144 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 9|
4. März 2011M E D I Z I N
Bei 80 bis 92 % der Patienten mit akuter Lungenem- bolie liegt eine tiefe Beinvenenthrombose vor. Beim Nachweis einer tiefen Venenthrombose und gleichzeiti- gem klinischen Verdacht auf eine Lungenembolie gilt auch in den deutschen Leitlinien die Lungenembolie als bewiesen. Mit der kompletten Venenkompressionsso- nographie (CCUS) können am Oberschenkel und Un- terschenkel mit großer Sicherheit die tiefen Venen- thrombosen erkannt werden, so dass wir bei Verdacht auf Lungenembolie nach Scoring und gegebenenfalls D-Dimer-Bestimmung als Primärdiagnostik die CCUS durchführen (2).
Mit der angeführten transösophagealen Echokardio- graphie gelingt es bei < 10 % aller Patienten mit einer zentralen Lungenembolie, diese nachzuweisen. Es gibt eine neue Methode, die endobronchiale Ultraschallun- tersuchung (EBUS), die primär zum Staging der me - dias tinalen Lymphknoten beim Bronchialkarzinom ent- wickelt wurde. Da Pulmonalisstamm, rechte und linke Pulmonalarterie und die Lappenarterien in einem Ab- stand von 1 bis 2 mm neben den Bronchien verlaufen, ist es hiermit möglich, bei mehr als 95 % der Patienten mit zentralen Lungenembolien, dass heißt von der Pul- monalklappe bis zu den Lappenarterien, diese nachzu- weisen (3). Lediglich 15 % aller symptomatischen Lun- genembolien sind isoliert peripher.
Die EBUS-Angiographie kann bei allen Hoch- und Nichthochrisiko-Lungenembolien angewandt werden und stellt eine Alternative bei Niereninsuffizienz, Schwangerschaft, Kontrastmittelallergie, hämodynami- scher Instabilität auf Intensivstation und bei Ablehnung des Angio-CT wegen Strahlenbelastung dar. Die Evalu- ierung dieser Methode muss noch in Multicenter-Studi- en geprüft werden.
DOI: 10.3238/arztebl.2011.0143b
LITERATUR
1. David J, Brenner E, Hall J: Computed tomography — an increasing source of radiation exposure. N Engl J Med 2007; 357: 2277–84.
2. Schellong SM: Venous ultrasonography in symptomatic and asympto- matic patients: an updated review. Current Opinion in Pulmonary Me- dicine 2008; 14: 374–80.
3. Aumiller J, Herth FJ, Krasnik M, Eberhardt R: Endobronchial ultra- sound for detecting central pulmonary emboli: a pilot study. Respira- tion 2009; 77: 298–302.
4. Schellhaaß A, Walther A, Konstantinides St, Böttiger BW: The diagno- sis and treatment of acute pulmonary embolism. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(34–35): 589–95.
Dr. med. Josef Aumiller Marienkrankenhaus Zentrum Innere Medizin
Schwerpunkt: Kardiologie, Pneumologie, Angiologie, Endokrinologie
Alfredstraße 9, 22087 Hamburg
E-Mail: aumiller.innere@marienkrankenhaus.org
Schlusswort
Wie bereits in unserem Artikel erwähnt, sind grundsätz- lich viele diagnostische Verfahren oder Kombinationen von Untersuchungen geeignet, eine Lungenembolie zu- verlässig nachzuweisen oder auszuschließen (1). Eine
ausführlichere Darstellung der einzelnen Untersu- chungsverfahren ist im Rahmen einer Übersichtsarbeit leider nicht möglich.
Weckesser, Trötschel und Schümichen weisen auf den Stellenwert der Perfusions- beziehungsweise Ventilati- ons-Perfusionsszintigraphie hin. Wir stimmen mit den Kollegen überein, dass die Szintigraphie beim Vorliegen von relativen Kontraindikationen zur Kontrastmittelgabe, eine sinnvolle Alternative zur MDSCT darstellen kann, sofern die Verfügbarkeit – auch in Notfallsituationen – je- derzeit zeitnah gewährleistet ist. In einer aktuellen Umfra- ge zeigt sich jedoch, dass die Ventilations-Perfusionsszin- tigraphie in 23 % der befragten radiologischen Abteilun- gen nicht rund um die Uhr zur Verfügung steht, während die Lungenemboliediagnostik mittels Computertomogra- phie nur in 3 % der befragten Abteilungen nicht rund um die Uhr möglich ist (2). Ergänzend sei angemerkt, dass die Gabe von nichtionischen jodhaltigen Kontrastmitteln in den meisten Fällen auch bei Kontrastmittelallergie, Schilddrüsenfunktionsstörungen oder Niereninsuffizienz realisierbar ist. Beispielhaft möchten wir auf die Standard Operating Procedure (SOP) zur Kontrastmittelgabe des Universitätsklinikums Heidelberg verweisen (3).
Die Ergebnisse der von Kirsten erwähnten Metaana- lyse zum Stellenwert des transthorakalen Ultraschalls (TUS) zur Diagnostik der akuten Lungenembolie konn- ten in einer aktuellen Arbeit nicht reproduziert werden (4). Aufgrund der unklaren Datenlage erscheint eine Anwendung außerhalb von Studien zum jetzigen Zeit- punkt nicht gerechtfertigt. Gleiches gilt für die endo- bronchiale Ultraschalluntersuchung (EBUS).
Wir danken Herrn Aumiller für den ergänzenden Hin- weis auf die Sonographie der Beinvenen. Bei hämodyna- misch stabilen Patienten mit Verdacht auf Lungenembolie kann beim sonographischen Nachweis einer Beinvenen- thrombose die Lungenembolie als gesichert gelten (5).
DOI: 10.3238/arztebl.2011.0144
LITERATUR
1. Schellhaaß A, Walther A, Konstantinides St, Böttiger BW: The diagno- sis and treatment of acute pulmonary embolism. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(34–35): 589–95.
2. Bhargavan M, Sunshine JH, Hervey SL, Jha S, Vializ J, Owen JB: The actual role of CT and ventilation-perfusion scanning in workup for suspected pulmonary embolism: evidence from hospitals. AJR Am J Roentgenol 2009; 193: 1324–32.
3. www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/radiologie/radiodiagnos tik/SOP_s/SOP_KM_Gabe_18_10_2010.pdf
4. Pfeil A, Reissig A, Heyne JP, Wolf G, Kaiser WA, Kroegel C, Hansch A:
Transthoracic sonography in comparison to multislice computed to- mography in detection of peripheral pulmonary embolism. Lung 2010; 188: 43–50.
5. Interdisziplinäre S2-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venen- thrombose und der Lungenembolie. Vasa 2010; 39: S78.
Dr. med. Alexander Schellhaaß Klinik für Anaesthesiologie Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 110, 69120 Heidelberg E-Mail: Alexander.Schellhaass@med.uni-heidelberg.de
Interessenkonflikt
Alle Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.