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Archiv "Pankreasenzym-Präparate zur Schmerztherapie bei chronischer Pankreatitis" (23.03.1989)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Pankreasenzym-Präparate zur Schmerztherapie

bei chronischer Pankreatitis

Ulrich R. Fälsch

I)

as primäre Symptom von Patienten mit chronischer Pankreatitis ist der intermittierende oder persistieren- de, meist epigastrische Bauch- schmerz. Die Gründe, die zu die- sem Bauchschmerz führen, sind sicherlich viel- schichtig: Pseudozysten mit perifokaler Entzün- dung, Kompression oder Schädigung sensibler Nerven, Entzündung des azinären Gewebes, Ab- flußbehinderung bei einer Stenose des Pankreas- ganges und/oder ein ausgeprägter Meteorismus bei latenter oder manifester Malabsorption. Un- ter den genannten hypothetischen Ursachen kommt der Abflußbehinderung des Pankreassaf- tes eine wichtige Rolle zu, ohne daß bisher eine enge Korrelation zwischen Weite oder Destruk- tion des Pankreasganges und dem Ausmaß der Schmerzen beobachtet werden konnte (1). Diese Schmerzen führen dazu, daß die Patienten mit starken Analgetika behandelt werden, wobei nicht wenige von ihnen medikamenten- und (häufig wieder) alkoholabhängig werden.

Bevor der Einsatz drainierender Operations- verfahren, die auf eine Entlastung des erhöhten Druckes im Pankreasgangsystem abzielen (2, 3), diskutiert wird, soll im folgenden an eine weniger eingreifende Möglichkeit der Schmerztherapie erinnert werden, nämlich die Gabe von Pan- kreasfermenten. Zumindest bei einem Teil der Patienten gelingt es damit, die Analgetika über- flüssig zu machen beziehungsweise deren Bedarf zu vermindern (4, 5).

Feedback-Regulation

der exokrinen Pankreasfunktion

Es konnte in Versuchen an Mensch und Tier gezeigt werden, daß die basale und stimulierte Pankreasenzym- und Volumensekretion abhän- gig ist vom Proteasengehalt im Duodenum und durch das intestinale Hormon Pankreozymin (CCK) und/oder neurale Mechanismen vermit- telt wird (6, 7). Dies bedeutet, daß ein Mangel an Proteasen im Duodenum zur Stimulation der Enzymsekretion und hoher intraduodenaler Pro- teasengehalt zu einer Hemmung der exokrinen Pankreassekretion führt.

Unterbrechung des Feedback-Mechanismus in der Schmerztherapie der chronischen Pan- kreatitis: Die vorstehend geschilderten Befunde bildeten die Basis für die Überlegung, durch die Unterbrechung der negativen Feedback-Achse, das heißt durch Anreicherung des Duodenums mit Pankreasenzymen die Pankreasenzymsekre- tion und damit den Sekretionsdruck bei Patien- ten mit chronischer Pankreatitis zu vermindern und dadurch die Schmerzsymptomatik zumin- dest bei einigen Patienten beeinflussen zu kön- nen: Isaksson und Ihse behandelten 19 Patienten mit einer chronischen Pankreatitis in einer Dop- pelblindstudie jeweils über eine Woche mit Pan- kreon-Granulat (Kali-Chemie, Hannover) oder mit einem Plazebo-Präparat (4). Unter der The- rapie mit Pankreon-Granulat konnte durch Aus- wertung eines Schmerz-scores im Mittel eine Schmerzreduktion von 30 Prozent erzielt wer- den. Bei zehn Patienten („good responders") war der Erfolg der Schmerztherapie deutlich besser, nämlich 70 Prozent Schmerzreduktion im Vergleich zur Periode, in der dieselben Patien- ten mit Plazebo-Präparaten (hitzeinaktiviertes Pankreon-Granulat) behandelt wurden.

