortlich zu sein als die Pankreatitis selbst. Die traumatisch verursachte Pankreatitis hingegen endet fast immer tödlich (Suter 1969). In den letzten 10 Jahren hat die Pankreatitis an Bedeutung zugenommen (Mansfield and Jones 2001; Mansfield and Jones 2001).

2.4.2 Ätiologie und Pathogenese der akuten Pankreatitis bei Tieren

Die Pankreatitis tritt bei der Katze im Gegensatz zum Hund nicht vermehrt bei adipösen Tieren auf. Eine Geschlechts-, Rasse- oder Gewichtsdisposition konnte für die Katze nicht nachgewiesen werden. Hingegen scheint eine Altersdisposition vorzuliegen. Freudiger fand 1989 die akute Pankreatitis besonders häufig bei Tieren zwischen acht und dreizehn Jahren (Freudiger 1989). Auch beim Hund erkranken bevorzugt mittelalte Tiere (Niemand 2001).

Die meisten Pankreatitiden bei der Katze müssen als idiopathisch angesehen werden (Steiner 1995). Cholangitis und Cholangiohepatitis werden ebenso als verursachende Faktoren diskutiert wie Fensterstürze (Lettow 1986), Toxoplasmose (Suter 1969; Kelly 1975; Gumbein 1981; Fox 1981; Hirsch 1983; Garvey 1984; Jubb 1985) und Infektionen mit Katzenleberegeln. Als Risikofaktoren nennt Steiner weiterhin Traumen wie Verkehrsunfälle und chirurgische Eingriffe, Infektionskrankheiten und Organophosphat-Intoxikationen. Eine Pankreatitis-auslösende Wirkung spezieller Pharmaka ist bei der Katze nicht bekannt.

Die Entstehung einer Pankreatitis durch zu fetthaltiges Futter wird bei der Katze im Gegensatz zum Hund ebenfalls nicht diskutiert. Auch die Verabreichung von Kortikosteroiden trägt bei Katzen nicht zur Entstehung der Pankreatitis bei.

Beim Hund hingegen werden verschiedene Faktoren als begünstigend angesehen. Hierzu zählen eine gesteigerte Pankreas-Sekretion infolge fettreicher Ernährung, Fettsucht,

(20)

Bewegungsmangel und Hyperlipämie, Obstruktionen und Ödeme der Pankreas- Ausführungsgänge, Zirkulationsstörungen, Thrombosen und Ischämie des Pankreas, Hyperkalzämie, Reflux von aktivierenden Stoffen infolge Entzündungen in Duodenum und Gallengängen, Verabreichung von Medikamenten wie Sulfonamiden, Azathioprin, Cholinesterasehemmern und Glukokortikoiden. Auch verschiedene immunologische Pathomechanismen werden hinsichtlich ihres Einflusses auf die Entwicklung einer Pankreatitis untersucht.

Pathogenetisch wird bei Katze und Hund in den meisten Fällen von Pankreatitis eine Aktivierung der Verdauungsproenzyme noch innerhalb des Pankreas infolge Fusion von Lysosomen und Zymogengranula vermutet. Eine zusätzliche Schädigung der Zellmembranen durch Sauerstoffradikale kann das Geschehen unterstützen (Ettinger 1995). Dadurch wird eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse bis hin zur Nekrose eingeleitet. Die anatomische Nähe und die enge Versorgung mit Blut- und Lymphgefäßen führen dann zum Übergreifen der Entzündung auf Magen, Duodenum und Kolon. Vasoaktive Substanzen und Entzündungsmediatoren wie Kinine, Bradykinin und Kallikrein werden in die Blutbahn freigesetzt, gelangen in die Leber, die Lunge, das Herz und die Nieren und bewirken dort ebenfalls die Entstehung akuter Entzündungen, Nekrosen und Ödeme. Ein Blutdruckabfall mit Blutstase in der Endstrombahn und disseminierter intravasaler Koagulation und Verbrauchskoagulopathie ist die Folge (Kraft 1996).

Beim Pferd ist über Pankreas-Erkrankungen wenig bekannt. Diskutiert wird eine mögliche Entstehung im Rahmen entzündlicher Dünndarm-Erkrankungen. Amerikanische Autoren vermuten eine primäre Rolle der akuten Pankreatitis als Ursache schwerer, tödlicher Koliken. Eine Therapie ist praktisch aussichtslos (Gerber 1994).

Auch beim Rind sind entzündliche und degenerative Veränderungen des Pankreas klinisch nur wenig erforscht. Einzelne Fälle wurden beschrieben, in denen die Diagnose jedoch erst postmortal erfolgte. Veränderungen der Bauchspeicheldrüse im Zusammenhang mit Primärerkrankungen betreffen meist den endokrinen Anteil der Drüse.

Fremdkörperverletzungen führen vereinzelt zu eitrig-abszedierenden oder jauchigen Pankreatitiden. Tuberkuloseinfektionen können ebenfalls die Bauchspeicheldrüse betreffen. In Südamerika und Südostasien sind parasitäre Besiedelungen des Pankreas bekannt (Rosenberger 1970).

(21)

2.5. Tierexperimentelle Modelle zur Untersuchung einer Pankreatitis

2.5.1 Einsatz von Versuchstieren zur Erforschung der akuten ödematösen Pankreatitis

Seit etwa 140 Jahren induzieren Wissenschaftler bei den unterschiedlichsten Tierarten experimentell eine akute Pankreatitis. Ziel ist die Aufklärung der Pathophysiologie der Erkrankung sowie die Erprobung möglicher Therapien (Bernard 1856; Mouret 1895; Lerch and Adler 1994).

Untersuchungen an Patienten erweisen sich nach wie vor als problematisch, da der Schweregrad und der klinische Verlauf der akuten Pankreatitis sehr variabel sind und die Patienten in der Regel erst untersucht werden, wenn die Krankheit bereits ihre volle Ausprägung erlangt hat und stattgefundene zelluläre Prozesse nicht mehr nachvollzogen werden können. Darüberhinaus ist die Bauchspeicheldrüse für physiologische und morphologische Untersuchungen aufgrund ihrer anatomischen Lage nur sehr schwer zugänglich.

Bei der akuten Pankreatitis werden neben dem Pankreas weitere Organe betroffen. Es sind daher Untersuchungen der Pathomechanismen nur am Ganztier möglich. In vitro Techniken (z.B. Zellkultur-Verfahren) existieren bisher nicht, da es nicht möglich ist, funktionell intakte Azinuszellen über längere Zeit zu kultivieren. Innerhalb weniger Stunden verlieren Azinuszellen in Kultur ihre physiologische Funktion und beginnen sich zu de- differenzieren. Eine physiologische Sekretion von Verdauungsenzymen läßt sich durch hormonelle Stimulation nicht mehr auslösen (De Lisle and Bansal 1996).

