A 2208 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 46|
15. November 2013STUDIEN IM FOKUS
Die Differenzierung zwischen einer akuten Bronchitis und einer Pneu- monie ist in der Praxis des Hausarz- tes teilweise schwierig: Nicht im- mer ist ein Thoraxröntgen möglich, aber das gesundheitliche Risiko ei- nes Patienten mit nicht behandelter Pneumonie ist hoch. Die Frage, welchen diagnostischen Wert die Entzündungsparameter CRP und Procalcitonin haben, hat eine Grup- pe aus dem europäischen GRACE- Konsortium zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen bei unteren Atemwegsinfektionen untersucht.
In die Analyse eingeschlossen wurden 2 820 Patienten aus zwölf Ländern, die wegen akuten Hustens den Hausarzt aufgesucht hatten (Durchschnittsalter 50 Jahre, 40 % männlich). Bei der ersten Visitation wurde zusätzlich zur klinischen Un- tersuchung Blut abgenommen zur Bestimmung des CRP und des Pro- calcitonins. Außerdem erfolgte ein
Thoraxröntgen, meist binnen fünf Tagen nach dem Hausarztbesuch.
Der primäre Studienendpunkt war eine Pneumonie, die von Ra- diologen ohne Information über an- dere Patientendaten festgestellt wurde. Pneumonie wurde bei 5 % der Studienpopulation diagnosti- ziert. Am zuverlässigsten für die Vorhersage einer Pneumonie war die Symptomenkombination ver- mindertes, aber rasselndes Atemge- räusch bei der Auskultation, Kurz- atmigkeit, Tachykardie (> 100/min), Fieber (≥ 37,8 Grad Celsius) und kein Schnupfen (Area under the curve [AUC] von 0,70; 95-%-Kon- fidenzintervall [KI] 0,65–0,75). Die Hinzunahme des CRP-Wertes er- höhte die Zuverlässigkeit mit stei- gendem CRP; bei dem für die Vor- hersage optimalen Schwellenwert des CRP von 30 mg/l ergab sich ei- ne Erhöhung der AUC von 0,70 auf 0,77 (95-%-KI 0,73–0,81) und be-
wirkte bei 28 % der bezüglich ihres Risikos zuvor falsch klassifizierten Patienten die korrekte Einstufung in niedriges, mittleres oder hohes Ri- siko. Die Pneumonieprävalenz be- trug in der Hochrisikogruppe 31 %, in der Niedrigrisikogruppe weniger als 2,5 %. Die Procalcitoninwerte hatten für die korrekte Zuordnung keine zusätzliche Bedeutung.
Fazit: Um die Wahrscheinlichkeit abzuschätzen, dass ein Patient mit einer akuten unteren Atemwegsin- fektion und weiteren Symptomen einer Lungenentzündung eine Pneumonie hat, eignen sich in der Hausarztpraxis am besten die klini- schen Zeichen. Die Zuverlässigkeit anhand der typischen Symptome lässt sich mit dem CRP (Schwellen- wert ab 30 mg/l) erhöhen.
Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze van Vugt SF, Broekhuizen BD, Lammens C, et al.: Use of serum C reactive protein and procalcitonin concentrations in addition to symptoms and signs to predict pneumonia in patients presenting to primary care with cough: diagnostic study. BMJ 2013; 346:
f2450 doi:10.1136/bmj.f2450 UNTERE ATEMWEGSINFEKTIONEN
CRP erhöht den Vorhersagewert für eine Pneumonie
Die okuläre Toxoplasmose (OT) ist weltweit die wichtigste Ursache ei- ner posterioren Uveitis, einer Ent- zündung der hinteren Augenab- schnitte, die zu starkem Sehverlust führen kann. Das Risiko einer Au- genbeteiligung nach einer Infektion mit Toxoplasma gondii ist geogra- fisch unterschiedlich (Europa: 2 %, Brasilien: 18 %). In einer aktuell publizierten Studie sind Serum und Kammerwasserproben von 170 deutschen Uveitis-Patienten mit modernen serologischen Methoden analysiert worden. 114 Patienten hatten eine OT, die übrigen 56 hat- ten Uveitiden anderer Ursachen.
Bei 44 % der Serumproben von OT- Patienten wurde ein neuer Serotyp entdeckt: Im ELISA fand man keine
Antikörper gegen die für die Sero- typisierung verwendeten Peptidan- tigene (Serotyp: „nicht reaktiv“, NR). Bei Patienten mit seropositi- ver, nicht mit OT assoziierter Uvei- tis wurde der Serotyp „NR“ nur zu 7 Prozent gefunden.
Der neue Serotyp ist mit ungüns- tigem Verlauf einer Uveitis assozi- iert: Für ein Uveitisrezidiv betrug der Risikofaktor 2,92; die intraoku- laren Entzündungszeichen waren besonders schwer, eine Läsionsgrö- ße von mehr als zwei Papillen- durchmessern war mit 53 % in der NR-Gruppe häufiger als bei allen anderen T. gondii-Serotypen. NR- Patienten hatten eine zehnmal so hohe Wahrscheinlichkeit für eine OT als Patienten anderer Serotypen.
Fazit: Bei deutschen Patienten mit okulärer Toxoplasmose dominiert ein neuer Toxoplasma-gondii-Sero- typ. Er ist mit einem erhöhten Uvei- tisrezidivrisiko assoziiert. Prof. Dr.
med. Uwe Pleyer, Augenklinik der Charité Berlin, kommentiert: „Die Serotypisierung ermöglicht, gefähr- dete Patienten zu identifizieren. Es gilt, diese Menschen mit möglichen Zeichen und Symptomen einer be- ginnenden okulären Toxoplasmose vertraut zu machen, ihnen zu regel- mäßigen augenärztlichen Untersu- chungen zu raten und sie vielleicht sogar prophylaktisch zu behan- deln.“ Am weitesten verbreitet in der Therapie der OT sei die Kombi- nation Pyrimethamin, Sulfadiazin und Folinsäure. Dr. med. Ronald D. Gerste
Shobab L, et al.: Toxoplasma serotype is asso- ciated with development of ocular toxoplas- mosis. Journal of Infectious Diseases 2013;
208: 1520–8.
OKULÄRE TOXOPLASMOSE