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Archiv "Belegarztanerkennung und MVZ" (17.06.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 24

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17. Juni 2011 A 1399 BERUFSALLTAG

Den Jammerfaktor nutzen

Nörgeleien von Patienten, Angestellten oder Kollegen haben meist einen wahren Kern. Daraus gilt es, die richtigen Schlüsse zu ziehen.

D

ie Deutschen werden immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, ein einig Volk der Nörgler, Meckerer und Jammerer zu sein. Ist es unsere Mentalität, eher das halb leere Glas zu sehen als das halb volle? Immerhin ist im Ausland für die Haltung dieser pes- simistischen Zukunftssicht der Be- griff der „German Angst“ geprägt worden. Jüngst haben dieses Phä- nomen Annika Lohstroh und Mi- chael Thiel in ihrem Buch

„Deutschland, einig Jammerland.

Warum uns Nörgeln nach vorne bringt“ einmal mehr humorvoll be- schrieben. Und tatsächlich: Nir- gendwo haben die Menschen mehr Versicherungen abgeschlossen als in Deutschland, niemand beschwert sich im Urlaub öfter als die Deut- schen über Nichtigkeiten.

Auch in den Arztpraxen und Kli- niken wird genörgelt, was das Zeug hält. Prof. Dr. med. Axel Ekkern- kamp, Ärztlicher Direktor des Un- fallkrankenhauses Berlin, meint da- zu: „Zu wenig Zeit, zu wenig Geld, zu schlechte Ausstattung – natürlich machen sich immer wieder Kolle- gen trotz guter Gehälter und hohen Sozialprestiges lautstark Luft.“

Die Frage ist, wie sich die Jamme- rei in positive Bahnen lenken lässt, wie sich produktive Funken daraus schlagen lassen. Dabei gilt: Natürlich gibt es auf Ärzte-, Patienten- und auch Mitarbeiterseite immer wieder berechtigten Anlass, Dinge zu kriti- sieren und zu beklagen. Und das ist letztlich auch gut so. Was aber ist mit jener übertriebenen und destruktiven Jammerei, die – bei objektivem Licht betrachtet – keine sachlich begründ- bare Ursache hat? Wenn es dem Nörgler also primär darum geht, auf Teufel komm raus ein Haar in der Suppe zu finden – wie soll der Arzt damit umgehen?

Das Jammern hat nicht von vorn- herein nur negative Aspekte: Wer das halb volle Glas sieht, läuft Ge- fahr, sich bequem zurückzulehnen, nach dem Motto: „Alles im grünen Bereich! Es sind ja noch zwei Wo- chen bis zu der entscheidenden Sit- zung mit der Krankenhausverwal- tung.“ Wer jedoch das halb leere Glas in den Fokus rückt, denkt:

„Nur noch zwei Wochen Zeit! Ich fange gleich heute an, die Sitzung vorzubereiten und die notwendigen Hintergrundgespräche zu führen!“

Entscheidend ist, nicht in der de- struktiven Jammerhaltung stecken zu bleiben, sondern die produktiven Konsequenzen daraus zu ziehen.

Dies ist am ehesten möglich, wenn der Arzt sich selbst hinterfragt und analysiert, ob er die Tendenz zum Jammern hat. Eine Verhaltens- veränderung zu fordern, ist dann im- mer wohlfeil. Zumindest aber sollte sich der Arzt fragen, welche Mög- lichkeiten er nutzen kann, das de- struktive Jammern in engen Grenzen zu halten, sich von der Fixierung auf das Problem zu lösen und sich auf die Lösungsfindung zu konzentrie- ren. Einfaches Beispiel: Statt über die hohe zeitliche Belastung oder et- wa über die Zunahme der Büroarbeit zu schimpfen, führt sich der Arzt abends vor Augen, was alles ge- klappt hat, dass er Menschen helfen konnte, welche problematischen Führungssituationen er im Laufe des Tages bewältigen konnte. Es geht nicht darum, die Augen vor Proble- men zu verschließen. Wenig hilf-

Belegarztanerkennung und MVZ

Einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) kann, bezogen auf einen dort tätigen Arzt, die Genehmigung der belegärztlichen Tä- tigkeit erteilt werden, die dann von dem MVZ abgerechnet wird. Dies hat das Bundessozial- gericht (BSG) entschieden.