Slaff et al. untersuchten insgesamt 20 Patien- ten mit einer chronischen Pankreatitis in einer kontrollierten Doppelblindstudie, wobei zwölf Patienten eine exkretorische Pankreassuffizienz ohne Steatorrhoe und acht eine solche mit Stea- torrhoe aufwiesen (5). Die orale Applikation von Pankreasfermenten (Viokase; A. H. Robins Company, Richmond, Virginia) führte bei neun von zwölf Patienten (75 Prozent) ohne Steator- rhde und bei lediglich zwei von acht Patienten (25 Prozent) mit Steatorrhoe zu einer Schmerz- linderung, die mit Hilfe einer Schmerzskala und am Analgetika-Verbrauch überprüft wurde.

Darüber hinaus wurde in dieser Studie gezeigt, daß sowohl im Akutversuch (intraduodenale Trypsinperfusion) als auch unter chronischen Bedingungen (Pankreasenzym-Einnahme) die stimulierte Pankreasenzymsekretion als Aus- druck der Unterbrechung der Feedback-Achse vermindert war (5). Diese Befunde stärken das Ar- gument, daß die Schmerzerleichterung bei diesen Patienten in der Tat durch eine Verminderung des Sekretionsdruckes erreicht wurde. 1>

A-792 (34) Dt. Ärztebl. 86, Heft 12, 23. März 1989

(2)

Dagegen konnten von Halgreen et al. diese positiven Beobachtungen nicht voll bestätigt werden (8). In einer doppelt blind angelegten Cross-over-Studie fanden diese Autoren keine signifikante Schmerzreduktion bei Patienten mit (n = 11) beziehungsweise ohne (n = 9) Steator- rhoe. Allerdings beobachten Patienten mit Stea- torrhoe weniger Schmerzen und benötigten we- niger Analgetika, wenn sie Pankreasenzyme er- hielten. Dieser Unterschied war jedoch nicht si- gnifikant.

Von Ihse wurde das Ausbleiben eines über- zeugenderen Effektes der Enzymtherapie auf die Schmerzsymptomatik in dieser Studie darauf zu- rückgeführt, daß das verwendete Enzym-Präpa- rat (Pankrease, mikroverkapselt, dünndarmlös- lich; Johnson und Johnson, New Jersey, USA) nach eigenen Untersuchungen nur zu einer un- wesentlichen Erhöhung des Proteasengehaltes im Duodenum beigetragen hat und daher nicht in der Lage war, den Rückkoppelungsmechanis- mus der Pankreassekretion zu unterbrechen (9).

Sowohl in der Studie von Isaksson und Ihse (4) als auch in der von Slaff et al. (5) wurden Pankreasenzym-Präparate verwandt (Pankreon- Granulat, Viokase), die im Magen sofort freige- setzt werden und hohe Proteasenkonzentratio- nen im Duodenum verfügbar machen (Proteasen sind im Gegensatz zu Lipase relativ säurestabil).

Dagegen wird eine säurefest verkapselte Fer- ment-Präparation, wie die von Halgreen et al.

verwandte Pankrease (8), erst langsam im alkali- schen Milieu des oberen Dünndarmes freige- setzt. Dies mag erklären, warum keine erhöhten Proteasenwerte im Duodenum unter Pankrease- Applikation gemessen werden konnten (9).

Vorgehen bei Patienten mit schmerzhafter

chronischer Pankreatitis

Wenn die Diagnose einer chronischen Pan- kreatitis durch einen direkten oder indirekten Pankreasfunktionstest gesichert ist und durch bildgebende Verfahren, wie zum Beispiel Ultra- schall, Endoskopie, ERCP und CT, Ursachen für Schmerzen ausgeschlossen wurden, die einer ge- zielten Therapie bedürfen (zum Beispiel Pan- kreaspseudozyste, Abszeß, Tumor, Duodenalste- nose, umschriebene Pankreasgangstenosen oder Ulkuskrankheit), sollte ein Versuch mit einer Pankreasenzym-Therapie unternommen werden, die unter Umständen durch Analgetika ergänzt werden muß.

