Die Information:
Bericht und Meinung
Novellierung
der Gebührenordnung
Im Rahmen eines Lageberich- tes unterrichtete Bundesärzte- kammer-Präsident Dr. Karsten Vilmar das Präsidium des Deut- schen Ärztetages detailliert über den Stand der Arbeiten zur Novellierung der Amtlichen Ge- bührenordnung aufgrund des Gespräches zwischen Minister Dr. Herbert Ehrenberg und Mi- nisterialdirektor Albert Holler einerseits und Dr. Karsten Vil- mar, Dr. Gustav Osterwald und Prof. J. F. Volrad Deneke ande- rerseits.
Dr. Vilmar erinnerte vor dem Präsidium daran, daß die Novel- lierung der Amtlichen Gebüh- renordnung als Absichtserklä- rung in der Regierungserklä- rung bereits enthalten sei. Da- mals war Stand der Diskussion das Bestreben, eine Einheitsge- bührenordnung einzuführen, die nach dem Willen der zu- ständigen Länderkonferenz un- abdingbar gemacht werden sollte. Die jetzigen Beratungen gehen davon aus, daß die Ab- dingbarkeit bei vorheriger schriftlicher Vereinbarung er- halten bleibt. Für die rein ärztli- chen Leistungen sind Multipli- katoren in der Erörterung, de- ren Höhe über dem von der CDU/CSU-Opposition ins Ge- spräch gebrachten Faktor liegen.
Man geht in den Gesprächen davon aus, daß die Novellierung keinen Preisschub auslösen dürfe und daß dementspre- chend das Volumen der derzei- tigen Honorierung nach der Amtlichen Gebührenordnung gleichbleiben sollte. Eine No- vellierung noch in dieser Legis- laturperiode ist nur möglich, wenn die Bewertungsstruktur für die Amtliche Gebührenord- nung übernommen wird, wie sie sich freivertraglich zwi- schen Krankenkassen und Kas- senärzten entwickelt hat. Dabei kann berücksichtigt werden, daß der. größte Teil der privat- ärztlichen Honorare von Ärzten
erarbeitet wird, die gleichzeitig Kassenärzte sind und insoweit die Bewertungsstruktur der ver- traglichen Regelungen kennen.
In Einleitung und Legenden muß jedoch die Besonderheit der Amtlichen Gebührenord- nung gegenüber vertraglichen Vereinbarungen berücksichtigt werden.
Strittig ist, ob bei der Bemes- sung Einkommen und Vermö- gen des Patienten als zu be- rücksichtigende Größenord- nung genannt werden sollen;
hierzu liegt die Meinung des Ministeriums noch nicht fest, zumal eine Begrenzung der Vielfachsätze für Rentner sei- tens des Ministeriums diskutiert wird, was dem Fortfall der Ein- kommensklausel widerspre- chen würde und auch im Hin- blick auf höherverdienende Rentner problematisch ist. Sei- tens der Zahnärzteschaft ist die Berücksichtigung betriebswirt- schaftlicher Gegebenheiten als Bemessungsgröße ins Ge- spräch gebracht worden; nach Ansicht der Ärzte kann dies kei- nesfalls das Kriterium „Einkom- men und Vermögen" ersetzen, sondern nur als zusätzliches Kriterium gelten, das sachlich gerechtfertigt erscheint, weil im Interesse der ärztlichen Versor- gung, insbesondere in ländli- chen und Stadtrandgebieten In- vestitionen vorgehalten werden müssen, die höhere Kosten ver- ursachen als in Praxen, in de- nen derartige Investitionen wirtschaftlich ausgelastet wer- den können.
Dr. Vilmar berichtete, daß an- stelle eines einheitlichen Multi- plikators zur Zeit geprüft wird, ob neben Einfachsätzen oder Pauschalierungen zur Erstat- tung von Kosten, die mit der ärztlichen Leistung selbst nichts zu tun haben (zum Bei- spiel Wegegebühren), eine Strukturierung von Mehrfach- sätzen auch in Modellrechnun- gen erwogen werden kann. Da- nach könnten die rein ärztli- chen Leistungen eventuell mit dem bis zu fünf- oder sechsfa- chen Satz, die weit überwie-
gend technischen Leistungen mit dem anderthalb- bis zweifa- chen Satz und die gemischt technisch-ärztlichen Leistun- gen mit dem drei- bis vierfa- chen Satz als Obergrenze ver- sehen werden. Dies ist jedoch auch abhängig davon, in wel- cher Höhe der Einfachsatz fest- gesetzt wird, der voraussicht- lich „etwas unterhalb" (minde- stens also 80 Prozent) des derzeitigen durchschnittlichen Punktwertes bei den vertragli- chen Regelungen angesiedelt werden könnte. Hier gilt das Gesetz: Je höher der Einfach- satz angesiedelt wird, desto niedriger wird die Stufung der Multiplikatoren.
Für die Rechnungslegung und deren Kontrolle wird mehr Transparenz erstrebt. Die ärztli- chen Verhandlungspartner ha- ben deutlich gemacht, daß sie so viel Transparenz als möglich befürworten, soweit dies ver- waltungstechnisch möglich ist und nicht zu betriebswirtschaft- lichen Verteuerungen führt.
Nach Ansicht der Ärzte sollte die Kontrolle bei den Ärztekam- mern liegen; im Ministerium stellt man sich unabhängige Stellen nach Art der Schlich- tungs- und Gutachterstellen vor.
Die Dynamisierung der Amtli- chen Gebührenordnung soll künftig dadurch gesichert sein, daß etwa im Turnus von zwei Jahren eine Überprüfung durch eine beim Arbeitsministerium angesiedelte Kleine Kommis- sion erfolgt, deren Vorsitz ein unabhängiger Nationalökonom führen könnte, während außer den Ärzten auch die in dieser Sache besonders interessierten Privatversicherungen, Berufs- genossenschaften und Beihilfe- zahlungsverpflichteten (Öffent- liche Hand) wie gegebenenfalls die gesetzlichen Krankenkas- sen wegen der Eihflüsse auf die Vertragsgebühren vertreten sein könnten.
Nach der derzeitigen Zeitpla- nung erstrebt das Ministerium die Novellierung für etwa Ende März 1980. medintern
3288 Heft 50 vom 13. Dezember 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT