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Predigt über Vergebung #2

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Academic year: 2022

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Predigt über Vergebung #2

Liebe Gemeinde,

letzte Woche haben wir angefangen über Vergebung zu reden. Und es ging darum, welche anderen Möglichkeiten es gibt, mit Verletzungen umzugehen: Vergessen, Heimzahlen oder Verbittern.

Wir haben gesagt, dass Sünden wie Steine sind, mit denen wir Menschen uns gegenseitig bewerfen und uns verletzen. Kleine Steine, die nur blaue Flecke verursachen. Und große Steine, die massive Platzwunden hinterlassen, von denen mindestens hässliche Narben zurückbleiben.

Und ich behaupte, dass wir und auch die meisten Menschen auf unserer Erde sich einig sind:

Am besten wäre es, wenn wir den Menschen vergeben, die sich an uns versündigt haben.

• Und eben nicht den Stein aufheben und zurückwerfen, um andere ebenso zu verletzen. Damit die Gewaltspirale sich nicht dreht und dreht und alles immer schlimmer wird.

• Aber eben auch nicht so zu tun, als wäre es nicht so schlimm und als hätte der Stein nicht wehgetan. Als wäre da kein Stein gewesen. Sünde unter den Teppich zu kehren, statt sie mit Gottes Hilfe aufzuarbeiten und heilen zu lassen.

• Und auch der dritte Weg ist keiner, der uns wirklich hilft: Verbitterung. Sie vergiftet uns von innen und nimmt uns jede Freude am Leben. Dann nämlich, wenn wir den Stein aufheben und festhalten, allen von der Verletzung erzählen, aber ihn einfach nicht loslassen können.

Am besten wäre es, wenn wir stattdessen vergeben würden, d.h. uns täglich neu dafür entscheiden, den Stein liegen zu lassen. Jemand anderes soll sich darum kümmern – Gott, andere Menschen – aber nicht wir. Wir fassen den Stein nicht an.

Theoretisch sind wir uns da, glaube ich, sehr einig und wissen, dass Vergebung das Beste ist, was wir tun können und was uns geschenkt werden kann. Aber wahrscheinlich kennt ihr auch die andere Seite.

Wenn es nicht nur um die richtige Antwort in der Bibelstunde oder im Kinderunterricht geht.

Wenn es nicht nur schöne Worte oder ein treffender Vergleich in der Predigt sind, die ihr gerne abnickt. Sondern, wenn die Sünde echt passiert ist. Wenn es tatsächlich weh tut. Wenn ihr verletzt oder enttäuscht wurdet. Wenn die Gefühle hochkochen. Dann ist Vergebung eine der schwierigsten Dinge überhaupt.

Ich habe darüber nachgedacht, wie das in meinem bisherigen Leben so war. Ich wurde in den letzten 35 Jahren tatsächlich sehr verschont, was massive Wunden angeht. Ich musste keine dramatischen „Schicksalsschläge“ hinnehmen, die viele andere Menschen in meinem Alter schon durchmachen mussten.

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• Meine Eltern haben sich gut um mich gekümmert. Ich hatte eine glückliche Kindheit.

Meine Eltern haben sich nicht getrennt und ich durfte in sehr stabilen Verhältnissen aufwachsen.

• Meine Schulzeit und mein Studium verliefen friedlich. Ich wurde nie wirklich zum Opfer von Gemeinheiten. Nie wirklich fertig gemacht.

• Auch in Sachen „Liebe“ hatte ich großes Glück. Ich durfte meine erste echte Freundin heiraten. Musste keine Scheidung durchleben. Und unsere Kinder machen mir/uns derzeit noch viel mehr Freude als Sorgen.

Im Vergleich zu manch anderem – bestimmt auch unter euch – musste ich in meinem Leben noch nicht viel erdulden. Und trotzdem liegt da ein Berg mit Steinen vor mir. Und ich muss euch sagen: Selbst einige dieser kleinen Sünden, die mich bisher getroffen haben – selbst die sind oft echt schwer zu vergeben. Selbst bei diesen Steinen ist es schwer, sie einfach liegen zu lassen.

