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Die Stadt im Mittelalter - Zwischen Patriziat und Randgruppe

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Academic year: 2022

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Rund um die Reihe

Warum wir das Thema behandeln

Die Beschäftigung mit dem Thema Stadterfüllt nicht zuletzt unter fachdi dak ti schen Aspekten die Bedingungen der longue durée. Es sind somit Struk tu ren zu erkennen, die über eine lange Ent wick lungs linie bis in unsere Zeit ge schichts bestimmend gültig sind und fort wirken.

Zugleich muss die Stadt in ihrer Entstehung und Entwicklung betrachtet werden, da sie bereits in ihrer Entstehungszeit ein völlig anderer Lebensraum als der dörflich-ländliche Bereich war. Der neu artige Raum forderte seinen Bewohnern eine veränderte Lebensweise ab, die sich von derjenigen der Landbe wohner extrem unterschied: Der Mensch wurde nunmehr durch Handel, Geldwirtschaft und Handwerk in einen anderen Arbeitsprozess gestellt, was sich selbstverständlich auf seine Lebens gewohnheiten, auf Wohnung, Kleidung etc.

auswirkte.

Der Reiz des Themas liegt nicht zuletzt in der Behandlung der historischen Einzigartigkeit, in der Möglichkeit, über exemplari sche Verfahren ein europäisches Phänomen zu erarbeiten, und schließ lich darin, an vielen Stellen über eine Problematisierung mithilfe der mittelalter lichen Stadt den heute vorherrschenden Lebens- und Erfah - rungsraum Stadt zu reflektieren.

Was Sie zum Thema wissen müssen

Zahlen zur mittelalterlichen Stadt

Städte waren im Mittelalter die Ausnahme. Um 1100 lebten vielleicht 2 % der Bevölkerung in Städten. Um 1350 waren es etwa 15 %. Im Laufe des Mittelalters entstanden nach groben Schätzungen in Deutschland etwa 4 000 Städte. So viele existieren auch noch heute. Köln war mit 40 000 Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt in Deutschland. Die meisten Städte besaßen 500 bis 2 000 Einwohner. Nach mittelalterlichen Maßstäben darf man Städte mit 50.000 und mehr Einwohnern bereits als Weltstädte betrachten.

Das städtische Handwerk als Modernisierungsfaktor

Für den Brandschutz einer Stadt waren vorwiegend die Handwerker zuständig. Freiwillige Feuerwehren waren noch Mitte des 19. Jahrhunderts die Ausnahme. Mädchen konnten nur wenige Lehrberufe ergreifen. Für sie wa- ren hauptsächlich die Berufe der Töpferin, der Weberin oder der Schneiderin vorbehalten. In diesen Berufen konnten sie auch Meisterinnen werden. In manchen Zünften durften sie nach dem Tode ihres Mannes auch des- sen Betrieb weiterführen.

Juden als städtische Randgruppe

Juden besaßen in der mittelalterlichen Stadt eine Sonderstellung. Sie mussten sich in einem ummauerten Viertel ansiedeln, in dem sie eine eigene Gerichtsbarkeit ausüben durften. Gleichzeitig wurde ihnen nur die Ausübung bestimmter Berufe gewährt, wie zum Beispiel aufgrund des Zinsannahmeverbotes für Christen der Geldverleih.

Der Stadtherr war ihr unmittelbarer Schutzherr, dem sie Sondersteuern zu entrichten hatten.

Vorschläge für Ihre Unterrichtsgestaltung

Voraussetzungen in der Lerngruppe

Inhaltlich sollten sich die Lernenden mit dem Lehnswesen des Mittelalters befasst haben, um die Sozialstruktur der Stadt leichter nachvollziehen zu können. Außerdem sollten die Kinder relativ selbstständig arbeiten können und im Umgang mit Bildmaterial vertraut sein.

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Zwischen Patriziat und Randgruppe (Klasse 6)

Mittelalter • Beitrag 11 3von 18

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Aufbau der Reihe

In der ersten Stunde der Einheit erfahren die Schülerinnen und Schüler, wie die Bevölkerungsstruktur der mittel- alterlichen Stadt war. Durch einen Darstellungstext lernen die Schülerinnen und Schüler die Patrizier, die Krä- merundHandwerkersowie die sogenannten kleinen Leuteals konstitutive Bevölkerungsgruppenken- nen. Sie ordnen im Text genannte Mitglieder dieser Gruppen verschiedenen Abbildungen zu (M1).

Durch die Folie (M 2) und einen kurzen Darstellungstext (M 3) lernt die Klasse die Patrizier als Oberschicht kennen, die über alle städtischen Ämter herrscht und in ihrem Lebensstil dem mittelalterlichen Adel nacheifert.

