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Neue Enzymeigenschaften durch gerichtete Evolution : Entwicklung und Charakterisierung einer thermostabilen Reversen Transkriptase aus einer DNA-abhängigen DNA-Polymerase

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Academic year: 2022

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gerichtete Evolution:

Entwicklung und Charakterisierung einer thermostabilen Reversen Transkriptase aus einer

DNA-abhängigen DNA-Polymerase

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)

vorgelegt von

Dipl.-Chem. Katharina B. M. Sauter

aus Illwangen

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Sektion Fachbereich Chemie

Universität Konstanz

August 2007

Tag der mündlichen Prüfung: 22. Oktober 2007 Referent: Prof. Dr. Andreas Marx Koreferent: Prof. Dr. Alexander Bürkle

Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URL: http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2007/3980/

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-opus-39809

(2)

Diese Arbeit entstand in der Zeit zwischen April 2004 und Juni 2007 am Lehrstuhl für Organische Chemie/Zelluläre Chemie von Prof. Dr. ANDREAS MARX im Fachbereich Chemie der Universität Konstanz.

Teile dieser Arbeit sind veröffentlicht in

1. K. B. M. Sauter, A. Marx, Angew. Chem. 2006, 118, 7795-7797, Generierung einer thermostabilen Reverse-Transkriptase-Aktivität aus einer DNA-abhängigen DNA- Polymerase; Angew. Chem. Int. Ed. 2006, 45, 7633-7635, Evolving thermostable re- verse transcriptase activity in a DNA polymerase scaffold.

2. C. Glöckner, K. B. M. Sauter, A. Marx, Angew. Chem. 2007, 119, 3175-3178, Gerichtete Evolution einer thermostabilen DNA-Polymerase zur Amplifikation ausgehend von stark geschädigten Templaten; Angew. Chem. Int. Ed. 2007, 46, 3115-3117, Evolving a Thermostable DNA Polymerase That Amplifies from Highly Damaged Tem- plates.

3. Patentanmeldung: K. B. M. Sauter, A. Marx, Mutierte thermostabile DNA- Polymerasen mit Reverse-Transkriptase-Aktivität.

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Ich danke

„ Prof. Dr. ANDREAS MARX für das interessante Thema, seine Unterstützung, sein Inte- resse am Verlauf der Arbeit und die Freiräume bei der Ausarbeitung,

„ Prof. Dr. VALENTIN WITTMANN für die Übernahme des Prüfungsvorsitzes,

„ Prof. Dr. ALEXANDER BÜRKLE für Übernahme des Koreferats,

„ meinen Laborkollegen SABRINA BAERNS, ILKA DETMER, VLASTA FLEISCHHAUER, CHRISTIAN GLÖCKNER,KATHRIN HEINZ undRAMON KRANASTER,sowie der gesam- ten AG MARX für die angenehme Atmosphäre,

„ ELKE HESPELER aus der AG MEYER für die Durchführung zahlreicher Sequenzierun- gen,

„ JAN MÜLLER für seine Tutorien und Repetitorien während meines gesamten Studiums sowie für seine kritische Durchsicht meiner Arbeit,

„ besonders CAROLINE MAIERHOFER für ihre Freundschaft und ihre Unterstützung nicht nur während der vielen Teekränzchen,

„ vor allem meinen Eltern GISELA & ADOLF SAUTER und meinen GeschwisternBIRGIT

RIEGGER,JOACHIM SAUTER und MARTINA STALLKAMP für ihre stetige Unterstützung, ohne die dieses Werk nicht möglich gewesen wäre,

„ von Herzen DENNIS KUCINA für seine liebevolle Unterstützung und die Durchsicht meiner Arbeit.

(4)

Aber da passierte das schreckliche Unglück, dass der Arm der Puppe abging und aus seiner seidigen Hülle herausglitt, und nun stand Pippi da mit einem langen, weißen Puppenarm in der Hand. [...]

Die Verkäuferin kam angestürzt und fing an, Pippi furchtbar auszuschimpfen.

„Reg dich ein paar Grade ab“, sagte Pippi, nachdem sie eine Weile zugehört hatte. „Ich dachte, hier wäre Selbstbedienung. Und ich wollte diesen Arm kaufen.“

Da wurde die Verkäuferin noch wütender und sagte, dass die Schaufensterpuppe nicht zu verkaufen wäre. Jedenfalls könne man nicht nur den einen Arm kaufen. Aber Pippi würde schon noch bezahlen

müssen, nämlich das, was die ganze Puppe kostete, da sie sie kaputtgemacht hatte.

„Sehr merkwürdig“, sagte Pippi. „Zum Glück sind sie nicht in allen Geschäften so verrückt. Denk bloß, wenn ich das nächste Mal Rübenmus zu Mittag kochen will, und ich geh zum Fleischer und ver-

lange ein Eisbein, und er würde versuchen, mir ein ganzes Schwein aufzuschwatzen!“

Aus der deutschen Übersetzung von: ASTRID LINDGREN, Pippi Långstrump går om bord, Rabén & Sjörgen Bokförlag, Stockholm, 1946

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Inhalt

1 Einleitung ...1

1.1 Bedeutung der DNA-Replikation...1

1.1.1 Biologische Rolle von DNA-Polymerasen, RNA-Polymerasen und Reversen Transkriptasen ... 1

1.1.2 DNA-Polymerasen als Werkzeuge in Molekularbiologie und Biotechnologie ... 6

1.2 Gerichtete Evolution von DNA-Polymerasen... 6

1.2.1 Methoden...7

1.2.2 DNA-Polymerasen als Reverse Transkriptasen...11

1.2.3 Einbau von 3’-geschützten Nukleotiden ...13

1.2.4 Amplifizierung von geschädigten DNA-Templaten ...14

1.2.5 DNA-Polymerasen als RNA-Polymerasen...14

1.2.6 DNA-Polymerasen mit erweitertem Substratspektrum...15

1.3 Thiosubstituierte Nukleotid-Analoga...17

1.3.1 Thiosubstituierte Basen-Thymidinanaloga ...17

1.3.2 Thiosubstituierte Phosphatanaloga...18

1.4 Klentaq DNA-Polymerase ...18

2 Aufgabenstellung... 19

3 Ergebnisse und Diskussion...20

3.1 Generierung einer thermostabilen Reversen Transkriptase...20

3.1.1 Vorexperimente ...20

3.1.2 Klonierung des Ausgangsplasmids pASK-IBA37plus KTQ1...21

3.1.3 Aufbau und Screening der ersten Bibliothek ...23

3.1.4 Aufbau und Screening der zweiten Bibliothek...28

3.1.5 Besonderheiten bei der Klonierung...28

3.1.6 Zu den gewählten Randomisierungs- und Screeningmethoden...29

3.1.7 Vergleich der beiden Mutanten M1 und M2 mit dem Wildtyp ...31

3.1.8 Spezifische Detektion von RNA...39

(6)

3.1.9 Screening einer Bibliothek aus Pfu exo- DNA-Polymerasen ...40

3.2 Substratspektrum der Reverse Transkriptase-Mutanten M1 und M2...41

3.2.1 Akzeptanz von DNA-Schäden...41

3.2.2 Einbau von Ribonukleotiden...44

3.2.3 Einbau von chemisch modifizierten Nukleotiden...49

3.3 Einbau von 3’-geschützten Thymidinen...53

3.3.1 Einbau von NPPOC-dTTP ...53

3.3.2 Einbau von Allyl-dTTP und Benzyl-dTTP ...57

3.3.3 Zur Akzeptanz von 3’-geschützten Nukleotiden...59

4 Zusammenfassung und Ausblick... 61

4.1 Generierung einer thermostabilen Reversen Transkriptase...61

4.2 Substratspektrum der Reversen Transkriptasen...62

4.3 Einbau von 3’-geschützten Thymidinen...63

4.4 Ausblick...63

5 Materialien...64

5.1 Bakterienstämme...64

5.2 Chemikalien ...64

5.3 Enzyme und Proteine...66

5.4 Geräte ...67

5.5 Kits und Standards...69

5.6 Medien und Puffer...69

5.7 Oligonukleotide...72

5.8 Vektoren und Plasmide...72

5.9 Verbrauchsmaterial...73

6 Methoden...75

6.1 Arbeiten mit Bakterien...75

6.1.1 Kultivierung in Flüssigmedien...75

6.1.2 Kultivierung auf Platten ...75

6.1.3 Bakterienstammhaltung...75

6.2 Arbeiten mit DNA...76

6.2.1 Agarose-Gelelektrophorese ...76

(7)