Da kein Einzelmodell existiert, mit dem sich sowohl die lokalen als auch die systemischen Veränderungen der Pankreatitis beim Menschen imitieren lassen, müssen mit unterschiedlichen Tiermodellen die verschiedenen Einzelaspekte der Erkrankung untersucht werden. Die etablierten Tiermodelle, an denen die bisher bedeutensten pathophysiologischen und zellbiologischen Erkenntnisse gewonnen wurden, sind das Modell der hormonellen Hyperstimulation (Lampel and Kern 1977), die Cholin-defiziente, Ethionin-supplementierte Diät bei Mäusen (Lombardi, Estes et al. 1975), die Pankreas-Gangobstruktion (Saluja, Saluja et al. 1989) und die Taurocholat-induzierte Pankreatitis (Lerch and Adler 1994). Keines dieser Modelle spiegelt für sich alleine die komplexen Verhältnisse der klinischen Pankreatitis exakt wieder. Dennoch haben sie gemeinsam zu einer Reihe bedeutsamer Erkenntnisse geführt.

(22)

2.5.2 Charakterisierung des Pankreatitis-Modells der hormonellen-Hyperstimulation:

Cerulein-Pankreatitis

Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden durch Anwendung des Verfahrens der hormonellen Hyperstimulation zur Induktion einer akuten Pankreatitis erzielt. Dieses auf Lampel, Kern und Adler (Adler, Hupp et al. 1979; Lampel and Kern 1977) zurückgehende Modell begründet sich auf der bereits 1895 von Mouret etablierten Theorie, dass eine neuronale Stimulation zur Vakuolisierung in den Azinuszellen und zur Schädigung des exokrinen Pankreas führt (Mouret 1895).

Abb. 3: Makroskopische Veränderung des exokrinen Pankreas in der akuten experimentellen Pankreatitis. Schematische Darstellung (oben) und HE-Färbung (unten) von gesundem und 12 h supramaximal Cerulein-stimuliertem Pankreasgewebe. Die Entzündungsreaktion wird deutlich durch die Infiltration von Leukozyten (L), die ödematöse Aufweitung der Zellzwischenräume und die Ausbildung von intrazellulären Vakuolen (V).

0 h 12 h

L

V

V

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Einer der Vorteile des supramaximalen Sekretagog Modells ist die Tatsache, dass es nach einer Zeit von 48 bis 92 Stunden zu einer vollständigen Regeneration kommt. Werden Labornager supramaximalen Konzentrationen des Cholezystokinin-Analogons Cerulein ausgesetzt, so dissoziieren die intrapankreatischen Zell-Zell-Kontakte zwischen den Azinuszellen (Lerch, Lutz et al. 1997), es entstehen große intrazelluläre Vakuolen (Lerch, Saluja et al. 1993) und die Anordnung der Organellen, die in den polarisierten Transport sekretorischer Vesikel und deren Exozytose involviert sind, wird in einen nicht polarisierten Phänotyp umgewandelt. Gleichzeitig konnte 1995 gezeigt werden, dass bereits eine 30minütige supramaximale Hormonstimulation einen progressiven Zerfall von Mikrotubuli und Mikrofilamenten bewirkt (Fallon, Gorelick et al. 1995; Jungermann, Lerch et al. 1995).

Die Stabilisierung von Mikrotubuli durch Taxol hat einen protektiven Effekt auf die Cerulein- induzierte Pankreatitis der Ratte (Ueda 1991; Ueda, Takeyama et al. 1992). Die Zerstörung von Mikrotubuli durch Colchicin in vivo führt zwar zu einer perinukleären Lokalisation der Zymogengranula, aber weder zum Entstehen von Vakuolen noch zu einer akuten Pankreatitis (Ueda, Takeyama et al. 1995). Diese Tatsachen machen die hormonelle Hyperstimulation für die in dieser Arbeit untersuchten Fragestellungen zum geeigneten Modell.

Der Zerfall des Zytoskeletts nach supramaximaler Stimulation führt zur Verschmelzung von reifen und unreifen Zymogengranula und kondensierenden Vakuolen mit der lateralen und basolateralen Zellmembran. Ein Prozess, der als basolaterale Sekretion bezeichnet wird (Lampel and Kern 1977; Adler, Rohr et al. 1982).

Einschränkend muß erwähnt werden, dass sich lediglich im Nager-Modell eine ödematöse Pankreatitis durch parenterale Gabe eines Cholezystokinin-Analogons erzeugen läßt. Eine Übertragung dieser Daten auf den Menschen ist bisher nur Hypothese (Adler, Rohr et al. 1982; Buchler, Malfertheiner et al. 1993).

2.5.3 Genehmigung der Tierversuche

Für das Tiermodell der supramaximalen Hormonstimulation in vivo liegen von der Aufsichtsbehörde erteilte Tierversuchsgenehmigungen vor (Bezirksregierung Münster:

Tierversuchsgenehmigung G 23/97, G 14/97 sowie G 29/2000, Stadt Münster:

Tierhaltungsgenehmigung 39/401). Außerdem liegt die Genehmigung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bundesopiumstelle) für den Gebrauch von Betäubungsmitteln im Rahmen der oben genannten Tierversuche vor (nach §3 BTM-G, Nr.

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3317625-951/97).

2.6. Das Zytoskelett

2.6.1 Das Zytoskelett – ein kurzer Abriß

Polarisierte Epithelzellen vermitteln die vektorielle Absorption und Sekretion zwischen verschiedenen biologischen Kompartimenten in unterschiedlichen Geweben und Organsystemen, einschließlich der exokrinen Drüsen. Für ihre zelluläre Transportfunktion benötigen sie die polarisierte Verteilung von Proteinen und Lipiden in funktional unterschiedlichen Zell-Membran-Regionen, üblicherweise basolaterale und apikale Domänen oder Kompartimente genannt. Die Kontrolle der korrekten Verteilung wird durch die gezielte Zulieferung von Transport-Vesikeln vom Golgi-Komplex hin zu benachbarten Membran- Domänen und eine im Golgi-Apparat und den Membranen lokalisierte Protein Sortierung gewährleistet. Zahlreiche Studien haben die Rolle des Zytoskeletts bei der Verteilung und Membran-Sortierung von Proteinen in polarisierten Epithelzellen belegt (Gottlieb, Ivanov et al. 1993; Trifaro and Vitale 1993). Diese Form des regulierten Transports läuft in einem Netzwerk aus Mikrotubuli und den mit diesen verbundenen Motorproteinen ab.

