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Archiv "Molekulare Genetik in der Medizin: Direkte DNA-Diagnostik bei Huntingtonscher Erkrankung" (09.08.1993)

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MEDIZIN KURZBERICHT

Molekulare Genetik in der Medizin

Direkte DNA-Diagnostik bei Huntingtonscher Erkrankung

Nachweis eines verlänger

t

en Trinukleotidrepeat

Ulrike Thies und Christine Zühlke

8

ei der Huntingtonschen Er- krankung (Huntington's Dis- ease = HD) handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung, die sich in der Regel erst im Erwachsenenalter manife- stiert. Die Krankheit wird aufgrund der charakteristischen, unwillkürli- chen Bewegungen auch als Chorea Huntington bezeichnet. HD-Patien- ten weisen in der Regel zusätzlich psychiatrische Symptome auf und entwickeln im Verlauf der Erkran- kung eine Demenz. Die Krankheit ist durch neuronalen Zelluntergang im Gehirn, besonders im Putamen und im Caudatum, gekennzeichnet. Der Krankheitsverlauf ist progredient und führt in der Regel nach 15 bis 20 Jahren zum Tode. Eine kausale The- rapie ist bislang nicht bekannt.

Genetik

Die HD wird autosomal domi- nant vererbt und tritt in den meisten europäischen Ländern mit einer le- benslangen Prävalenz von 1:10 000 auf (2). Die Penetranz ist nahezu vollständig, das heißt, jeder Nach- komme eines Betroffenen hat stati- stisch ein Risiko von 50 Prozent, das mutierte Gen zu erben und somit selbst zu erkranken. Die Neumutati- onsrate ist ausgesprochen gering (2).

Das durchschnittliche Erkran- kungsalter liegt in der Regel zwi- schen dem 40. und 50. Lebensjahr, die Erkrankung kann jedoch auch im

Institut für Humangenetik (Direktor: Prof.

Dr. med. W. Engel) Universität Göttingen

frühen Kindesalter auftreten oder erst jenseits des 70. Lebensjahres. Ei- ne, wenn auch geringe, Antizipation des Erkrankungsbeginns liegt vor, wenn die Mutation vom Vater ver- erbt wird. Besonders deutlich wird der paternale Einfluß bei der juveni- len Form, bei der etwa zwei Drittel der Patienten das mutierte Gen vom Vater geerbt haben.

Molekulargenetik

Bereits 1983 konnten J. F. Gu- sella und Mitarbeiter (1) die enge Kopplung der HD-Mutation mit dem genetischen Marker G8 (D4S10) auf dem kurzen Arm des Chromosoms 4 nachweisen. In der Folgezeit wurden eine große Zahl weiterer genetischer Marker beschrieben. Dies ermöglich- te eine prädiktive molekulargeneti- sche Diagnostik für Risikopersonen (5). Die indirekte DNA-Diagnostik war jedoch nur im Rahmen einer Fa- milienuntersuchung, bei gesicherter Diagnose und mit einer Irrtumswahr- scheinlichkeit von etwa zwei Prozent aufgrund von möglichen Rekombina- tionsereignissen zwischen untersuch- ten Markern und HD-Gen durch- führbar. 1993 wurde das Kandidaten- gen IT15, dessen Transkript 10 366 Nukleotide umfaßt und in unter- schiedlichen Geweben — nicht aus- schließlich im Gehirn — nachgewie- sen wurde, publiziert (3). Das Gen kodiert für ein Protein von ungefähr 348 Kilodalton mit bislang unbekann- ter Funktion. Als krankheitsverur- sachende Mutation wurde bei HD- Patienten eine Expansion des Trinu- kleotidrepeats (CAG),, nachgewie- sen. Verlängerte Trinukleotidrepeats wurden bereits als zugrundeliegende Mutationen bei anderen neurologi-

