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Inlandsgültigkeit tschechischer Fahrerlaubnis

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Academic year: 2022

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VG Bayreuth, Beschluss v. 24.08.2018 – B 1 S 18.815 Titel:

Inlandsgültigkeit tschechischer Fahrerlaubnis Normenketten:

FeV § 28 Abs. 4 S.1 Nr. 4

VwGO § 80 Abs. 5, § 117 Abs. 3 S. 2 StGB § 69a

StVG § 29 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Leitsätze:

1. Eine Anerkennungsversagung einer ausländischen Fahrerlaubnis ist auch dann zulässig, wenn der Betroffene zum Zeitpunkt der Erteilung einer ausländischen EU-/EWR-Fahrerlaubnis zunächst nur von einem Fahrverbot betroffen gewesen ist, ihm die Fahrerlaubnis jedoch später aufgrund des gleichen Sachverhalts entzogen wurde (Anschluss EuGH BeckRS 2008, 71209). (redaktioneller Leitsatz)

2. Inhalt eines (nur deklaratorischen) Verwaltungsaktes nach § 28 Abs. 4 S. 2 FeV ist die Feststellung, dass der Betroffene nicht berechtigt ist, von seiner Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Tenoriert die Behörde die Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so kann dieser Verwaltungsakt in einen entsprechenden feststellenden Verwaltungsakt umgedeutet werden (Anschluss BVerwG BeckRS 2009, 33459). (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Inlandsgültigkeit tschechischer Fahrerlaubnis, Erteilung ausländischer Fahrerlaubnis während Sicherstellung des Führerscheins in Deutschland, Feststellender Verwaltungsakt, Umdeutung, aufschiebende Wirkung, Anerkennung, Aberkennung, Ermessensfehler, Fahrerlaubnisentziehung, Wohnsitzerfordernis, Vollziehung, Fahrverbot

Fundstelle:

BeckRS 2018, 24021  

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der am … geborene Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Landratsamts F* … (nachfolgend: Landratsamt) betreffend die Inlandsgültigkeit seiner tschechischen Fahrerlaubnis.

2

Der Antragsteller beantragte beim Landratsamt unter dem 07.02.2018 die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen A, B und BE auf der Grundlage der Umschreibung einer tschechischen Fahrerlaubnis mit der Führerschein-Nr.: … Das Landratsamt teilte ihm daraufhin mit Schreiben vom 09.03.2018 mit, dass eine Umschreibung seiner tschechischen Fahrerlaubnis, die nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtige oder berechtigt habe, nicht möglich sei und dass ihm des Weiteren das Recht aberkannt werden müsse, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. Mit Schreiben vom 09.05.2018 wurde dem Bevollmächtigten des Antragstellers, der sich zwischenzeitlich angezeigt hatte, mitgeteilt, dass eine Zuerkennungsentscheidung nach § 28 Abs. 5 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) abgesehen davon, dass die Fahrerlaubnis während der Sperrfrist erteilt

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worden sei, unter anderem (erst) dann möglich wäre, wenn die entsprechende Eintragung im Fahreignungsregister getilgt sei, was ebenfalls noch nicht geschehen sei.

3

Mit Schreiben vom 25.05.2018 führte der Bevollmächtigte des Antragstellers aus, dass der gestellte Antrag nicht zurückgenommen werde. Er verwies im Wesentlichen darauf, dass bereits infolge der Fahrt am 24.12.2009 das Verfahren wegen Fahrens ohne die erforderliche Fahrerlaubnis eingestellt worden sei.

Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist ausgestellt worden sei.

Zum damaligen Zeitpunkt habe der Antragsteller das Wohnsitzerfordernis erfüllt. Außerdem sei im Ausland eine MPU erfolgreich absolviert worden. Es werde um die Rücksendung der (inzwischen abgelieferten) tschechischen Fahrerlaubnis bis 08.06.2018 gebeten.

4

Mit Bescheid vom 03.07.2018 wurde dem Antragsteller - soweit im hiesigen Eilverfahren

streitgegenständlich - das Recht aberkannt, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen (Nr. 2 des Bescheids). Die Nr. 2 des Bescheids wurde für sofort vollziehbar erklärt (Nr. 4).