2.6.2 Aktinfilamente

In Pankreas-Azinuszellen repräsentieren Mikrotubuli und Mikrofilamente zwei der Hauptkomponenten des Zytoskeletts. Die Aktin enthaltenden Mikrofilamente sind in einem subapikal gelegenen sogenannten „Aktin-Web“ (Aktin-Netz) organisiert, das vermutlich die Sekretion und die Wiederverwertung der Membran (Membran Recycling) reguliert. Die Zymogengranula erreichen nach einem langen Transport entlang der Mikrotubuli am apikalen Pol der Azinuszellen das aus Aktin bestehende terminale Netz, dessen Intaktheit eine Voraussetzung für die Fusion und Verschmelzung der Zymogengranula mit der apikalen Membran ist (Williams and Lee 1976; O'Konski and Pandol 1990). Valentijn fand heraus, dass das Aktin Zytoskelett die für die Sekretion von Proteinen aus Zymogengranula notwendigen kontraktilen Kräfte liefert (Valentijn, Gumkowski et al. 1999).

Darüberhinaus ist Aktin an der Funktion der apikalen Mikrovilli und der Zellverbindungen zwischen benachbarten Azinuszellen beteiligt (Lerch, Lutz et al. 1997).

(25)

Unter Ruhebedingungen verhindert das Aktin-Zytoskelett, dass die sekretorischen Granula die apikale Zellmembran und damit den Ort der Exozytose erreichen (Muallem, Kwiatkowska et al. 1995). Werden die Aktinfilamente durch Behandlung mit Cytochalasin am apikalen Zellpol zerstört, so bleibt die Bewegungsfähigkeit der Zymogengranula dennoch erhalten. Dies spricht dafür, dass das Aktin-Zytoskelett nicht an der Bewegung der Zymogengranula beteiligt ist (Marlowe, Farshori et al. 1998).

2.6.3 Mikrotubuli

Die Mikrotubuli als zweiter wesentlicher Bestandteil des Zytoskeletts bestimmen nicht nur die typische Zellform sondern sind auch für den polarisierten vesikulären Transport der sekretorischen Enzyme vom Ort ihrer Synthese zum apikalen Zell-Kompartiment, in dem die Sekretion in das Azinuszell-Lumen stattfindet, notwendig.

Mikrotubuli sind zwischen der Zellmembran und dem Golgi-Apparat am Zentrosom angeordnet. Sie bilden in eukaryontischen Zellen polare Bündel fadenförmiger Strukturen.

Das Plusende der Mikrotubuli weist dabei in Richtung Peripherie, das Minusende liegt nahe am Zentrosom und ist zur Zellbasis hin gerichtet (McNiven and Marlowe 1999).

Mikrotubuli entstehen durch Polymerisation von αβ-Tubulin-Dimeren. Ein Tubulin- Monomer hat einen Durchmesser von 4 nm. Jedes αβ-Heterodimer bindet zwei Moleküle GTP. Während das α-gebundene GTP irreversibel gebunden bleibt, wird das β-gebundene GTP reversibel zu GDP hydrolysiert. Die Verlängerung der Mikrotubuli erfolgt durch Anfügen von GTP-haltigen Dimeren am Ende der Mikrotubuli und Hydrolyse des GTP zu GDP. Infolgedessen befinden sich am Ende der Mikrotubuli immer GTP-haltige Heterodimere, während der Rest des Mikrotubulus nur GDP enthält.

Die Polarität ergibt sich aus einer unterschiedlichen Geschwindigkeit beim Anfügen bzw. Abtrennen der Mikrotubuli-Dimere an den Polenden. Während am Plusende ein schneller Austausch der Untereinheiten zu beobachten ist, läuft dieser am Minusende wesentlich langsamer ab (Wade and Hyman 1997).

Das dritte bekannte Tubulin ist das γ-Tubulin. Dieses Tubulin unterstützt die Polymerisation als Polymerisationskern der αβ-Untereinheiten.

Jeder Mikrotubulus ist ein aus 13 Protofilamenten zusammengesetzter Tubus. Durch Zusammenlagerung der Protofilamente können auch Doppel- oder Dreifach-Mikrotubuli entstehen, die in spezifischen Strukturen wie Flagellen, Zentriolen, Basalkörperchen

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oder Zilien gefunden werden. Innerhalb der Protofilamente existieren longitudinale und laterale Interaktionen zu den benachbarten Heterodimeren.

Die Stabilität der meisten Mikrotubuli ist Temperatur-abhängig. Bei einer Temperatur von 4°C depolymerisieren aufgereinigte Mikrotubuli in stabile αβ-Untereinheiten. Eine Erwärmung auf 37°C unter Anwesenheit von GTP führt zu einer Polymerisation der löslichen Tubulin-Dimere zu Mikrotubuli. Die Entstehung dieser Mikrotubuli ist abhängig von der Konzentration an Tubulin-Dimeren. Unterhalb einer kritischen Konzentration bleibt eine Bildung von Mikrotubuli aus Tubulin-Dimeren aus. Die Zugabe von Kernen in Form von Fragmenten flagellärer oder anderer Mikrotubuli zu einer Lösung von αβ-Dimeren beschleunigt die Polymerisation von Tubulin zu Mikrotubuli (Binder, Dentler et al. 1975).

Verschiedene Mikrotubuli-assoziierte Proteine und Motorproteine binden an den aus 13 Protofilamenten zusammengesetzten Mikrotubulus-Zylinder. Die Mikrotubuli dienen als Schienen für den Transport von Organellen und liegen innerhalb der polarisierten Zellen als organisierte und regulierte Strukturen vor.

2.7. Der intrazelluläre Transport sekretorischer Proteine

Sekretorische Proteine werden im Endoplasmatischen Retikulum an mRNA Molekülen synthetisiert und zu den Zisternen des Endoplasmatischen Retikulums gerichtet. Es folgt eine post-translationale Veränderung der Proteine im Endoplasmatischen Retikulum und im Golgi- Komplex. Im Trans-Golgi-Netzwerk werden die Proteine entsprechend ihrer Bestimmungsorte in sekretorische Granula, Lysosomen und kleine Vesikel, deren Inhalt über die Plasma-Membran verteilt wird, sortiert (Castle 1990).