Stellt euch vor, da sind diese beiden Christen, die charakterlich vollkommen verschieden sind und ständig aneinandergeraten. Der eine wird laut, wenn er sich verletzt fühlt. Der andere reagiert, indem er eine E-Mail zurückschreibt – mit wohl überlegten, aber oft nicht weniger verletzenden Worten. Als es wieder einmal fast eskaliert, sagt der eine zum anderen: „Lass uns mal in Ruhe über uns reden. Es kann so nicht weitergehen.“ Es kommt zu diesem Treffen. Sie reden über diese oder jene Sache aus der Vergangenheit. Und können das eine oder andere Problem sogar klären. Aber dann sagt der eine einen entscheidenden Satz: „Wir sind doch beide Christen. Wir wissen doch eigentlich, wie wir miteinander umgehen sollen: demütig, zuvorkommend und liebevoll … usw. “ Darauf antwortet der andere: „Ja, du hast Recht. Die Theorie ist schon klar, aber …“

Kennt ihr das?!

Ich weiß genau, wie es den beiden geht. Ich weiß, dass (und sogar wo) in der Bibel steht: „Liebt eure Feinde!“; „Halte die andere Backe hin…“; „Vergebt nicht nur 7mal sondern 70mal 7mal!“

Ich und wahrscheinlich ihr alle wisst, dass Vergebung angebracht wäre. In eurem Kopf ist alles glasklar. Aber in der Wirklichkeit… Es ist schon schwierig, für die Menschen da zu sein, die wir mögen und lieben. Aber den Menschen Gutes zu tun, die uns verletzt haben? Das fühlt sich immer wieder mal UNMÖGLICH an.

DU kannst ein Christ sein, der keinen Gottesdienst verpasst und die Bibel mehrfach durchgelesen hat. Die Sache mit dem Vergeben wird eine der schwierigsten und zugleich

„vollkommensten“ Dinge sein und bleiben, die Gott von uns verlangt.

Aber genau darum ist es gut, dass ihr heute hier seid. Von den über 100 Versen und Geschichten, in denen es um das Thema Vergebung geht, möchte ich euch heute 2 ganz besonders wichtige vorstellen.

Es geht los mit einem Gebet. Und danach schauen wir uns eine Geschichte an, die Jesus einmal erzählt hat. Und in diesen beiden Bibelstellen finden wir den Kraftstoff, um vergeben zu können. Zugleich finden wir darin die Heilung, die unser Herz braucht, wenn es uns so schwer fällt Steine loszulassen.

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Eine Warnung vorweg: Was Jesus hier sagt, wird Anstoß erregen – es kann uns nicht kalt lassen.

Trotzdem ist es lebenswichtig, dass wir darüber reden.

Ein besonderes Gebet

Fangen wir also an mit dem Gebet. Es ist ein besonderes Gebet, denn es stammt von Jesus höchstpersönlich. Aber es ist keines, das er gesprochen hat. Es ist ein Gebet, das er seinen Jüngern gegeben hat, damit sie wissen, mit welchen Worten sie vor den allmächtigen Gott treten sollen. Ihr alle kennt dieses Gebet. Es beginnt mit den Worten „Vater unser…“

Und es gibt tatsächlich mehrere Stellen in diesem Gebet, die mit Vergebung zu tun haben:

- Jesus lehrt uns dort z.B. zu sprechen „Vater unser im Himmel … dein Wille geschehe!“

Und Gottes Wille ist es, nicht zu verbittern und unser Herz vor anderen zu verschließen. Gott will, dass wir Menschen in Liebe und Freundlichkeit begegnen.

- In dem Gebet heißt es auch „Führe uns nicht in Versuchung“. Und wir beten damit auch: Gott, hilf mir, den Stein liegen zu lassen und nicht zurück zu werfen.

Aber genau in der Mitte des Vaterunsers gibt es 2 Zeilen, wo es ganz ausdrücklich um Vergebung geht.