6.2.2 DNA-Isolierung aus Agarosegelen...76

6.2.3 Polyacrylamid-Gelelektrophorese ...77

6.2.4 DNA-Isolierung aus Polyacrylamid-Gelen...77

6.2.5 Ethanolpräzipitation ...78

6.2.6 Reinigung von DNA aus enzymatischen Reaktionen...78

6.2.7 Quantitative Nukleinsäurebestimmung...78

6.2.8 Isolation von Plasmid-DNA...79

6.2.9 Polymerase-Kettenreaktion...79

6.2.10 5’-Phosphorylierung mit [γ-32P]-ATP...81

6.2.11 DNA-Spaltung durch Restriktionsendonukleasen...81

6.2.12 Ligation doppelsträngiger DNA...82

6.3 Transformation ...82

6.3.1 Herstellung elektrokompetenter E. coli-Zellen...82

6.3.2 Transformation in elektrokompetente Zellen...82

6.4 Expression und Isolierung der Klentaq DNA-Polymerasen...83

6.4.1 Expression und Lysat-Herstellung in 96-Deepwell Platten ...83

6.4.2 Expression und Lysat-Herstellung in größerem Maßstab...84

6.4.3 Isolierung der Polymerasen...84

6.5 Glycin-SDS-PAGE Gelelektrophorese ...85

6.5.1 Durchführung ...85

6.5.2 Coomassie-Färbung von SDS-PAGE Gelen ...85

6.6 Konzentrationsbestimmung von Proteinen...86

6.6.1 UV-Absorption...86

6.6.2 NanoOrange®-Methode ...86

6.7 Bestimmung der spezifischen DNA-Polymerasen-Aktivität...86

6.8 Kinetische Untersuchungen mit radiometrischer Produktanalyse...87

7 Experimentalteil ...89

7.1 Generierung einer thermostabilen Reversen Transkriptase...89

7.1.1 Vorexperimente ...89

7.1.2 Colony PCR...89

7.1.3 Aufbau der Bibliothek ...90

7.1.4 Screening auf PCR-aktive Mutanten...90

(8)

7.1.5 Screening auf Reverse Transkriptase (RT)-aktive Mutanten...91

7.1.6 Zweite Mutationsrunde ...91

7.1.7 Reinigung der Klentaq DNA-Polymerasen...92

7.1.8 Vergleich der gereinigten Klentaq DNA-Polymerasen...92

7.1.9 Screening einer Bibliothek aus Pfu DNA-Polymerasen ...97

7.2 Substratspektrum der Klentaq DNA-Polymerasen M1 und M2 ...97

7.2.1 DNA-Schäden ...97

7.2.2 Einbau von Ribonukleotiden...98

7.2.3 Einbau von unterschiedlich modifizierten Nukleotiden ...100

7.3 Einbau von 3’-geschützten Thymidinen...101

7.3.1 Einbau von NPPOC-dTTP ...101

7.3.2 Einbau von 3’-Allyl-dTTP und 3’-Benzyl-dTTP ...102

8 Literatur ... 105

9 Anhang... 124

9.1 Universeller genetischer Code...124

9.2 Ein- und Dreibuchstabencode für Aminosäuren...124

9.3 Oligonukleotidsequenzen ...125

9.4 Plasmidsequenzen...127

9.4.1 pTTQ18 KTQ1 ...127

9.4.2 pASK-IBA37plus ...131

9.4.3 pASK-IBA37plus KTQ1 ...133

9.5 Vergleich der Mutanten mit dem Wildtyp...136

9.5.1 Nukleotidsequenzen...136

9.5.2 Aminosäuresequenzen...140

9.6 Abkürzungen ...141

9.7 Lebenslauf...144

9.8 Eidesstattliche Erklärung...145

(9)

1 Einleitung

1.1 Bedeutung der DNA-Replikation

1.1.1 Biologische Rolle von DNA-Polymerasen, RNA-Polymerasen und Rever- sen Transkriptasen

DNA- und RNA-Polymerasen katalysieren als Nukleotidtransferasen die Umsetzung von Nukleotiden, welche allen Organismen erlaubt, ihr Genom zu vervielfältigen. Dabei wird DNA bzw. RNA aus Desoxyribonukleotiden oder Ribonukleotiden an einer DNA- Matrize (Templat) synthetisiert.

DNA-abhängige DNA-Polymerasen werden in sechs so genannte Familien eingeteilt:

A, B, C, D, X und Y. Diese Einteilung basiert auf der Homologie ihrer Sequenz.[1] Die Familien A, B und C sind nach den Escherichia coli-Genen polA, polB und polC benannt, welche für die DNA-Polymerasen I, II und die α-Untereinheit der DNA-Polymerase III kodieren.[2] DNA-Polymerase I, welche A. KORNBERG 1957 als erste Polymerase über- haupt entdeckte,[3] verlängert die so genannten OKAZAKI-Fragmente am Folgestrang bei der DNA-Synthese und ist auch an der Reparatur von DNA beteiligt.[2, 4] DNA- Polymerase III ist die Replikase von Escherichia coli. Die DNA-Polymerase II spielt auch eine Rolle bei der DNA-Reparatur. Sie kann über geschädigte DNA hinweg synthetisie- ren (translesion synthesis) und unterstützt ein blockiertes Replisom, die Replikation neu zu beginnen.[5] DNA-Polymerasen der Familie D stammen ausschließlich aus den extre- mophilen Euryarchaeota.[1] Die am besten untersuchte Polymerase aus der Familie X ist die Polymerase β aus Säugern. Dieses Enzym schließt Lücken bei der DNA-Reparatur.[6, 7]

Typische Vertreter der Familie Y sind die DNA-Polymerasen IV und V, deren Aufgabe die Replikation von geschädigter DNA ist.[8]

DNA-abhängige RNA-Polymerasen transkribieren die DNA unterhalb einer spezifi- schen Promotorsequenz und besitzen eine komplexe Struktur aus meist mehreren Unter- einheiten. In Escherichia coli sowie in Saccharomyces cerevisiae findet man je nur eine RNA- Polymerase mit fünf bzw. zwölf Untereinheiten, Eukaryoten besitzen hingegen drei ver- schiedene RNA-Polymerasen für die Transkription von rRNA, mRNA und tRNA. Die

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Polymerasen für mRNA sowie die RNA-Polymerasen der Phagen T3, T7, SP6 und K11 besitzen nur eine Untereinheit.[9-11]

Reverse Transkriptasen oder RNA-abhängige DNA-Polymerasen, welche von allen Retroviren kodiert werden, synthetisieren DNA anhand eines RNA-Templats, welche dann in das Genom des Wirts eingeschleust wird. Sie spielen also eine entscheidende Rolle bei der Vermehrung von Retroviren.[12-15]

Struktur und Reaktionsmechanismus

Alle Polymerasen weisen in ihrem Aufbau eine große Ähnlichkeit auf: ihre aktive Domä- ne besteht aus drei Untereinheiten, welche in ihrer Anordnung einer rechten menschli- chen Hand gleichen. Deutlich ausgeprägt sind dabei eine so genannte Finger-, Handflä- chen- und Daumen-Untereinheit (siehe Abbildung 1a).[10, 16, 17]

Die DNA-Synthese verläuft templatgesteuert und in fünf Schritten, wobei die Polyme- rase zwei unterschiedliche Konformationen durchläuft (siehe Abbildung 1).

Finger Daumen

Handfläche

a) b)

Abbildung 1: Bändermodell der Klentaq DNA-Polymerase. a) Geschlossene Konformation, b) offene Konformation (PDB Codes 3KTQ und 2KTQ).[18] Das DNA-Templat ist in magenta, der Primerstrang in gelb dargestellt.

Die Abfolge dieser fünf Schritte ist schematisch in Abbildung 2 dargestellt.

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Abbildung 2: Allgemeines Reaktionsschema für die templatabhängige, enzymatische DNA-Synthese (E = DNA-Polymerase, E* = DNA-Polymerase veränderter Konformation, PP = Pyrophosphat).[19]

Im ersten Schritt öffnet die Polymerase die Spalte zwischen Daumen und Handrücken.

Sie befindet sich nun in der so genannten „offenen“ Konformation. Sie bindet das Pri- mer-Templat-Substrat und bildet einen binären Komplex, indem der Daumen sich vom Handrücken entfernt und in Wechselwirkung mit der kleinen Furche der DNA tritt.

Dann führt die Polymerase eine Konformationsänderung durch, wobei sie in die „ge- schlossene“ Form übergeht. Die Finger drehen sich in Richtung Daumen und binden so das Nukleosid-Triphosphat, was zu einem ternären Komplex führt. Anschließend wird der Primer verlängert, indem durch einen nukleophilen Angriff eine Phosphodiesterbin- dung zum Nukleotid ausgebildet wird. Nach einer weiteren Konformationsänderung wird das entstandene Pyrophosphat freigesetzt.[20-28]

An diesem Reaktionsmechanismus sind zwei Metallionen (zwei Mg2+) beteiligt, die mit zwei konservierten Aspartat-Resten in der Daumen-Einheit, den drei Phosphatgruppen des eintretenden Nukleotids und der 3’-OH-Gruppe des Primers komplexiert werden (siehe Abbildung 3).[29-32] Ursprünglich wurde dieser Mechanismus für die 3’-5’- Exonuklease-Aktivität einer Polymerase gezeigt.[33, 34]

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Abbildung 3: Wechselwirkung der beiden Mg2+-Ionen im aktiven Zentrum der Polymerase anhand der Klentaq DNA-Polymerase (PDB Code 3KTQ[18]). Die beiden Mg2+-Ionen sind schwarz dargestellt. Nicht dargestellt ist die 3'-OH-Gruppe des Primers.

