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Archiv "Verschreibung eines Betäubungsmittels an einen Süchtigen zum Zwecke einer Entziehungskur" (28.02.1980)

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eric t uni

enung RECHT FÜR DEN ARZT

Verschreibung eines Betäubungsmittels an einen Süchtigen

zum Zwecke einer Entziehungskur

In einer Entscheidung vom 8.

Mai 1979 mußte sich der Bun- desgerichtshof in einem Straf- gerichtsprozeß mit der Frage beschäftigen, inwieweit eine unter Verstoß gegen die Vor- schriften des Betäubungsmit- telgesetzes und der Betäu- bungsmittelverschreibungsver- ordnung vorgenommene Ver- ordnung von „L-Polamidon"

deswegen sanktionsfrei bleiben kann, weil der Arzt sie aus therapeutischen Gesichtspunk- ten zur Vermeidung der Ein- nahme gesundheitsschädliche- rer Drogen im Rahmen einer Entziehungskur vorgenommen hatte.

Im konkreten Falle wurde das den Arzt verurteilende Urteil wegen des nicht erbrachten Nachweises eines Verschul- dens aufgehoben. Nach Ver- kündung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs müssen je- doch von seiten der Ärzteschaft in jedem Falle die folgenden Gesichtspunkte bei der Ver- schreibung von Betäubungs- mitteln voll beachtet werden:

1. Die Verschreibung eines Be- täubungsmittels an einen Süch- tigen zum Zweck der Entzie- hungskur ist trotz medizini- scher Indikation dann nicht ärztlich begründet, wenn der Arzt keine ausreichende Vor- sorge dafür trifft, daß der Pa- tient das Mittel verschreibungs- gemäß gebraucht.

2. Das Gesetz schreibt für den Verkehr mit Betäubungsmitteln eine umfassende Erlaubnis- und Bezugscheinpflicht vor (§ 3 Abs. 1 bis 3, § 4 Abs. 1 Satz 1 BetMG). Hiervon macht es Aus- nahmen nur für den Erwerb, die Verarbeitung und die Abgabe durch Apotheken und für den

Erwerb aus Apotheken. Dieser Verkehr ist nicht an behördli- che Genehmigungen gebun- den; für Abgabe und Erwerb aus Apotheken besteht jedoch Rezeptzwang (§ 3 Abs. 4 Sätze 1 und 3, § 4 Abs. 1 Sätze 3 und 4 BetMG). Die Verschreibung hat der Gesetzgeber nicht in das freie Ermessen des Arztes ge- stellt. Vielmehr engen das Betäubungsmittelgesetz selbst und die Betäubungsmittel-

Verschreibungs-Verordnung (BetMVV) die Rezeptierfreiheit des Arztes einschneidend ein.

Nach § 11 Abs. 1 Nr. 9a BetMG darf ein Betäubungsmittel nur verschrieben werden, wenn sei- ne Anwendung, das heißt seine Einstellung in den Heilplan, ärztlich begründet ist.

3. Voraussetzung der ärztli- chen Begründetheit einer Be- täubungsmittelverschreibung ist zunächst einmal, daß nach den allgemein oder weitaus überwiegend anerkannten Re- geln der ärztlichen Wissen- schaft das Mittel für das Leiden des Patienten als Heilmittel ge- eignet ist (so BGHSt 1, 318, 322 zu § 6 der auf Grund des Opiumgesetzes von 1929 erlas- senen Verschreibungsverord- nung vom 19. Dezember 1930).

Weiter hat der Arzt zu prüfen, ob nicht audh eine andere, den

Patienten weniger gefährden- . de Heilmaßnahme in Betracht kommt. Ergibt die Prüfung, daß der Heilzweck auf andere Weise erreicht werden kann, so muß der Arzt gemäß seiner berufli- chen Pflicht, bei seinem gesam- ten Handeln Gefährdungen des Patienten möglichst zu vermei- den, von der Anwendung eines Betäubungsmittels absehen.

Das Verschreiben eines sol- chen Mittels ist daher in einem

derartigen Falle nicht ärztlich begründet. Aber auch Eignung und Erforderlichkeit des Mittels rechtfertigen seine Verschrei- bung nicht ohne weiteres.

Kraft der Fürsorgepflicht, die den Arzt seinem Patienten ge- genüber trifft, hat er sein Au- genmerk zugleich auf das Ri- siko einer Selbstschädigung oder Selbstgefährdung des Pa- tienten durch verschreibungs- widrigen Gebrauch des Mittels zu richten.

4. Generell verboten ist das Verschreiben eines Betäu- bungsmittels als Stoff oder bestimmter Zubereitungen und jeder anderen, bestimmte Höchstgehalte übersteigenden Zubereitung (§ 5 BetMVV). Von den in § 6 Abs. 1 BetMVV aufge- führten Präparaten, zu denen das unter der Handelsbezeich- nung „L-Polamidon" vertriebe- ne Levomethadon gehört, darf für einen Patienten an einem Tage nur ein Präparat in be- stimmter Höchstmenge ver- schrieben werden (§ 6 Abs. 1 und 2 BetMVV). Die Verschrei- bung muß vom Arzt eigenhän- dig unter Verwendung des durch § 9 Abs. 1 und 3 BetMVV vorgeschriebenen Formblatts ausgestellt werden und muß die in § 10 Abs. 1 BetMVV aufge- führten Angaben enthalten.

