Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
KONGRESS-NOTIZEN
Ischämische Kolitis
Auch bei ausgedehnter Arterio- sklerose sind totale oder isch- ämiewirksame Verschlüsse der Arteria mesenterica inferior sel- ten. Dementsprechend selten sind auch ischämische Kolitiden (15mal bei 588 Patienten mit seg- mentaler Kolitis = 2,55 Prozent;
Prof. Dr. K. H. Holtermüller, I. Me- dizinische Universitätsklinik Mainz). Symptome und Befund:
Diarrhö, Hämatochezie; Fieber;
Leibschmerzen mit Resistenzen.
Röntgenologisch findet man typi- sche Wandaussparungen. In der Regel geht die Ischämie spontan zurück. Nur bei akutem, totalem Verschluß der zuführenden Arte- rie kommt es im Verlauf von 48 Stunden zur fulminanten, gan- gränösen Kolitis mit letalem Aus- gang (drei von 15 Patientei = 20 Prozent; Holtermüller). WP
(84. Tagung der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin. April 1978, Wiesbaden)
Die Schocklunge
Die irreversible globale respirato- rische Insuffizienz entwickelt sich einige Tage nach Überste- hen der ersten Schockphase im Gefolge -von Fibrozytenprolifera- tion und Kollagenbildung in den Interalveolarsepten der Lunge.
Damit wird die Gasdiffusion end- gültig und unwiderruflich blok- kiert (Professor Dr. Ch. Mitter- mayer, Pathologisches Institut der Universität Freiburg). Diese Proliferation geht auf ein vasal bedingtes interstitielles Lungen- ödem zurück, von dessen Um- fang auch das Ausmaß der Zell- proliferation abhängt. Die Ödem- flüssigkeit enthält offenbar einen noch nicht näher definierten Pro- liferationsfaktor. — Innerhalb der ersten halben Stunde nach einem schweren Trauma beziehungs- weise nach Schockbeginn wird das Endothel der Lungenkapilla- ren defekt. Je nach Umfang und Dauer der Hypoxie resultiert zu- erst ein perivasales Ödem, das
sich später aufs gesamte Intersti- tium ausdehnt. Das perivaskuläre Ödem bewirkt innerhalb von drei Tagen die Endothelregeneration.
Wenn bis dahin zu viel intersti- tielles Ödem entstanden ist, fol- gen Fibrozyteneinstrom und -proliferation im lnterstitium als sinnlos überschießende Form ei- ner primär sinnvollen,Reparation.
Mit Beginn der Proliferation und der Kollagenbildung im interal- veolaren Gewebe ist praktisch der „point of no return" erreicht (Mittermayer). WP
(62. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie, Mai 1978, Wien)
Reanimationschancen für das Gehirn
Das Gehirn toleriert bekanntlich maximal fünf Minuten Kreislauf- stillstand, zerfällt aber danach nicht gleich nekrotisch. Die Neu- ronen werden dann vielmehr durch einen postischämischen Hypermetabolismus sowie durch Endothelödem der Kapillaren ge- schädigt, das die Mikrozirkula- tion endgültig beendet. Mit Bar- bituraten (Dosis 30 mg/kg/KG bis zu 2 g bei einem Menschen von 70 kg Gewicht) und Ruhigstel- lung gelingt es auch nach Isch- ämiezeiten von 5 bis 15 Minuten Dauer, einige Patienten wieder völlig herzustellen (Prof. Dr. med.
h. c.
P.
Safar, University of Pitts- burgh, Massachusetts — USA — Medical School). Das gilt vor al- lem für die Wiederbelebung nach intraoperativem Herzstillstand, soweit der Kreislauf nicht inner- halb der Hirnüberlebensfrist in Schwung gebracht wird. Der re- aktive Hypermetabolismus der Neuronen wird dadurch offenbar reduziert. Möglicherweise kann die Barbiturattherapie dazu bei- tragen, daß derartige Zwischen- fälle nicht mehr in einem apalli- schen Syndrom enden (Safar). WP(Gastvorlesung im Institut für Anästhesio- logie der Universität Mainz, April 1978, Mainz)
Chemotherapie maligner
Ovarialtumoren
Die malignen Ovarialtumoren stellen infolge ihrer Zunahme derzeit ein wichtiges diagnosti- sches und therapeutisches Pro- blem dar. Es handelt sich um eine Vielzahl von ontogenetisch und pathologisch-anatomisch ver- schiedenen Tumorarten, bei de- nen von vornherein nicht die An- sprechbarkeit auf Bestrahlung oder zytostatische Substanzen beurteilt werden kann. Am ehe- sten sprechen die Ovarialkarzi- nome auf Chemotherapie an, so daß postoperativ zur Rezidivpro- phylaxe aber auch zur Primärthe- rapie nach explorativen Eingrif- fen der Einsatz von Zytostatika berechtigt ist. Verwendet wird an der Frauenklinik Graz eine Kom- bination von Adriblastin parente- ral mit Endoxan peroral. In letzter Zeit tritt dazu Oncovin i. v. In Form einer Langzeitbehandlung sind die Präparate besser ver- träglich, besser wirksam und zei- gen weniger Nebenwirkungen als die früher angewandte Stoß- und Monotherapie (Dr. H. Pickel, Dr. M. Lahousen, Universitäts- frauenklinik Graz). MS
(Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Mill- statt/Kärnten, Mai 1978)
Künstliche Betazelle
Neuerdings gibt es einen Appa- rat, der auf komplizierte Weise den Blutzucker-Insulin-Regel- kreis extrakorporal normalisiert (Professor Dr. E. F. Pfeiffer, Medi- zinische Klinik der Universität Ulm). Der Apparat*) ist .aufwendig und nur temporär einsetzbar, zum Beispiel bei Operationen, im Koma usw. Ein Ersatz für die Ge- wichtsabnahme des übergewich- tigen Diabetikers ist er nicht. WP
(13. Jahrestagung der Deutschen Diabetes- gesellschaft, Mai 1978, Düsseldorf)
*) Siehe hierzu auch Dt. Ärztebl. 75 (1978) 547-554
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