Ein Metallion interagiert mit der 3’-OH-Gruppe des Primers. Es wird vermutet, dass dadurch der pKa-Wert sinkt und so ein nukleophiler Angriff auf das α-Phosphat des ein- tretenden Nukleotids möglich ist. Es kommt zu einem SN2-typischen trigonal- bipyramidalen Übergangszustand, welcher von dem zweiten Metallion stabilisiert wird.

Dieses komplexiert das austretende Pyrophosphat (siehe Abbildung 4).

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Abbildung 4: Zwei-Metallionen-Mechanismus am Beispiel der E. coli DNA-Polymerase I.[17]

Effizienz und Genauigkeit

DNA-Polymerasen erlangten im Laufe der Evolution eine sehr hohe Effizienz zusam- men mit großer Genauigkeit. Sie bauen gegenüber dem Templat-Nukleotid selektiv den dazugehörigen WATSON-CRICK-Partner ein. Die Fehlerrate für eine replikative Polymera- se liegt typischerweise bei 10-4 bis 10-5 pro Basenpaar, Polymerasen mit einer 3’-5’- Exonuklease-Funktion (Korrekturlese-Funktion) zeigen sogar eine noch geringere Feh- lerrate von bis zu 10-7 pro Basenpaar.[8]

Die Genauigkeit von DNA-Polymerasen ist dabei nicht nur auf die selektive Basenpaa- rung, die so genannte WATSON-CRICK-Basenpaarung zwischen Adenin/Thymin und Cytosin/Guanin zurückzuführen,[35] sondern auch auf andere Einflüsse, die noch eine weitaus größere Rolle spielen. So sind insbesondere wichtig die Geometrie im aktiven Zentrum, die sterischen Ansprüche des einzubauenden dNTPs, Basenstapel- Wechselwirkungen, Solvatationseffekte und Interaktionen zwischen der Polymerase und der DNA in der kleinen Furche.[36-41] Letztere sind auch in unserer Arbeitsgruppe unter- sucht worden.[42-47]

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1.1.2 DNA-Polymerasen als Werkzeuge in Molekularbiologie und Biotechnolo- gie

Die Effizienz und Genauigkeit von Polymerasen bei der Replikation sind nicht nur über- lebenswichtig in Zellen. Diese Eigenschaften machen diese Enzyme auch zu besonders geeigneten Werkzeugen in der Biotechnologie. Viele Polymerasen sind käuflich zu erwer- ben.

Die E. coli DNA-Polymerase I und ihr größeres Spaltprodukt (KLENOW-Fragment, Aminosäuren 324-928), sowie die DNA-Polymerasen T4 und T7 werden schon seit lan- ger Zeit für die Markierung von Oligonukleotiden in vitro, die Sequenzierung von DNA und die Generierung von DNA mit stumpfen Enden (blunt ends) verwendet.[48] Die Taq DNA-Polymerase I aus dem thermophilen Bakterium Thermus aquaticus wird bei der PCR benutzt.[49, 50]

Reverse Transkriptasen aus Maus- und Vogelviren, wie die MLV (murine leukemia virus) oder die AMV (avian myeloblastosis virus) Reverse Transkriptase werden zur Gewinnung und Klonierung von cDNA eingesetzt.[48]

1.2 Gerichtete Evolution von DNA-Polymerasen

DNA-Polymerasen sind lebenswichtige Enzyme für alle Organismen, da sie durch die Replikation des Genoms deren Überleben sichern und für ihre Vermehrung sorgen.

Hierzu synthetisieren sie die DNA mit hoher Effizienz, Genauigkeit und Geschwindig- keit. Diese Eigenschaften sind der Grund, weshalb sie in zahlreichen molekularbiologi- schen Techniken wie z. B. der Klonierung, der Sequenzierung und der PCR eingesetzt werden. Dieser Einsatz ist jedoch begrenzt, da die Funktion und Stabilität natürlicher DNA-Polymerasen stark von der jeweiligen Umgebung und den für sie spezifischen Sub- straten abhängen. Deshalb besteht großes Interesse, durch so genannte gerichtete Evolu- tion Polymerasen mit neuen und verbesserten Eigenschaften zu entwickeln.[51, 52] Anders als bei der natürlichen Evolution, bei der über einen langen Zeitraum neue Eigenschaften selektiert werden, ist es bei einer gerichteten Evolution im Labor innerhalb von relativ kurzen Zeitspannen möglich, Polymerasen mit z. B. höherer Thermostabilität,[53] Resis- tenz gegenüber Inhibitoren[53, 54] und einem erweiterten Substratspektrum[55-57] zu erhalten.

Außerdem erhofft man sich dadurch neue Einblicke in den Zusammenhang von Struktur

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und Funktion von Polymerasen, wie etwa die Bedeutung bestimmter Aminosäuren und Proteinmotive.[58]

Obwohl es bereits, auch in unserer Arbeitsgruppe, gelungen ist, durch ein rationales Enzymdesign Polymerasen mit veränderten Eigenschaften darzustellen,[44] ist dieser An- satz durch die noch unvollständigen Erkenntnisse des Zusammenhangs der Polymerasen- Struktur mit der Substraterkennung begrenzt. Eine in vitro Evolution ist deshalb, zumin- dest noch zu diesem Zeitpunkt, erfolgversprechender auf der Suche nach Polymerasen mit verbesserten Eigenschaften.[51, 52] Als Beispiel seien hier die Bemühungen von F. E. ROMESBERG et al., P. HOLLIGER et al. sowie unserer Arbeitsgruppe genannt.[55, 57, 59-62]

1.2.1 Methoden

Die gerichtete Evolution von Proteinen im Labor geschieht durch einem iterativen Pro- zess, im Wesentlichen bestehend aus zwei Schritten: Diversifikation durch Mutation und Selektion oder Screening (siehe Abbildung 5).

Abbildung 5: Gerichtete Evolution von Proteinen.[63]

Aufbau einer Bibliothek

Für die gerichtete Evolution von Proteinen muss zunächst eine Mutantenbibliothek er- stellt werden. Die Mutationen können entweder auf einen bestimmten Aminosäurebe- reich begrenzt sein, z. B. kann nur ein bestimmtes Motiv einer DNA-Polymerasen mu- tiert werden, oder die Mutationen können über das gesamte Protein verteilt sein.

Die Mutationen werden in die Nukleotidsequenz des kodierenden Gens eingeführt.[64]

Die Randomisierung bestimmter Motive kann durch eine PCR mit mutierten Primern erfolgen.[65] Chimäre aus verschiedenen Genen erhält man durch rekombinante Methoden wie dem Gen-Shuffling[66, 67] oder einer PCR mit einer schrittweisen Verlängerung des

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Templats (staggered extension process, StEP).[68] Zufällige Mutationen in der gesamten Se- quenz des Proteins sind durch verschiedene PCR-Methoden möglich, z. B. mit chemisch veränderten Nukleotiden.[69]

Die einfachste Methode stellt aber eine fehlerbehaftete PCR (error prone PCR, ep-PCR) dar. Hierbei wird die Taq DNA-Polymerase eingesetzt, deren ohnehin schon geringe Ge- nauigkeit zusätzlich durch Zugabe von Mn2+ und/oder einer ungleichen dNTP- Konzentration herabgesetzt wird. Die Anzahl der Mutationen kann dabei durch die ge- wählte Verdopplungsrate kontrolliert werden.[70-73]

Nachdem das Gen erfolgreich mutiert wurde, wird es in einen bakteriellen Wirt (meist Escherichia coli) transformiert und exprimiert.

Selektion und Screening

Die Bibliothek aus DNA-Polymerasen kann nun auf ihre gewünschte Aktivität hin unter- sucht werden.[74] Bei einem Selektionsverfahren werden die Bedingungen so gewählt, dass nur Polymerasen mit den gewünschten Eigenschaften erhalten werden. Da dabei aber auch ihre eigentliche Funktion erhalten werden soll, wurden verschiedene Methoden entwickelt, um Polymerasen-Bibliotheken zu erhalten, deren Mutanten weiterhin in der Lage sind, DNA zu synthetisieren.

L. A. LOEB und seine Mitarbeiter bedienten sich hierzu der so genannten genetischen Ergänzung.[75-84] Hierbei wird ein E. coli-Stamm mit einer temperaturempfindlichen DNA- Polymerase I als Wirt eingesetzt. Die Polymerasen-Mutante (D186N) ist bei 30 °C aktiv, aber inaktiv bei 37 °C. Wird der E. coli-Stamm nun mit einer Polymerasen-Bibliothek transformiert, können nur solche Bakterien bei 37 °C überleben, welche eine aktive Mut- ante der Polymerase in sich tragen. Es handelt sich hierbei also um eine in vivo Selektion.

