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Archiv "Implantatwerkstoffe für den Knochen-und Gelenkersatz" (01.12.1977)

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DEUTSCHE S ÄRZTEBLATT

Heft 48 vom 1. Dezember 1977

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Implantatwerkstoffe

für den Knochen-und Gelenkersatz

Bernd-August Blencke

Für den Knochen- und Ge- lenkersatz finden heute' Me- tallegierungen. Kunststoffe und Keramiken Anwendung.

Bei der Herstellung von Im- plantaten werden in letzter Zeit werkstoffspezifische und biomechanische Gesichts- punkte stärker berücksichtigt.

Implantatwerkstoffe sollten absolut biokompatibel sein.

Die heute bekannten Materia- lien erfüllen diese Forderung noch nicht ideal. Aufgrund zahlreicher Mißerfolge wurde die Implantatforschung auf al- len Gebieten der operativen Medizin intensiviert. Es wur- den ungeeignete Materialien eliminiert und neue Werkstof- fe entwickelt. Man sollte aber auch neue Materialentwick- lungen nicht zu sehr mit Vor- schußlorbeeren bedenken, da nur die Langzeitanwendung in großer Zahl den entscheiden- den Nachweis für die Güte ei- nes Implantats liefern kann.

Aus der Orthopädischen Klinik und Poliklinik der Philipps-Universität Marburg

(Direktor: Professor Dr. med. Gerhard Exner) und der Orthopädischen Klinik und dem Rehabilitationszentrum der Diakonie „Lichtenau" e. V.,

(Ärztlicher Direktor: Professor Dr. med. habil. Joachim Langhagel)

Für den Knochen- und Gelenkersatz werden heute im wesentlichen Me- tallegierungen, synthetische Kunst- stoffe und Oxidkeramiken verwen- det.

An Implantatwerkstoffe sind nach- folgende Hauptforderungen zu stellen:

Atoxizität,

fi)

chemische und mechanische Stabilität,

(!)

solide, dauerhafte Verankerung im Knochen,

keine Antigeneigenschaften,

• keine Kanzerogenität,

• Sterilisierbarkeit,

einfache technische Anwen- dungsmöglichkeit.

Atoxizität

Atoxizität der Werkstoffe, bezie- hungsweise ihrer durch Lösung oder Abrieb an die Umgebung abge- benden Bestandteile ist eine Grund- forderung, wird aber von den heute

verwendeten Werkstoffen noch nicht voll erfüllt. Eine Vielzahl von Stoffen führt zu Abwehrreaktionen und toxischen Veränderungen, so zum Beispiel Nickel- und Kupfer- ionen und auch Monomere der syn- thetischen Kunststoffe, etwa das Monomer des Methylmetacrylat. Die heutigen Metallegierungen enthal- ten zwar kaum noch Kupfer, aber meist beachtliche Mengen von Nik- kel, die im Gewebe in Lösung gehen können.

Angaben von Herstellern, daß die modernen Metallegierungen Werk- stoffe mit der höchsten Korrosions- beständigkeit aller bis heute be- kannten Implantatlegierungen sind, dürfen nicht darüber hinwegtäu- schen, daß alle implantierten metal- lischen Werkstoffe infolge Korrosion oder Abrieb Ionen an ihre Umge- bung abgeben.

Auch nichtmetallische Implantat- werkstoffe sind chemisch instabil und geben toxische Substanzen ab.