Die Sortierung im Golgi-Apparat erfolgt auf der Basis eines Signal-Rezeptor- Mechanismus. Die lysosomalen Enzyme besitzen allesamt einen Mannose-6-Phosphat-Rest.

Im Golgi-Apparat wird dieser Zuckerrest von einem spezifischen Rezeptor erkannt und infolgedessen das Enzym in Richtung des prä-lysosomalen Kompartiments geleitet. Der in diesem Zell-Kompartiment vorliegende saure pH-Wert bewirkt die Loslösung der lysosomalen Proteine vom Rezeptor, der wiederverwendet wird (Kornfeld 1987).

Unter den sekretorischen Proteinen der Zymogengranula konnte bislang noch keine generell auftretende Struktur- oder Sequenz-Homologie identifiziert werden, die als Sortierungssignal fungieren könnte. Es wird vermutet, dass Proteine, die für die sekretorischen Granula bestimmt sind, in einem Vesikel aggregieren, das Proteine aufnimmt,

(27)

die naturgemäß sezerniert werden (Tooze, Kern et al. 1989).

2.8. Motorproteine

Molekulare Motoren sind Protein-Komplexe, deren Funktion fundamental ist für eine Reihe von essentiellen zellulären Prozessen, die von der Muskelkontraktion bis zum

vesikulären Transport und von der Zellteilung bis zur Fertilität reichen (Goldstein 2001). Die für die hier untersuchte Fragestellung wichtige Funktion der Motorproteine ist der gerichtete Transport von Vesikeln und Organellen innerhalb einer Zelle. Um diesen Transport zu gewährleisten, gewinnen die Motorproteine Energie aus der Hydrolyse von ATP und der Freisetzung von ADP und Phosphat (Spudich 1994). Daneben ermöglichen andere Motorproteine die Bewegung von muskulären Fibrillen gegeneinander.

Unterschieden werden Mikrotubuli- und Mikrofilament-assoziierte Motorproteine. Zu den Mikrotubuli-assoziierten Motorproteinen zählen die Mitglieder der Kinesin- (KIFs) und Dynein-Superfamilien. Diese Motoren binden an die Mikrotubuli und übersetzen chemische Energie, die als Folge der ATP-Hydrolyse entsteht, in kinetische Energie, die in Form der Bewegung der Motoren entlang der Mikrotubuli sichtbar wird. Die Motoren laufen entweder zum Zellpol (retrograd) oder zur Zellperipherie (anterograd) und werden entsprechend ihrer Bewegung entlang der Mikrotubuli als Minus- oder Pluspol gerichtete Motoren bezeichnet.

Die Mikrotubuli-assoziierten Motorproteine weisen eine starke Struktur-Homologie auf.

Beide Gruppen interagieren mit dem Oberflächen-Gerüst der Mikrotubuli über große globuläre Kopfdomänen, die die ATP-Bindungsstellen enthalten. Die Interaktion der

einzelnen Motorproteine mit den Membran-Vesikeln wird vermittelt über leichte oder mittlere Ketten, die die Vesikel binden.

Myosine hingegen gelten in ihrer Mehrzahl als Aktin-assoziierte Motorproteine. Wie die meisten Kinesine besitzen auch alle Myosine Motor- und Kopfdomänen, die am N-terminalen Ende lokalisiert und stark homolog aufgebaut sind. Sie setzen sich aus ATP- und

Aktinfilament-bindenden Anteilen zusammen. Am C-terminalen Ende lassen sich innerhalb der einzelnen Myosin-Klassen Unterschiede erkennen, die auf funktionale Besonderheiten im Hinblick auf unterschiedliche zelluläre Aufgaben zurückzuführen sind (McNiven and

Marlowe 1999).

(28)

Abb. 4: Schema der drei Motorprotein-Klassen Kinesin, Myosin und Dynein. Motorproteine weisen eine homologe Struktur aus Motordomänen, Stieldomänen und einer Schwanzdomäne auf, die mit weiteren Proteinen assoziiert sein kann. Die Motordomäne bindet Mikrotubuli oder Aktinfilamente und beinhaltet die ATPase- Funktion. Über die Schwanzdomäne und die asssoziierten Proteine wird die zu transportierende Last gebunden.

Die über Filament-assoziierte Motorproteine wie Myosin gewährleistete Bindung an Aktin ermöglicht den Zugang der Zymogengranula zu den Zellmembranen und die Exozytose von Enzymen in das Lumen der Pankreasgänge.

2.8.1 Kinesin

Zu den Proteinen der Kinesinfamilie gehören neben Kinesin selbst noch mindestens sieben Unterfamilien von sogenannten Kinesin-assoziierten Proteinen. Vier dieser Unterfamilien und Kinesin selbst sind am Mikrotubuli-assoziierten Transport von Organellen beteiligt. Den drei restlichen Unterfamilien schreibt man eine Funktion im Rahmen der Mitose zu (Bloom and Endow 1995; Moore and Endow 1996; Vernos and Karsenti 1996).

Kinesine wurden in allen untersuchten Organismen vom Protozoon bis zum Säugetier gefunden. Sie kommen im Gehirn, in Leber, Pankreas und zahlreichen weiteren Organen vor (McNiven and Marlowe 1999). Kinesin ist eine Adenosintriphosphatase von 380 kD Größe

Kinesin

Motor Domänen

Assoziierte Polypeptide

Dynein

Motor Domänen

Assoziierte Polypeptide

Mikrotubuli Bindungsstelle

Myosin

Motor Domänen

Assoziierte Polypeptide

(29)

(Brady, Lasek et al. 1982; Vale, Reese et al. 1985; Brady 1985; Schnapp, Vale et al. 1985;

Bloom, Wagner et al. 1988). Ihr struktureller Aufbau weist zwei schwere Ketten von jeweils etwa 120 kD sowie zwei leichte Ketten mit je etwa 64 kD auf (Vale, Reese et al. 1985; Brady 1985; Schnapp, Vale et al. 1985; Bloom, Wagner et al. 1988). Jede schwere Kette besteht aus drei separaten Domänen. Eine globuläre Domäne am N-terminalen Ende, die den Mikrotubuli-bindenden- und den ATPase-Bereich (Motordomäne) enthält (Hirokawa, Pfister et al. 1989; Scholey, Heuser et al. 1989). Daran anschließend eine alpha-helikale Stieldomäne, bestehend aus den beiden schweren Ketten sowie eine C-terminale Schwanzdomäne, die mit den leichten Ketten verbunden ist und für den Transport der Lasten verantwortlich sein soll (Skoufias, Cole et al. 1994). Neben dieser Kinesin-Struktur existieren weitere Kinesine, deren Stielbereiche statt aus einem Homodimer aus Monomeren, Heterodimeren oder Tetrameren aufgebaut sind und sich auch in Richtung der Mikrotubuli-Minusenden (retrograd) bewegen können (Case, Pierce et al. 1997; Henningsen and Schliwa 1997). Das fächerförmige Ende des Kinesin-Proteins wird von den leichten Ketten gebildet (Goldman, Khuon et al. 1996;