In vivo Methoden können auch dazu genutzt werden, um Polymerasen mit neuen Ei- genschaften zu selektieren. J. B. SWEASY et al. isolierten eine Polymerase mit sehr geringer Genauigkeit, in dem sie ihre Mutantenbibliothek in E. coli trpE65 transformierten. Dieser Stamm kann kein Tryptophan synthetisieren. Bakterienstämme, die aufgrund einer Rückmutation des Gens trpE65 auf Platten ohne Tryptophan wuchsen, mussten also Polymerasen mit geringer Genauigkeit enthalten.[85]

In vitro Methoden sind hingegen nicht an die restriktiven Bedingungen einer lebenden Zelle gebunden. Die Verbindung von Phänotyp und Genotyp muss aber trotzdem beibe- halten werden, was höhere Anforderungen an das experimentelle Design stellt. Bei der

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Evolution von Polymerasen wurden bisher zwei in vitro Selektionen verwendet: die unter- teilte Selbstreplikation (compartmentalized self-replication, CSR) und das Phagen-Display. [51, 52]

Bei der unterteilten Selbstreplikation befinden sich Bakterienzellen mit der überexpri- mierten Polymerase der Wahl in einer wässrigen Lösung. Diese Lösung enthält die genspezifischen Primer, dNTPs, divalente Metallionen und RNase. Das Mischen mit einer Detergenzlösung auf Grundlage eines Mineralöls führt zu einer Emulsion, die ein- zelne wässrige Tröpfchen von 15 µm Durchmesser mit idealerweise einer Bakterienzelle enthält. Die Zelle wird durch Erhitzen lysiert. Die Polymerase darin wird im Tröpfchen freigesetzt und repliziert nun nur ihr eigenes Gen. Nach dem Thermocycling der Emul- sion wird die wässrige Phase abgetrennt und die replizierte DNA, die nun die Gene von aktiven Polymerasen-Mutanten enthält, aufgereinigt und für eine weitere Selektionsrunde mutiert (siehe Abbildung 6).[86] Diese Selektionsmethode wurde für DNA-Polymerasen von der Arbeitsgruppe um P. HOLLIGER angewendet.[53, 55, 62]

Abbildung 6: Evolution von Polymerasen durch CSR.[52]

Beim Phagen-Display werden die Polymerasen der Wahl kovalent an die Oberfläche eines filamentösen Bakteriophagen gebunden. Dies geschieht durch Fusion des Polyme- rasengens mit dem Gen eines Hüllenproteins des Phagen.[87-90] Da nach der Expression die Polymerase kovalent an die Hülle des Phagen gebunden ist, muss ebenso der Primer- Templat-Komplex an den Phagen gebunden werden. F. E. ROMESBERG und seine Mitar- beiter lösten dieses Problem, indem sie zusätzlich in das Gen des Hüllenproteins eine

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DNA fusionierten, welches für ein „saures“ Peptid kodiert.[57, 91] Dieses Peptid bindet nun über einen so genannten Leucin-Zipper und eine Disulfidbrücke an ein „basisches“ Pep- tid, welches kovalent mit einem Oligonukleotid verbunden ist. Das Oligonukleotid dient nun als Primer in der Verlängerungsreaktion. Dabei wird biotinyliertes dUTP verwendet.

Synthetisierte Polymere binden an eine Streptavidin-Oberfläche und können durch eine Nuklease-Reaktion abgespalten werden (siehe Abbildung 7).

Abbildung 7: Selektion beim Phagen-Display.[57]

Danach werden die Polymerasengene aus den isolierten Phagen aufgereinigt und sequen- ziert oder können für eine weitere Selektionsrunde verwendet werden. Werden zusätzlich in der Primerverlängerungsreaktion noch nicht-natürliche Nukleotide verwendet, werden so nur solche Polymerasen selektiert, die in der Lage sind, diese einzubauen.

Die Gruppe um J.-L. JESTIN vernetzte bei ihrer Polymerasen-Selektion das Oligo- nukleotid mit dem Phagen durch eine Maleinimidylgruppe am 3’-Ende. Die Isolierung aktiver Mutanten erfolgte wie oben beschrieben.[92-96]

Die Methoden des CSR und des Phagen-Display erscheinen deswegen so elegant, weil man mit ihnen sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann. Man kann die Polymerasen sowohl auf ihre gewöhnliche PCR- bzw. Primerverlängerungs-Aktivität hin

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überprüfen, als auch einfach andere Reaktionsbedingungen im Hinblick auf neue Eigen- schaften wählen. Es handelt sich aber um äußerst komplexe und labile Systeme, welche schwer zu reproduzieren sind und empfindlich auf Veränderungen reagieren. Allein die Etablierung z. B. eines Phagen-Display-Experiments für eine bestimmtes Enzym nimmt schon Jahre in Anspruch, entsprechend aufwändig sind Abweichungen vom etablierten System. Außerdem ist es fraglich, inwiefern sich die Aktivität der Polymerase ohne „Pha- gen-Anhang“ verifizieren lässt.

Einfacher ist daher ein direktes Screening der Polymerasen-Aktivität. Dabei werden al- le Mutanten einer Bibliothek einzeln durchmustert. Die Polymerase wird exprimiert, so wenig wie notwendig aufgereinigt und direkt in vitro gescreent.[97] In unserer Arbeitsgrup- pe ist diese Methode erfolgreich angewendet worden.[60, 61, 98, 99]

Nach einer hinreichenden Anzahl an Runden sollte man im Idealfall eine Mutante mit der gewünschten Eigenschaft selektieren. In Wirklichkeit jedoch erhält man eine Reihe von Enzymvarianten, die neben den erwarteten Eigenschaften auch unerwartete aufwei- sen können. Deshalb ist es notwendig, zum Abschluss der Gerichteten Evolution die Aktivitäten der ausgewählten Enzyme nochmals zu verifizieren. Bei Polymerasen ge- schieht dies durch Bestimmung ihrer Enzymkinetiken mittels radioaktiver Markierung sowie durch Primerverlängerung und PCR.

1.2.2 DNA-Polymerasen als Reverse Transkriptasen

Mit RNA-Templaten zeigen DNA-Polymerasen fast keine Aktivität.[2] Insbesondere die DNA-Polymerase Tth aus dem Bakterium Thermus thermophilus sowie die Taq DNA- Polymerase wurden in dieser Hinsicht untersucht.[100-102] T .W. MYERS et al. fanden heraus, dass eine Reverse Transkription durch diese DNA-Polymerasen besser funktionierte, wenn sie zusätzlich zu Mg2+ als divalentem Kation Mn2+ benutzten.[103] Zum selben Er- gebnis gelangte die Gruppe um V. I. GRABKO. Auch sie verwendeten Mn2+ bei ihren Untersuchungen.[104] Hierbei ergeben sich aber Schwierigkeiten. Mn2+ verringert die Selek- tivität von Polymerasen und erweitert ihr Substratspektrum,[105-107] weshalb es auch bei einer fehlerbehafteten PCR zur Randomisierung eingesetzt wird (siehe Kapitel 1.2.1) und ist deshalb im Hinblick auf biotechnologische Anwendungen nicht geeignet.[108-110] Au- ßerdem katalysieren divalente Kationen ganz allgemein die Hydrolyse von RNA, weshalb auf kurze Reaktionszeiten zu achten ist.[111] Wünschenswert wäre deshalb eine Reverse Transkriptase, die ohne zusätzliches Mangan auskommt.

(20)

Der Einsatz einer thermostabilen Polymerase zur Reversen Transkription hätte den weiteren Vorteil, dass durch eine höhere Reaktionstemperatur eine höhere Primerselekti- vität gegeben wäre und enzymatische Störfaktoren wie RNasen inhibiert würden.

J.-L. JESTIN und seine Mitarbeiter erstellten eine Klentaq DNA-Polymerasen- Bibliothek, indem sie sowohl die Domäne, welche die konservierten Motive A, B und C enthält, als auch bestimmte Aminosäuren, welche im Kontakt mit dem DNA-Templat stehen, randomisierten. Aus 1,1 x 107 Mutanten isolierten sie nach sechs Zyklen durch Phagen-Display eine Mutante V14, welche bei 37 °C Reaktionstemperatur in einer Ein- zeleinbaukinetik eine 26- bis 55-fach höhere Reverse Transkriptase-Effizienz aufwies als der zugehörige Wildtyp.[96]