Ihre Konzentration ist jedoch bei al- len modernen Werkstoffen gering, daher kommt es weder zu nennens- werten Störungen im Implantatlager noch zu Allgemeinreaktionen. Zu hohe oder falsche Belastung, Aus- lockerung oder Infektion können

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Abbildung 1 Modellimplantation einer Hüftgelenkstotalendoprothese mit Polyäthylenpfanne und Femurschaftendoprothese aus einer Schmiedelegie- rung. (Modell Müller der Fa. Protek)

Abbildung 2: Histologische Untersuchung der Bindegewebskapsel um eine Kompressionspatte. die nach einer Unterschenkelfraktur angelegt wurde. Ent- nahme vier Monate nach der Implantation anläßlich der Reoperation wegen einer Pseudoarthrose. Durch eine Eisenfärbung (Berliner Blau) deutlich gemachte Eisenablagerung im Gewebe. Ferner sind Blutungen und geringe nekrotische Bezirke erkennbar

Implantatwerkstoffe

den Gewebe- und Plasmaspiegel to- xischer Stoffe zusätzlich erhöhen.

Bereits eine leichte Erhöhung der Korrosion kann zur Abwehrreaktion und zur Gewebeschädigung führen.

Die mechanische Beanspruchung eines Implantates ist meist größer als die des umliegenden Knochens.

Dies liegt unter anderem in der ver- änderten Lasteinleitung und Last- aufnahme. Das Implantat muß also die mechanischen Eigenschaften des Knochens übertreffen. Gute sta- tische und dynamische Festigkeit können mit hohen Verschleißraten durch Abrieb einhergehen. Starker Reibungswiderstand durch werk- stoffspezifische Eigenschaften, zu große Oberflächenrauhigkeit oder u:Igünstige inadäquate Formge- bung von Gelenkteilen führt zu ver- mehrter Belastung der Verankerung des Implantates in seinem knöcher- nen Lager.

Bei der Konstruktion von alloplasti- schen Gelenken werden heute im Hinblick auf einen möglichst niedri- gen Reibungsverschleiß die gegen- einander gleitenden Teile aus ver- schiedenen Werkstoffen hergestellt.

Die derzeit am häufigsten verwende- te Kombination besteht aus Metalle- gierung und synthetischem Kunst- stoff. Bei Metall-Polyäthylen-Prothe- sen beträgt der Reibungskoeffizient etwa ein Drittel des Koeffizienten der Metallprothese. Die Verschleißrate wird hier noch mit etwa 1/10 Milli- meter pro Jahr angegeben.

In letzter Zeit werden Hüftgelenks- prothesen mit gleitenden Teilen aus Aluminiumoxidkeramik und Poly- äthylen verwandt. Umfangreiche Voruntersuchungen haben gute bio- logische Eigenschaften der neuen keramischen Werkstoffe erkennen lassen. Langzeitbeobachtungen un- ter klinischen Bedingungen stehen jedoch noch aus.

Bei allen Implantatwerkstoffen tritt Materialermüdung durch Versprö- dung ein. Die entstehenden Spröd- brüche sind die Folge wechselnder dynamischer Kräfte. Sprödbrüche treten im Bereich von Spannungs- spitzen an besonders belasteten Im-

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Antigenwirkung

Eine Antigenwirkung von Implanta- ten, beziehungsweise einzelner ihrer Bestandteile ist sehr selten. Antigen- Antikörper-Reaktionen nach der Im- plantation der heute für den Kno- chen- und Gelenkersatz verwende- ten synthetischen Kunststoffe wur- den bisher nicht beschrieben, wohl aber allergische Exantheme an den Händen von Operateuren beim Um- gang mit Knochenzementen. Unver- träglichkeitserscheinungen mit all- ergischen Hautreaktionen nach der Implantation von nickelhaltigen Me- tallegierungen können nach den bisherigen Erfahrungen als extrem selten gelten.

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Einführung

Die Implantation alloplastischer Materialien hat in den letzten 30 Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Abgesehen von der nur vorübergehenden Einbringung von Schrauben, Platten, Drähten oder Nägeln zur Osteosynthese von Frakturen und zu Osteotomien mit der Absicht, diese Fremdkörper nach der Knochenkonsolidierung wieder zu entfernen, stellen sich entscheidende Probleme bei Implantaten, die für dauernd im Organismus verbleiben sollen, wie künstliche Gelenke, Knochenersatzteile, Gefäßprothesen, Herzklappen, Ventile, Katheter usw. Das Ausmaß der Implantationschirurgie wird deutlich, wenn man bedenkt, daß von Orthopäden und Chirurgen in aller Welt täglich allein mehrere tausend Hüftgelenksendoprothesen eingesetzt werden.

