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Archiv "Regelungslücken im Katastrophenschutz" (21.02.1980)

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Aufsätze • Notizen

THEMEN DER ZEIT

Bei der Darstellung der Rechts- grundlagen des Katastrophenschut- zes ist zu unterscheiden zwischen Katastrophen, die ihre Ursache in Naturereignissen, Unglücksfällen, Explosionen oder ähnlichen Ereig- nissen haben, und einer durch den Verteidigungsfall ausgelösten Ge- fährdung der Zivilbevölkerung.

Für die Regelung des erstgenannten Bereiches sind die Bundesländer zu- ständig. Sie haben Katastrophen- schutzgesetze verabschiedet, in de- nen die Aufgaben und die Organisa- tion des Katastrophenschutzes, der Inhalt der Katastrophenhilfe (insbe- sondere der Einsatz freiwilliger Hel- fer) sowie die vorbereitenden Maß- nahmen und die Durchführung von Abwehrmaßnahmen im Katastro- phenfall geregelt sind.

Katastrophe im Sinne dieser Geset- ze') ist eine durch Naturereignis, Unglücksfall, Explosion oder ähnli- ches Ereignis verursachte so erheb- liche Störung oder unmittelbare Ge- fährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, daß sie nur durch Einsatz der für den Katastrophen- schutz bereitgehaltenen Einheiten und Einrichtungen von der Katastro- phenschutzbehörde beseitigt wer- den kann; es müssen Leben oder Gesundheit zahlreicher Menschen, erhebliche Sachwerte oder die le- bensnotwendige Unterkunft oder Versorgung der Bevölkerung unmit-

telbar gefährdet oder wesentlich be- einträchtigt sein.

Träger des Katastrophenschutzes sind das Land, die Landkreise, die kreisfreien Städte und teilweise auch die kreisangehörigen Gemein- den. Oberste Katastrophenschutz- behörde ist jeweils der Innenmini-

1) Zitiert nach § 1 Abs. 2 KatSGNW

ster eines Landes, obere Katastro- phenschutzbehörde ist, soweit in den Bundesländern existent, der Re- gierungspräsident, untere Katastro- phenschutzbehörden sind in der Re- gel die Landkreise und die kreisfrei- en Städte.

Die Sicherstellung der gesundheitli- chen Versorgung der Bevölkerung oder bestimmter Bevölkerungsteile im Katastrophenfall ist in diesen Ka- tastrophenschutzgesetzen nur in so- weit angesprochen, als im Rahmen der Katastrophenhilfe als Einrich- tungen des Katastrophenschutzes neben anderen Fachdiensten auch ein „Sanitätsdienst" mitzuwirken hat.

Weitergehende Regelungen, insbe- sondere über das Vorhalten be- stimmter Gesundheitseinrichtungen im Katastrophenfall, enthalten diese Gesetze nicht. Aufschluß über die im Einzelfall bei einer Katastrophe zu treffenden Maßnahmen der gesund- heitlichen Versorgung geben viel- mehr ausschließlich die von den Katastrophenschutzbehörden für den jeweiligen Zuständigkeitsbe- reich aufzustellenden Katastrophen- schutzpläne, in denen vor allem das Alarmierungsverfahren, die Vorbe- reitungsmaßnahmen und alle für die Katastrophenhilfe in Betracht kom- menden Behörden, Einheiten und Einrichtungen auszuweisen sind.

Sonderregelung fehlt

Weil eine Sonderregelung für die ge- sundheitliche Versorgung im Kata- strophenfall fehlt, ist anzunehmen, daß das in der Bundesrepublik Deutschland bestehende System der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung auch im Katastrophen- fall dient und durch die Einrichtun-

gen des Katastrophenschutzes le- diglich ergänzt wird. Dies gilt insbe- sondere für die Aufgabenstellung des Krankenhauses als Träger der stationären Versorgung und der Kassenärztlichen Vereinigungen als Gewährleistungsträger für die am- bulante kassenärztliche Versorgung der Bevölkerung. Unter dem Ge- sichtspunkt der Notfallbehandlung wird allerdings im Katastrophenfall die erforderliche ambulante Hilfelei- stung jedes Arztes durch die gesetz- liche Krankenversicherung abge- deckt. Auch die Zuständigkeiten des Rettungsdienstes (nach den jeweili- gen Rettungsdienstgesetzen der

Länder) bleiben im Katastrophenfall grundsätzlich unberührt.