Abbildung: Direkte DNA-Diagnostik in einer HD- Familie. Der betroffene Vater (48 Repeats) hat die Mutation an zwei seiner Nachkommen (49 bzw. 47 Repeats) weitergegeben. Das HD-Allel (HD) vari- iert in der Anzahl der Kopien. Die Allele des Normbereiches (N) werden nach den Mendelschen Regeln vererbt. Die relevanten PCR-Produkte sind durch Markierungen hervorgehoben.

schen Erkrankungen beschrieben, beispielsweise beim Kennedy-Syn- drom (Androgenrezeptor-Gen), beim FMR1-Gen (Martin-Bell-Syn- drom oder fragiles X-Syndrom) und bei der Myotonen Dystrophie.

Mit Hilfe einer modifizierten Polymerase Kettenreaktion (PCR) (4) kann die Repeatkopienzahl im Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 31/32, 9. August 1993 (41) A1-2129

(2)

MEDIZIN

HD-Gen untersucht werden. In der deutschen Bevölkerung variiert der (CAG)„-Repeat zwischen 11 und 32 Kopien bei Normalchromosomen.

Die HD-Chromosomen weisen in un- serer Bevölkerung Kopienzahlen von 40 bis 73 auf (7). Bei juvenilen HD- Patienten kann sogar eine Kopienan- zahl von > 100 nachgewiesen wer- den. Die Vererbung der Repeats kann in Familienuntersuchungen ge- zeigt werden (Abbildung). In einigen Fällen wird eine intrafamiliäre Va- riabilität des HD-Repeats beobach- tet. Somit steht nun ein direkter Mu- tationsnachweis zur Verfügung.

Möglichkeiten der

direkten DNA-Diagnostik

Der direkte Nachweis der Muta- tion ermöglicht eine prädiktive DNA-Diagnostik klinisch asympto- matischer Risikopersonen, eine prä- natale Diagnostik sowie eine diffe- rentialdiagnostische Abklärung in neurologisch unklaren Einzelfällen.

Für die direkte Diagnostik wird eine EDTA-Blutprobe benötigt, aus der die DNA (Erbsubstanz) isoliert wird. Mittels der oben genannten PCR-Technik kann der Bereich, in dem sich der Repeat befindet, ampli- fiziert werden. Eine Repeatvermeh- rung auf über 40 Kopien läßt darauf schließen, daß die Risikoperson Trä- ger der beschriebenen HD-Mutation ist und erkranken wird.

Vor einer prädiktiven DNA- Diagnostik sollte zunächst versucht werden, bei einem betroffenen Fami- lienmitglied die Repeatvermehrung (den genetischen Defekt) nachzuwei- sen, bevor die DNA einer Risikoper- son analysiert wird. Dies ist beson- ders wichtig im Hinblick auf die Fra- ge, ob es noch weitere Mutationen für die HD gibt, denen nicht die Ver- längerung des (CAG) n-Repeats zu- grunde liegt. Gegenüber der indirek- ten DNA-Diagnostik bietet die di- rekte DNA-Diagnostik wesentliche Vorteile: Sie ist auch bei nicht ein- deutiger klinischer HD-Diagnose im Rahmen der Differentialdiagnose durchführbar, sie muß nicht im Rah- men einer Familienuntersuchung er- folgen und ist technisch weniger auf- wendig.

KURZBERICHT / FÜR SIE REFERIERT

Eine pränatale Diagnostik nach Chorionzottenbiopsie im ersten Tri- menon (CVSI) ist auf Wunsch der Familie und nur nach bereits abge- schlossener Untersuchung des Risi- ko-Elternteiles oder bei einer bereits vorliegenden HD-Erkrankung bei ei- nem der Eltern möglich.

Neben der prädiktiven DNA- Diagnostik für asymptomatische Ri- sikopersonen ist jetzt auch mittels des direkten Nachweises eine Diffe- rentialdiagnose möglich. Solange der Gesundheitszustand des Patienten es zuläßt, ist eine autonome Entschei- dung hinsichtlich der Testung anzu- streben. In diesem Fall sollte der Pa- tient einer genetischen Beratung so- wie einer psychotherapeutischen Vorbereitung zugeführt werden.

