• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Berufliche Integration: In der Kommunikation liegt die Stärke" (13.04.2001)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Berufliche Integration: In der Kommunikation liegt die Stärke" (13.04.2001)"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

F

ür die Sehenden Seite fünf, für die Blinden Seite acht, schlagt bitte auf.“

Konzeptionelle Aspekte der Public Relations (PR) ist das Thema, das Dozent Stefan Egggenberger heute behan- delt. Andreja und Claudia gleiten mit den Fingern über die Punktschrift; Jan Eric und Jürgen, beide sehbehin- dert, halten sich das Blatt mit der extragroßen Schrift ganz nah vor die Augen; Stepha- nie und Henning, an multi- pler Sklerose erkrankt, be- reitet die große Schrift Kopf- schmerzen – Eggenberger verspricht Abhilfe. Der Um- gangston zwischen den Teil- nehmern der Aus- und Wei- terbildung zum PR-Bera- ter/Assistenten und ihrem Schweizer Dozenten, der in Zürich eine PR-Agentur lei- tet, ist locker; die Atmosphä- re freundlich. So kann Mer- lin, der Blindenhund, ent- spannt neben Frauchen An- dreja Tomic liegen. Die 26- jährige Frau aus Kroatien ist im Krieg erblindet.

Das Curriculum der zwei- jährigen beruflichen Rehabi- litationsmaßnahme, die die Stiftung Blindenanstalt in Frankfurt am Main veran-

staltet, ist anspruchsvoll.

Schließlich sollen die sechs Teilnehmer die Abschussprü- fung vor der Deutschen Aka- demie für Public Relations bestehen. An ihrem Wohnort lernen sie in Pressestellen von Organisationen und Un- ternehmen die Praxis der Presse- und Öffentlichkeits- arbeit kennen. Die Theorie wird in 15 einwöchigen Blockseminaren in Frankfurt vermittelt. „Die dezentrale praktische Ausbildung lässt das Mobilitätsproblem ent- fallen, das Behinderte oft ha- ben“, erklärt Projektleiterin Ursula Hollerbach. Während der Blockseminare sind die Teilnehmer gemeinsam in ei- nem nahe gelegenen Hotel untergebracht.

Praktika bauen Berührungsängste ab Das 1998 initierte Pilotpro- jekt ist erfolgreich verlau- fen. Alle Teilnehmer konn- ten in den Arbeitsmarkt in- tegriert werden. Finanziert wird die Ausbildung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Den Lebensun- terhalt der künftigen PR- Berater zahlt entweder das

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 15½½13. April 2001 AA1003

Berufliche Integration

In der Kommunikation liegt die Stärke

In Frankfurt werden Blinde und Sehbehinderte zum PR-Berater ausgebildet. Das Projekt der Stiftung Blindenanstalt ist bundesweit einmalig.

V A R I A

Foto: Petra Bühring

(2)

Arbeitsamt, der Landes- wohlfahrtsverband oder die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Als Grund für die erfolgreiche Vermitt- lung sieht Ursula Holler- bach: „Die Idee greift, dass die Behinderten die Chance haben, Kompetenz und Per- sönlichkeit zu zeigen. Der Arbeitgeber ist nicht ver- pflichtet, denjenigen aus so- zialen Gründen einzustel- len.“ Berührungsängste und Unsicherheiten der Behin- derung gegenüber werden abgebaut.

Was macht gerade das Be- rufsfeld PR für Blinde und Sehbehinderte interessant?

„Man muss nicht sehen kön- nen, um gute Unternehmens-

kommunikation betreiben zu können“, erklärt Dozent Eg- genberger. „Wichtig ist es, zuhören zu können.“ In der Beratung sieht er deshalb die Stärke eines blinden PR- Spezialisten. Grafische Auf- gaben, wie im PR-Bereich das Erstellen von Präsentati- onsunterlagen, können ja auch von sehenden Kollegen übernommen werden. Der stark sehbehinderte Jürgen Friedrich macht sich beim Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin trotz- dem an diese für ihn mühseli- ge Arbeit: Mithilfe der Soft- ware Zoomtext holt er sich Ausschnitt für Ausschnitt auf den 21 Zoll großen Bild- schirm.

Die Recherche von Fakten – für PR-Fachleute ebenso wichtig wie für Journalisten – ist hingegen für Blinde im Zeitalter der Informations- Technologie kein Problem mehr. Es gibt Software, die den Text auf dem Bildschirm in Sprache umwandelt.

Recherche mit der Braille-Zeile

Die gewöhnungsbedürftige, weil modulationsarme elek- tronische Sprache ist die billi- ge Variante – meist für den privaten Gebrauch. Die vor drei Jahren erblindete Clau- dia Bayer ist für Öffentlich- keitsarbeit in der Joseph-Stif- tung, Bamberg, zuständig.

Beim Lesen hilft ihr die Braille-Zeile, benannt nach dem Erfinder der Blinden- schrift Louis Braille. Hier werden Zeichen und Buch- staben auf einer Zeile lesbar gemacht, die vor der Tastatur liegt und auf der winzige Stifte sich in verschiedenen Kombinationen durch kleine Löcher schieben. Die Blinde ertastet den Text mit den Fin- gern wie bei einem Buch in Braille-Schrift.