5

Zur Begründung führte das Landratsamt aus, nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürften Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland hätten, vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4, im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV gelte die Berechtigung nach Abs. 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden dürfe. Der Antragsteller sei mit Urteil des Amtsgerichts F* … vom 23.02.2009 (Az.: …*), rechtskräftig seit 23.02.2009, zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Seine Fahrerlaubnis sei ihm entzogen worden und es sei eine isolierte Sperre bis 22.12.2009 festgesetzt worden.

Dem Verfahren habe zugrunde gelegen, dass er am 10.11.2008 gegen 02:45 Uhr mit seinem Pkw auf der A* …in F* … gefahren sei, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen sei. Eine bei ihm am 10.11.2008 um 03:05 Uhr entnommene Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration von 1,42 Promille ergeben. Sein Führerschein sei anschließend am 10.11.2008 sichergestellt worden. Die tschechische Fahrerlaubnis für die Klassen A, B und BE sei dem Antragsteller am 31.12.2008 vor Ablauf der Sperrfrist erteilt worden. Ihm sei zunächst mit Ausstellungsdatum einer Führerscheinkarte am

31.12.2008 unter der Führerschein-Nr.: … sowie mit Ausstellungsdatum einer weiteren Führerscheinkarte am 03.06.2010 unter der Führerschein-Nr.: … am 31.12.2008 eine tschechische Fahrerlaubnis der entsprechenden Klassen erteilt worden. Bei der Ausstellung der neuen Führerscheinkarte am 03.06.2010 handele es sich nicht um eine neue Erteilung einer Fahrerlaubnis, sondern lediglich um eine neue Ausstellung einer Führerscheinkarte, was sich eindeutig aus dem deckungsgleichen Erteilungsdatum (31.12.2008) jeweils in Spalte 10 der Führerscheinkarte ergebe. Eine Umschreibung der tschechischen Fahrerlaubnis, welche nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigte oder berechtigt habe, sei nach § 30 Abs. 1 FeV nicht möglich.

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Nach § 28 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 4 FeV könne die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Das Ermessen sei intendiert, da im vorliegenden Fall ein

Feststellungsinteresse daran bestehe, die Zweifel der in Frage gestellten Tatbestandsvoraussetzungen des

§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV zu beseitigen. Ebenso scheide eine Zuerkennung nach § 28 Abs. 5 FeV schon allein deshalb aus, weil die entsprechende Eintragung im Fahreignungsregister noch nicht getilgt sei. Der entsprechende Sperrvermerk der Aberkennung sei im Führerschein angebracht worden. Die sofortige Vollziehung des feststellenden Verwaltungsaktes werde im öffentlichen Interesse angeordnet, um nach außen zu dokumentieren, dass keine Fahrberechtigung bestehe. Es sei mit den Belangen der

Verkehrssicherheit nicht zu vereinbaren, dass am öffentlichen Straßenverkehr Personen als Führer von Kraftfahrzeugen teilnähmen, obwohl sie sich hierzu als ungeeignet erwiesen hätten bzw. dazu nicht berechtigt seien. Dieses von der Behörde wahrzunehmende Interesse am sofortigen Schutz der übrigen Verkehrsteilnehmer überwiege nach Ansicht des Landratsamts das Interesse des Antragstellers, bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Aberkennungsverfahrens vorläufig weiter von der Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu können. Auf die weitere Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.

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Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 06.08.2016 - bei Gericht eingegangen am selben Tag - Klage erheben, die unter dem Az.: B 1 K 18.816 geführt wird und über die noch nicht entschieden wurde. Mit weiterem Schriftsatz vom 06.08.2018 wurde um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 03.08.2018 gegen Nr. 2 des Bescheids des Landratsamt F* … vom 03.07.2018, Az.: …, bezüglich der Aberkennung des Rechts, von der tschechischen Fahrerlaubnis mit der Führerschein-Nr. … im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu

machen, wird wiederhergestellt.

