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Archiv "Leistungsfähigkeit qualifizierter Freiberufler besser nutzen" (26.03.1982)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen THEMEN

DER ZEIT

Henning Hillmann

Fortsetzung und Schluß

5. Umweltschutz

Auf dem Gebiet des Umweltschutzes führen die TÜV Abnahmemessun- gen an Müllverbrennungsanlagen, technische Beratungen bei der Er- stellung von Abfallverwertungsanla- gen sowie Abnahmeuntersuchun- gen für diese Anlagen, Gutachten und technische Beratungen bei Ab- wasseraufbereitungsanlagen, Prü- fung und Überwachung bei der Lärmbekämpfung, Schornsteingut- achten und Prüfung und Überwa- chung im Bereich des Gewässer- schutzes sowie Abwasserkontrollen durch; sie stehen in diesen Berei- chen in Konkurrenz mit beratenden Ingenieuren und freiberuflichen Sachverständigen.

Die Immissions- und Sicherheitsan- forderungen des Bundesimmissi- onsschutzgesetzes (BlmSchG) und der zu seiner Durchführung erlasse- nen Rechtsverordnungen richten sich grundsätzlich an den Betreiber der Anlage.

Dieser ist frei, sich der Dienste der TÜV oder freiberuflicher Sachver- ständiger zu bedienen, wenn eigene Fachkräfte nicht zur Verfügung stehen.

In Nordrhein-Westfalen z. B. sind ei- ne Vielzahl von Prüfstellen gern. § 26 BlmSchG von den obersten Landes- behörden neben den TÜV bekannt gegeben worden. Neben drei TÜV sind 21 andere Prüfstellen vom NRW Arbeits- und Sozialministerium ge-

nannt worden, dabei Anstalten, Insti- tute und Ämter, jedoch nur ein Inge- nieurbüro und die Bezirksschorn- steinfegermeister. Das Bayerische Staatsministerium für Landesent- wicklung und Umweltfragen be- nennt seit etwa einem Jahr private Firmen und freiberufliche Ingenieu- re — neben dem TÜV und der Lan- desgewerbeanstalt Bayern — als Meßstellen nach § 26 BlmSchG.

6. Energieberatung

Im Bereich der Energieberatung füh- ren die TÜV z. B. Wärmeverlustmes- sungen bei Häusern mit Infrarotka- meras durch. So bietet der TÜV- Norddeutschland eine Diagnose für Einfamilienhäuser an, um damit Hausbesitzer und Mieter beim Ener- giesparen zu beraten.

Dem TÜV-Rheinland wurde die Er- stellung eines Handbuches zur Energieeinsparung übertragen; an- dere Organisationen und freiberuf- lich Tätige können in diesem Be- reich im Unterauftrag tätig werden.

Für dieses Projekt ist sicherzustel- len, daß das erworbene Know-how auch freiberuflichen Sachverständi- gen, Ingenieuren und Architekten zugänglich gemacht wird.

7. Prüfung

medizinisch-technischer Geräte Bei der Beratung über den Entwurf eines Gesetzes über die Prüfungs-

pflicht für medizinisch-technische Geräte hat der Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung einmü- tig zum Ausdruck gebracht, „daß der Verordnungsgeber die breite Pa- lette des Sachverständigenangebo- tes in zweckmäßiger Weise nutzen soll. Dabei befürwortet der Aus- schuß, daß neben den Prüf- und Überwachungsinstitutionen des Bundes und der Länder beziehungs- weise den Technischen Überwa- chungs-Organisationen für Prüfun- gen auch die Inanspruchnahme von freiberuflichen Sachverständigen, Sachkundigen des Herstellers oder Betreibers, die behördlich aner- kannt beziehungsweise öffentlich- rechtlich bestellt sind, in Betracht kommen soll." (Bundestags-Druck- sache 8/2824 vom Mai 1979.) Der entsprechende Referentenent- wurf einer „Verordnung über die Sicherheit medizinisch-technischer Geräte" wird diesem Anliegen des BT-Ausschusses noch nicht voll ge- recht, da TÜV-Sachverständige oh- ne weiteres als Sachverständige im Sinne dieser Verordnung gelten, während freiberufliche Sachverstän- dige (auch bei gleicher Qualifika- tion) der in das Ermessen der zu- ständigen Behörde gestellten Zulas- sung bedürfen.

Bei entsprechender Qualifikation ist aber aus Gründen der Gleichbe- handlung im Wettbewerb sicherzu- stellen, daß auch freiberufliche Sachverständige ohne weitere Ein- schränkungen von den Länderbe- hörden zugelassen werden.

Entsprechende Forderungen wer- den neben einer Reihe von Organi- sationen der Freien Berufe (BVS, BÄK und so weiter) auch vom Deut- schen Industrie- und Handelstag er- hoben.

Der DIHT betont dabei, daß die öf- fentlich bestellten Sachverständigen hinsichtlich der besonderen Sach- kunde und persönlichen Eignung den TÜV-Sachverständigen zumin- dest gleichwertig sind, weshalb eine entsprechende Gleichbehandlung auch in der genannten Verordnung geboten sei.