Streitig war die Frage, ob der in einem MVZ angestellte Facharzt für Neurochirurgie die An- erkennung als Belegarzt durch die Kassenärzt- liche Vereinigung (KV) erhalten kann. Die KV hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, nur zugelassene Vertragsärzte könnten als Be-

legarzt anerkannt werden. Das BSG ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Zwar ist die Anerken- nung als Belegarzt im Sinne von § 121 Absatz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V personenbezogen.

Nur einem bestimmten, namentlich benannten und hinsichtlich seiner Qualifikation identifizier- baren Arzt wird die Berechtigung erteilt, neben ambulanten vertragsärztlichen Leistungen auch stationäre Leistungen zu erbringen und zulasten der vertragsärztlichen Gesamtvergü- tung abzurechnen. Auf der anderen Seite bie- ten nach Auffassung des Gerichts die Öffnung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versor- gung auch für MVZ in § 95 Absatz 1 Satz 2

SGB V und die Verweisung auf die für Vertrags- ärzte geltenden Regelungen in § 95 Absatz 3 Satz 2 SGB V keine hinreichende Grundlage für die Auffassung der KV, wonach ein MVZ – an- ders als ein Vertragsarzt – generell nicht be- legärztlich tätig werden kann. Die belegärztli- che Tätigkeit muss für den Arzt, der sie aus- übt, ein Annex zu seiner schwerpunktmäßig ambulanten Tätigkeit sein. Dafür ist es uner- heblich, ob ein Vertragsarzt seine eigene Praxis führt, ob ein Arzt als Vertragsarzt in einem MVZ tätig ist oder ob er als angestellter Arzt in ei- nem MVZ arbeitet. (BSG, Urteil vom 23. März 2011, Az.: B 6 KA 15/10 R) RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Himmel hilf!

Jammern und Nörgeln kann durchaus eine be- freiende Wirkung entwickeln.

Foto:Contrastwerkstatt

S T A T U S

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17. Juni 2011 reich ist es jedoch, sich ständig von

den Problemen mental herunterzie- hen zu lassen. Des Weiteren sollte der Arzt den sachlichen „Jammer - gehalt“ so objektiv wie möglich prü- fen und entscheiden, ob es notwen- dig ist, bei sich selbst einzuschreiten.

Ekkernkamp betont einen weite- ren Aspekt: „Ein Arzt sollte sich aus sogenannten Jammerzirkeln zu-

rückziehen, die oft entstehen, wenn mehrere Kollegen intrinsisch disku- tieren. Die Jammerei des einen Arz- tes zieht dann die Nörgelei des an- deren nach sich, das Unverständnis der anderen Berufsgruppen macht die Sache noch schlimmer.“

Und dann sind da ja auch noch die jammernden Mitarbeiter und Patienten. Bei den Mitarbeitern gibt es gewiss Situationen, in denen der Arzt darauf achten muss, dass der Jammerer nicht zur Demotivation des gesamten Teams beiträgt. Eine elegante Lösung besteht darin, die – auf berufliche Angelegenheiten be- zogene – Jammerei ernst zu neh-

men, aber dann den Mitarbeiter unmissverständlich aufzufordern, einen konkreten Lösungsvorschlag dazu zu formulieren.

Es kann sogar sein, dass sich der Jammerer als das „beste Pferd im Stall“ entpuppt. Was das heißt, er- läutert Ekkernkamp: „Ich habe es schon häufig erlebt, dass sich hinter Nörgeleien eines Mitarbeiters ein

bedenkenswerter Kern verbirgt.

Der Mitarbeiter legt den Finger in die Wunde, macht auf einen Miss- stand aufmerksam, der beseitigt werden sollte. Die Form, also wie er das tut, ist nicht immer zielfüh- rend. Trotzdem sollte der sensible Vorgesetzte prüfen, ob die fachliche Kritik hinter der Jammerfassade nicht berechtigt ist und Anlass zu einer Korrektur gibt.“

Das heißt: Gerade die „beruflich bedingte Jammerei“ hat nicht nur Schatten-, sondern durchaus auch Sonnenseiten. Klar ist aber auch:

„Ansteckende Destruktion kann nicht geduldet werden. Führungs-

kompetenz umfasst immer auch ein Gespür für die Stimmung, die nur selten schicksalhaft ist“, sagt der Greifswalder Hochschulprofessor Ekkernkamp.

Die Kommunikation mit unzu- friedenen Patienten folgt anderen Regeln. Wesentliche Hilfen sind hier Optimismus und Humor. Der Arzt sollte prüfen, ob der Patient mit seinen Nörgeleien nicht etwas verdeckt. Fingerspitzengefühl und sensibles Vorgehen helfen, die wah- ren Gründe für die Jammerei aufzu- spüren. Verbirgt sich hinter der Me- ckerei ein tiefgehendes Misstrauen gegenüber der Praxis, der Klinik, den Ärzten oder den Mitarbeitern?