Die Entwicklung der verwendeten Werkstoffe, wie Metallegierungen, Kunststoffe oder neuerdings von Glas und Keramik, ist geradezu stürmisch verlaufen. Für den nicht unmittelbar in der Implantations- chirurgie tätigen Arzt, genauso aber auch für viele Operateure, ist es nicht ganz einfach, sich ein realistisches Bild vom aktuellen Stand der Entwicklung und der Leistungsfähigkeit der angebotenen Werkstoffe zu machen.

Optimistische Publikationen mancher Untersucher und ebenso die Werbeanzeigen und Prospekte der Implantathersteller wecken Erwar- tungen, die oft nicht in Erfüllung gehen. Andererseits führen kritische Berichte über einzelne spektakuläre Mißerfolge zu falschem Pessimis- mus. Zweifellos sind auf dem Gebiete der Prothetik in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten erhebliche Fortschritte erzielt worden. Aber wesentliche Probleme sind noch immer nicht endgültig gelöst.

Der Beitrag von Bernd-August Blencke ist bemüht, den derzeitigen Stand der Entwicklung und Problematik der Implantatwerkstoffe dar- zustellen. Professor Dr. med. Gerhard Exner plantatabschnitten auf. Diese Span-

nungsspitzen werden auch nicht durch den Umbau des Knochens während des Heilungsprozesses kompensiert.

Letztlich entscheidend für den Er- folg ist bei Knochen- und Gelenker- satz die solide und dauerhafte Ver- ankerung der Implantate im Gewe- be. Keiner der heute verwendeten Werkstoffe findet direkten Anschluß an die Struktur des Knochens, des Bindegewebes oder der Muskulatur.

Es kommt immer zur Ausbildung ei- ner mehr oder weniger breiten, ge- fäßarmen, bindegewebigen Zwi- schenschicht mit unterschiedlicher Zellzahl und Zellpopulation. Die Auf- gabe der Implantatabkapselung kann auch von einer wenig differen- zierten zellarmen sklerosierten Kno- chenschicht übernommen werden.

Der Verbund zwischen Implantat und Knochen geschieht bei allen Werkstoffen nur auf mechanischer Grundlage durch Verschraubung, Verblockung und Verzahnung. Ein chemischer Verbund mit dem Lager- gewebe tritt in klinisch bedeutsa- mem Ausmaß nicht ein.

Kanzerogenität

Die Diskussion um die Sarkombil- dung nach der Implantation von Fremdkörpern nimmt in der Litera- tur einen weiten Raum ein. Im Tier-

Abbildung 3: Histologische Untersuchung des Kapselregenerates um eine Hüftgelenksendoprothese. Das Präparat wurde zwei Jahre nach der Implanta- tion anläßlich Reoperation wegen einer Implantatlockerung gewonnen. In dem faserreichen zellarmen Bindegewebe sind Polyäthylenablagerungen, die durch Abrieb entstanden. erkennbar

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20 000 21 000 60 200 40 000 Niederdruck-

polyäthylen

800 400 4

Metallegierungen rostfreier Prothesen-

Stahl legierungen

80

80

Polymethyl- methakrylat

Hochreine dichte Aluminiumoxidker.

(Al 2 0 3-Keramik)

13 2 300

6 50

70 2,5

7 500

50 2,2

40

14 (sehr starke Schwankungen)

2000

Implantatwerkstoffe

experiment entstehen unter geeig- neten Bedingungen Fremdkörper- sarkome. Die klinischen Erfahrun- gen mit über Jahrzehnte im Körper belassenen Implantaten zeigen aber, daß es beim Menschen bisher nicht zu Tumorbildungen gekommen ist.

