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Archiv "Geringfügige Beschäftigung" (23.04.1999)

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Den Begriff des Scheinselbständi- gen kennt weder die arbeitsrechtliche noch die sozialversicherungsrechtliche Gesetzgebung in Deutschland. Er wird jedoch vom Gesetzgeber in den Mate- rialien zu dem am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen „Gesetz zu Korrektu- ren in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte“

gebraucht (2). Ohne Harmonisierung mit der arbeitsrechtlichen Gesetzge- bung wurde dadurch in das Vierte So- zialgesetzbuch in § 7 ein Absatz 4 ein- geführt, in dem es heißt, daß bei be- stimmten, erwerbsmäßig tätigen Per- sonen eine Beschäftigung gegen Ar- beitsentgelt vermutet wird, also als ab- hängiger Arbeitnehmer (siehe ersten Kasten).

Merkmale sogenannter Scheinselbständigkeit

Eine erste juristische Abschät- zung zur Auslegung dieser Kriterien haben Bauer, Diller und Lorenzen vorgelegt (3). Für Ärzte ist wichtig, daß sie das erste Kriterium, nämlich die fehlende Beschäftigung eines Ar- beitnehmers, in der Regel erfüllen.

Sehr viel schwieriger zu entscheiden ist, wann ein Arzt regelmäßig und im wesentlichen nur für einen Auftragge- ber tätig wird. Nach den amtlichen Begründungen im Gesetzgebungsver- fahren soll dies vor allem gelten, wenn eine Person vertraglich ausschließlich an einen Auftraggeber gebunden ist (4). Dabei liegt diese Bindung auch vor, wenn daneben eine Tätigkeit in nur unbedeutendem Umfang für ei- nen oder mehrere andere Auftragge- ber erfolgt (5).

Ärzte, die mit einer Einrichtung im Gesundheitswesen einen Vertrag über eine freie längerfristige und um- fangreiche Mitarbeit geschlossen ha- ben, üben eine sozialversicherungs- pflichtige Tätigkeit aus, weil sie be- reits das erste und zweite Kriterium des § 7 Abs. 4 SGB IV erfüllen. Dies trifft vor allem auf den bisher als frei- en Mitarbeiter im Krankheitsfall be- schäftigten Praxisvertreter zu, auch wenn er daneben in geringem Umfang andere Tätigkeiten übernimmt. Was

„gering“ ist, ist umstritten. In der Lite- ratur ist von 15 (6), stellenweise auch von bis zu 33 Prozent (7) die Rede.

Aber auch dann, wenn der Arzt nicht regelmäßig und im wesentlichen nicht nur für einen Auftraggeber tätig ist, kann seine Beschäftigung sozial- versicherungspflichtig sein. Da Ärzte in ihrer medizinischen Entscheidung letztlich immer weisungsfrei sind, ist hierfür maßgeblich, ob sie örtlich und zeitlich weisungsgebunden und in die Arbeitsorganisation des Auftragge- bers eingebunden sind. Dabei ist bei sogenannten alternativen Berufsfel- dern für Ärzte Vorsicht geboten.

Angenommen, ein Arzt wird et- wa nebenberuflich in einer Justizvoll-

zugsanstalt, in einem Arbeitsmedizini- schen Dienst, in einer Heilkunde- GmbH oder einem Fitneß-Studio tätig. Dann ist er regelmäßig verpflich- tet, seine ärztlichen Untersuchungs-, teilweise auch Therapieleistungen am vom Auftraggeber bestimmten Ort zu erbringen. Auch muß er in der Re- gel zu bestimmten Zeiten zur Verfü- gung stehen. Da es sich schließlich um typische Arbeitnehmerleistungen handelt, die auch ein angestellter Arzt im Krankenhaus erbringen kann, er- gibt sich eine für Ärzte völlig neue Situation; nicht nur im Bereich der Vertretung, sondern auch im Fall der nebenamtlichen Wahrnehmung von Aufgaben eines Betriebsarztes in ei- nem Gewerbebetrieb wird Sozialversi- cherungspflichtigkeit vermutet, weil der Arzt allein ohne weiteren Arbeit- nehmer tätig wird (Kriterium 1) und gerade bei größeren Betrieben feste Einsatzzeiten für den Betriebsarzt ver- einbart sind (Kriterium 3).

Dieser Sozialversicherungspflicht kann in der Regel durch das Abbedin- gen der örtlichen Weisungsgebunden- heit kaum, das der zeitlichen Wei-

sungsgebundenheit bisweilen begeg- net werden. Denn der Betriebsarzt, der Arzt in einer kleinen Kureinrichtung, im Fitneß-Studio et cetera wird gerade dort und nicht an einem anderen Ort benötigt. Nur wenn es der Organisati- on möglich ist, dem Arzt zeitlich kein Korsett anzulegen, sondern die Ein- satzzeiten von Woche zu Woche neu festzulegen, kann weiterhin ein Ver- trag als freier Mitarbeiter abgeschlos- sen werden. Dieser zieht dann keine Sozialversicherungspflicht nach sich.

Der Auftraggeber eines schein- selbständigen Arbeitnehmers gilt als

Arbeitgeber. Er hat entsprechende Pflichten zu erfüllen, insbesondere den Beschäftigten der örtlich zustän- digen Ortskrankenkasse zu melden und die Versicherungsbeiträge abzu- führen. Da Ärzte in der Regel einem berufsständischen Versorgungswerk angehören, können sie sich zumindest von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Dies bietet jedoch dem Arbeitgeber keinen Vorteil, denn dann trägt er die Hälfte des Beitrags zur Versorgungseinrichtung, höchstens aber die Hälfte des Bei- trags, der an die BfA zu zahlen wäre.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1999; 96: A-1050–1051 [Heft 16]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift des Verfassers Prof. Dr. iur. Hans Kamps Jasminweg 15

72076 Tübingen

A-1051 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 16, 23. April 1999 (35)

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Geringfügige Beschäftigung

Der Sozialversicherungspflicht entgehen kann ein Arzt theoretisch durch den Abschluß eines sogenannten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses (630- DM-Job), wenn er dies als einzelne Erwerbstätigkeit annimmt. Seit April muß sein Arbeitgeber dann pauschal 12 Prozent des Lohnes als Beitrag zur Renten- versicherung an die BfA abführen und 10 Prozent als Beitrag an die Krankenver- sicherung. Dies gilt selbst dann, wenn der Arzt Mitglied eines Versorgungswerkes ist. Gleichwohl sind durch die pauschale Sozialversicherungspflicht die Vorteile der Anstellung als freier Mitarbeiter dahin. Deshalb ist bei einem einzigen 630- DM-Job zu empfehlen, die gesetzlich mögliche Aufstockung des Rentenversi- cherungsbeitrags um 7,5 Prozent als Arbeitnehmer zu wählen, denn in diesem Fall sind die 19,5 Prozent an das Versorgungswerk abzuführen.

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