Während bei der Substitutionstherapie bei manifester Pankreasinsuffizienz (Diarrhoe, Stea- torrhoe) wegen der Säurelabilität der Lipase bei jedem Patienten abgewogen werden muß, ob ein säurefestes oder nichtsäurefestes Präparat

rezeptiert werden soll, können bei der rein anal- getischen Therapie die billigeren konventionel- len Pankreasenzym-Präparate mit einem relativ hohen Proteasenanteil bevorzugt werden (zum Beispiel Pankreon-Granulat oder Pankreon-700- Drag&s), da die für die Therapie entscheiden- den Proteasen weniger als die Lipase der Inakti- vierung durch Säure unterliegen. Die Höhe der Dosierung jedoch muß der bei einer manifesten exkretorischen Pankreasinsuffizienz entspre- chen, da nach den klinischen Untersuchungen hohe Proteasen-Konzentrationen im Duodenum erforderlich sind (7), um den Rückkopplungsme- chanismus der exokrinen Pankreasenzymsekre- tion zu unterbrechen (zum Beispiel 3 x 3 Pan- kreon-700-DraOes oder 3 x 2 Teelöffel Pan- kreon-Granulat).

Letztlich wird die Fermentsubstitution eine lebenslange Therapie sein: Während im Frühsta- dium der chronischen Pankreatitis die Schmer- zen im Vordergrund stehen, überwiegt später bei zunehmenden Destruktionen und Verkalkungen des Pankreasorgans die exkretorische Insuffi- zienz (10).

Literatur

1. Malfertheiner, P.; Büchler, M.; Stanescu, A.; Ditschuneit, H.:

Pancreatic morphology and function in relationship to pain in chronic pancreatitis. Int. J. Pancreatol. 1 (1987) 59-66 2. Frey, C. F.; Bodai, B. J.: Surgery in chronic pancreatitis. Clin.

Gastroenterol. 13 (1984) 913-940

3. Peiper, H.-J.; Hollender, L. F.: Chirurgische Therapie der chronischen Pankreatitis. In: Peiper, H.-J., L. F. Hollender (eds).: Pankreaschirurgie. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York (1988) 277-330

4. Isaksson, G.; Ihse, I.: Pain reduction by oral pancreatic enzyme preparation in chronic pancreatitis. Dig. Dis. Sci. 2 (1983) 97-102

5. Slaff, J.; Jacobson, D.; Tillman, C. R.; Curington, Ch.; Toskes, P.: Protease-specific suppression of pancreatic exocrine secre- tion. Gastroenterology 87 (1984) 44-52

6. Fölsch, U. R.; Cantor, P.; Wilms, H. M.; Schafmayer, A.;

Becker, H. D.; Creutzfeldt, w.: Role of cholecystokinin in the negative feedback control of pancreatic enzyme secretion in conscious rats. Gastroenterology 92 (1987) 449-458

7. Dlugosz, J.; Fölsch, U. R.; Czajkowski, A.; Gabryelewicz, A.:

Feedback regulation of stimulated pancreatic enzyme secre- tion during intraduodenal perfusion of trypsin in man. Eur. J.

Clin. Invest. 18 (1988) 267-272

8. Halgreen, H.; Pedersen, N. Th.; Worning, H.: Symptomatic ef- fect of pancreatic enzyme therapy in patients with chronic pan- creatitis. Scand. J. Gastroenterol. 21 (1986) 104-108 9. Ihse, I.: Pankreasenzyme zur Schmerztherapie der chronischen

Pankreatitis. In: U. R. Fölsch, P. G. Lankisch: Arbeitsgruppe Pankreas: Hemmung der Pankreassekretion und der Trypsin- aktivität: Wirkungsmechanismen und Bedeutung für die The- rapie der akuten und chronischen Pankreatitis. Z. Gastroente- rol., Verh.-Bd. 22 (1987) 150-151

10. Lankisch, P. G.: Conservative treatment of chronic pancreati- tis. Digestion 37 (1987) 47-55

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Ulrich R. Fölsch Abteilung Gastroenterologie und Endokrinologie

Zentrum Innere Medizin Georg-August-Universität Robert-Koch-Straße 40 3400 Göttingen

Dt. Ärztebl. 86, Heft 12, 23. März 1989 (37) A-793

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