5. Der Gesetzgeber hat die Ge- fahren, die auch mit der be- grenzten Freigabe von Betäu- bungsmitteln für Heilzwecke verbunden sind, nicht allein da- durch eindämmen wollen, daß er die ärztliche Verschreibung eines derartigen Mittels unter Strafandrohung vom Bestehen eines anders nicht verfolgba- ren Heilungszieles abhängig macht. Vielmehr hat er darüber hinaus, und zwar ebenfalls un- ter Androhung von Sänktionen (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 a, § 17 Nr. 1 und 2 BetMVV), dem Arzt eine Mitverantwortung dafür aufer- legt, • daß die Gefahr von Miß-

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 9 vom 28. Februar 1980 509

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RECHT FÜR DEN ARZT

Nicht hauptamtlich tätige

Vertragsärzte bei Justizvollzugsanstalten sind freiberuflich tätig

bräuchen seiner Verschreibung in Grenzen bleibt.

Damit ist der ausschlaggeben- de Gesichtspunkt für die Beant- wortung der Frage gewonnen, ob der Gesetzgeber es der freien Entscheidung des Arztes überlassen wollte, ein medizi- nisch indiziertes Betäubungs- mittel auch bei erkennbarer Ge- fahr der mißbräuchlichen Ver- wendung zu verschreiben. Sie muß nach der deutlich hervor- tretenden Absicht des Gesetz- gebers, Mißbräuchen der Ver- schreibung mit allen Möglich- keiten entgegenzuwirken, ver- neint werden.

6. Bei jedem Opiatsüchtigen besteht infolge der krankheits- bezogenen Einschränkung sei- ner Willensfreiheit eine sehr erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß er ein ihm verschrie- benes Betäubungsmittel nicht als Heilmittel, sondern als Suchtmittel verwendet, wenn es ihm zu unkontrolliertem Ge- brauch zugänglich gemacht wird. Daher muß, sofern die Heilung eines Opiatsüchtigen durch Anwendung eines substi- tuierenden Suchtmittels über- haupt in Betracht kommt, der behandelnde Arzt Vorkehrun- gen treffen, um die handgreif- lich naheliegende Gefahr eines Mißbrauchs seiner Verschrei- bung zu bannen. Das kann er wirksam dadurch erreichen, daß er den Patienten das Mittel nur unter eigener Aufsicht oder unter der Aufsicht zuverlässiger Hilfspersonen gebrauchen läßt.

Eine Verschreibung zu unkon- trolliertem Gebrauch dagAgen ist, wie das insoweit sachver- ständig beratene Landgericht mit Recht angenommen hat, ärztlich nicht zu verantworten (UA S. 83, 89/90). Sie ist daher im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 9 a BetMG • ärztlich nicht begrün- det.

Bundesgerichtshof — Urteil vom 8. Mai 1979 1 StR 118/79

Zur Tätigkeit der nicht haupt- amtlichen Vertragsärzte bei Ju- stizvollzugsanstalten hat der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen darauf hingewiesen, daß die Vertrags- ärzte regelmäßig nicht ver- pflichtet seien, ihre Arbeit zu einer von vornherein bestimm- ten Zeit und unter Kontrolle der Justizverwaltung, das heißt nach deren Weisungen, zu lei- sten. Sie seien vielmehr in eige- ner Verantwortung tätig und hätten das Recht zu eigener Ar- beits- und Zeiteinteilung. Le- diglich die Zahl und Dauer der wöchentlich in der Anstalt ab- zuhaltenden Sprechstunden werde vereinbart. Außerdem sei

Nach § 4 Nr. 14 UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG fallenden Umsätzen die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt steuerfrei. Unter die Steu- erbefreiung fällt die von einem Arzt ausgehende Tätigkeit ver- ordnender oder ausführender Art, die eine Milderung oder Be- seitigung eines Krankheitszu- standes bezweckt.

Auch die ärztliche Untersu- chungstätigkeit gehört dazu, wenn sie nur der Vorbeugung der Krankheiten dient. Ne- benleistungen, die in Verbin- dung mit der Tätigkeit als Arzt stehen, teilen die Steuerfrei- heit.

Die Lieferung von Kontaktlin- sen durch einen Augenarzt ist weder als Teil einer einheitli- chen Leistung noch als Neben-

ein regelmäßig gleichbleiben- des (z. B. monatliches) Entgelt nicht vorgesehen. Regelungen über Abgeltungen von Feierta- gen, Urlaub und Urlaubsvergü- tungen seien regelmäßig in den Verträgen nicht enthalten.

Diese Feststellungen sprechen dafür, die an die Vertragsärzte gezahlten Vergütungen trotz ih- rer vertraglichen Grundlage nicht als Einkünfte aus einem Dienstverhältnis, sondern als solche aus selbständiger Arbeit anzusehen.

Verfügung OFD Münster S 2332

— 93 — St 12 — 31 v. 17. April 1979, StEK EStG § 18 Nr. 92

leistung anzusehen. Gleichgül- tig, ob der Augenarzt die Kon- taktlinsen von einem Hersteller bezieht oder in eigener Werk- statt selbst bearbeitet, ihre Lie- ferung gehört nicht zu den typi- schen Tätigkeiten eines Augen- arztes, da diese Tätigkeit dem Augenoptikerhandwerk zuzu- rechnen ist (vgl. FG. Münster V 1217/72 Urteil vom 28. März 1973, EFG 1973, 355).

Im Rahmen einer augenärztli- chen Behandlung stellt die Lie- ferung von Kontaktlinsen viel- mehr eine Hauptleistung eige- ner Art dar. Sie ist steuerpflich- tig und mit dem allgemeinen Steuersatz zu versteuern (§ 12 Abs. 1 UStG).

Verfügung OFD Saarbrücken S 7522 — 17 — St 24 v. 1. März 1979, StEG UStG 1967 § 12 Nr.

220.

Lieferung von Kontaktlinsen durch einen Augenarzt

nicht von der Umsatzsteuer befreit

510 Heft 9 vom 28. Februar 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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