Eine weitere Schwierigkeit bei den thermostabilen Polymerasen ist ihre geringe Genau- igkeit. Sie sind nicht mit einer 3’-5’-Korrekturlese-Funktion ausgestattet.[112-114] Dies führt zu Problemen bei der Amplifikation besonders bei langen Templaten. Für eine genaue Amplifikation und/oder Reverse Transkription werden deshalb Ansätze gewählt, bei denen eine thermostabile DNA-Polymerase ohne 3’-5’-Exonuklease-Funktion zusammen mit einer geringen Menge einer DNA-Polymerase mit Korrekturlesefunktion eingesetzt wird.[115, 116] Dabei handelt es sich aber um Archae DNA-Polymerasen der Familie B, die durch dUMP inhibiert werden.[117, 118] Außerdem kann eine 3’-5’-Exonuklease zu einer geringeren Effizienz bei der PCR und zum Primerabbau führen.[116] Polymerasen der Fa- milie A besitzen eine Domäne mit 5’-3’-Exonuklease-Aktivität am N-Terminus und eine Domäne mit der DNA-Polymerasen-Aktivität am C-Terminus. Dazwischen liegt die Domäne mit der 3’-5’-Exonuklease-Funktion. Bei thermostabilen DNA-Polymerasen wie Taq, Tth und Thermus Z05 ist diese Aktivität durch bestimmte Mutationen oder Deletio- nen ausgeschaltet.[49, 103, 119-122] Die Forschergruppe um D. H. GELFAND mutierte deshalb die Chimäre CS5,[123] welche aus der 5’-3’-Exonuklease-Einheit von T. Z05 und der 3’-5’- Exonuklease-Einheit und den Polymerase-Einheiten von DNA-Polymerase Thermotoga maritima (Tma) zusammengesetzt ist. Sie variierten nur Aminosäuren, die im Kontakt zum Templat oder den Metallionen stehen und in die 3’-5’-Exonuklease-Aktivität involviert sind. Tatsächlich isolierten sie drei Mutanten mit 3’-5’-Exonuklease-Aktivität, welche eine 1,7 kb lange RNA transkribieren und amplifizieren konnten.[124]

(21)

1.2.3 Einbau von 3’-geschützten Nukleotiden

Die DNA-Sequenzierung hat die biologischen Wissenschaften revolutioniert und die Ära der Genomforschung eingeleitet.[125] Insbesondere das Humangenomprojekt, bei dem mehrere Milliarden Basenpaare sequenziert wurden, hat die Voraussetzungen dafür ge- schaffen, dass heute ganze Genome auf Mutationen hin untersucht werden können.[126]

Dies findet z. B. in der Evolutionsforschung, in der Forensik, in der Epidemiologie und in der Medizin statt. Hierbei ist besonders die Identifikation von so genannten SNPs (Sin- gle Nucleotide Polymorphisms) als Ursache von Krankheiten von Bedeutung.[127-129]

Für die Erforschung des gesamten menschlichen Genoms sind sehr genaue DNA- Sequenzierungsmethoden mit hohem Durchsatz erforderlich. Die herkömmlichen Tech- nologien, die hauptsächlich auf Elektrophorese basieren, sind dabei zu teuer, arbeitsin- tensiv und langwierig.[130-133] Neuere DNA-Sequenzierungsmethoden basieren auf Hybri- disierung,[134] Massenspektrometrie,[135-137] Sequenzierung von Einzelstrang-DNA durch spezielle Nanoporen[138] und Ligation.[139]

Besonders elegant ist das so genannte DNA sequencing by synthesis (SBS). Hierzu gehört die Pyrosequenzierung,[140] sowie die Sequenzierung einzelner DNA-Moleküle[141] und die Polony-Methode mit Polymerase-Kolonien.[142]

Meist ist jedoch mit SBS eine Methode gemeint, bei der so genannte reversible Termi- natoren eingesetzt werden. Dies sind Nukleotide, die eine abspaltbare Schutzgruppe an der 3’-OH-Position besitzen und die mit einem Fluoreszenzfarbstoff verbunden sind.

Nach Abspaltung des Fluorophors wird die 3’-OH-Gruppe entschützt, damit das nächste Nukleotid eingebaut werden kann.[143]

Vor kurzem entwickelten J. JU et al. eine Sequenziermethode, bei der 3’-O-Allyl- geschützte Nukleotide eingesetzt wurden, die an der 5-Position der Pyrimidine (T und C) bzw. an der 7-Position der Purine (G und A) Farbstoffgruppen enthielten.[144] Bei der Sequenzierung verwendeten sie die DNA-Polymerase 9 °N.

Bisher wurde noch keine DNA-Polymerase gefunden, die in der Lage ist, ein Nukleo- tid mit einem Fluoreszenzfarbstoff oder einer anderen sterisch anspruchsvollen Gruppe an der 3’-OH-Position einzubauen. Die 3’-Position der Desoxyribose reicht in die Bin- dungsstelle der DNA-Polymerase hinein, weshalb diese empfindlich auf Veränderungen an dieser Stelle im Ribose-Ring reagiert.[6]

(22)

1.2.4 Amplifizierung von geschädigten DNA-Templaten

Die Stabilität der DNA ist eine Grundvoraussetzung für die fehlerfreie Speicherung und Übertragung genetischer Information von einer Generation zur nächsten. Allerdings wird die DNA ständig geschädigt, z. B. durch spontane Hydrolyse der Phosphodiester-, N-glykosidischen- und Amin-Bindungen, durch freie Sauerstoffradikale oder durch UV- Licht. Dabei werden sowohl die Nukleobasen als auch das 2’-Desoxyribose-Rückgrat angegriffen.[145-148] Entstandene DNA-Schäden behindern die DNA-Replikation sehr stark, allerdings sind einige spezialisierte DNA-Polymerasen in der Lage, über solche Schäden hinweg zu synthetisieren.[5, 40, 149, 150] Die Mechanismen, mit denen diese Polyme- rasen Läsionen erkennen und reparieren, sind aber bis jetzt nur unzureichend verstanden.

Um Aufschluss darüber zu erhalten, identifizierte C. GLÖCKNER aus der in dieser Arbeit entstanden Klentaq-Bibliothek eine Mutante, M747K, welche etwa sieben Mal effizienter einen geschädigten Primer-Templat-Komplex verlängert als der Wildtyp.[60]

1.2.5 DNA-Polymerasen als RNA-Polymerasen

DNA- und RNA-Polymerasen weisen große Parallelen bezüglich ihrer Proteinstruktur und ihrer Funktion auf: Beide katalysieren die Synthese von Polynukleotiden an einem einsträngigen DNA-Templat in 5’-3’-Richtung mit ähnlichem Mechanismus,[2] beide glei- chen in ihrer Gestalt einer rechten Hand und binden das DNA-Templat und die ankom- menden Nukleotide durch „Schließen“ dieser Hand.[151, 152]

Trotzdem sind die Aminosäuresequenzen von DNA- und RNA-Polymerasen höchst unterschiedlich, beispielsweise stimmt nur eine einzige Aminosäure innerhalb der dNTP- Bindungsstelle (Motiv A[77]) bei beiden überein.[153]

Röntgenstrukturanalysen von verschiedenen Polymerasen deuteten darauf hin, dass die Diskriminierung zwischen Ribo- und Desoxyribonukleotiden auf eine einzige Aminosäu- re zurückzuführen ist.[18, 154, 155] Die Einführung dieser Aminosäure durch gerichtete Muta- genese führte zwar zu Polymerasen, welche ein Ribonukleotid einbauten, allerdings war der aufeinanderfolgende Einbau mehrerer Ribonukleotide nicht möglich.[12, 156]

Da dieser rationale Ansatz zur Generierung einer RNA-Polymerase fehlschlug, ver- suchten P. H. PATEL et al. zum Ziel zu kommen, indem sie die gesamte Bindungsstelle einer DNA-Polymerase randomisierten und die Mutanten anschließend auf Ribonukleo- tideinbau hin untersuchten. Tatsächlich fanden sie mehrere Varianten der Taq DNA-

(23)

Polymerase, bei denen die Diskriminierung zwischen einem dNTP und einem rNTP um das 102-104-fache gegenüber dem Wildtyp heruntergesetzt war. Die Synthese eines 40 Nukleotide langen Volllängenprodukts aus einem 23 Nukleotide langen DNA-Primer gelang jedoch nur unter Verwendung von Mn2+. Insbesondere der Einbau von UTP stell- te eine besondere Herausforderung für diese Polymerasen dar.[78]

L. A. LOEB und Mitarbeiter isolierten RNA-Polymerasen aus einer Bibliothek von E. coli DNA-Polymerase I, indem sie das Motiv A randomisierten. Auch sie verwendeten Mn2+ für die RNA-Synthese.[80]

Auch die Gruppe um P. HOLLIGER mutierte selektiv zwei Motive in der Bindungsstelle der Taq DNA-Polymerase und erhielt so zwei Bibliotheken, aus denen sie mehere Varian- ten mit erhöhter RNA-Polymerasen-Aktivität durch unterteilte Selbstreplikation isolier- ten. Auch hier erwies sich der Einbau von UTP als Barriere und die Verwendung von Mn2+ führte wiederum zu besseren Ergebnissen.[62]

F. E. ROMESBERG und P. G. SCHULTZ et al. erstellten eine Phagen-Bibliothek durch Randomisierung des STOFFEL-Fragments (SF) der Taq DNA-Polymerase in den Amino- säuren, welche mit dem Substrat oder mit den Metallionen wechselwirken. Sie fanden eine Mutante, welche in der Lage war, RNA zu synthetisieren. Die Effizienz des Einbaus einzelner Ribonukleotide war dabei um das 104-fache gesteigert, d. h. die Mutante synthe- tisierte RNA genauso effizient, wie der Wildtyp DNA synthetisierte.[91]

M. SUZUKI und Mitarbeiter schließlich erstellten RNA-Polymerasen aus Taq DNA- Polymerasen, die in der O-Helix mutiert waren.[157]

1.2.6 DNA-Polymerasen mit erweitertem Substratspektrum

Durch die gerichtete Evolution von DNA-Polymerasen sind dem Einbau von modifizier- ten Nukleotiden oder Nukeotid-Analoga theoretisch keine Grenzen mehr gesetzt. Mit geeigneten Screening- und Selektionsverfahren könnte für ein vorhandenes Substrat ein- fach die passende Polymerase identifiziert werden. Dies ist besonders interessant für die Selektion von modifizierten DNA-Liganden, welche für therapeutische und diagnostische Zwecke eingesetzt werden können. Diese Selektion (SELEX, systematic evolution of ligands by exponentional enrichment) basiert auf Polymerasen, welche in der Lage sind, Biopolymere mit neuen Eigenschaften, hervorgerufen durch deren Sequenz, zu synthetisieren.[158, 159] Bei- spielsweise bilden Biopolymere aus 2’-O-Methyl-modifizierten Ribonukleotiden mit DNA und RNA stabile Heteroduplexe.[160, 161] Da aber DNA-Polymerasen sehr stark gegen

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2’-veränderte Nukleotide diskriminieren, vermutlich wegen des Überschusses an NTPs in ihrer natürlichen zellulären Umgebung, ist die Entwicklung von entsprechenden Mutan- ten von großer Bedeutung.