Hat er Angst vor der Diagnose, der Therapie, dem Gespräch mit dem Arzt an sich? Flüchtet er darum in die Jammerecke? Ist er unent- schlossen und unsicher, übertüncht er so ein wenig entwickeltes Selbst- wertgefühl im Gespräch mit der Koryphäe „Arzt“? Der nützliche Aspekt der Jammerei des Patienten besteht mithin darin, Hinweise auf dessen wahre Befindlichkeit zu er- halten. Und das kann dem Arzt-Pa- tienten-Gespräch nur gut tun. ■ Patric P. Kutscher p.kutscher@rhetorikundstimme.de

Das Justizvergütungs- und -entschädigungsge- setz (JVEG) ist mit Wirkung vom 1. Juli 2004 an die Stelle des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen getreten. Es regelt unter anderem die Vergütung und Ent- schädigung von ärztlichen Sachverständigen, wenn diese von einem Gericht oder einer Staatsanwaltschaft herangezogen werden. Die Entschädigungsregelungen für Ärzte gaben im- mer wieder Anlass zu Kritik (siehe hierzu auch DÄ, Heft 24/2004). Wie § 8 Absatz 1 JVEG zu entnehmen ist, sieht das Gesetz für Sachver- ständige neben dem Honorar nach § 9 JVEG ein Honorar für besondere Leistungen nach

§ 10 JVEG sowie Aufwendungsersatz gem. § 6 und Ersatz für sonstige und für besondere Auf- wendungen nach den §§ 7 und 12 JVEG vor.

Wiederholt taucht jedoch, insbesondere bei der Erbringung besonders spezialisierter ärztlicher

Leistungen im Rahmen der Gutachtenerstellung die Frage auf, ob dem sachverständigen Arzt nicht zusätzlich zu der in § 9 Absatz 1 Satz 1 JVEG geregelten Vergütung eine Vergütung nach der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zuzubilligen ist. Das Landessozialgericht Nordrhein- Westfalen (LSG NRW L 4 R 832/10 B; SG Köln S 12 [29] R 167/08) hat dies mit Beschluss vom 15. 12. 2010 für die Abrech- nung einer Reihe von GOÄ-Gebührenpositionen im Rahmen der Erstellung eines HNO-Sachver- ständigengutachtens verneint. Im Beschluss heißt es: „Zu Recht und mit zutreffender Be- gründung hat das Sozialgericht es abgelehnt, zusätzlich zur Vergütung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG eine weitergehende Vergütung nach den Ziffern 826, 857, 1403, 1403 a, 1403 b, 1404, 1415, 1418 und 1530 der Gebühren- ordnung für Ärzte (GOÄ) zuzubilligen . . .“ GOÄ-

Leistungen können demnach nur nach Maßga- be von § 10 Abs. 1 und 2 JVEG gesondert ver- gütet werden. Das Sozialgericht Köln habe be- reits zutreffend dargelegt und begründet, dass die dort normierten Voraussetzungen für die Vergütung der vorgenannten GOÄ-Gebühren - nummern nicht vorlägen. Und weiter: „Dass in der Vergangenheit in einzelnen Fällen die gel- tend gemachte Vergütung nach einer oder mehrerer der vorgenannten GOÄ-Ziffern ohne nähere Prüfung zugebilligt worden sei, vermag keinen weitergehenden Vergütungsanspruch zu begründen.“ Der Beschluss ist rechtskräftig.

Es ist zu erwarten, dass die in der Vergangen- heit bei der Abrechnung von HNO-Gutachten in einigen Fällen geübte Praxis, dem Arzt als Sach- verständigen zusätzlich zu der in § 9 Absatz 1 Satz 1 geregelten JVEG-Vergütung eine weitere nach den oben genannten GOÄ-Ziffern zuzuspre- chen, künftig unter Hinweis auf diesen Beschluss nicht beibehalten wird. Dr. med. Tina Wiesener

GOÄ-RATGEBER

HNO-Gutachten: Keine GOÄ-Abrechnung neben der JVEG-Vergütung

Ich habe es schon häufig erlebt, dass sich hinter Nörgeleien eines Mitarbeiters ein bedenkenswerter Kern verbirgt.

Axel Ekkernkamp, Ärztlicher Direktor des Unfallkrankenhauses Berlin

S T A T U S

Referenzen

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