Und da heißt es in der Version, wie Lukas sie uns aufgeschrieben hat – also in der etwas unbekannteren Fassung:

…auch wir vergeben allen, die an uns schuldig werden. Lukas 11,4b

Jesus, der wusste, auf welche Menschen die Jünger in ihrem Leben noch treffen würden – aber auch wem du in deinem Leben begegnen würdest. Dieser Jesus legt ihnen und uns genau diese Worte in den Mund. Und obwohl er die Zukunft genau kennt, wagt er es, dieses eine Wort mit in das Vaterunser hineinzunehmen: „ALLEN“.

…auch wir vergeben allen, die an uns schuldig werden. Lukas 11,4b

Jeder Christ, jeder Nachfolger von Jesus soll das beten. Jeden Sonntag. Zu jeder Bibelstunde und zu jeder Gelegenheit, zu denen ihr sonst das Vaterunser sprecht, bekennt ihr euch vor Gott dazu, ALLEN Menschen zu vergeben. Ihr bekennt euch dazu die Steine liegen zu lassen – kleine und große – die euch getroffen haben. Alle, ohne Ausnahme. Egal wie groß die Verletzung bei euch ist.

Aber bevor wir das vor Gott bekennen, kommt ein wichtiger anderer Satz, in dem es auch um Vergebung geht. Der ganze Vers in Lukas 11 lautet:

Und vergib uns unsre Sünden; denn auch wir vergeben allen, die an uns schuldig werden. Lukas 11,4

Oder in der bekannteren Fassung von Matthäus:

Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Matthäus 6:12

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Es scheint so, als würde Jesus wollen, dass wir – bevor wir über den und die nachdenken und darüber, was diese Leute uns angetan und wie sie uns verletzt haben… Es scheint so, als würde Jesus wollen, dass wir zuerst unter 4 Augen mit Gott, seinem und unserem Vater reden.

„Vater, ich bitte dich: Vergib mir meine Sünden / meine Schuld! Ich weiß, ich habe unzählige Steine (in deine Richtung) geworfen. Verbittere nicht wegen meiner Unfähigkeit, dir zu gehorchen. Vater, wirf die Steine nicht voller Zorn zurück auf mich.

Bitte sieh´ davon ab, mich zu strafen. Handle nach deiner erbarmenden Liebe, deiner grenzenlosen Gnade. Sei gut zu mir, obwohl ich es nicht verdiene. Höre mir zu. Hilf mir weiterhin. Schau freundlich auf mich. Kurz: Vater, vergib mir!“

Und wir sehen: Jesus kennt seine Jünger und uns sehr gut. Bevor wir Gelegenheit haben über die schmerzenden Wunden nachzudenken, die Mitmenschen uns zugefügt haben; bevor wir hinaus auf sie schauen, will er, dass wir… NACH OBEN schauen. Zu Gott. Denn er weiß – dort ist der einzige Ort, wo wir die Kraft finden anderen Menschen tatsächlich zu vergeben.

Kennt ihr das Musical (oder den Film) „Les Miserables“? Es basiert auf einem Roman des französischen Schriftstellers Victor Hugo. In diesem Musical geht es u.a. um „Jean Valjean“.

Diesem Mann wurde großes Unrecht getan von der Rechtsprechung seiner Zeit (Anfang des 19.

Jahrhunderts). Weil er ein Brot gestohlen hatte, wurde er für viele Jahre ins Gefängnis geworfen und anschließend quasi versklavt. Man kann sagen, ein großer Stein (oder sogar mehrere) hatte ihn da getroffen und er krallt sich an ihm fest. Über die Jahre wird sein Hass auf das System immer größer. Selbst nachdem er frei war, bestimmte diese Vergangenheit sein Leben. Er war obdachlos. Keiner wollte ihm Arbeit geben. Seine Verbitterung ist so groß, dass er fast platzt. Bis…

Bis ein Priester ihm Gastfreundschaft erweist. Er lädt ihn ein, gibt ihm etwas zu Essen und ein Bett zum Schlafen. Dieser Priester erweist Jean Valjean Liebe, obwohl er ihm nichts schuldig ist.