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Die vom Landratsamt erlassene Vollzugsanordnung sei rechtswidrig, da ein überwiegendes öffentliches Vollzugsinteresse nicht festgestellt werden könne. Insbesondere sei der zugrundeliegende Verwaltungsakt rechtswidrig und im Klageverfahren aufzuheben. Der Antragsteller sei berechtigt, die dem Landratsamt zur Umschreibung vorgelegte Fahrerlaubnis auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland weiter zu nutzen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland hätten, im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeug im Inland führen. Eine Einschränkung bestehe lediglich durch die Absätze 2 bis 4. Nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 und 4 FeV habe der Antragsteller während der gerichtlichen Einziehung seines Führerscheins und der gerichtlich erteilen Sperrfrist mit Urteil vom 23.02.2009 im Zeitraum vom 22.02.2009 bis 22.12.2009 von seiner ausländischen Fahrerlaubnis im Inland keinen Gebrauch machen dürfen. Die am 31.12.2008 ausgestellte tschechische Fahrerlaubnis habe ihm jedoch das Recht gewährt, vor und nach Ablauf dieser gerichtlich festgesetzten Sperrfrist Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, da die Fahrerlaubnis nach Ablauf der vorausgegangenen Sperrfrist, die am 27.04.2006 geendet habe und vor Anlauf der am 23.02.2009 festgesetzten Sperrfrist ausgestellt worden sei. In dieser Zeit habe der Antragsteller auch das Wohnsitzerfordernis für die Anerkennung seines ausländischen Führerscheins erfüllt. Es sei somit schon die am 31.12.2008 ausgestellte tschechische Fahrerlaubnis anzuerkennen gewesen. Denn hätten die Behörden eines Mitgliedstaats einen Führerschein nach Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG ausgestellt, seien die anderen Mitgliedstaaten nicht befugt, die Beachtung der in dieser Richtlinie aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen nachzuprüfen, weshalb der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins als Beweis dafür anzusehen sei, dass der Inhaber am Tag der Ausstellung die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt habe (verwiesen wurde auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, U.v. 23.04.2015 - C-260/13, Aykul - juris). Für eine Anerkennungspflicht der erteilten Fahrerlaubnis spreche auch, dass dem Antragsteller nach Anklageerhebung bezüglich des

Vorwurfs des Fahrens ohne Fahrerlaubnis am 24.12.2009 und der darauf folgenden Einstellung des

Verfahrens seitens der Verwaltung nicht untersagt worden sei, von seiner Fahrerlaubnis weiter Gebrauch zu machen.

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Auch die zur Umschreibung vorgelegte tschechische Fahrerlaubnis mit der Führerschein-Nr. …, ausgestellt am 03.06.2010 durch die tschechischen Behörden, sei nach Ablauf der Sperrfrist ausgestellt worden, die am 22.12.2009 geendet habe. Zu diesem Zeitpunkt habe der Antragsteller das Wohnsitzerfordernis erfüllt.

Ferner sei im dortigen Ausland eine MPU erfolgreich absolviert worden. Entsprechende Nachweise seien dem Landratsamt im Zuge des Antrags zur Umschreibung vorgelegt worden, so dass auch die

Voraussetzungen des § 28 Abs. 5 FeV gegeben seien. Aufgrund der bestehenden Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsaktes sei die aufschiebende Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs wieder herzustellen. Die Notwendigkeit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ergebe sich auch aus den schwerwiegenden Folgen für den Antragsteller. Dieser sei zwingend auf seinen Führerschein angewiesen, der die Grundlage für Verpflegungsbesorgungen des Antragstellers darstelle. Ein Verzicht bis zur

Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache sei nicht zuzumuten.

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Mit Schriftsatz vom 20.08.2018 hat das Landratsamt die einschlägigen Akten vorgelegt und beantragt, den Antrag abzulehnen.

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Ergänzend zu den bereits im Bescheid enthaltenen Gründen führt das Landratsamt im Wesentlichen aus, der Führerschein des Antragstellers sei am 10.11.2008 sichergestellt worden. Eine gerichtliche Aufhebung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis sei nicht erfolgt. Eine Neuerteilung einer deutschen, aber auch einer tschechischen, Fahrerlaubnis wäre demnach gem. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 3 und 4 FeV frühestens nach Ablauf der Sperrfrist am 23.12.2009 möglich gewesen. Ob später im Jahr 2010 eine tschechische Eignungsüberprüfung notwendig gewesen sei, sei für die Beurteilung des

streitgegenständlichen Verfahrens nicht relevant, da maßgeblicher Zeitpunkt einzig und allein das Erteilungsdatum der tschechischen Fahrerlaubnis am 31.12.2008 sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).