Ein kurzer Darstellungstext (M 4) stellt den Schülerinnen und Schülern die Zunft als wichtige Organisation der städtischen Handwerker vor. Mithilfe eines dazu gehörigen Gitterrätsels sollen die Lernenden die Begriffe des Textes wieder finden und dadurch zentrale Aufgaben der Zunft erschließen. In einer weiteren Aufgabe soll der Zwangscharakter der Zunft reflektiert werden, indem die Lernenden überlegen, warum die Handwerkerorga- nisation die Zahl der Meisterstellen und die Anzahl der Beschäftigten je Betrieb regelte.

Anhand von M 5wird den Schülerinnen und Schülern die Sonderstellung von Minderheitenin der Stadt des Mittelalters am Beispiel der Judenvor Augen geführt. Das Judenprivileg des Bischofs von Speyer von 1084 wird den Schülerinnen und Schülern in gekürzter und sprachlich vereinfachter Form präsentiert. Durch eine ein- fache, kurze Textanalyse arbeiten sie spezifische Merkmale der ambivalenten jüdischen Sonderstellung (Juden- viertel, Zuweisung bestimmter Berufe usw.) heraus und benennen die Motive der Ausgrenzung der Juden. Ge- rade die Minderheitenproblematik fordert zu Gegenwartsbezügen und dem Versuch zu einer Sensibilisierung der Schülerinnen und Schüler für diese Fragestellung heraus, indem über heutige Randgruppen und ihre Wohn- verhältnisse gesprochen werden kann. Gegen Ende dieser Lerneinheit bietet sich eine Leistungskontrollean (M 6), mit der das neu erworbene Wissen abgerufen wird.

Diese Kompetenzen trainieren Ihre Schüler

Die Schülerinnen und Schüler können …

– Aspekte mittelalterlicher Standesverhältnisse erklären.

– die Organisationsweise städtischer Handwerker beschreiben.

– dem Bildmaterial Informationen entnehmen.

Medientipps

Bücher

Nicholas Harris und Peter Dennis:Abenteuer Zeitreise. Geschichte einer Stadt. Mannheim – Leipzig – Wien – Zürich: Meyers Lexikonverlag 2002.

Die Entwicklung einer englischen Stadt von ihren Anfängen im Jahr 1000 v. Chr. als kleine Bauernsiedlung an ei- nem Flussufer bis heute als moderne Kapitale mit historischen Überbleibseln wie Kathedrale, römischer Stadtmau- er und Ausgrabungsstätte wird für Kinder nachvollziehbar auf farbig gezeichneten Doppelseiten mit kurzen Er- läuterungen sehr detailliert dargestellt. Indem immer derselbe Ortsteil in seiner verschiedenartigen historischen Ausprägung gezeigt wird, werden die historische Einzigartigkeit, aber auch die Einflüsse früherer Zeiten auf die städtische Entwicklung umso offenkundiger. Für Kinder reizvoll: Die gezeichneten Doppelseiten beinhalten ver- schiedene humoristische Szenen und auf jedem Bild ist ein rothaariger Bäcker zu suchen. Mit Zeitleiste am Seiten- rand, Worterklärungen und Register.

Steve Noon und Philipp Steele:Eine Stadt im Lauf der Zeit. London – New York – Melbourne – München – Delhi: Dorling Kindersley 2004.

Ein ähnlich angelegtes Bilderbuch mit noch großformatigeren, farbig illustrierten Doppelseiten und kurzen Erläu-

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Die Reihe im Überblick

Stunde 1 Die „bessere Gesellschaft“ – das Patriziat M 1 (Ab) Wer lebte in der Stadt im Mittelalter?

M 2 (Fo) Auf zum mittelalterlichen Tanzvergnügen!

M 3 (Ab) Menschen in Samt, Seide und Pelz – die Patrizier

Stunde 2 Handwerker und ihre Zusammenschlüsse

M 4 (Ab) In der Schustergasse: Handwerker organisieren sich in Zünften

Stunde 3 Die Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung M 5 (Ab) Menschen am Rand – Juden in der Stadt

Lernerfolgskontrolle

M 6 (Ab) Menschen in der mittelalterlichen Stadt M 7 (Tx) Von A bis Z – das Wichtigste auf einen Blick

Abkürzungen

Ab= Arbeitsblatt; Fo= Folie; Tx= Text

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Menschen in Samt, Seide und Pelz – die Patrizier M 3

Im Mittelalter gab es noch keine teuren Autos, um allen seinen Reichtum zu zeigen. Aber anhand von schöner Kleidung konnte man sein Geld auch gut zur Schau stellen.

Aufgaben

1. Lies den Text aufmerksam.

2. Erkläre den Begriff Patrizier.

3. Erläutere, worauf die Macht der Patrizier beruhte.

D ie angesehensten Kaufleute in der Stadt, weitgereist und durch Reichtum stolz und selbst bewusst, nannten sich

Patrizier

und fühlten sich den Adeli gen gleichwertig.

Ihre Vorfahren waren Leibeigene des Grundherrn eines Stadtgebietes gewesen.