Aber dann passiert das beinahe Unvermeidliche. (Vielleicht habt ihr schon mal gehört, dass

„verletzte Menschen dazu neigen, auch andere zu verletzen“). Valjean kann den Stein seiner Vergangenheit einfach nicht loslassen. Stattdessen „wirft“ er ihn auf den Priester. Valjean stiehlt 2 silberne Kerzenständer aus den Schränken in der Kirche und läuft davon. Er versündigt sich gegen den einzigen Menschen, der (seit langer Zeit) bereit war ihm zu helfen.

Aber er wird gefasst. Die Polizei erwischt ihn und schleift ihn zusammen mit dem Diebesgut zurück zu dem Priester. Dieser hätte nur den Diebstahl bestätigen müssen, und Jean Valjean wäre direkt wieder ins Gefängnis gewandert. Aber wisst ihr, was der Priester sagt?

„Nein, Wachtmeister, hier liegt ein großer Irrtum vor. Diese Kerzenständer habe ich

dem Mann geschenkt.

Jean, du hast vergessen den Rest mitzunehmen.“

Die Polizisten schauen ungläubig, aber müssen Jean Valjean laufen lassen und gehen wieder ihres Weges.

Aber auch Jean versteht nicht, was hier gerade passiert. Da kommt der Priester auf ihn zu und sagt leise zu ihm:

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„Jean Valjean, mein Bruder, du gehörst nicht mehr länger dem Bösen. Du gehörst dem Guten. Ich entreiße deine Seele vom Einfluss dunkler Mächte und übergebe sie Gott.“

Ich will das Musical nicht für euch spoilern. Aber soviel sei verraten. Jean schafft es, den Stein loszulassen. Er kann vergeben. Er kann wieder lieben. Er kann wieder anderen dienen. Und sein Leben verändert sich grundlegend.

Nicht, weil die Sündensteine, die auf ihn geworfen wurden plötzlich weg gewesen wären – keiner konnte sie ungeschehen machen. Aber eine Sache veränderte sich: seine Sicht auf die Dinge. Er kam zu der Erkenntnis, wieviel ihm von Gott vergeben worden ist.

Und genau so ist es mit Jesus. Wenn wir in der Kirche sitzen und das Vaterunser sprechen.

Wenn wir am Ende eines Tages vor Gott kommen. Dann lasst uns mit den Dingen beginnen, die zwischen uns und Gott vorgefallen sind.

Und wenn wir dann verstehen, dass Jesus genau wie dieser Priester an uns handelt. Dass er so gut ist, obwohl wir Steine auf ihn geworfen haben. Selbst dann, wenn wir es eigentlich viel besser wussten. Manchmal aus Schwachheit, manchmal ganz bewusst – wie ein Steinwurf mit Ankündigung. Dann sagt Jesus zu uns:

„Mein Bruder / meine Schwester, du gehörst nicht mehr länger dem Bösen. Du gehörst dem Guten. Ich entreiße deine Seele vom Einfluss dunkler Mächte und übergebe sie Gott.

Ich handle nicht mit dir, wie du es verdient hättest, sondern erweise dir Liebe und helfe dir und höre dir zu und gebe dir, was du brauchst – immer wieder!“

Wenn wir das verstanden haben; wenn wir vor Gott reinen Tisch gemacht haben; wenn er uns (trotzdem) seiner Vergebung ganz gewiss gemacht hat. Dann sind wir bereit nach draußen zu schauen, auf die Menschen, die Steine auf uns geworfen haben. Und wir sind bereit zu vergeben. Uns dafür zu entscheiden, den Stein liegen zu lassen.

Ja, wie könnte ich den Stein auf sie oder ihn zurückwerfen, wenn Gott keinen einzigen Stein auf mich geworfen hat?! Diese einfache und doch so wunderbare Wahrheit steckt in dem Gebet, das Jesus seine Jünger und uns gelehrt hat.