F. E. ROMESBERG et al. gelang mit Hilfe ihres Phagen-Displays die Isolierung einer Mutante des STOFFEL Fragments, welche alle vier 2’-O-Methyl-NTPs etwa 104 mal effek- tiver einbaute als der Wildtyp. Bei Verwendung von Mn2+ konnte diese Polymerase kurze Oligonukleotide bestehend aus sowohl natürlichen wie auch unnatürlichen Nukleotiden synthetisieren.[57]

Außerdem erzeugten sie eine Mutante, welche DNA replizieren konnte, die ein Propi- nyl-isocarbostyril-Dimer (PICS-Dimer) enthielt.[162] Dabei handelt es sich um ein nicht natürliches, hydrophobes Basenpaar, welches zur Erweiterung des genetischen Codes entwickelt wurde.[163, 164]

Interessanterweise enthalten alle in diesem Kapitel genannten Mutanten sowie die e- volvierten RNA-Polymerasen aus den Arbeiten von L. A. LOEB und F. E. ROMESBERG/P. G. SCHULTZ Mutationen an den Resten I614 und E615.[78, 91] Diese Aminosäuren sind in der O-Helix lokalisiert und wechselwirken mit dem eintretenden Substrat und besonders mit der 2’-Position des Zuckers. Veränderungen erlauben also den Eintritt von 2’-modifizierten Nukleotiden. Allerdings ist hierbei auch ein Verlust an Selektivität zu beobachten.[79]

P. HOLLIGER und seine Mitarbeiter gelang die Entwicklung einer Taq DNA- Polymerase, welche Template mit einer abasischen Stelle, einem cis-syn Cyclobutan- Pyrimidin-Dimer oder einem 5-Nitroindol-Basenanalogon akzeptierte. Außerdem baute sie 7-DeazaGTP, 5’-O-1-Thiotriphosphate, Rhodamin-, Biotin- und Fluorescein- markierte Nukleotide in einer PCR ein. Die Selektion geschah durch unterteilte Selbstreplikation mit 3’-Fehlpaarungs-Primern. Trotzdem wurde nur sehr wenig Verlust an Genauigkeit beobachtet, und die Mutante zeigte sogar eine über doppelt so hohe Pro- zessivität verglichen mit dem Taq Wildtyp.[55] Die Prozessivität einer Polymerase ist umso höher, je mehr Nukleotide sie an einen DNA-Strang polymerisiert, bevor sie vom Sub- strat abfällt.

Erst kürzlich ergänzten sie dieses beeindruckende Repertoire um eine Polymerase, die sowohl RNA-Polymerase- und Reverse Transkriptase-Aktivität zeigte, als auch verschie- dene 2’-modifizierte Nukleotide einbauen konnte.[62]

(25)

1.3 Thiosubstituierte Nukleotid-Analoga

Nukleotid-Analoga sind synthetische Nukleotide, die sich im Aufbau von ihren entspre- chenden natürlichen Nukleotiden unterscheiden und somit zu veränderten Eigenschaften führen. Beispielsweise ist es mit ihnen möglich, DNA-Moleküle mit Eigenschaften zu synthetisieren, welche in der Bioanalytik oder in den Materialwissenschaften zum Einsatz kommen könnten. Außerdem erlauben auch sie neue Einblicke in den Zusammenhang von Struktur und Funktion von Polymerasen.[165, 166]

1.3.1 Thiosubstituierte Basen-Thymidinanaloga

Die Thiocarbonylgruppe weist eine um 0,45 Å längere Bindung auf als eine Carbo- nylgruppe.[167] E. T. KOOL et al. untersuchten deshalb die Nukleotidanaloga 2-Thio- und 4-Thiothymidin im Hinblick auf ihre Eigenschaften bezüglich Basenpaarung und Kinetik von Polymerasen.[168] Sie fanden heraus, dass 2-Thiothymidin eine stabilere und selektive- re Basenpaarung mit Adenin im Vergleich zum natürlichen Thymidin einging.

4-Thiothymidin hingegen destabilisierte die DNA und paarte sich sowohl mit Adenin als auch mit Guanin. Kinetische Untersuchungen mit dem KLENOW exo- Fragment von E. coli DNA-Polymerase I zeigten, dass beide Analoga mit höherer Effizienz gegenüber Adenin eingebaut werden. Der Einbau von 4-Thiothymidin geschah wie erwartet mit geringerer Genauigkeit. Dies stimmte überein mit früheren Ergebnissen von J. M. SAYER

et. al.[169]

Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangten auch R. KRANASTER et al. aus unserer Arbeits- gruppe, welche die Verlängerung von modifizierten Primern durch die Vent exo- DNA- Polymerase aus Thermococcus litoralis untersuchten. 2-Thiothymidin am 3’-Terminus des Primers erhöhte die Diskriminierung der Polymerase. Besonders selektiv zeigten sich aber Primer mit Thothymidinen, die zusätzlich eine Methoxymethylengruppe an der 4’-Position der Ribose enthielten. Die erhöhte Diskriminierung wurde sowohl in Echt- zeit-PCR-Experimenten als auch in kinetischen Untersuchungen zum Einzeleinbau von Nukleotiden gezeigt.[170]

N. Z. RUDINGER et al. aus unserer Arbeitsgruppe mutierten in einem rationalen Ansatz die Pfu DNA-Polymerase aus Pyrococcus furiosus. Sie ersetzten zwei Aminosäuren, welche mit dem Primer-Templat-Komplex über eine Wasserstoffbrücke wechselwirken, durch zwei hydrophobe Reste. Die daraus resultierende Polymerase setzten sie in Experimenten

(26)

zusammen mit modifizierten Primern ein, die ein 2-Thiothymidin an ihrem 3’-Ende auf- wiesen. Sowohl in PCR- als auch in Primerverlängerungsexperimenten erhöhten sich dadurch die Selektivität und die Aktivität der Polymerase.[44]

1.3.2 Thiosubstituierte Phosphatanaloga

Bei thiosubstituierten Phosphatanaloga ist ein nicht-verbrückendes Sauerstoffatom der Phosphatgruppe durch ein Schwefelatom ersetzt. Dies waren die ersten eingesetzten syn- thetischen Nukleotide zur Untersuchung von DNA-Polymerasen.[171] Sie wurden von allen untersuchten DNA-Polymerasen eingebaut, darunter E. coli DNA-Polymerase I, T4 DNA-Polymerase und T7 DNA-Polymerase.[172] Außerdem können sie als Werkzeuge für die in vitro Mutagenese eingesetzt werden.[173]

1.4 Klentaq DNA-Polymerase

Wie schon in Kapitel 1.1.2 erwähnt, wird vor allem die Taq DNA-Polymerase I aus dem thermophilen Bakterium Thermus aquaticus bei der PCR benutzt. Sie arbeitet optimal in einem Temperaturbereich von 75-80 °C. Bei dieser erhöhten Temperatur ist eine spezifi- schere Primerbindung möglich, was zu einer besseren Produktausbeute und -spezifität führt.[49, 50]

Die Klentaq DNA-Polymerase ist das große Spaltprodukt der Taq DNA-Polymerase I.

Wie diese besitzt sie keine 3’-5’-Exonuklease-Funktion (Korrekturlese-Funktion) und wie das KLENOW-Fragment der E. coli DNA-Polymerase I auch keine 5’-3’-Exonuklease- Funktion. Ihre Fehlerrate ist mit 5 x 10-5 pro Basenpaar nur etwa halb so hoch wie die der Taq DNA-Polymerase I.[174] Ihre Thermostabilität bei 98 °C ist mit einer Halbwertszeit von 21 min Vergleich zur Taq (9 min) etwa doppelt so hoch.[175]

Die Klentaq DNA-Polymerase besteht aus 540 Aminosäuren, ihr Molekulargewicht beträgt 61 kDa.

Die Kristallstruktur ist in Abbildung 1 (Seite 2) dargestellt.