Leistungsfähigkeit qualifizierter Freiberufler besser nutzen

Tätigkeiten der Technischen Überwachungsvereine (TÜV) im Verhältnis zu Freien Berufen

Ausgabe A/B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 12 vom 26. März 1982

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen TÜV und Freie Berufe

8. Atomrechtliche Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren

Bei der Sicherheitsbeurteilung kern- technischer Anlagen kann der ein- zelne Sachverständige allein kein die Komplexität des Ganzen umfas- sendes sachkundiges Urteil mehr abgeben.

Daher werden von den zuständigen Behörden mit einer umfassenden Begutachtung kerntechnischer An- lagen ausschließlich sachverständi- ge Organisationen, in aller Regel die TÜV sowie die Gesellschaft für Re- aktorsicherheit (GRS) beauftragt, während zugleich eine Vielzahl ein- zelner Sachverständiger zur Klärung von Einzelfragen zugezogen wird.

Damit läßt sich zur Zeit zwar faktisch ein Übergewicht der Technischen Überwachungsvereine an der insge- samt in atomrechtlichen Genehmi- gungs- und Aufsichtsverfahren ge- leisteten Sachverständigenarbeit feststellen, gleichwohl treffen die zuständigen Behörden ihre Sachver- ständigenauswahl nach strengen Kriterien, die auch anderen Sachver- ständigenorganisationen die Mög- lichkeit einer Tätigkeit eröffnen.

(Siehe Bericht der Bundesregierung über Grundlagen und Praxis der Sachverständigentätigkeit im Rah- men atomrechtlicher Genehmi- gungs- und Aufsichtsverfahren;

September 1978.)

9. Arbeitssicherheit

Nach Maßgabe des „Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieu- re und andere Fachkräfte für Ar- beitssicherheit" bestellt der Arbeit- geber geeignete Fachkräfte, die ihn beim Arbeitsschutz und bei der Un- fallverhütung unterstützen.

Im Rahmen des Arbeitssicherheits- gesetzes stehen andere Organisatio- nen (z. B. Berufsgenossenschaften) und Freiberufler (Ärzte, Ingenieure) in Konkurrenz zu den TÜV. Laut Un- fallverhütungsbericht 1980 bestan- den 253 überbetriebliche Arbeitsme-

dizinische Zentren, davon waren nur 29 TÜV-Zentren.

Zur Zeit werden etwa 11 Millionen Arbeitnehmer betriebsärztlich (etwa 52% der im gewerblichen Bereich Beschäftigten) und etwa 12 Millio- nen sicherheitstechnisch (etwa 57%

der im gewerblichen Bereich Be- schäftigten) betreut.

Es gibt etwa 10 000 tätige Betriebs- ärzte, davon etwa 2500 hauptberuf- lich Tätige, und über 60 000 Sicher- heitsfachkräfte (davon weniger als 15% hauptamtlich Tätige).

Genaue Angaben über die Zahl der insgesamt betreuten Betriebe liegen nicht vor. Die Zahl von 671 von den TÜV überbetrieblich arbeitsmedizi- nisch beziehungsweise 371 überbe- trieblich sicherheitstechnisch be- treuten Betrieben in 1979 sind ge- genüber der Gesamtzahl (allein bei der Berufsgenossenschaft der Fein- mechanik und Elektrotechnik sind 3588 beziehungsweise 2199 Betrie- be zur Betreuung verpflichtet) aller- dings sehr gering.

Darüber hinaus führte z. B. der TÜV Bayern in Großbetrieben Untersu- chungen auf Herz- und Kreislaufer- krankungen durch; der TÜV-Rhein- land betreut im Rahmen des Arbeits- sicherheitsgesetzes als „Sicher- heitsingenieur" in Bonn verschiede- ne Bundesministerien.

10. Technische Arbeitsmittel

In der Anlage zur Gerätesicherheits- Prüfstellenverordnung vom 2. Janu- ar 1980 sind die Prüfstellen im Sinne des § 3 Abs. 4 des Gerätesicherheits- gesetzes aufgeführt.

Davon sind insgesamt acht TÜV als Prüfstellen für technische Arbeits- mittel bzw. technischen Maschinen- schutz und Gerätesicherheit be- nannt; diese prüften im Durch- schnitt der Jahre 1978 bis 1980 3848 Geräte je Jahr.

In dem Prüfstellenverzeichnis der Verordnung sind keine Sachverstän-

digen und Ingenieurbüros als Prüf- stellen nach dem Gerätesicherheits- gesetz aufgeführt, jedoch mehr als 60 andere Prüfstellen von Instituten, berufsgenossenschaftlichen Fach- ausschüssen, Anstalten, Normen- ausschüssen, staatlichen Überwa- chungs- und Materialprüfungsäm- tern und Großversandhäusern.

Von diesen prüften im Durchschnitt der Jahre 1978 bis 1980 z. B. die VDE-Prüfstelle 9686, die berufs- genossenschaftlichen Prüfstellen 2275, die DIN-Prüfstellen 540 und die Landesgewerbeanstalt Bayern 256 Gerätetypen je Jahr.