Diese Wahrheit, diese Kraftquelle hängt allerdings mit einer sehr sehr wichtigen, mit einer alles entscheidenden Frage zusammen:

WIE VIELE STEINE HABT IHR AUF GOTT GEWORFEN?

Wenn ihr hier vor ans Kreuz schaut. Wie groß ist der Steinhaufen, der sich am Fuß des Kreuzes auftürmt?

In Lukas 6 sagt Jesus einmal, dass der der denkt, dass ihm nur wenig vergeben wurde, auch nur wenig liebt. Der allerdings, der weiß, dass ihm viel vergeben wurde, der wird auch viel lieben.

Eine besondere Geschichte

Und aus diesem Grund brachte Jesus uns nicht nur dieses Gebet bei. Er hat zum Thema Vergebung außerdem eine sehr wichtige Geschichte erzählt. Die vielleicht anstößigste und

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aufwühlendste Geschichte, die er je erzählt hat. Aber bevor wir uns die eigentliche Geschichte anschauen, möchte ich euch die Geschichte in einer Version erzählen, die wir ein bisschen besser ertragen können.

Es war einmal ein Mann, der seinem König 100 Silbermützen schuldete. Aber er hatte das Geld nicht. Und als der König sein Geld zurückforderte, fiel der Mann auf die Knie, bat ihn um ein bisschen mehr Zeit und noch ein bisschen Geduld. Da schaute der König auf den Mann herunter, lächelte und sagte: Ich erlasse dir deine Schuld – alle 100 Silbermünzen – geh hin in Frieden. Und er Mann ging und verließ den Königspalast voller Freude…

Bis er seinem Nachbar begegnete, der ihm 100 Silbermünzen schuldete. Und er fragte:

Wo ist mein Geld, ich möchte es zurück. Da sprach der Nachbar: „Bitte gib mit noch ein bisschen Zeit – ich zahle es dir zurück.“ Aber der Mann wollte sein Geld sofort. Darum ließ er den Mann ins Gefängnis werfen, bis er ihm jede dieser 100 Silbermünzen zurückgezahlt hat.

Als der König von dieser Begebenheit hörte, dass der Mann seinem Nachbar diese 100 Silbermünzen nicht erlassen konnte – den genau gleichen Betrag, der ihm kurz vorher erlassen wurde – da wurde er zornig, sehr zornig.

Ende.

Das ist die Version der Geschichte, wie Jesus sie hätte erzählen können.

Ich glaube, vielen unter euch ist aufgefallen, was an dieser Version der Geschichte nicht ganz richtig war…

Darum hört jetzt, wie Jesus die Geschichte tatsächlich erzählt hat.

Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der mit den Dienern, die seine Güter verwalteten, abrechnen wollte. Gleich zu Beginn brachte man einen vor ihn, der ihm zehntausend Säcke voll Gold schuldete. […und später heißt es…] Doch kaum war der Mann zur Tür hinaus, da traf er einen anderen Diener, der ihm hundert Silbermünzen („Denare“) schuldete. Matthäus 18,23f.28

Was schuldete der Man dem König? Nicht Silbermünzen, sondern Gold. Und auch nicht nur 100 Stück, sondern 10 000 Säcke voll.

Um eine Vorstellung von der Größenordnung zu bekommen, reden die Gelehrten heute von einem „Millionenbetrag“. Manche sagen, es wäre vergleichbar mit mehreren hundert Millionen Euro. Ein Ausleger rechnet den Betrag in heutige Verhältnisse um und kommt auf 7 Milliarden Euro.

In seiner Rechnung würden die 100 Silbermünzen, die jemand dem Mann schuldig war, 12.000 Euro gleichen. 7 Milliarden Euro Schulden im Vergleich zu 12 Tausend Euro Schulden.

Das entspricht nicht 1%, auch nicht 0,1 oder 0,01%. Die Schulden, die der Mann von seinem Schuldner zurückhaben wollte, entsprechen 0,00017 % der Schuld, die ihm gerade vom König erlassen wurde.