Umeyama, Okabe et al. 1993). Aufgrund ihrer Lokalisation am Organellen-bindenden Teil des Kinesins wird vermutet, dass die leichten Ketten die Bindung der Last an die entsprechenden Mikrotubuli modulieren (Umeyama, Okabe et al. 1993). Darüberhinaus spielen sie eine Rolle bei der Membran-Interaktion (Marszalek, Williamson et al. 1996; Eyer and Peterson 1994) und fungieren möglicherweise als Regulator der ATPase Aktivität der schweren Kinesin- Ketten. Die Struktur der leichten Ketten ist innerhalb verschiedener Spezies konserviert.

Ausnahmen stellen die Kinesine dar, deren Motor-Domäne am C-terminalen Ende lokalisiert ist (Bloom 1994). Während alle Kinesine im Bereich der Mikrotubuli-Bindungsstelle und der ATPase-Domäne homolog sind, treten im Schwanzbereich substantielle Unterschiede auf. Es wird angenommen, dass diese Unterschiede den Transport verschiedener Vesikel ermöglichen (Nakagawa, Tanaka et al. 1997).

Studien mit rekombinant hergestellten Kinesinen und Fusionsproteinen verschiedener Kinesine haben gezeigt, dass die Laufrichtung der Motorproteine von einer an die Motordomäne angrenzenden Region bestimmt wird (Case, Pierce et al. 1997; Henningsen and Schliwa 1997). Genetische Manipulationen an den Kinesin-Domänen hingegen führen zu keinerlei Unterschieden in der Bewegung des Motorproteins (Stewart, Thaler et al. 1993).

In den Axonen der Nervenfasern ist das Motorprotein Kinesin mit membranösen Organellen assoziiert, die zur Zellperipherie (anterograd) transportiert werden (Hirokawa,

(30)

Sato-Yoshitake et al. 1991; Schnapp, Reese et al. 1992). In verschiedenen Zelltypen läßt sich eine Assoziation von Kinesin mit dem Endoplasmatischen Retikulum, dem Golgi-Apparat, den Mitochondrien, Endosomen und Lysosomen nachweisen (Bloom and Endow 1995;

Hackney 1996; Moore and Endow 1996; Barton and Goldstein 1996; Vale and Fletterick 1997).

Abb. 5: Schema der Motorprotein-Bewegung am Beispiel von Kinesin. Die Schrittlänge des Kinesin- Moleküls während der Hydrolyse eines ATP-Moleküls beträgt acht Nanometer. Meist ist nur eine der beiden Kinesin-Motordomänen an Tubulin gebunden. Die Bindung eines ATP-Moleküls an den gebundenen Kinesinkopf bewirkt eine Rotation des gebundenen Kopfes um seine eigene Achse und die Bindung des zuvor nicht gebundenen, ADP-haltigen zweiten Kinesinkopfs an das Protofilament. Gleichzeitig setzt dieser sein gebundenes ADP-Molekül frei. Der Kinesinkopf eins setzt ein Phosphat-Molekül seines gebundenen Triphosphats frei, so dass ADP entsteht, was zur Loslösung dieses Kinesinkopfs von Tubulin führt. Eine erneute Bindung eines ATP-Moleküls an den Kinesinkopf zwei läßt den Vorgang von neuem beginnen.

Kinesin operiert als einzelnes Protein oder in kleinen Gruppen und transportiert seine Ladung über lange Strecken (bis zu einem Millimeter) (Hirokawa 1996; Howard 1997). Ein einzelnes Kinesin-Molekül ist in der Lage, bis zu einige Mikrometer an der Oberfläche eines Mikrotubulus entlangzulaufen, ohne sich von diesem zu lösen (Howard, Hudspeth et al.

1989). Der Bewegungsmechanismus der Motorproteine entlang von Zytoskelett-Strukturen ist für Kinesin sehr genau untersucht worden. Der Weg des Kinesin-Motorproteins entlang eines Mikrotubulus folgt einem der meist 13 Protofilamente. Pro Tubulin-Dimer existiert eine Bindungsstelle. Die Schrittlänge des Kinesin-Moleküls während der Hydrolyse eines

- +

8 nm

ATP

ATP ADP ADP

ATP

ADP Pi

ADP

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ATP-Moleküls beträgt acht Nanometer und entspricht damit der Länge eines Tubulin-Dimers (Cross 1997; Howard 1997).

Die meiste Zeit ist lediglich einer der beiden Kinesinköpfe an Tubulin gebunden. Die Bindung eines ATP-Moleküls an den gebundenen Kinesinkopf bewirkt eine Rotation des gebundenen Kopfes um seine eigene Achse (Hackney 1994; Ma and Taylor 1997) und die Bindung des zuvor nicht gebundenen, ADP-haltigen zweiten Kinesinkopfs an das Protofilament. Gleichzeitig setzt dieser sein gebundenes ADP-Molekül frei. Der Kinesinkopf eins setzt ein Phosphat-Molekül seines gebundenen Triphosphats frei, so dass ADP entsteht, was zur Loslösung dieses Kinesinkopfs von Tubulin führt. Eine erneute Bindung eines ATP- Moleküls an den Kinesinkopf zwei läßt den Vorgang von neuem beginnen.

2.8.2 Der Kinesin-Anker Kinectin

Die Motorproteine interagieren mit integralen Membranproteinen auf Vesikel- Oberflächen (Burkhardt, McIlvain et al. 1993; Yu, Toyoshima et al. 1992; Skoufias, Cole et al. 1994). Die integralen Membranproteine enthalten möglicherweise Signale, die die Richtung der Vesikel-Bewegung entlang der Mikrotubuli bestimmen. Aus dem Pool der beweglichen Mikrosomen konnte ein Kinesin-bindendes, 160 kD schweres Membranprotein, das Kinectin, isoliert werden (Kumar, Yu et al. 1995).

