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Archiv "Gravierende Mängel" (01.07.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 26

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1. Juli 2011 461

M E D I Z I N

Zweifel am individualmedizinischen Nutzen des In- struments sind durch die Studie nicht angebracht. Jeder weitere Einsatz des Instruments in Kollektiven sollte aber von einer belastbaren Evaluation begleitet sein.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0460b

LITERATUR

1. Bitzer EM, Schneider A, Wenzlaff P, Hoyme UB, Siegmund-Schultze E:

Self-testing of vaginal pH to prevent preterm delivery: a controlled tri- al. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(6): 81–6.

Dr. phil. Wolf Kirschner Berlin

Prof. Dr. med. Klaus Friese

Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, München

Klaus.friese@med.uni-muenchen.de Dr. med. Albrecht Scheffler Berlin

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Gravierende Mängel

Die vorliegende Studie (1) weist gravierende Mängel auf. Sie ist ungeeignet, um die Effizienz der vaginalen pH-Selbstmessung zur Vermeidung von Frühgeburten zu beurteilen. Wichtige Mängel werden zwar im Haupt- text, nicht aber in der Zusammenfassung erwähnt. Die zahlreichen „Nur-Abstract-Leser“ erhalten auf diese Art irreführende Informationen.

In der Studie wurde nicht gesichert:

dass ein ausreichender Anteil der Teilnehmerin- nen das Testkit rechtzeitig erhielt und dann auch regelmäßig gemessen hat. Denn nur 1 823 Schwangere haben überhaupt die Messung proto- kollgerecht durchgeführt (also nur 9,7 % der Teil- nehmerinnen in der Interventionsgruppe) (2). Die- se Zahl ist in der vorliegenden Publikation gar nicht genannt.

dass das diagnostische und therapeutische Vorge- hen der behandelnden Frauenärzte standardisiert und damit vergleichbar war.

dass im Falle eines ärztlich bestätigten pathologi- schen Zustandes eine den aktuellen Leitlinien ent- sprechende Therapie stattfand.

Es stellt sich die Frage, warum die Studie in dieser Form überhaupt durchgeführt wurde. Die so gewonne- nen Ergebnisse sind im Grunde genommen nichtssa- gend und eher irreführend. Und warum hat man uns, die wir 1994 diese innovative pH-Selbstmessung für Schwangere begründet (3, 4) und seitdem maßgeblich ausgebaut haben, nicht vorher konsultiert? Wir sind nicht einmal als Urheber erwähnt worden, was eigent- lich zu den guten Gepflogenheiten unter Wissenschaft- lern gehört.

Das Fehlen essenzieller Voraussetzungen lässt sich durch hochgezüchtete Statistik nicht ausgleichen. Al- lerdings fand sich, trotz der genannten Unzulänglich-

keiten, ein geringer protektiver Effekt der pH-Selbst- messung im Zusammenhang mit dem Geburtsgewicht.

Daher ist anzunehmen, dass bei einer korrekt konzipier- ten Studie deutlichere Effekte erkennbar gewesen wä- ren.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0461a

LITERATUR

1. Bitzer EM, Schneider A, Wenzlaff P, Hoyme UB, Siegmund-Schultze E:

Self-testing of vaginal pH to prevent preterm delivery: A controlled trial. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(6): 81–6.

2. Schneider A, Rudolph A, Bitzer EM, Dörning H: Vermeidung von Früh- geburten. Gemeinsames Modellprojekt nach § 63 SGB V der Kauf- männischen Krankenkasse (KKH), Barmer Ersatzkasse, Techniker Krankenkasse (TK), Hamburg Münchener Krankenkasse (HMK). End- bericht 2009; 48.

3. Saling E, Fuhr N, Placht A, Schumacher E: „Selbst-Vorsorge-Aktion für Schwangere“ – ein wichtiger Bestandteil des Frühgeburtenver- meidungsprogrammes. In: Weidinger H, (eds.): Geburtshilfe und Frauenheilkunde. Moderne Medizin zwischen Natur und High-Tech.

7. Bayreuther Gespräch. Berlin, Wien: Blackwell Wissenschafts-Ver- lag 1995; 63–70.

4. Saling E, Fuhr N, Placht A, Schumacher E: A new efficient strategy for prevention of prematurity. In: Kurjak A, Latin V, Rippmann E (ed.):

Advances on the pathophysiology of pregnancy: CIC Edizioni Interna- tionali 1995; 228–34.

Prof. Dr. med. Erich Saling Jürgen Lüthje

Institut für Perinatale Medizin, Berlin info@saling-institut.de

Interessenkonflikt

Prof. Saling hat die pH-Selbstmessung zur Vermeidung von Frühgeburten entwickelt . Herr Lüthje erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Schlusswort

Ja, ein prospektive randomisierte kontrollierte Studie mit früher Ansprache von circa 64 000 Schwangeren, einem Monitoring der Compliance von Studienteilnehmerinnen sowie der Leitlinientreue von behandelnden Frauenärzten wäre die ideale Studie, um den Effekt der pH-Selbstmes- sung auf die Frühgeburtenrate nachzuweisen. Eine solche Untersuchung wäre eine klinische Studie, zu deren Förde- rung den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) derzeit die gesetzliche Grundlage fehlt. Unsere Untersuchung erfolg- te als gesetzlich verpflichtende Evaluation auf der Basis des § 65 SGB V im Rahmen eines Modellvorhabens nach