Festigkeit von Implantaten

Die mechanischen Festigkeitswerte von Implantatwerkstoffen müssen so hoch sein, daß sie kein größeres Volumen als der ersetzte Knochen oder Gelenkkörper einnehmen. Sie müssen sich ferner gut bearbeiten lassen, damit sie den anatomischen Gegebenheiten voll angepaßt wer- den können. Metallische Implantate besitzen hervorragende mechani- sche Eigenschaften und werden als Monometall oder als Metallegierun- gen zum Knochen- und Gelenker- satz verwendet (Tabelle 1).

Korrosionsanfälligkeit

Für Kurzzeitimplantate (Marknägel, Platten, Schrauben, Drähte) finden Stähle Verwendung, die auf einer Ei-

sen-Ch rom-Nickel-Molybdän-Basis beruhen (Tabelle 2). Diese Stähle weisen eine zwar geringe, aber für Langzeitimplantate zu hohe Korro- sionsrate auf. Legierungen für Lang- zeitimplantate, wie Endoprothesen, beruhen auf einer Kobalt-Chrom-

Molybdän-Basis und haben einen unterschiedlich hohen Nickelgehalt.

Der Eisengehalt dieser Legierung ist im Vergleich zu den Stählen sehr gering (Tabelle 2).

Zur Korrosion kommt es, weil extra- und intrazelluläre Flüssigkeiten als Elektrolyte wirken. Vom Metall wer- den Elektronen abgegeben, und es bilden sich an der Oberfläche Me- tallionen, die in Lösung gehen. Die

Folge ist eine Oxidation des metalli- schen Implantates. Durch einwand- freie Werkstoffherstellung kann die auf einer inneren Gefügestörung be- ruhende endogene Korrosion erheb- lich eingeschränkt werden. Von kli- nisch größerer Bedeutung ist aber die auf chemischen oder elektroche- mischen Reaktionen beruhende exogene Korrosion.

Lokale Korrosionsprozesse Bedeutungsvoll sind lokale Korro- sionsprozesse. Hierbei lassen sich mehrere Formen unterscheiden.

Daß bei der Implantation verschie- dener Metallegierungen nebenein- ander ein Stromkreis entsteht, der eine galvanische Korrosion zur Fol- ge hat, ist heute allgemein bekannt.

Kaum vermeidbar ist aber eine Kor- rosion durch Elementbildung infol- ge von Potentialdifferenzen an in- homogenen Werkstoffoberflächen oder durch einen Metalltransfer von

Operationsinstrumenten; ebenso die Korrosion durch Verletzung der Passivschicht metallischer Implan- tate.

Die genannten Korrosionsformen sind von statischen oder dynami- schen Kräften unbeeinflußt. Dage- gen beruht die Spannungs-Rißkor- rosion auf einer Kombination me- chanischer und korrosiver Vorgän- ge. Im Bereich von Spannungsspit- zen kommt es zur fortschreitenden transkristallin verlaufenden Rißbil- dung.

Eine weitere Ursache für die Implan- tatzerstörung ist der Korrosionsdau- erbruch, der infolge zyklisch-dyna- mischer Belastung in Anwesenheit korrodierender Körperflüssigkeiten entsteht.

Hinzu kommt, daß die durch Korro- sion abgegebenen Metallionen zu einer Gewebeschädigung führen, die in der Implantatumgebung als unspezifischer Entzündungsprozeß abläuft und als Metallose bezeichnet wird (Abbildung 2).