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Die erlassene Schuld war 100Tausendfach größer. Und trotzdem heißt es von ihm in Jesu Gleichnis:

… Er packte ihn (den Schuldner) ´an der Kehle`, würgte ihn und sagte:

›Bezahle, was du mir schuldig bist!‹ Da warf sich der Mann vor ihm nieder und flehte ihn an: ›Hab Geduld mit mir! Ich will es dir zurückzahlen‹. Er aber wollte nicht darauf eingehen, sondern ließ ihn auf der Stelle ins Gefängnis werfen, ´wo er so lange bleiben sollte,` bis er ihm die Schuld zurückgezahlt hätte. Matthäus 18,28ff

DAS machte Jesu Geschichte so schwer zu ertragen – für die Leute damals, aber auch für uns.

Denn was wollte Jesus mit dem Gleichnis deutlich machen?

Denk an die Menschen, die dir zuletzt weh getan oder dich enttäuscht haben. Denk an die Steine, die auf dich geworfen wurden, und die du nur so schwer liegen lassen kannst. Was denkst du, bist du so schlimm wie sie? Jesus sagt: Nein, du bist 100tausendfach schlimmer!

Wenn du zu jemandem sagst (oder auch nur denkst): „Wie konntest du nur?“ – Nun, wie konntest DU nur?

Wenn du denkst oder sagst: „Das würde ich niemals tun!“ – Doch. Oft. Regelmäßig.

Wenn du denkst oder sagst: „Warum tust du mir das an? Wie kannst du das alles kaputt machen?“ – Nun, du solltest den Grund genau kennen, schließlich hast du dasselbe 7 Milliarden Mal mit Gott gemacht!

Jesus weiß, dass wir in unserer Verletzung, in unserem Ärger nur auf diesen Stein und unsere Wunde schauen. Jede einzelne Kante, jeden dunklen Fleck nehmen wir genauestens unter die Lupe.

Aber wir vergessen darüber, dass wir genau dieselben Steine in Gottes Richtung geworfen haben. Millionen-, ja milliardenfach.

Stellt euch vor, ein LKW, voll mit solchen Steinen würde rückwärts in unseren Hof fahren. Und die gesamte Ladung Steine vorn vor den Kirchentreppen abkippen. Wenig später würde der nächste LKW kommen und dasselbe tun. Stellt euch vor, wir würden diese LKW-Ladung Steine in Schubkarren laden und hier am Altar auskippen. Wie viele LKW-Ladungen bräuchten wir, um die Menge an Steinen her zu karren, die der Zahl Deiner Sünden entspricht? Und nachdem deine Sündensteine hier im Kirchraum liegen – wäre noch Platz für die Sündensteine der Person, die neben dir sitzt? Der Person schräg vor dir? Noch Platz für meine Steine?

So ist es in Wirklichkeit mit unseren Sünden.

Und eine weitere Sache dürfen wir darüber nicht vergessen: Vor Gott gibt es KEINE kleinen Kieselsteine, die ihn einfach nur ein bisschen nerven. Nein, jedes einzelne Mal, wenn wir uns gegen Gott versündigen, sollten wir uns das SO vorstellen (großer, massiver Stein)!

Und nun die alles entscheidende Frage:

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Wie könnten wir diesem Berg an Sünden den Rücken zuwenden und stattdessen nur darüber nachdenken und reden und fluchen, …

• … was unser Ehepartner getan hat

• … wie unsere Freundin uns verletzt hat

• … was unser Mitchrist versäumt hat Das wäre himmelschreiende Heuchelei.

Und das Erschreckende dabei ist: Jede einzelne Sünde, die du begangen hast, ist gegen GOTT.

GOTT, deinen Vater.

- Er hat dich in sein Haus aufgenommen.

