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Entalkoholisierung von Wein
Unter dem Druck der 0.5 Pro- mille-Grenze haben renom- mierte Weinhäuser, darunter auch die Kellerei am Küferweg in Obfelden, alkoholfreie Wei- ne auf den Markt gebracht. Da- zu stellt sich die Frage, wie sol- che Produkte hergestellt wer- den. Im folgenden Bericht wird die Entalkoholisierung von Wein verständlich be- schrieben. Der Text stammt aus der Broschüre «Medizini- sche Aspekte des Weinkon- sums» von Dr. med. Radovan Keul, Facharzt für Innere Me- dizin und Arbeitsmedizin, die von der Euresis GmbH in Aa- chen herausgegeben wurde.
Schwierige Herstellung Die Herstellung eines ge- schmacklich ansprechenden alkoholfreien Weins ist wegen der komplexen Aromatik schwierig. Versuche, Alkohol durch einfache Destillation zu entziehen, verliefen unbefrie- digend, da durch die hohen Temperaturen auch die meis- ten Geschmacksstoffe verlo- ren gingen. Die Techniken der Umkehrosmose und der Dialy- se haben sich bisher ebenfalls nicht bewährt. In den vergan- genen Jahren hat sich das Ver- fahren der Vakuumrektifikati- on durchgesetzt. Der Siede- punkt von reinem Ethanol liegt bei Atmosphärendruck bei etwa 78 °C. Bei der Vaku- umdestillation wird durch ei- ne Verminderung des Luft- drucks auf zirka 15 mbar eine Absenkung des Siedepunkts erreicht, sodass der Alkohol bereits bei Temperaturen von 28 bis 30 °C verdampft. Damit werden die Aromastoffe des Weins weitgehend geschont.
Der Trennvorgang erfolgt in mehreren hintereinander ge- schalteten Rektifikationskolon- nen.
Schritt für Schritt
Der fertig vergorene, alkohol- haltige Wein wird über einen Entgaser der ersten Rektifikati- onskolonne zugeführt, in der
eine Alkoholreduktion um et- was mehr als ein Drittel erfolgt.
Die alkoholreiche Fraktion wird nach oben abgezogen, während die alkoholarme Frak- tion der nächsten Trennstufe zugeführt wird. Im zweiten Schritt erfolgt eine Alkoholre- duktion auf 2.5 Vol.-%, während in der dritten Stufe ein Restal- koholgehalt von 0.02 bis 0.05 Vol.-% erreicht wird. Die bei der Vakuumdestillation mit dem Al- kohol entzogene, leicht flüchti- ge Aromafraktion wird in einer Absorptionskolonne abgefan- gen und dem Restwein wieder zugeführt, wodurch der fast al- koholfreie Wein wieder mit sei- nen eigenen Geschmacksstof- fen angereichert wird.
Destillationsverfahren Die Destillationsanlage be- steht aus Glas; dadurch wird Sauberkeit und Keimarmut ge- währleistet. Dies ist bei der Herstellung entalkoholisierter Weine von grosser Bedeutung, da sie nach dem Entzug des Al- kohols leicht mit Mikroorga- nismen infiziert werden kön- nen. Um eine möglichst hohe Keimfreiheit zu erhalten, er- folgt die Abfüllung unter Pas- teurisation und die Flaschen
werden mit einem Polyethy- len-Korken verschlossen.
Da der Alkohol als Ge- schmacksträger wegfällt, muss dem entalkoholisierten Wein vor der Flaschenfüllung noch etwas Traubenmost oder Zucker als Trägersubstanz zuge- fügt werden. Dadurch kann der Alkoholgehalt wieder etwas an- steigen, sodass das fertige Pro- dukt einen Alkoholgehalt zwi- schen 0.1 und 0.25 Volumen- prozent hat. Ein entalkoholisier- ter Wein darf ebenso wie alko- holfreies Bier «alkoholfrei» ge- nannt werden, wenn der Alko- holgehalt unter 0.5 Volumen- prozent (4 g/L) liegt. Eine voll- ständige Entalkoholisierung ist trotz der Angabe «alkoholfrei»
vom Gesetzgeber nicht vorge- schrieben und wäre auch nicht durchführbar.
Der Restalkoholgehalt hat nach wissenschaftlichen Unter- suchungen keine nachteiligen Wirkung auf den Organismus – er entspricht ungefähr demje- nigen verschiedener Fruchtsäf- te und liegt unter dem Alkohol- gehalt verschiedener Lebens- mittel wie Kefir und sogar Ge- bäck.
EURESISGMBH. AACHEN/SZOW Herstellungsprozess entalkoholisierten Weins.