11. Allgemeine Planungs- und Überwachungstätigkeit der TÜV In der allgemeinen Überwachungs- tätigkeit treten die TÜV in folgenden Bereichen in Konkurrenz gegenüber z. B. beratenden Ingenieuren:

> laufende Überwachung von Schwimmbädern und Trinkwasser- anlagen,

E> Durchführung von Prüfungen, die in Unfallverhütungsvorschriften vorgeschrieben sind,

> Überwachung im Bereich Ge- wässerschutz und Abwasserkon- trollen,

• ingenieurmäßige Beratung und Planung durch eigene Beratungsge- sellschaft z. B. „IWS GmbH" des TÜV-Rheinland mit einem Umsatz von über 4 Millionen DM 1980, ins- besondere in den Bereichen Elektro- technik, Energietechnik und Statik (Hebefahrzeuge und Stahlhochbau).

12. Werbung der Technischen Überwachungsvereine

Von seiten der Freien Berufe wird die Frage der Werbung durch die TÜV angesprochen, denn Werbung ist bei Freien Berufen in der Regel standeswidrig und z. B. den öffent- lich bestellten Sachverständigen von den bestellenden Kammern aus- drücklich untersagt.

88 Heft 12 vom 26. März 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen TÜV und Freie Berufe

Der Vorwurf der Freien Berufe geht dahin, daß die TÜV in der Werbung für gesetzlich nicht geregelte Tätig- keiten ihre in den gesetzlichen Auf- gabenbareichen erlangte Position bzw. ihr Ansehen ausnutzten.

Dies sei bei einzelnen TÜV z. B. im Bereich der Lärmmessung, chemi- scher Prüfleistungen, Gutachtener- stellung zur Beweissicherung der Kfz-Unfallschäden und zur Kfz-Zeit- wertermittlung geschehen. Das Bun- deswirtschaftsministerium hat die TÜV im Frühjahr 1981 insofern zur Selbstbeschränkung aufgefordert, und diese haben hierzu auch ihre Bereitschaft erklärt.

111. Ergebnis

Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden bzw. abzubauen, müssen staatliche Stellen bei der Übertra- gung öffentlicher Aufgaben und der Vergabe öffentlicher Aufträge die selbständig Tätigen jeweils mit ein- beziehen.

Dabei ist zu berücksichtigen, daß nicht nur Gesetzes- und Verwal- tungsvorschriften zu einer Vorzugs- stellung der TÜV oder vergleichba- rer Organisationen führen, sondern daß bei staatlichen Stellen generell eine gewisse Präferenz für diese Prüf- und Überwachungsorganisa- tionen besteht.

A~ATOL

Dies hat folgende Gründe:

I> Bekanntheitsgrad der TÜV,

I> flächendeckende regionale Or-

ganisation,

I> Spezialisierung der· TÜV auf be-

stimmten Gebieten,

I> spezifische Vorteile einer großen Organisation (Forschungstätigkeit, hohe Investitionen),

I> Sicherheit und Kontinuität der

Durchführung von Aufgaben.

Feststellbare Bevorzugungen der TÜV sind aber jeweils auf ihre Be- rechtigung hin zu überprüfen und dort abzubauen, wo entsprechende Leistungen von Selbständigen- ins- besondere in den Freien Berufen - angeboten werden.

Besonders die freiwillige Kfz-Über- wachung ist Gegenstand aktueller Diskussionen geworden. Dabei hat die Bundesregierung ihre Absicht erklärt, die freiwillige Kfz-Überwa- chung auch für öffentlich bestellte freiberufliche Kfz.-Sachverständige zu öffnen.

Auch auf dem Gebiet der Prüfung medizinisch-technischer Geräte, das derzeit im Parlament beraten wird, sind qualifizierte freiberufliche Sachverständige zuzulassen.

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..,. Insgesamt ergeben sich damit vier Schlußfolgerungen für die Tä- tigkeiten der TÜV im Verhältnis zu den Freien Berufen:

1. Staatliche Stellen in Bund, Län- dern und Gemeinden sollten sich auf allen Gebieten verstärkt auch um die Inanspruchnahme der Leistun- gen qualifizierter Freiberufler be- mühen.

2. Die Freien Berufe sind gefordert, ihrerseits ein attraktives Leistungs- angebot zu schaffen und dieses bei den entsprechenden Vergabestelien in der Öffentlichkeit bekanntzuma- chen.

3. Die TÜV sollten bei ihrer Wer- bung - insbesondere mit der amtli- chen Beauftragung in bestimmten Bereichen - insgesamt Zurückhal- tung üben, zumal Freiberufler in der Regel nicht werben dürfen.

4. Die TÜV sollten dem öffentlichen Interesse an einem breitgefächerten Prüf- und Überwachungsangebot Rechnung tragen und anstelle einer weiteren Ausdehnung z. B. auch über To.chtergesellschaften ver- stärkt die Kooperation mit den freien Berufen suchen.

Anschrift des Verfassers:

Ministerialrat Dr. Henning Hilimann Leiter des Referats Freie Berufe Bundesministerium für Wirtschaft 5300 Bonn-Duisdorf

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90 Heft 12

vom

26. März 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBlATT Ausgabe AlB

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