- Er war dein Leben lang so gut zu dir - Er war immer für dich da

- Er hat dir alles gegeben, was du brauchst - Er hat auf dich aufgepasst

Und was tun wir? Mit jeder Sorge, Jedem bösen Gedanken, werfen wir einen Stein auf unseren Vater?! Wie können wir das vergessen? Einfach so…

Und stattdessen den Menschen, der sich an uns versündigt hat, als furchtbarstes Geschöpf überhaupt ansehen, uns so fühlen als würden wir über ihm stehen? Und die härtesten Konsequenzen fordern…

Aber bei Gott und uns? Da wollen wir das nicht?!

Die Geschichte, die Jesus erzählt hat, die wühlt uns auf. Und ich würde sie wahrscheinlich nicht erzählen, wenn Jesus es nicht tun würde.

Denn natürlich sind auch eure und meine Wunden echt und tun weh und vielleicht ist euer Leben nicht mehr dasselbe seitdem dieser Mensch sich an euch versündigt hat.

Aber Jesus weiß, dass wir aufwühlende / aufrüttelnde Worte wie diese brauchen. Jesus will, dass wir verstehen, was wir da beten, wenn wir sagen:

„Und vergib uns unsere Schuld. Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“

Denn was ist Gottes Antwort auf dieses Gebet? Was ist Gottes tägliches Versprechen, seitdem er dich zum Teil seiner Familie gemacht hat – durch die Taufe?

Denk an Jesu Geschichte, wo es von dem König heißt:

Da hatte der Herr Mitleid mit seinem Diener; er ließ ihn frei, und auch die Schuld (10 000 Säcke voll Gold) erließ er ihm. Matthäus 18:27

Vergebung ist die tägliche Entscheidung, den Stein liegen zu lassen. Und unser Gott hat sich entschieden.

Die LKW-Ladungen voll großer schwerer Steine, die wir auf Gott geworfen haben. Dein Zorn, deine Undankbarkeit, dein Suchtproblem, deine Trägheit, deine Unfreundlichkeit, deine Gottvergessenheit, deine fehlende Vergebungsbereitschaft.

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Er lässt sie liegen. Am Kreuz.

Seine Barmherzigkeit ist so unermesslich, dass kein Stein zu groß, zu schwer oder zu viel ist.

Seine Liebe ist so unfassbar, dass du und ich ihm wichtiger sind als die Steine, die wir tagtäglich auf ihn werfen. Es gibt nichts, was du getan hast oder tun wirst, das Gott davon abhält, dir deine Schulden zu erlassen – wieder und wieder und wieder.

Das ist das herrliche an dieser Geschichte von Jesus. Sie mag uns zuerst erschrecken und verstören: „Bin ich wirklich so schlimm?“ Und ja, das sind wir. Aber lesen wir sie dann gleich nochmal, dann sehen wir: Wie GUT ist Gott unser König?! 10Tausend Säcke mit Gold, 7 Milliarden Sünden. Erlassen. Einfach so. Weil er Gnädig ist.

Schaut mal hier vor ans Kreuz.

Als Jesus am Kreuz hing, waren seine Hände offen. Er hielt nichts fest. Denn er ließ jeden einzelnen deiner 7 Milliarden Steine und jeden einzelnen meiner 7 Milliarden Steine dort liegen. Und lädt dich und mich mit offenen Armen zur Versöhnung ein.

Damit du EWIG gerettet bist. Und damit du HIER die Kraft findest, anderen ebenso zu begegnen.

Lasst uns beten:

2. O Wunder ohne Maßen, / wer es betrachtet recht: / Es hat sich martern lassen / der Herr für seinen Knecht. / Es hat sich selbst der wahre Gott / für mich verlornen Menschen / gegeben in den Tod.

3. Was kann mir denn nun schaden / der Sünden große Zahl? / Ich bin bei Gott in Gnaden, / die Schuld ist allzumal / bezahlt durch Christi teures Blut, / dass ich nicht mehr darf fürchten / der Höllen Qual und Glut.

7. Lass mich an andern üben, / was du an mir getan; / und meinen Nächsten lieben, / gern dienen jedermann / ohn Eigennutz und Heuchelschein / und, wie du mir erwiesen, / aus reiner Lieb allein.

(LG 113) AMEN

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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