Die nach den Rettungsdienstgeset- zen der Länder einzurichtenden Ret- tungsleitstellen dienen auch im Ka- tastrophenfall als Melde- und Alar- mierungsstellen sowie als Füh- rungsmittel für den Katastrophen- schutz (vgl. z. B. § 19 KatSGNW).

Unterrichtung notwendig

Nach Maßgabe des Artikels 35 des Grundgesetzes (GG) können die ei- nem Land zur Verfügung stehenden Einrichtungen des Katastrophen- schutzes zur Hilfe bei einer Naturka- tastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall durch Kräfte und Einrichtungen anderer Verwal- tungen sowie durch den Bundes- grenzschutz und die Bundeswehr ergänzt werden. Der Abschluß zwi- schenstaatlicher Verträge mit einer Reihe von EG-Ländern ermöglicht auch die Inanspruchnahme auslän- discher Hilfe, insbesondere für Maß- nahmen des Lufttransportes.

Die Auslösung des Katastrophen- alarms und dessen Aufhebung, der Einsatz der erforderlichen Einheiten und Einrichtungen sowie die Koordi- nierung der Abwehrmaßnahmen er- folgt durch die zuständige unte- re Katastrophenschutzbehörde. Die Aufsichtsbehörden, die gleichzeitig meist auch selbst überregionale Katastrophenschutzbehörden sind, können jedoch die Leitung der Ab- wehrmaßnahmen an sich ziehen,

Regelungslücken

im Katastrophenschutz

Rainer Ness

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 8 vom 21. Februar 1980 473

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Aufsätze • Notizen Katastrophenschutz

wenn der Erfolg sonst nicht sicher- gestellt erscheint.

Da sich die im Katastrophenfall zu treffenden Maßnahmen der gesund- heitlichen Versorgung ausschließ- lich aus den jeweiligen Katastro- phenschutzplänen ergeben, ist es zwingend erforderlich, daß die Trä- ger der gesundheitlichen Versor- gung über diese Katastrophen- schutzpläne unterrichtet werden und damit ihrerseits die Ärzte umfas- send auf ihre Aufgaben im Katastro- phenfall vorbereiten können. Dar- über hinaus muß durch Katastro- phenschutzübungen der Einsatz im Katastrophenfall geprobt und die Einsatzbereitschaft regelmäßig überprüft werden.

Den Katastrophenschutz im Vertei- digungsfall regelt gegenwärtig das Bundesgesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes vom 9.

Juli 1968 sowie das Bundesgesetz über den Zivilschutz vom 9. August 19762). Danach nehmen die nach Landesrecht gebildeten Einheiten und Einrichtungen des Katastro- phenschutzes ihre Aufgaben auch hinsichtlich der besonderen Gefah- ren und Schäden wahr, die im Ver- teidigungsfall drohen. Diese Geset- ze enthalten ebenfalls keine beson- deren Regelungen für die Durchfüh- rung der gesundheitlichen Versor- gung der Bevölkerung im Verteidi- gungsfall. Das Bundesgesetz über den Zivilschutz schreibt allerdings vor, daß für Zivilschutzzwecke aus- reichende Sanitätsmaterialvorräte anzulegen sind und Hilfskranken- häuser bereitzustellen sind.

Diese gesetzlichen Regelungen sind noch unzureichend. Deswegen wird von seiten der Ärzteschaft seit lan- gem die Verabschiedung eines „Ge- sundheitssicherstellungsgesetzes"

für den Verteidigungsfall gefordert.

Mit der Verabschiedung eines sol- chen Gesetzes ist allerdings nicht mehr in dieser Legislaturperiode zu rechnen.