Untersuchungen haben gezeigt, dass der Einsatz eines monoklonalen spezifischen anti- Kinectin Antikörpers die Funktion sowohl von Kinesin als auch von Dynein in bezug auf die Bindung der Motorprotein-Membran und die Bewegung von Organellen in in vitro Bewegungsassays unterbindet (Kumar, Yu et al. 1995). Darüberhinaus konnte gezeigt werden, dass die Plus- und die Minusend-gerichteten Bewegungen von Organellen in vivo nicht unabhängig voneinander funktionieren. Eine spezifische Blockade von Kinectin blockiert die zum Pluspol der Zelle gerichtete Bewegung (anterograd) zu mehr als 90 %. Auch die zum Minuspol gerichtete Motilität (retrograd), für die in erster Linie das Motorprotein Dynein verantwortlich gemacht wird, wird zu ca. 50 % gehemmt. Dies ist vermutlich auf eine Blockade der Dynein-Bindungsstelle des Kinectins selbst oder einer Bindungsstelle in deren unmittelbarer Nachbarschaft zurückzuführen (Kumar, Yu et al. 1995). Daher wird vermutet, dass Kinectin an der Regulation der Bewegung von Organellen beteiligt ist (Ong, Lim et al.

2000) (Sheetz 1996), nicht aber an der Induktion der Motorprotein-Aktivität. Vermutlich besitzt Kinectin sowohl für Kinesin als auch für Dynein eine spezifische Bindungsstelle, über

(32)

die eine Kopplung des Motorproteins an das zu transportierende Vesikel erfolgt. Kinectin fungiert somit als spezifischer Membran-Anker für die Motorprotein-vermittelte Bewegung.

Können tatsächlich Kinesin und auch Dynein an benachbarten Stellen an das Membranprotein Kinectin binden, so könnte eine einzelne Veränderung des Kinectins eventuell eine Veränderung der Bewegungsrichtung der Vesikel nach sich ziehen (Kumar, Yu et al. 1995).

2.8.3 Dynein

Dyneine werden in zwei Klassen unterteilt. Zytosolisches und axonemales Dynein.

Neben seiner Rolle als Motorprotein (Schnapp and Reese 1989; Schroer, Steuer et al. 1989) ist Dynein an der Mitose beteiligt (Pfarr, Coue et al. 1990; Steuer, Wordeman et al. 1990), stabilisiert den Golgi-Apparat und den Transport membranöser Vesikel und anderer intrazellulärer Partikel (Holzbaur and Vallee 1994).

Wie Kinesin ist auch Dynein Mikrotubuli-assoziiert, bewegt sich jedoch vom Plus- zum Minuspol (retrograd). Eine weitere Übereinstimmung läßt sich im strukturellen Aufbau feststellen. Auch Dynein besitzt eine globuläre- und eine Stieldomäne. Es besteht aus zwei schweren Ketten von jeweils 530 kD, drei mittleren Ketten von je 74 kD und vier leichten Ketten mit einem Molekulargewicht von 55 bis 60 kD (Hirokawa 1998). Die schweren Ketten des zytoplasmatischen Dyneins enthalten Phosphat-bindende Taschen, die sogenannten P- loops in ihren Zentralbereichen (Holzbaur and Vallee 1994; Koonce, Grissom et al. 1992;

Mikami, Paschal et al. 1993; Zhang, Tanaka et al. 1993). Die zwei schmalen Köpfe des Dyneins enthalten die Mikrotubuli Bindungsstelle (Schroer 1996). Der zentrale und der COOH-terminale Bereich bilden eine globuläre Domäne, die mit den Mikrotubuli interagiert und Motoraktivität besitzt. Das NH2-terminale Ende bindet die zu transportierende Last (Koonce, Grissom et al. 1992; Mikami, Paschal et al. 1993; Zhang, Tanaka et al. 1993).

Zusätzlich zu den mittleren und leichten Ketten ist das zytoplasmatische Dynein mit dem Protein-Komplex Dynactin assoziiert. Dieser fungiert in vitro als Aktivator der Dynein- basierten Vesikel-Bewegung (Gill, Schroer et al. 1991; Schroer and Sheetz 1991).

Immunzytochemische Analysen, in vitro Bewegungsassays, Antikörper Injektionen und subzelluläre Fraktionierungen lassen vermuten, dass das zytoplasmatische Dynein ein Motor für den retrograden Transport membranöser Organellen in den Axonen des Nervengewebes ist (Paschal, Shpetner et al. 1987; Waterman-Storer, Karki et al. 1995; Lye, Porter et al. 1987;

Schnapp and Reese 1989; Schroer, Steuer et al. 1989; Schnapp and Reese 1989; Hirokawa,

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Sato-Yoshitake et al. 1990; Waterman-Storer, Karki et al. 1997), für die Verteilung später Endosomen und Lysosomen (Lin and Collins 1992), die zentrosomale Lokalisation des Golgi- Apparats (Corthesy-Theulaz, Pauloin et al. 1992), den vesikulären Transport von frühen zu späten Endosomen (Aniento, Emans et al. 1993), den apikal gerichteten Transport aus dem Golgi-Apparat gewonnener Membranen in intestinalen epithelialen Zellen (Fath, Trimbur et al. 1994) und die Bewegung von Phagosomen (Blocker, Severin et al. 1997) verantwortlich ist.

Die Injektion spezifischer Antikörper gegen die schweren Ketten des Dyneins führt zu einer Dissoziation des Golgi-Apparats (Vaisberg, Grissom et al. 1996). Wird in speziellen Knock out Mäusen das zytoplasmatische Dynein doppelt entfernt, so können eine Fragmentierung des Golgi-Apparats sowie eine Umverteilung der Fragmente ins Zytoplasma beobachtet werden. Die späten Endosomen werden in der Zellperipherie verteilt (Harada, Takei et al. 1998). Diese Zusammenhänge weisen auf eine Beteiligung des Dyneins an der Positionierung des Golgi-Apparats und am Transport von Endosomen und Lysosomen zum Zentrum der Zelle hin.