Es muß aber dringend bedacht werden, daß die ethischen und psy- chologischen Probleme, die mit der präsymptomatischen Testung für ei- ne spätmanifestierende, unheilbare Erkrankung verbunden sind, beste- hen bleiben. Die bereits für die indi- rekte DNA-Diagnostik erarbeiteten Richtlinien der World Federation of Neurology (WFN) und der Interna- tional Huntington Disease Associati- on (IHA) (6) zum Testverfahren müssen deshalb auch weiterhin bei der direkten DNA-Diagnostik An- wendung finden.

Ein Informationsblatt zur mole- kulargenetischen Diagnostik bei 1-171) kann bei den Verfasserinnen ange- fordert werden.

Eine der Ursachen für eine Ei- senmangelanämie bei älteren Frauen ist die Ausbildung von Gefäßektasien im präpylorischen Antrum, die an Wassermelonen erinnern und dem Krankheitsbild den entsprechenden Namen gegeben haben. Bei vielen der Patienten findet sich eine krypto- gene Leberzirrhose, eine Achlorhy- drie oder eine schwere Hypo- chlorhydrie. Während man früher ei- ne Antrumresektion durchführte oder sich auf eine Substitutionsthera- pie beschränkte, wird in zunehmen-

Literatur

1. Gusella, J. F., Wexler, N. S., Coneally, P.

M. et al.: A polymorphic DNA marker ge- netically linked to Huntington's disease.

Nature 306 (1983) 234-238

2. Harper, P. S.: Huntington's Disease. Major Problems in Neurology 22. Saunders, Lon- don—Philadelphia—Toronto (1991) 3. Huntington's Disease Collaborative Re-

search Group: A novel gene containing a trinucleotide repeat that is expanded and unstable on Huntington's disease chromo- somes. Cell 72 (1993) 971-983

4. Riess, 0., Noerremoelle, A., Soerensen, S.

A. et al.: Improved PCR conditions for the stretch of (CAG)„ repeats causing Hunting- ton's disease. Hum. Mol. Genet. 2 (1993) 637

5. Thies, U., Zühlke, Chr., Bockel, B. et al.:

Möglichkeiten der präsymptomatischen DNA-Diagnostik bei Chorea Huntington.

Nervenheilkunde 11 (1992) 251-255 6. World Federation of Neurology. Research

Commitee Research Group on Hunting- ton's Disease: Ethical issues policy state- ment on Huntington's disease molecular genetics predictive test. J. Neurol. Sci. 94 (1989) 327-332

7. Zühlke, Ch., Riess, 0., Schröder, K. et al.:

Expansion of the (CAG)„ repeat causing Huntington's disease in 323 patients of German origin. Hum. Mol. Genet., im Druck

Deutsdies Arzteblatt

90 (1993) A1-2129-2130 [Heft 31/32]

Anschrift der Verfasserinnen:

Dr. med. Ulrike Thies Dr. med. Christine Zühlke Institut für Humangenetik der Universität

Goßlerstraße 12d 37073 Göttingen

dem Maße eine Langzeitbehandlung mit Prednisolon durchgeführt, wobei mit 30 mg täglich begonnen und lang- sam auf eine Erhaltungstherapie von 10 mg reduziert wird. Offensichtlich wirken Corticosteroide auf die Kapil- larfragilität stabilisierend.

Bhowmik, B. K.: Watermelon stomach treated with oral corticosteroid. J. Roy.

Soc. Med. 86: 52, 1993

Department of Health Care of the Elder- ly, HM Stanley Hospital, St. Asaph, Clwyd LL17 ORS

Therapie des Wassermelonenmagens:

Cortison

A1-2130 (42) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 31/32, 9. August 1993

Referenzen

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