Die bisher bekanntgewordene Kon- zeption einer solchen gesetzlichen Regelung geht davon aus, daß auch im Verteidigungsfall das bestehende

System der gesundheitlichen Ver- sorgung der Bevölkerung grund- sätzlich bestehenbleibt. Die Aufga- ben und Pflichten der Behörden und Dienststellen des Gesundheits- und Veterinärwesens der Krankenhaus- träger, der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigun- gen sowie der Einrichtungen des Rettungswesens werden jedoch im Hinblick auf die im Verteidigungsfall bestehenden Anforderungen an die gesundheitliche Versorgung der Zi- vilbevölkerung entsprechend erwei- tert. Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker sollen durch das Gesetz verpflichtet werden, sich zur Aus- übung ihres Berufs unter den beson- deren Anforderungen im Verteidi- gungsfall fortzubilden, wobei die Kammern der Heilberufe für die Durchführung dieser besonderen Fortbildung zuständig sein sollen.

Dienstverpflichtungen möglich

Für den Fall, daß die ambulante Ver- sorgung der Bevölkerung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht mit den vorhandenen an der kassenärztlichen Versorgung teil- nehmenden Ärzten sichergestellt werden kann, weil diese teilweise zum Wehrdienst eingezogen wur- den, sollen nach Maßgabe der Be- darfspläne durch die zuständige Be- hörde auf Anforderung der Kassen- ärztlichen Vereinigung Dienstver- pflichtungen auch für solche Ärzte ausgesprochen werden können, die bisher nicht an der kassenärztlichen Versorgung teilgenommen haben.

Die stationäre Aufnahme von Kran- ken und Verletzten in die Kranken- häuser soll über die Rettungsleitstel- len geregelt werden, der alle Kran- kenhäuser angeschlossen sein müs- sen. Die Krankenhäuser können ver- pflichtet werden, auf Anforderung der zuständigen Behörde zusätzli- che Einrichtungen als Bettenhäuser oder Hilfskrankenhäuser sowie zu- sätzliche Betten zu übernehmen und

2) Daneben bestehen Sicherstellungsgesetze für den Wirtschafts- und Arbeitsbereich so- wie eine in der Praxis bisher nur unzurei- chend realisierte Schutzbaugesetzgebung.

mit zu versorgen. Allen im Gesund- heitswesen tätigen Personen und In- stitutionen beziehungsweise in der Erbringung von Gesundheitslei- stung Ausgebildeten und zur Mitwir- kung an der gesundheitlichen Ver- sorgung im Verteidigungsfall ausge- bildeten Personen sollen Auskunfts- und Meldepflichten und zum Teil ei- ne Residenzpflicht auferlegt wer- den, um die Versorgung der Bevöl- kerung im Verteidigungsfall zu ge- währleisten.

Diese Konzeption des „Gesund- heitssicherstellungsgesetzes" be- darf noch einer eingehenden Dis- kussion. Ein solches Gesetz ist drin- gend erforderlich, zumal hiervon auch positive Auswirkungen auf den Katastrophenschutz bei Naturereig- nissen, Explosionen und Atomunfäl- len zu erwarten sind.

Anschrift des Verfassers:

Dr. jur. Rainer Hess

Justitiar der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen

Bundesvereinigung Haedenkampstraße 3 5000 Köln 41 (Lindenthal)

ZITAT

Beicht-Geheimnis

„Wenn das Vertrauen in un- sere Verschwiegenheit jetzt durch die Weitergabepflicht der Patientendaten in Datei- en aufgehoben wird, werden viele Patienten lieber leiden und schweigen, als sich uns anzuvertrauen und helfen zu lassen. Man stelle sich ein- mal vor, ein Beichtvater müßte seine Beichtgeheim- nisse in einer EDV-Anlage speichern — wer ging dann noch zur Beichte?"

Dr. med. Jürg Blümel, Mit- glied des Bundesvorstan- des des Berufsverbandes der Praktischen Ärzte und Ärzte für Allgemeinmedizin Deutschlands (BPA) e. V.

474 Heft 8 vom 21. Februar 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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