Dann aber hatten diese sich zu sammengeschlossen und ihre Rechte auf Kosten des Stadtherrn ausgewei tet. Besonders wichtig für die Kaufleute war die freie Verfügung über ihren Besitz und die Möglichkeit, Handelsreisen zu unter - nehmen.

Schlie ßlich hatten sie auch das Gericht und die Verwaltung der Stadt über - nommen. So legten sie die Höhe der Steuern fest und bestimmten ihre Ver wendung (z. B. für die Vergrößerung der Stadtmauer) und erließen Gesetze, die das Leben in der Stadt regelten.

Die Herr schaft der Patrizier führte dazu, dass sie jährlich die Rats herren aus ihrer Mitte bestimmten, die wiederum einen oder zwei Bürgermei ster wählten. Sie waren nicht bereit, die Macht mit anderen Stadt bewohnern zu teilen und verteidig ten sie mit Gewalt gegen andere Gruppen.

Zwar waren alle Einwohner frei und keinem Herrn mehr unterworfen, doch dass die Unter schiede an Besitz, Einkommen und politischem Einfluss erhalten blieben, darauf achteten die Patrizier streng. Nur Kinder der reichen Kaufmanns familien sollten einander heiraten, höchstens Adelige oder ein erst kürzlich zu großem Reichtum gelangter Bürger konnte manchmal noch Aufnahme in ihren Kreis finden.

Durch Kleiderordnungen wurde außerdem festgelegt, dass nur sie wertvolle Pelze und Stoffe tragen konnten.

Text: Andreas Hammer

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In der Schustergasse: Handwerker organisieren sich in Zünften M 4

Wer nicht zu den reichen Patriziern gehörte, war in der mittelalterlichen Stadt vielleicht Handwerker. Wie die Handwerker lebten und sich organisierten, kannst du hier nachlesen.

Q W E T E B N L I O P L A Q T Z U J V I

A D C K C H A S T I O Y X M M E R T E M

Q W A U S B I L D U N G C K V S C H R E

W U U L Q Q P C B N R U F W E L H L S N

W S A K A K L U B G E R E T R K T R O G

D C E L D L V I J C U Z S B K Q E I R E

C H R O I T C B H H T I T I A U G T G Q

V I Z M O T N M F S R O E O U A D N U A

T T U P F I A N S T W T Z M F B B L N C

Z T H E R S T E L L U N G L Z N N I G H

T W B K A E Y B T E M R T P T T A W O T

E in Handwerksmeister arbeitete allein oder mit einem Gesellen und Lehrlingen in seiner Werkstatt. Diese befand sich mit der Wohnung unter einem Dach.

Die Meister eines Berufes waren verpflichtet, sich in Zünften zusammenzuschließen.

Die Mitglieder einer Handwerkszunft wohnten oft in derselben Straße: beispiels- weise in der Schmiedegasse oder der Schustergasse. Sie feierten gemeinsam Feste.

Vor allen Dingen legten die Zünfte berufliche Angelegenheiten fest wie die Ausbil- dung der Lehrlinge, die Arbeit der Gesellen, die Herstellung,

Qualität, Menge und den Verkauf der Waren sowie den Lohn der Gesellen. Selbst die Versorgung der Mitglieder in der Not regelte die Zunft. Wenn jemand zum Beispiel durch Krankheit in finan- zielle Schwierigkeiten geraten war oder die Witwe eines Meisters unterstützt werden musste, half die Zunft mit Geld aus der Zunft- büchse. Letztlich sorgte eine Zunft dafür, dass die Meister einer Stadt ihr Einkommen hatten. Dies tat sie nicht zuletzt dadurch, dass immer nur eine bestimmte Anzahl von Handwerkern in der Stadt eine Meisterstelle antreten durfte. Selbst die Zahl der Gesel- len und Lehrlinge je Betrieb regelte die Zunft.

Text: Andreas Hammer

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16von 18 Zwischen Patriziat und Randgruppe (Klasse 6) III

M 6 Menschen in der mittelalterlichen Stadt

Du hast in den vergangenen Stunden eine Menge über die Stadt im Mittelalter und ihre Bewohner gelernt. Jetzt kannst du es beweisen!

1. Nenne die Stände in der Stadt im Mittelalter. (3 Punkte)

a) Stand: __________________________________________________________

b) Stand: __________________________________________________________

c) Stand: __________________________________________________________

2. Welche drei wichtigen Ämter hielten die Patrizier in ihren Händen? (3 P.)

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3. In welchen Gruppen schlossen sich die Handwerker zusammen? (1 P.)

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4. Nenne zwei Dinge, die diese Gruppen regelten. (2 P.)

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5. Nenne drei Personen bzw. Personengruppen, die zum dritten Stand gehörten. (3 P.)

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6. Welche Rolle hatten Juden in der mittelalterlichen Stadt? (1 P.)

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7. Erkläre, warum ihnen diese Rolle gegeben wurde. (3 P.)

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8. Nenne drei Sonderregelungen für Juden. (3 P.)

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Referenzen

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