II.

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Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

14

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines

Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da die Klage des Antragstellers nach summarischer Überprüfung aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides wiegt insoweit schwerer als das Aufschubinteresse des Antragstellers.

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In der Sache selbst folgt das Gericht zunächst den Gründen des angegriffenen Bescheids und sieht insoweit von einer gesonderten Darstellung der Gründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Ergänzend hierzu ist zum Vorbringen des Antragstellers sowie zur Sache noch das Folgende auszuführen:

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Nach dem Grundsatz des § 28 Abs. 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, im Umfang ihrer Berechtigung Fahrzeuge auch im Inland führen. Dieser Grundsatz erfährt in den Absätzen 2 bis 4 des § 28 FeV jedoch gewisse Ausnahmen, in denen eine im Ausland erteilte Fahrerlaubnis - kraft Gesetzes - keine

Inlandsgültigkeit beansprucht. In diesem Zusammenhang enthält § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV die Befugnis der Behörde, in den Fällen des § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung zu erlassen. Dies ist hier der Fall, da die tschechische Fahrerlaubnis den Antragsteller von Beginn an nicht dazu berechtigt hat, von ihr im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.

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Für die Anwendung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV, den der Europäische Gerichtshof in weiten Teilen für nicht europarechtskonform hält, bleibt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts im Wesentlichen nur noch dort Raum, wo eine Fahrerlaubnis während des Laufs einer Sperrfrist erworben wurde oder wo ein vom Ausstellerstaat selbst eingeräumter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip vorliegt (vgl. hierzu Koehl in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Auflage 2017, § 28 FeV Rn. 33 ff. m.w.N.).

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Soweit das Landratsamt im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt hat, dass der Anerkennung der tschechischen Fahrerlaubnis des Antragstellers i.S.v. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV entgegenstehe, dass diese während einer Sperrfrist i.S.v. § 69a StGB erteilt worden sei, ist dem jedenfalls im Ergebnis zu folgen.

Denn zwar hat der Antragsteller am 10.11.2008 eine Trunkenheitsfahrt begangen, infolge derer sein Führerschein sichergestellt wurde und derentwegen ihm mit Urteil des Amtsgerichts F* … vom 23.02.2009 (Az.: …*), rechtskräftig seit 23.02.2009, seine Fahrerlaubnis entzogen worden und eine Sperrfrist zur Wiedererteilung von zehn Monaten bestimmt worden ist. Nach § 69a Abs. 5 Satz 1 bzw. 2 StGB beginnt die

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Sperrfrist mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils bzw., wenn die Fahrerlaubnis schon vorläufig entzogen war, bereits mit Verkündung des Urteils in der letzten Tatsacheninstanz (vgl. Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 29. Auflage 2014, § 69a Rn. 18; Heuchemer in BeckOK StGB, 38. Edition, Stand:

01.05.2018, § 69a Rn. 23). Beginn der zehnmonatigen Sperrfrist war somit der 23.02.2009. Hinsichtlich der zeitlichen Abfolge ist vorliegend festzustellen, dass die Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis am 31.08.2008 nach dem Tattag und der Sicherstellung des Führerscheins (10.11.2008), aber auch vor dem Beginn der Sperrfrist (23.02.2009) war.