Polymere Kunststoffe

Synthetische Kunststoffe dürfen nur atoxische Zusätze enthalten. Sie sol- len auspolymerisiert sein und einen möglichst geringen Monomergehalt aufweisen. Auch bei den erst im Or-

Tabelle 1: Mechanische Kenndaten des menschlichen Werkstoffe (Die angegebenen Werte sind Mittelwerte)

Knochens und der gebräuchlichen Implantat-

Härte (kp/mm 2 ) Druckfestigkeit oder Zugfestigkeit (kp/mm 2)

Biegefestigkeit (kp/mm 2 ) Elastizitätsmodul (kp/mm 2 )

Menschlicher Knochen (Kompakta)

(5)

C 0,03 0,3 0,03

Co 35 59

Cr 20 30 20

Fe 1 1 59

Mn 0,1 1 2

Mo 9 6 4

Ni 34 2 14

S i 0,1 1 1

Ti 1

Tabelle 2: Chemische Zusammensetzung von metallischen Implantatlegierungen (nach Semlitsch) Implantatlegierungen:

Schmiedelegierung: Gußlegierung:

(Protasul 10 ®) (Protasul 2 ®)

Rostfreier Stahl (Normbezeichnung AISI 316 L) Legierungselemente

in Gew.-%

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

ganismus polymerisierenden Kunst- stoffen (zum Beispiel Knochenze- mente) sollte der Restmonomerge- halt nach Aushärtung äußerst gering sein, da die Monomere zelltoxisch sind. Wegen der Toxizität ihrer Ab- bauprodukte und ihrer Zusätze müs- sen synthetische Kunststoffe gegen- über dem Gewebe und den Gewebs- flüssigkeiten chemisch stabil sein und dürfen keine physikalischen Veränderungen erfahren.

Von den extrakorporal polymerisier- ten Kunststoffen hat sich für den Knochen- und Gelenkersatz bisher nur das hochmolekulare Nieder- druckpolyäthylen bewährt. Während die Druckfestigkeit des Polyäthylens gut ist, ist seine Biegefestigkeit un- zureichend. Dies schränkt seine An- wendung ein.

Chemisch ist Polyäthylen weitge- hend stabil. Anhand einer großen Zahl von Nachuntersuchungen nach Prothesenexplantationen konnte aber gezeigt werden, daß die durch Abrieb auftretenden Polyäthylenpar- tikel zu deutlicher Gewebereaktion führen. Diese ist wie die Metallose ein Faktor der zur Implantatlocke- rung führt (Abbildung 3). Allerdings sind für diesen Prozeß relativ lange Zeitspannen erforderlich.

Intrakorporal polymerisierende Kunststoffe: Das Polymethylmeth- akrylat (PMMA) hat als sogenannter

Knochenzement in der Endoprothe- tik ein noch vor wenigen Jahren un- vorstellbar breites Anwendungsge- biet gefunden. Es besteht vor seiner Verarbeitung aus zwei Komponen- ten, dem Monomer und dem Vorpo- lymerisat. Während der Vermi- schung hat der Werkstoff für einige Minuten pastenartige Konsistenz und ermöglicht so eine einfache Applikation. Die Aushärtung im Ope- rationsgebiet geschieht unter star- ker Wärmeabgabe, wobei der Ei- weißkoagulationspunkt von 56 Grad überschritten werden kann. Die thermische Schädigung des Implan- tatlagers zeigt sich in einer Nekrose der unmittelbar dem Implantat anlie- genden Gewebsanteile. Eine Gewe- beschädigung ist auch durch die Monomerabgabe während der Aus- härtung des Werkstoffes im Orga- nismus möglich.

Unter der Implantation von PMMA wird eine von der Monomerkonzen- tration im Blut abhängige, meist schnell reversible Blutdrucksen- kung beobachtet, die auf den lipoid- lösenden Eigenschaften des freien Monomers beruht.

Während des Aushärtungsvorgan- ges kommt es zur Schrumpfung des PMMA mit einer Volumenabnahme von etwa 1 bis 2 Prozent. Die Folge ist das Entstehen eines Primärspalts zwischen dem Implantat und seinem Lager. Durch Wasseraufnahme tritt

dann aber in den ersten Wochen nach der Implantation wieder ein teilweiser Ausgleich ein.