Mit Hilfe von Braille-Zei- le, Scanner, Bildschirmlese- gerät und entsprechender Software können Blinde sich heutzutage fast alle Texte zugänglich machen. Die Stif- tung Blindenanstalt bietet zu- dem die elektronische Aus- V A R I A

A

A1004 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 15½½13. April 2001

(3)

gabe für Blinde einiger über- regionalen Tageszeitungen sowie des Magazins „Der Spiegel“ an. Dieser Service machte das Scannen der ge- wünschten Information über- flüssig. Die Kosten für die teuren Geräte müssen die Ar-

beitgeber nicht selber tragen – die Hauptfürsorgestellen zahlen dafür. „Eigentlich woll- te ich Pilotin werden“, erklärt die kriegsblinde Andreja Du- mic humorvoll, „doch PR-Be- rater ist auch ein interessan- ter Beruf.“ Petra Bühring

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 15½½13. April 2001 AA1005

Der Einstieg in die Aus- und Weiterbildung zum PR-Berater ist flexibel. Die Stiftung Blindenanstalt bietet zudem eine Stellen- und Praktikumsbörse an sowie Bewerbungstraining für Blinde. Ein übersichtlicher „Leitfaden zur erfolgreichen Bewerbung“ ist zum Preis von 25 DM erhältlich.

Informationen: Stiftung Blindenanstalt, Adlerflychtstraße 8–14, 60318 Frankfurt am Main, Telefon: 0 69/95 51 24-0.

Die Einführung des Faches Wirtschaft an den allgemein- bildenden Schulen fordern die Bundesvereinigung der Deut- schen Arbeitgeberverbände und der Deutsche Gewerk- schaftsbund in einem Grund- satzpapier. Dem Aufruf an die Kultusminister schlossen sich der Deutsche Elternverein, der Verband Deutscher Realschul- lehrer und die Deutsche Ge- sellschaft für Ökonomische Bildung an. Da die Arbeitstei- lung und damit die Komple- xität des Wirtschaftslebens – auch durch Globalisierung und Europäisierung – deutlich zu- genommen haben, müsse „so- zioökonomische Bildung“ zur Allgemeinbildung gehören.

Die materielle Basis der Ge- sellschaft sei den Schülern frühzeitig zu vermitteln. Sie sollen Entscheidungen über ih- re berufliche Ausbildung sach- kundig treffen können.

Die Initiatoren des Grund- satzpapiers fordern ein eigen- ständiges Unterrichtsfach in al- len Schulen ab der fünften Klasse. „Illusionär“ sei die Vorstellung, dass die notwendi- gen Fachkenntnisse in den Fächern Erdkunde, Geschich- te oder Sozialkunde erworben werden könnten. Unterrichts- methoden wie Fallstudien, Planspiele und „Übungsfir-

men“ seien im Fach Wirtschaft besonders hilfreich; ebenso Betriebspraktika und Diskus- sionen mit Fachleuten aus der Praxis. Die Lehrerausbildung für das neue Fach müsse Wert auf Praxiserfahrung legen. pb

Jugendaustausch

Französisch vor Ort

Französisch lernen und die Zeit mit französischen Jugendlichen ver- bringen. Das bietet die Gesellschaft für übernationale Zusammenarbeit e.V., Bonn, an. Die Sprachkurse fin- den während der Oster-, Sommer- und Weihnachtsferien statt in Ci- boure/Atlantikküste, Vichy/Auver- gne, Wasserburg am Bodensee, Berchtesgaden, Heringsdorf/Use- dom und Langholz an der Ostsee.

Neben 15 Stunden Sprach- und Lan- deskundeunterricht pro Woche werden Sport und Freizeitaktivitä- ten angeboten. Die Preise, die alles einschließen, liegen zwischen 880 und 2 010 DM für zwei oder drei Wochen.

❃Eine Broschüre ist kostenlos er- hältlich: Gesellschaft für übernatio- nale Zusammenarbeit e.V., Schede- straße 13, 53113 Bonn, Fax: 02 28/

69 03 85, E-Mail: guez.dokumen- te@gmx.net

Allgemeinbildung

Wirtschaft als eigenes Fach

Initiative appelliert an die Politik.

V A R I A

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

„(4) Mehrtägige Angebote ohne Übernachtung, die sich an Familien in beson- deren Lebenslagen richten, sind mit bis zu 48 getesteten, geimpften oder gene- senen Personen zulässig.“. b)

Inwieweit bei der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung für diese Aufgabenstellungen Personal eingesetzt werden muss ist jetzt noch nicht absehbar und wird zu gegebener Zeit

Bei der Prüfung wurden keine Abweichungen von den Anforderungen nach dem WTG und den dazugehörenden Rechtsverordnungen festgestellt (keine Mängel).. Bei der Prüfung wurden

Bei der Prüfung wurden keine Abweichungen von den Anforderungen nach dem WTG und den dazugehörenden Rechtsverordnungen festgestellt (keine Mängel).. Bei der Prüfung wurden

Wie haben sich die Neuinfektionen mit Corona im Ankunftszentrum Heidelberg seit Ausbruch der Sars-Cov-2-Pandemie bis zum Zeitpunkt der Kleinen An - frage entwickelt,

In der genannten Einrichtung führte die Berliner Heimaufsicht am 09.07.2015 eine Prüfung nach dem Wohnteilhabegesetz durch... Prüfergebnisse der

In der genannten Einrichtung führte die Berliner Heimaufsicht am 16.01.2015 eine Prüfung nach dem Wohnteilhabegesetz durch.. Prüfergebnisse der

Bei der Prüfung wurden keine Abweichungen von den Anforderungen nach dem WTG und den dazugehörenden Rechtsverordnungen festgestellt (keine Mängel). Bei der Prüfung wurden