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Im hiesigen Fall steht die im Urteil des Amtsgerichts F* … vom 23.02.2009 verhängte Sperrfrist der Pflicht der deutschen Behörden zur Anerkennung der tschechischen Fahrerlaubnis jedoch deswegen entgegen, weil der Führerschein des Antragstellers zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung am 31.12.2008 bereits von der Polizei sichergestellt worden war (vgl. Tatblatt und Sachverhaltsdarstellung der PI F* … vom 29.11.2008, Bl. 56 f. der Behördenakte) und zu einem späteren Zeitpunkt, aufgrund desselben Vorfalls, eine Sperrfrist verhängt wurde. Der Europäische Gerichtshof hat im Kontext der nationalen Regelung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV klargestellt, dass eine Anerkennungsversagung auch dann mit den maßgeblichen europarechtlichen Vorgaben vereinbar ist, wenn der Betroffene zum Zeitpunkt der Erteilung einer

ausländischen EU-/EWR-Fahrerlaubnis zunächst nur von einem Fahrverbot betroffen gewesen ist, ihm die Fahrerlaubnis jedoch später aufgrund des gleichen Sachverhalts entzogen wurde (EuGH, U.v. 20.11.2008 - C-1/07, Weber - juris). Diese Rechtsprechungslinie wurde dahingehend weiterentwickelt, dass auch die polizeiliche Verwahrung eines Führerscheins bei einer anschließenden Fahrerlaubnisentziehung aus den gleichen Gründen ausreichend ist, um die Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis in diesen Fällen zu versagen (EuGH, U.v. 13.10.2011 - C-224/10, Apelt - NJW 2012, 369 ff.; vgl. hierzu auch Neu in

Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Auflage 2016, Stand: 30.07.2018, § 28 FeV Rn. 60 f.).

Somit macht es keinen Unterschied, wenn das Urteil, mit dem die Sperre verhängt wurde, erst nach der Ausstellung des Führerscheins im Ausstellermitgliedstaats rechtskräftig geworden ist und die Gründe, die zur Verhängung der isolierten Sperre führten, zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins bereits vorlagen (Koehl a.a.O., § 28 FeV Rn. 37a, betreffend § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV).

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Völlig zu Recht hat das Landratsamt auch darauf hingewiesen, dass es vorliegend maßgeblich auf die Fahrerlaubniserteilung in Tschechien am 31.08.2008 ankommt. Was den Führerschein des Antragstellers anbelangt, der ihm am 03.06.2010 ausgestellt worden ist (Bl. 106 der Behördenakte), ist auch hier unter 10.

das Erteilungsdatum „31.12.2008“ vermerkt, sodass es sich nicht um eine erneute Fahrerlaubniserteilung handelt, sondern um die wiederholte Ausstellung eines Führerscheindokuments. Schon gar nicht kann am 03.06.2010 eine Neuerteilung einer tschechischen Fahrerlaubnis aufgrund einer medizinisch-

psychologischen Untersuchung (in Tschechien) erfolgt sein, da diese ausweislich der dem Landratsamt übergebenen Dokumente (Bl. 126 ff. der Behördenakte) am 15.06.2010 - und somit später -stattgefunden hat.

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Schließlich spielt es auch keine Rolle, dass der Antragsteller die tschechische Fahrerlaubnis auch noch nach dem Ablauf der Sperrfrist aus dem Urteil vom 23.02.2009 innehatte. Denn in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist es hinlänglich geklärt, dass eine während einer Sperrfrist erteilte

Fahrerlaubnis nicht allein durch den Ablauf dieser Frist anzuerkennen ist und somit ihre

europarechtswidrige Erteilung nicht rückwirkend geheilt wird, sondern dass es einzig auf den Zeitpunkt der Ausstellung ankommt (EuGH, U.v. 03.07.2008 - C-225/07, Möginger - juris Rn. 41; s.a. Koehl a.a.O., § 28 FeV Rn. 37). Ob vorliegend darüber hinaus ein Wohnsitzverstoß vorliegt, der zur Anerkennungsversagung berechtigt, ist daher unerheblich.

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Zutreffend hat das Landratsamt weiterhin ausgeführt, dass der Inlandsgültigkeit der tschechischen Fahrerlaubnis des Antragstellers entgegensteht, dass die zugrundeliegende Maßnahme ins Fahreignungsregister eingetragen und noch nicht getilgt ist (§ 28 Abs. 4 Satz 3 FeV). Die

Fahrerlaubnisentziehung und Verhängung einer Sperrfrist im strafgerichtlichen Urteil vom 23.02.2009 ist ins Fahreignungsregister eingetragen worden (vgl. die Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes, Bl. 112 der Behördenakte). Sie ist auch nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) gelöscht oder zu löschen.