(27)

2 Aufgabenstellung

Ziel dieser Dissertation war die Entwicklung einer thermostabilen DNA-abhängigen DNA-Polymerase mit Reverser Transkriptase-Aktivität durch gerichtete Evolution.

Nach Auswahl einer geeigneten Polymerase sollte eine Bibliothek erstellt werden, bei der sich die Mutationen nicht nur auf das aktive Zentrum beschränken, sondern über das gesamte Enzym verteilt sind. Hierdurch sollte gewährleistet werden, dass die erstellte Bibliothek auch für die Evolvierung von anderen Enzymaktivitäten und -eigenschaften verwendet werden konnte.

Durch ein zielgerichtetes Screeningverfahren sollten die entsprechenden Mutanten iso- liert und umfassend charakterisiert werden. Da nur evolvierte Enzyme mit weiterhin vor- handener Polymerasen-Aktivität interessant sind, sollte hierbei zunächst auf PCR- Aktivität überprüft werden, um alle inaktiven Polymerasen auszusortieren. Anschließend sollte die nun verkleinerte Bibliothek auf Reverse Transkriptasen untersucht werden.

Die hieraus hervorgegangenen Varianten (so genannte „Hits“) sollten zunächst se- quenziert werden. Anschließend sollten sowohl ihre DNA-abhängige als auch ihre RNA- abhängige Aktivität quantifiziert werden, sowie ihre Selektivität und ihre Aktivität mit verschiedenen Substraten getestet werden.

Außerdem sollten die zu erstellende sowie bereits vorhandene Polymerasenbibliothe- ken auf Mutanten gescreent werden, welche 3’-geschützte Thymidine einbauen können.

(28)

3 Ergebnisse und Diskussion

3.1 Generierung einer thermostabilen Reversen Transkripta- se

3.1.1 Vorexperimente

Auswahl einer geeigneten thermostabilen Polymerase zum Aufbau der Bibliothek Es wurden zunächst Primerverlängerungsexperimente auf einem RNA-Templat (S16- RNA aus E. coli) mit verschiedenen thermostabilen Polymerasen durchgeführt (Stoffel, Taq, Pfu exo- und Pfu exo- A486Y). Zum Vergleich wurde das Experiment entweder in Anwesenheit von Mn2+ oder Mg2+ durchgeführt (siehe Abbildung 8).

(29)

Klentaq Taq 1 2 3 4 h etc.

20 Nt

Pfuexo- Pfuexo- A486Y

Klentaq Taq Pfuexo- Pfuexo- A486Y

2 mM MnCl2 2-4 mM MgCl2

Abbildung 8: Primerverlängerung auf einem RNA-Templat mit verschiedenen DNA Polymerasen, Autora- diographie.

Hierbei sah die Verlängerung durch die Klentaq DNA-Polymerase am vielversprechends- ten aus. Im Gegensatz zur Literatur[100, 103, 104] konnte kein besseres Ergebnis bei Anwe- senheit von Mn2+ festgestellt werden. Klentaq war also die DNA-Polymerase der Wahl zum Aufbau der Bibliothek.

3.1.2 Klonierung des Ausgangsplasmids pASK-IBA37plus KTQ1

Vor der Erstellung der Bibliothek musste zunächst als Ausgangspunkt ein Vektor mit dem Insert des Klentaq Wildtyps hergestellt werden. Hierzu wurde der offene Leserah- men der Klentaq DNA-Polymerase durch eine PCR mit geeigneten Primern amplifiziert.

Als Templat diente das in unserer Arbeitsgruppe vorhandene Plasmid pTTQ18 KTQ1.

Anschließend wurde das PCR-Produkt in die BsaI-Schnittstelle des Expressionsvektors pASK-IBA37plus kloniert (siehe Abbildung 9).

(30)

pTTQ18 KTQ1 6169 bp

ScaI - 174 - AGT'ACT

==> Cloning-P pASK-IBA 37 KTQ1 fwd - 2022

<== Cloning-P pASK-IBA 37 KTQ1 rev - 3603 HpaI - 5591 - GTT'AAC

ampR

K TQ1 ORF

lacI

PCR fragment of pTTQ18 KTQ1 1655 bp

BsmBI - 13 - CGTCTCn'nnnn_ BsmBI - 1638 - CGTCTCn'nnnn_

KTQ1 ORF

pASK-IBA37plus 3270 bp

- 1

BsaI - 203 - GGTCTCn'nnnn_

BsaI - 283 - GGTCTCn'nnnn_

NdeI - 2417 - CA'TA_TG

ampR f1 o

rigin

pASK-IBA37plus KTQ1 4815 bp

NdeI - 3759 - CA'TA_TG

KT Q1

AmpR f1-origin

PCR

Digestion and cloning ScaI

Cloning primer fwd

Cloning primer rev HpaI

BsmBI BsmBI NdeI

BsaI BsaI

NdeI

Abbildung 9: Klonierung von pASK-IBA37plus KTQ1.

Zur Überprüfung der Klonierung wurde eine Restriktion mit NheI durchgeführt (siehe Abbildung 10). Die beiden Ausgangsplasmide pTTQ18 KTQ1 und pASK-IBA37plus besitzen jeweils nur eine Restriktionsschnittstelle für das Enzym NheI. Der klonierte Vek- tor pASK-IBA37plus KTQ1 besitzt hingegen zwei Schnittstellen. Bei einer erfolgreichen Klonierung sollten also zwei Restriktionsfragmente entstehen, was auch der Fall war.

(31)

pASK-IBA37plus KTQ1 4815 bp

NheI - 1171 - G'CTAG_C NheI - 4775 - G'CTAG_C

KTQ 1

AmpR f1-origin

pASK-IBA37plus 3270 bp

- 1 NheI - 163 - G'CTAG_C

ampR f1 o

rigin

pTTQ18 KTQ1 6169 bp

NheI - 3170 - G'CTAG_C ampR

K TQ1 ORF

lacI

1,5

1,0 1,211

3,0 3,604

kb 6,0

6,169

3,27

1 2 3 4 5 6

NheI

NheI NheI

NheI

a)

b) 1: pTTQ18 KTQ1

2: pTTQ18 KTQ1 NheI-Restr.

3: pASK IBA 37plus

4: pASK IBA 37plus NheI-Restr.

5: pASK IBA 37plus KTQ1

6: pASK IBA 37plus KTQ1 NheI-Restr.

Abbildung 10: Restriktion mit NheI. a) Schematische Darstellung der Plasmide mit Restriktionsschnittstel- len. b) Agarosegel, angefärbt mit Ethidiumbromid.

3.1.3 Aufbau und Screening der ersten Bibliothek

Um die Funktion einer Reversen Transkriptase in eine am N-Terminus verkürzte DNA- Polymerase aus Thermus aquaticus (Klentaq) einzuführen,[174] wurde der Offene Leserah- men durch eine fehlerbehaftete PCR (ep-PCR) randomisiert.[70] Die Mangankonzentrati- on (50 µM) wurde dabei so gewählt, dass unter den Bedingungen noch ein Produkt amplifiziert wurde (siehe Abbildung 11).

Mn2+[µM] 0 5 10 20 50

1.7 kb

Abbildung 11: ep-PCR-Produkt mit verschiedenen Mn2+-Konzentrationen. Agarosegel, angefärbt mit Ethi- diumbromid.

Die Bedingungen für die ep-PCR mussten zunächst optimiert werden. Bei in der Litera- tur beschriebenen Reaktionen wird die Taq DNA-Polymerase zusammen mit einer Mn2+- Konzentration von 25 mM und einer erhöhten Mg2+-Konzentration von 200 mM einge- setzt. Um Ungleichgewichte in der Verteilung von Mutationen zu vermeiden, wird zu- sätzlich noch dCTP und dTTP im Überschuss zu dGTP und dATP verwendet.[70] Unter

(32)

diesen restriktiven Bedingungen wurde jedoch kein Produkt erhalten. Erst die Verwen- dung der für die Taq DNA-Polymerase optimalen Mg2+-Konzentration von 1,5 mM zu- sammen mit einer deutlich geringeren Mn2+-Konzentration von 50 µM und ausgewoge- nen dNTP-Konzentrationen führte zum Erfolg. Auf die genaue Bestimmung der Mutati- onsrate bei diesen Bedingungen wurde verzichtet. Überprüfte Mutanten dieser Randomi- sierungsrunde enthielten zwischen null und sechs Mutationen.

Dieses Produkt wurde in den Vektor pASK-IBA37plus kloniert. Dieser Vektor kodiert für einen sechsfachen Histidin-Anhang zur Reinigung des rekombinanten Proteins, wel- cher nach der Klonierung und Expression des Proteins am N-Terminus zu finden ist (siehe Abbildung 12).

pASK-IBA37plus KTQ1 4815 bp

NheI - G'CTAG_C His tag

NheI - G'CTAG_C

KTQ 1

AmpR f1-origin

Abbildung 12: Expressionsvektor mit kloniertem Klentaq-ORF.