2.8.4 Der Dynactin-Komplex als Dynein-Anker

Die Aktivität des zytosolischen Dyneins wird möglicherweise reguliert durch den Dynactin-Komplex, einen Multiprotein-Komplex, der aus mindestens zehn verschiedenen Polypeptiden besteht, die den Transport von Organellen durch Dynein unterstützen und eventuell einen Dynein-Rezeptor darstellen. Die Untereinheiten des Dynactins interagieren mit der mittleren Kette des Dyneins, die auch direkt mit der zu transportierenden Last verbunden ist. Zu den Bestandteilen des Komplexes gehören neben Dynactin selbst ein Aktin- bindendes Protein (CapZ), p150 Glued, Dynamitin und ARP1 (ARP1 = Aktin related protein) (Schroer T. A. 1996). Das NH2 terminale Ende des p150 Glued bildet einen Seitenarm, der mit der mittleren Kette des zytoplasmatischen Dyneins interagiert (Vaughan and Vallee 1995;

Karki and Holzbaur 1995). Das zytoplasmatische Dynein, im besonderen die mittlere Kette, ist über den p150 Glued-Arp1 Komplex mit der zu transportierenden Last verbunden, und die Bindung von p150 Glued an das Arp1 wird vermittelt über das Protein Dynamitin (Holzbaur and Vallee 1994; Schroer 1994; Karki and Holzbaur 1995; Vaughan and Vallee 1995).

Interessanterweise bindet p150 Glued auch direkt an Mikrotubuli, erweitert so den Motorprotein-Komplex und stellt vermutlich sicher, dass Dynein seine Last über lange

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Distanzen entlang der Mikrotubuli transportiert.

Dynactin enthält neben einer Mikrotubuli-bindenden Stelle auch ein Protein, das an der Bindung von Endosomen an Mikrotubuli beteiligt ist (Rickard 1996). Die Existenz von Bestandteilen des Aktin-Zytoskeletts im Dynactin-Komplex weist auf eine mögliche Verbindung zwischen Aktin- und Tubulin-basierten Zellbewegungen durch Dynactin hin (Goodson, Valetti et al. 1997). Die genaue Funktion des Dynactin-Komplexes im Rahmen der Motorprotein-Aktivität von Dynein ist nicht bekannt. Wissenschaftler spekulieren aber, dass er die Interaktionen zwischen Membranen vermittelt, da Dynactin am Schwanz des zytosolischen Dyneins lokalisiert ist. Dem Dynactin-Komplex kommt somit die Rolle einer Bindungsplattform zu, die die Assoziation zwischen Dynein und seiner Last vermittelt.

Waterman-Storer et al. berichteten 1997, dass die Dissoziation der Dynein-Dynactin- Interaktionen zu einer Loslösung der Vesikel von dem Motorprotein Dynein führt und somit den Transport dieser Vesikel entlang der Mikrotubuli stört (Waterman-Storer, Karki et al.

1997). Die Dynactin Aktivität wird durch Überexpression von Dynamitin gehemmt. Ursache hierfür ist möglicherweise die Loslösung des zu transportierenden Vesikels von dem Motorprotein Dynein, die die Auflösung des Golgi-Apparats, die Umverteilung früher und später Endosomen zur Zellperipherie sowie die Hemmung des Transports intermediärer Kompartimente vom Endoplasmatischen Retikulum zum Golgi-Apparat bewirkt (Vallee, Vaughan et al. 1995; Burkhardt, Echeverri et al. 1997; Presley, Cole et al. 1997). Jüngste Ergebnisse zeigen, dass Dynactin in Xenopus laevis neben Dynein auch an den Kinesin II- Komplex binden kann, allerdings nicht gleichzeitig. Die Autoren schließen daraus auf eine zentrale Funktion von Dynactin in der Regulation und Koordination des bidirektionalen Transports (Deacon, Serpinskaya et al. 2003).

2.8.5 Myosin

Gegenwärtig sind mindestens 14 Myosin-Klassen bekannt (Mermall, Post et al. 1998;

Mooseker and Cheney 1995), von denen die meisten Membran-assoziiert sind. Proteine von mindestens drei dieser Klassen (I, V, VI) sind am Transport von Organellen der Mehrzeller beteiligt (Goodson, Valetti et al. 1997). Die Mitglieder der übrigen Myosin-Klassen übernehmen Aufgaben im Bereich der Muskelkontraktion. Die Rolle der Myosine beim Vesikeltransport in gastrointestinalen Zellen ist bisher nicht hinreichend geklärt. Verschiedene unkonventionelle Myosine, die am neuronalen Vesikeltransport beteiligt sind, sind auch im

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Bürstensaum der Enterozyten (Heintzelmann M. B. 1994; Poucell-Hatton, Perkins et al.

1997), den Hepatozyten der Leber (Coluccio and Conaty 1993) und den Azinuszellen des Pankreas (Poucell-Hatton, Perkins et al. 1997) zu finden. In den Enterozyten bindet Myosin I an reifende sekretorische Vesikel, die zur Spitze transportiert werden. Das zytoplasmatische Dynein soll diese Vesikel zunächst entlang von Mikrotubuli zum apikalen Bürstensaum transportieren, an dem Myosin I die Vesikel übernehmen kann, um einen weiteren ungestörten Transport bis hin zur nachfolgenden Sekretion zu gewährleisten (Fath, Trimbur et al. 1994) (Fath and Burgess 1993).

Das muskuläre Myosin operiert in riesigen Ansammlungen von bis zu einer Billion Molekülen in einer langen Muskelfaser und bewegt sich über kurze Distanzen (bis zu einem Mikrometer) entlang der Aktinfilamente (Huxley 1965). Wie die Mikrotubuli-assoziierten Motorproteine hydrolysiert auch zytoplasmatisches Myosin ATP. Es besitzt wie Kinesin am N-terminalen Ende eine Motordomäne, die aus einer ATP- und einer Filament-Bindungsstelle besteht. Die verschiedenen Myosin-Klassen unterscheiden sich an ihrem C-terminalen Ende, welches die spezifische Funktion des jeweiligen Proteins bedingt (McNiven and Marlowe 1999).

Im Gegensatz zum Mikrotubulus sind die beiden „Protofilamente“ des Aktins umeinander gewunden (Sase, Miyata et al. 1997). Dies hat zur Folge, dass die aufeinanderfolgenden Bindungsstellen für ein Myosinmolekül 36 nm voneinander entfernt auf verschiedenen Protofilamenten liegen. Während die beiden Köpfe eines Kinesin-Moleküls die Entfernung von 8 nm zwischen den beiden Bindungsstellen überbrücken können, ist dies im Falle von Myosin aufgrund der großen Entfernung der Bindungsstellen voneinander nicht möglich. Entgegen früherer Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass sich die Myosin- Moleküle parallel zum Aktinfilament bewegen und nicht dem gewundenen Verlauf der einzelnen Aktin-Protofilamente folgen (Huxley and Tideswell 1996; Rayment, Holden et al.