§ 63 SGB V, in dem es um die Weiterentwicklung der Ver- sorgung ging. Die von den Leserbriefautoren benannten Schwächen des Interventions- und Studiendesigns (unter anderem selbstselektierte Kontrollgruppe, späte Anspra- che der Schwangeren, keine gesicherte ärztliche Nachver- sorgung) entsprechen der Routineversorgung, unter denen die pH-Selbstmessung als Regelleistung der GKV mit großer Wahrscheinlichkeit angeboten würde. Es war daher absichtsvoll nicht Bestandteil des Konzepts, zusätzlich zur Intervention „pH-Selbstmessung“ die evtuell nachfolgen- de Diagnostik und unter Umständen resultierende Be- handlung (also eine Behandlungsintervention) vorzuge- ben. Dies sollte mit der derzeitigen Routineversorgung ab- gedeckt sein. Das Evaluationskonzept kann damit Aussa-

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gen zur Wirksamkeit unter Alltagsbedingungen in der rea- len Versorgungswelt machen (1–3).

Die Stärke unserer Studie liegt darin, dass für die ge- samte Studienpopulation, das heißt sowohl Interventions- als auch Kontrollgruppe, personenbezogen vollständige Informationen zu den angestrebten Outcomes (Frühgebur- tenrate und Geburtsgewicht) und zu zentralen, diese Out- comes beeinflussenden Patientenmerkmalen (Risikofak- toren) vorliegen. Daher erlaubt das Studiendesign des Mo- dellvorhabens sehr viel besser als es beispielsweise in der Thüringer Frühgeburtenvermeidungsaktion möglich ge- wesen ist, Validität und Belastbarkeit aber auch etwaige Verzerrungen der Ergebnisse zu prüfen. Diese Mög - lichkeiten genutzt und die umfangreichen Daten mit ange- messenen statistischen Methoden (4) analysiert zu haben, sollte nicht als Nachteil ausgelegt werden. Im Übrigen konnten wir ja zumindest tendenziell eine Reduktion des Anteils von Neugeborenen mit sehr niedrigem Geburtsge- wicht, die bekanntermaßen das eigentliche medizinisch- soziale Problemklientel darstellen, aufzeigen.

Auf eine Befragung der Kontrollgruppen, wie von Kirschner et al. empfohlen, wurde verzichtet: Da Schwan- gere erst nach der Entbindung hätten befragt werden kön- nen und sowohl in der Interventions- als auch der Kon- trollgruppe mit einem geringen Antwortrücklauf gerech- net werden musste, wären zusätzliche erinnerungs- und selektionsbedingte Verzerrungen eingeführt worden.

Wir danken Herrn Petersen für die Ausführungen zu Handlungsalternativen zur pH-Selbstmessung.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0461b

LITERATUR

1. Bundesärztekammer: Definition der Versorgungsforschung.

www.baek.de

2. Bitzer EM: Versorgungsforschung aus Public Health Perspektive – For- schungsansätze mit patientennahen Ergebnisparametern und Routineda- ten von Krankenkassen. Hamburg: Dr. Kovacs, 2010.

3. Schäfer T: Wissenschaftliche Begleitung nach § 68 SGB V – Grundzüge eines Evaluationskonzepts. in: Brennecke R (ed.). Sozialmedizinische An- sätze der Evaluation in Gesundheitswesen, Band 1: Grundlagen und Ver- sorgungsforschung. Berlin, Heidelberg, New York: Springer 1992:

442–54.

4. Glaeske G, Augustin M, Abholz H, et al.: Epidemiologische Methoden für die Versorgungsforschung. Das Gesundheitswesen 2009; 71: 685–69.

5. Bitzer EM, Schneider A, Wenzlaff P, Hoyme UB, Siegmund-Schultze E:

Self-testing of vaginal pH to prevent preterm delivery: A controlled trial.

Dtsch Arztebl Int 2011; 108(6): 81–6.

Prof. Dr. med. Eva-Maria Bitzer, Dipl.-Psych. Andrea Schneider Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und

Gesundheitssystemforschung (ISEG), Hannover, bitzer@iseg.org Paul Wenzlaff

Zentrum für Qualität und Management im Gesundheitswesen, Niedersachen Prof. Dr. med. Udo B. Hoyme

Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Helios-Klinikum, Erfurt Dr. med. Elisabeth Siegmund-Schultze

KKH-Allianz, Hannover

Interessenkonflikt

Prof. Hoyme nimmt Referenten- beziehungsweise Beratertätigkeiten für die studi- entragenden Krankenkassen wahr. In der hier vorgelegten Studie hat er als wis- senschaftlicher Berater fungiert. Er erhielt von der Firma Inverness (Handschuhpro- duzent) Honorare für Beratertätigkeiten und Reisekostenübernahme.

Die weiteren Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Berichtigung

In dem Beitrag „Barret-Karzinom der Speiseröh- re“ von Angelika Behrens et al. im Deutschen Ärzteblatt vom 6. Mai 2011 (Heft 18) ist die richtige Farbe der Kurven in Grafik 1 „blau“ für den Lymphknotenbefall chirurgisch resezierter Patienten und „rot“ für den Lymphknotenbefall endoskopisch therapierter Patienten. MWR GRAFIK 1

Histologische Stadien und Lymphknotenbefall bei 130 ope- rierten Barrett-Frühkarzinomen (06/2000 bis 06/2009, pT1m 7,8 %, pT1sm1 9,6 %, pT1sm2 25 %, pT1sm3 27 %) sowie Lymphknotenpositivität bei 899 endoskopisch therapierten Mukosakarzinomen (0,34 %) und 120 Patienten mit sm1-Karzinomen (2,5 %)

Referenzen

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