§ 65 Abs. 3 StVG regelt die Überführung der Regelungen über das Verkehrszentralregister und

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Punktesystem in die Regelungen über das Fahreignungsregister und das Fahreignungs-Bewertungssystem.

Nachdem es sich bei der Fahrerlaubnisentziehung im Urteil vom 23.02.2009 und der Verhängung der Sperrfrist nicht um eine Entscheidung handelt, die nach § 28 Abs. 3 FeV in der ab 01.05.2014 anwendbaren Fassung nicht mehr zu speichern wäre, war sie nicht am 01.05.2014 zu löschen (vgl. § 65 Abs. 3 Nr. 1 StVG). Mithin richtet sich die Tilgung und Löschung der Eintragung wegen § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG nach § 29 StVG in der bis zum Ablauf des 30.04.2014 geltenden Fassung (nachfolgend: § 29 StVG a.F.).

Hiernach betrug die Tilgungsfrist für eine strafgerichtliche Entscheidung, mit der die Fahrerlaubnis entzogen oder eine Sperre nach § 69a StGB angeordnet wurde - diese sind in § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) StVG a.F.

ausdrücklich ausgenommen - zehn Jahre (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVG a.F.). Zudem begann die Tilgungsfrist bei einer Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 29 Abs. 5 Satz 1 FeV a.F. erst mit der

Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der beschwerenden Entscheidung. Von einer Tilgungsreife der Eintragung kann daher zum jetzigen Zeitpunkt keine Rede sein.

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Der Erlass des feststellenden Verwaltungsaktes nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV steht im Ermessen der Behörde, wobei in Fällen, in denen - wie hier - Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen bestehen, von einem intendierten Ermessen auszugehen ist, bei dem eine dezidierte

Ermessensbegründung entbehrlich ist (vgl. hierzu Neu a.a.O., § 28 FeV Rn. 98 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund kann ein sog. Ermessensfehler i.S.v. § 114 Satz 1 VwGO hier nicht erkannt werden, zumal das Landratsamt jedenfalls der Sache nach zutreffend (vgl. oben) maßgeblich zugrunde gelegt hat, dass der Inlandsgültigkeit der tschechischen Fahrerlaubnis die in Deutschland gerichtlich bestimmte Sperrfrist entgegensteht.

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Inhalt eines (nur deklaratorischen) Verwaltungsaktes nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV ist die Feststellung, dass der Betroffene nicht berechtigt ist, von seiner Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Tenoriert die Behörde (wie im vorliegenden Bescheid) die Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen - für die kein Raum bleibt, da die Unwirksamkeit sich schon aus dem Gesetz ergibt -, so kann dieser Verwaltungsakt gem. Art. 47 BayVwVfG in einen entsprechenden feststellenden

Verwaltungsakt umgedeutet werden (vgl. VGH BW, U.v. 16.09.2008 - 10 S 2925/06 - juris Rn. 27 ff., bestätigt durch BVerwG, B.v. 09.04.2009 - 3 B 116/08 - juris Rn. 4; Neu a.a.O., § 28 FeV Rn. 93 ff. m.w.N.).

Für eine solche Umdeutung spricht im vorliegenden Fall zudem, dass das Landratsamt in den Gründen des Bescheids ausdrücklich ausgeführt hat, einen feststellenden Verwaltungsakt nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassen zu wollen (so explizit auf S. 3 des Bescheids, 5. Absatz).

25

Schließlich begegnet auch die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit in Ziff. 4. des Bescheids keinen Rechtmäßigkeitsbedenken. Insbesondere genügen die Ausführungen hierzu dem (formellen)

Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Das Landratsamt hat hinreichend einzelfallbezogen dargelegt, warum aus seiner Sicht dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des feststellenden Verwaltungsaktes Vorrang gegenüber dem Suspensivinteresse des Antragstellers einzuräumen ist. Im Übrigen bestehen insoweit keine hohen Anforderungen an die

Ausführungen der Behörde. Diese kann sich zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu

machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt (vgl. Koehl a.a.O.,

§ 28 FeV Rn. 55).

26

Nach alledem ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die

Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Ziffern 1.5, 46.1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

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