1993). Die Strecke zwischen zwei aufeinanderfolgenden Bindungsstellen eines Myosinmoleküls wird daher von mindestens zehn Myosin-Molekülen überbrückt. Der jeweils andere Kopf der einzelnen Myosin-Moleküle kann währenddessen an ein anderes Aktin- Protofilament gebunden sein. Die für eine Bewegung notwendige Konformationsänderung wird durch den Austausch eines ADP-Moleküls durch ein ATP-Molekül bewirkt. Die

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Bindung von ATP führt zur Loslösung des Myosinkopfs vom Aktin-Protofilament. Ein Phosphat-Molekül des gebundenen Triphosphats wird bei der erneuten Bindung des Myosinkopfs an ein Aktin-Protofilament freigesetzt. In gebundenem Zustand liegen die Myosin-Moleküle immer ADP gebunden vor (Howard 1997).

Der Transport erfolgt in den meisten Fällen entlang von Aktinfilamenten und nicht entlang der Mikrotubuli, obwohl bei einigen Myosinen ein Wechsel von Aktinfilamenten zu den Mikrotubuli und zurück beobachtet werden kann. Dies läßt vermuten, dass entweder ein einzelnes Motorprotein beide Filamentsysteme nutzen kann oder verschiedene Motorproteine an einem zu transportierenden Vesikel andocken können (McNiven and Marlowe 1999).

Es gibt Hinweise darauf, dass ein Vesikel sowohl die Last von Mikrotubuli- als auch von Mikrofilament-assoziierten Motorproteinen sein kann und diese Motorproteine in gewissen Situationen kooperieren. Ein Vesikel durchläuft auf seinem Weg durch die Zelle Mikrotubuli-arme, aber Mikrofilament-reiche Domänen. In diesen Zell-Domänen wird der Vesikeltransport dennoch fortgesetzt. Aus diesem Grund müssen mindestens zwei Motorproteine, Dynein bzw. Kinesin oder aber Myosin an dasselbe Vesikel binden können.

2.8.6 Regulation des bidirektional gerichteten Transports durch Phosphorylierung

Die Identifizierung der Motorproteine Kinesin und Dynein erklärt nicht nur, wie Organellen und Vesikel innerhalb der Zelle bewegt werden sondern auch, wie die Richtung der Bewegung kontrolliert wird. Dennoch gibt es in einer Zelle zahlreiche Instanzen, in denen die Bewegung von Vesikeln durch mehr als ein Motorprotein bewerkstelligt werden muß.

Beispielsweise können Pigmentgranula ihre Bewegungsrichtung entlang eines einzelnen Mikrotubulus verändern. Das bedeutet, dass sowohl anterograde als auch retrograde Mikrotubuli-assoziierte Motorproteine vorhanden sein müssen. Jedoch ist immer nur ein Motorprotein an Mikrotubuli gebunden bzw. aktiv. Es müssen infolgedessen innerhalb der Zellen verschiedene Regulationsmechanismen für Motorproteine existieren (Reese and Haimo 2000). Reguliert wird die Richtung des Transports, die Bindung der Last und die Aktivität der Motorproteine (Sheetz 1999).

Die Vermutung, dass Kinesin-vermittelter Transport über Phosphorylierung reguliert wird, ist naheliegend, da Kinesin in vivo ein Phosphoprotein ist (Hollenbeck 1993), dessen Phosphorylierung mit der Bindung Membran-gebundener-Organellen korreliert (Lee and Hollenbeck 1995). Obwohl Kinesin fest an gereinigte Vesikel gebunden ist, wird der größte

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Teil dieses Kinesins frei, wenn die Vesikel mit ATP inkubiert werden (Tsai, Morfini et al.

2000). Die leichten und schweren Ketten des Kinesins zeigen unterschiedliche Phosphorylierungsmuster, die auf das Vorhandensein verschiedener Phosphorylierungsstellen an den leichten und schweren Kinesin-Ketten schließen lassen (Morfini, Szebenyi et al. 2002).

Leichte Kinesin-Ketten, die von Vesikeln freigesetzt werden, zeigen eine Erhöhung des Molekulargewichts, die durch Zusatz von alkalischer Phosphatase aufgehoben werden kann.

Das Molekulargewicht der schweren Kinesin-Ketten hingegen bleibt unverändert. Die Abhängigkeit der Vesikel-Freisetzung von ATP und die Erhöhung des Molekulargewichts läßt vermuten, dass eine Vesikel-assoziierte Kinase die leichten Kinesin-Ketten modifiziert.

Hieraus schlossen Morfini et al., dass eine Phosphorylierung der leichten Kinesin-Ketten mit der ATP-abhängigen Loslösung des Kinesins von den Vesikeln einhergeht. Die Bindung der Last an Kinesin kann demnach über Phosphorylierung reguliert werden. Auch die Bindung von Dynein an Dynactin wird über Dynein-Phosphorylierung reguliert (Vaughan, Leszyk et al. 2001).

In Untersuchungen konnte 1998 gezeigt werden, dass das Motorprotein Kinesin in Zusammenhang mit der Sekretion von Granula reguliert wird. Zunächst wiesen morphologische und biochemische Untersuchungen nach sekretorischer Stimulation eine Umverteilung des Kinesins von der löslichen- zur Granula-assoziierten Fraktion nach. Auf der Basis dieser Beobachtungen konnte darüberhinaus eine Phosphorylierung des Kinesins nach sekretorischer Stimulation festgestellt werden. Es wurde gefolgert, dass eine Phosphorylierung von Kinesin die Assoziation zwischen Kinesin und den Granula- Membranen bzw. die ATPase Aktivität des Motorproteins erhöht (Marlowe, Farshori et al.

1998). Erstmals konnte mit diesen Ergebnissen gezeigt werden, dass die Stimulation eines regulierten sekretorischen Vorgangs durch biologische Agonisten wie CCK oder Sekretin zu einer Veränderung der Kinesin-Phosphorylierung und –Verteilung führt und gleichzeitig eine Verstärkung des sekretorischen Vesikeltransports bewirkt. Früher durchgeführte Untersuchungen weisen sowohl Gemeinsamkeiten mit diesen Beobachtungen als auch Unterschiede auf. So konnte z. B. 1993 durch Bloom et al. gezeigt werden, dass Mikrotubuli abhängige Bewegung von Vesikeln im Axoplasma durch die Zugabe von Protein Kinasen oder Phosphatase-Inhibitoren nicht verändert werden kann (Bloom, Richards et al. 1993).

Dem gegenüber existieren Daten, die durchaus eine veränderte Vesikel-Bewegung in Kulturzellen nach Zugabe verschiedener "second messenger" oder anderer Reagenzien, die eine Veränderung der Aktivität von

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