Ein primärer oder sekundärer direk- ter Kontakt zwischen dem PMMA und dem Knochengewebe stellt eine Ausnahme dar. Die Verankerung des Implantates im Lagergewebe beruht auf einer mechanischen Makro- und Mikroverzahnung zwischen dem Werkstoff und der strukturierten in- neren Knochenoberfläche.

Alle mechanischen Eigenschaften von PMMA (Tabelle 1) liegen unter- halb der vergleichbaren Werte des kompakten Knochens. Hieraus er- gibt sich, daß eine optimale Kraftein- leitung und eine breitflächige Last- übertragung erforderlich ist, um ei- ne Zerstörung des PMMA unter Be- lastung zu vermeiden. Operations- technische Fehler können daher schneller als bei anderen Werkstof- fen zum Versagen des Implantates führen.

Oxidkeramiken

Seit kurzer Zeit finden Aluminium- oxidkeramiken klinische Anwen- dung. Moderne Fertigungsverfahren und die Verwendung von Ausgangs- substanzen mit hohen Reinheitsgra- den erlauben es, eine hochgradig druckfeste Keramik mit einem sehr guten Reib- und Verschleißverhalten

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Karies und multiple Sklerose

FÜR SIE GELESEN

Der Gebißstatus von 51 Epileptikern wurde mit dem von 51 MS-Kranken klinisch und röntgenologisch vergli- chen. Die an einer multiplen Sklero- se Erkrankten haben schlechtere Zähne, 41 Prozent mehr Granulome und 18,5 Prozent mehr Amalgam- füllungen als Anfallskranke. Die pro- thetische Versorgung ist bei beiden Gruppen gleich schlecht, Zahn-Foki sind gleich häufig. Die Hypothese der MS-Entstehung durch das Quecksilber aus Amalgam-Füllun- gen wird erneut diskutiert, jedoch durch die Argumente widerlegt, daß die ,Quecksilber-Amfnahme aus Luft und Nahrung mindestens ebenso groß sei wie die aus Amalgam-Fül- lungen und nicht als Allergen für einen Autoimmunisierungsprozeß infrage komme, der die Neuroaller-

Das Magenstumpfkarzinom wird 15 bis 20 Jahre nach einer Magenteilre- sektion wegen eines Geschwürlei- dens gehäuft beobachtet, eine Früh- diagnose ist nur endoskopisch möglich.

In zwei skandinavischen Studien wird auf die Frühdiagnose des Karzi- noms und die Problematik prämali- gner Schleimhautveränderungen eingegangen. Von 421 Patienten, bei denen vor 20 bis 25 Jahren eine par- tielle Gastrektomie durchgeführt worden war, konnten 108 endosko- pisch nachuntersucht werden. Mul- tiple, aus dem Anastomosenbereich entnommene Biopsien ließen trotz einer makroskopisch unauffälligen Schleimhaut in vier Fällen ein Karzi- nom diagnostizieren, bei drei Pa- tienten fand sich eine schwere Dys- plasie. Nur ein Patient wies eine un- auffällige Magenschleimhaut auf. In der zweiten Studie konnten 214 von 459 Patienten mit einer 20 Jahre zu- rückliegenden Magenteilresektion endoskopisch nachuntersucht wer- den. Drei von 140 Patienten, die zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung bereits verstorben waren, waren ei-

gie in Gang setze. Auch die Bedeu- tung der Zahnkaries als pathogene- tisch wichtiger Faktor bei der Ent- stehung der MS wird bestritten, eine Fokalsanierung ist im Hinblick auf die Pathogenese nutzlos. Ein Kau- salzusammenhang zwischen Retro- bulbär-Neuritis und Amalgam be- steht nicht, eine Besserung des Vi- susverlustes setzt spontan und un- abhängig von der Entfernung der Amalgamfüllung ein. Abschließend ziehen die Autoren die Konsequenz, daß die zahnärztliche Versorgung der gebißvernachlässigenden Mul- tiple-Sklerose-Kranken verbessert

werden müsse. Ehl

Firnhaber, W., Orth, H.: Über die pathogeneti- sche Bedeutung von Zahnerkrankungen und Zahnbehandlungen bei der multiplen Sklerose, J. Neurol. 215 (1977), 141-149

nem Magenstumpfkarzinom erle- gen. Bei den 214 Nachuntersuchten fanden sich sechs Stumpfkarzino- me, darunter zwei in einem Frühsta- dium. Ein Patient bot multifokale schwere Dysplasien, zwei tubuläre Adenome und 20 (9,3 Prozent) rege- nerative Polypen.