Anschließend wurde in E. coli transformiert. Zur Verifizierung von Ligation und Trans- formation wurde eine Colony-PCR durchgeführt. Hierbei werden zufällig ausgewählte Bakterienkolonien zunächst in Wasser suspendiert und kurz erhitzt. Das so freigesetzte Plasmid dient nun als Templat in einer PCR mit den Klonierungs-Primern. Der Klentaq- ORF wird also direkt aus den gewachsenen Kolonien amplifiziert (siehe Abbildung 13).

Hat die Ligation des Inserts nicht funktioniert oder wurde das klonierte Plasmid nicht transformiert, erhält man kein PCR-Produkt.

(33)

1,7 kb 1,5

1,0 kb 3,0

Abbildung 13: Colony-PCR von zufällig ausgewählten transformierten Bakterienkolonien. Die Banden zei- gen das amplifizierte Klentaq-Insert.

Es wurden insgesamt ca. 6200 Klone gepickt.

Die Expression erfolgte in 96-Loch-Platten. pASK-IBA37plus ist ein Plasmid, welches einen Tetracyclin-Promotor/Operator besitzt. Das heißt, durch die Zugabe von An- hydrotetracyclin (AHT) wird die Überexpression des jeweiligen Proteins in E. coli ange- schaltet. AHT bindet an den Tetracyclin Repressor (TecR) und verändert dessen Struktur, so dass er nicht mehr binden und repressiv wirken kann (siehe Abbildung 14), der Opera- tor/Promoter ist somit frei und die Transkription und Proteinsynthese durch den Wirt kann ungehindert durchgeführt werden.[48]

Abbildung 14: Induktion der Überexpression durch Anhydrotetracyclin (AHT). TecR = Tetracyclin Re- pressor.

Die Enzyme wurden unmittelbar nach Lyse und Hitzedenaturierung der übrigen Proteine sowie nach einer Abtrennung durch Zentrifugation ohne weitere Reinigung auf ihre PCR-Aktivität mit einem DNA-Templat hin geprüft. Alle Schritte wurden von einem Pipettierroboter durchgeführt, welcher einen hohen Durchsatz ermöglichte. Die Aktivität der DNA-Polymerasen wurde über das gebildete PCR-Produkt mit Hilfe von SYBR® Green I quantifiziert. Dies geschah durch parallele Fluoreszenzmessung in 384-Loch- Platten (siehe Abbildung 15).

(34)

ep-PCR mit Taq DNA-Polymerase

und 50 µM Mn2+

Klonierung in Expressionsvektor

Transformation

in E. coli Expression in 96-Deepwell Platten

Aufbau der Bibliothek

Ausgangsplasmid mit Wt-ORF

PCR-Produkte mit zufälligen Mutationen

Plasmide mit zufällig mutiertem ORF

einzelne Kolonien

Screening der Bibliothek

Test auf PCR-Aktivität

Pipettierroboter 96-Deepwell Platte

mit exprimierten und gereinigten Polymerasen

„Tote“ Mutanten nicht PCR-aktiv

PCR-aktive Mutanten

Bibliothek aus Klentaq DNA-Polymerase-

Mutanten Abbildung 15: Aufbau und Screening der Bibliothek.a

Die aktiven Mutanten (insgesamt 2500) wurden zusammengefasst und auf ihre RT- Aktivität hin getestet. Hierzu wurde ein natürliches RNA-Templat aus Bakteriophage MS2 verwendet. Hierbei handelt es sich um eine 3600 bp lange RNA mit einem Moleku- largewicht von 1,2 x 106 und ausgeprägter Sekundärstruktur.[176-179] Die Wahl des zu amplifizierenden Abschnitts erfolgte willkürlich in der 3’-terminalen Region,[180] ebenso wenig wurden die verwendeten Primer optimiert. Die RT-PCR-Aktivität wurde durch Schmelzkurvenanalyse des PCR-Produkts mit SYBR® Green I quantifiziert. Dabei wur- den 96-Loch-Platten in einem herkömmlichen Echtzeit-PCR-Gerät verwendet. Nach der Überprüfung von 768 aktiven Mutanten wurde eine vielversprechende Mutante isoliert (genannt M1, siehe Abbildung 16).

a Vielen Dank an C. GLÖCKNER für die Hilfe bei dieser Abbildung!

(35)

100 bp

100 bp

M1 M1

M1

a)

b)

Abbildung 16: a) Selektion der Mutante M1 durch mit Ethidiumbromid angefärbte Agarosegele, b) Schmelzkurve des RT-PCR-Produkts von M1 durch Fluoreszenzmessung mit SYBR® Green I.

Wie aus Abbildung 16 hervorgeht, war M1 nicht die einzige Mutante mit Reverser Transkriptase-Aktivität. Etwa 2 % der PCR-aktiven Enzyme zeigten eine Amplifizierung des RNA-Templats. Deswegen wurde hier das Screening abgebrochen und die beste Mu- tante selektiert.

Diese wurde zur weiteren Charakterisierung gereinigt (siehe Abbildung 17 und Abbildung 18).

kDa 70 60 50

Klentaq Pol.

1 2 3 4 5 6

Abbildung 17: Ni-NTA-Reinigung von Klentaq. 1: Lysat, 2: Überstand nach Inkubieren mit Ni-NTA (10 mM Imidazol), 3-4: Waschschritte (20 mM Imidazol), 5-6: Eluat (250 mM Imidazol). SDS-PAGE-Gel, angefärbt durch Coomassie Brillant Blau.

Der N-terminale Histidin-Anhang erlaubte eine schnelle und einfache Reinigung der re- kombinanten Polymerase. Auf die Entfernung dieses Anhangs, welche durch eine einfa- che restriktive Spaltung möglich ist, wurde verzichtet.

(36)

3.1.4 Aufbau und Screening der zweiten Bibliothek

Als nächstes wurde eine zweite Randomisierungsrunde mit ep-PCR, paralleler Expression und anschließendem Screening wie oben beschrieben durchgeführt. Es wurden ca. 6100 Mutanten gescreent. Nach Überprüfung von etwa 2300 PCR-aktiven Mutanten wurde ein weiteres Reverse Transkriptase-aktives Enzym gefunden (genannt M2), welches gereinigt und analysiert wurde (siehe Abbildung 18).

wt M1 M2

kDa 70 60 50

Abbildung 18: 14 % SDS-PAGE-Gel der gereinigten Enzyme. Es wurden je 7,25 pmol aufgetragen. Die Anfärbung erfolgte mit Coomassie Brillant Blau.

3.1.5 Besonderheiten bei der Klonierung

Interessanterweise ergaben sich bei der Klonierung des randomisierten Klentaq-ORFs in den Vektor pASK-IBA37plus einige Schwierigkeiten. Während der ersten Mutationsrun- de wurde das BsmBI-geschnittene ep-PCR-Produkt zunächst über ein Agarosegel gerei- nigt und anschließend in zehnfachem Überschuss mit dem Vektor ligiert. Bei der zweiten Mutationsrunde und später bei einer Erweiterung der Bibliothek war dies nicht mehr möglich. Es wurden verschiedene Bedingungen getestet, aber es ergab sich immer nur ein Ligationsprodukt von ca. 4,8 kb Länge, welches dem linearen Plasmid mit Insert ent- spricht (siehe Abbildung 19).

(37)

kb 10 4 2 1 0,5

Plasmid, 3190 bp KTQ-Insert, 1625 bp Ligierung, ~4800 bp

1 2 3

Abbildung 19: Ligation des gelgereinigten ep-PCR-Produkts mit dem Vektor. Reaktionsbedingungen Spur 1: 1 h mit Quick Ligase, 2: 1 h mit T4 DNA Ligase, 3: 16 h mit T4 DNA Ligase. Agarosegel, angefärbt mit Ethidiumbromid.

Möglicherweise war die verwendete Agarose verunreinigt, was zu einer Inhibierung der DNA-Ligasen führte. Um eine Reinigung durch ein Agarosegel zu umgehen, wurde das ep-PCR-Produkt mit DpnI behandelt. Dabei wird nur die methylierte, parentale Plasmid- DNA (Templat), welche aus E. coli stammt, abgebaut, nicht jedoch das PCR-Produkt.

Anschließend wurde die DNA säulenchromatographisch gereinigt und mit dem Vektor ligiert (siehe Abbildung 20).

kb 10 4 2 1 0,5

Plasmid KTQ-Insert

Ligierungsprodukte

1 2

Abbildung 20: Ligation des DpnI-behandelten ep-PCR-Produkts mit dem Vektor. Reaktionsbedingungen:

Spur 1: 1 h mit T4 DNA Ligase, 2: 1 h mit Quick Ligase.

3.1.6 Zu den gewählten Randomisierungs- und Screeningmethoden

Bevor man mit der gerichteten Evolution eines Proteins beginnt, muss man sich die Fra- ge stellen, welche Eigenschaften man mit dieser Evolution etablieren möchte und ob man in dieser Hinsicht nur bestimmte Bereiche des Proteins oder seine gesamte Sequenz mu- tieren möchte. Das vorrangige Ziel dieser Arbeit war die Generierung einer Reversen Transkriptase-Funktion in einer DNA-Polymerase unter Beibehaltung ihrer natürlichen

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