Zur Früherkennung des Magen- stumpfkarzinoms sollten wiederholt endoskopische Kontrolluntersu- chungen, 10 bis 15 Jahre nach einer Billroth-II-Resektion beginnend, durchgeführt werden, wobei es sich empfiehlt, zahlreiche Biopsien (20) aus anastomosennaher Magen- schleimhaut zu entnehmen, auch wenn makroskopisch keine Verän- derungen erkennbar sind.

Schrumpf, E., Serck-Hanssen, A., Stadaas, J., Aune, S., Myren, J., Osnes, M.: Mucosal changes in the gastric stump 20-25 years after partial gastrectomy, Lancet 2 (1977) 467-469 Research Laboratory of Gastroenterology, De- partment of Pathology, and Surgical Depart- ment II, Ulleval Hospital, Oslo

Domellöf, L., Eriksson, S., Janunger, K. G.:

Carcinoma and passible precancerous changes of the gastric stump after Billroth II resection, Gastroenterology 73 (1977) 462-468 Departments of Surgery and Pathology, Uni- versity Hospital, University of Umea, Sweden.

Implantatwerkstoffe

herzustellen. Aluminiumoxidkerami- ken zeichnen sich durch ihre Resi- stenz gegen chemische Einflüsse aus.

In umfangreichen tierexperimentel- len Untersuchungen, vor allem in den USA und in Deutschland, konn- te die gute Gewebeverträglichkeit der Al 2 0 3-Keramik nachgewiesen werden. Keramiken werden bisher vorwiegend für den alloplastischen Hüftgelenksersatz verwendet. We- gen ihres guten Reibungsverhaltens werden Gelenkköpfe oder Gelenk- pfannen aus diesem Material herge- stellt. Nach den bisherigen Erfah- rungen können Schäfte von Prothe- sen nicht aus Keramik gefertigt wer- den, da sie der Biegebeanspru- chung nicht standhalten. Keramiken sind unelastisch und zeigen nur ge- ringe Kerbschlagfestigkeit. — Im Ver- lauf der letzten zwei Jahre wurden an mehreren deutschen Kliniken Verbundendoprothesen mit Kera- mikköpfen erprobt. Die Zahl der durchgeführten Operationen ist noch gering und dürfte insgesamt 1000 Fälle kaum überschreiten. Ob die keramischen Werkstoffe eine Wende im alloplastischen Gelenker- satz bringen, läßt sich aus den bis- herigen Ergebnissen nicht ableiten, da die erforderlichen Langzeitbe- handlungen noch nicht vorliegen.

Literatur

Contzen, H., Straumann, F., u. Paschke, E.:

Grundlagen der Alloplastik mit Metallen und Kunststoffen, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1967 — Frank, E., u. Zitter, H.: Metallische Im- plantate in der Knochenchirurgie, Springer Verlag, Wien, New York, 1971 — Charnley, J.:

Acrylic Cement in Orthopedic Surgery, E. and S. Livingstone, Edinburgh and London. 1970 — Oest, 0., Müller, K., u. Hupfauer, W.: Die Kno- chenzemente, Ferdinand-Enke-Verlag, Stutt- gart, 1975

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. habil.

Bernd-August Blencke Orthopädische Klinik und Rehabilitationszentrum Am Mühlenberg

3436 Hessisch Lichtenau

Diagnose des Magenstumpfkarzinoms

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