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Archiv "Gutachten für Rentenversicherungen: Keine Umsatzsteuerbefreiung" (30.11.2007)

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A3360 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 48⏐⏐30. November 2007

S T A T U S

Klagebereitschaft groß. Dieses Pro- blem ist dem Marburger Bund (MB) bewusst. Er hat es in den Tarifver- handlungen mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) in Kauf genommen. Nach Aussage des MB war ein besseres Er- gebnis in den Verhandlungen nicht zu erzielen. Das klingt plausibel, ändert aber nichts an der Verärgerung der be- troffenen Ärzte. Erfolg vor den Ar- beitsgerichten ist dieser Gruppe aber eher nicht zu prognostizieren. Größe- ren Erfolg vor Gericht haben die

Oberärzte, die die Funktion eines Oberarztes ausfüllen, aber von ihren Arbeitgebern nicht entsprechend be- soldet werden. Die ersten Urteile der Arbeitsgerichte sind zugunsten dieser Oberärzte ausgegangen.

Das Krankenhaus ohne Oberarzt ist kein unrealistisches Schreckge- spenst. So gibt es in Nordrhein- Westfalen bereits Kliniken, die ober- arztfrei sind – was von der Sache her nicht vorstellbar ist. Am Univer- sitätsklinikum Leipzig gibt es Ober- ärzte, die die Funktionen ausüben, aber tarifrechtlich nicht so behandelt werden. Das Problem liegt auch hier wiederum in dem zwischen den Ver-

tragsparteien ausgehandelten Text und seinen Motiven. Die einschlägi- ge Protokollerklärung von VKA und MB lautet: „Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verant- wortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bezie- hungsweise Abteilung vom Arbeit- geber ausdrücklich übertragen wor- den ist.“ Schwierigkeiten in der Aus- legung bereiten die Begriffe „selbst- ständig“ und „vom Arbeitgeber aus- drücklich übertragen“.

Das Merkmal „selbstständig“ be- deutet nicht, dass es sich um eine weisungsfreie Tätigkeit handelt. Die gibt es auf der Ebene unterhalb des Chefarztes nicht, und eine solche In- terpretation würde immer dazu füh- ren, dass wir per definitionem keinen Oberarzt mehr haben. Das ist aber mit dieser Formulierung nicht ge- meint. Eine griffige, positive Defini- tion fehlt. Entscheidend für das Merk- mal „selbstständig“ ist daher eine wertende Gesamtschau aller Kriteri- en im individuellen Einzelfall. Dazu gehören besondere, durch langjähri- ge Erfahrung erworbene medizini- sche Kompetenz, organisatorische Eigenständigkeit und ein besonderer Auftritt nach außen durch die Klinik.

Missbrauchsmöglichkeiten eröff- net der Satzteil „vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen“. Diese For- mulierung soll die schleichende Bil-

dung von selbstständigen Teil- oder Funktionsbereichen verhindern. Die ausdrückliche Übertragung muss da- bei allerdings nicht unbedingt vom Klinikträger vorgenommen werden.

Er kann diese Aufgabe vielmehr dem Chefarzt delegieren und wird es re- gelmäßig aus sachlichen Gründen auch tun müssen. Die Formulierung verleitet aber Arbeitgeber dazu, kei- ne ausdrückliche Übertragung der Aufgaben auszusprechen, um da- durch eine Höhergruppierung von Ärzten in die Entgeltgruppe III zu verhindern. Am Leipziger Univer- sitätsklinikum wird sogar der Begriff Oberarzt durch den des „Direktiv- arztes“ ersetzt. Um ein rechtlich zulässiges Vorgehen handelt es sich dabei nicht. Erfüllt ein Arzt eine oder mehrere der oben genannten Aufga- ben, ist er also Oberarzt im materiel- len, nicht aber im formellen Sinn, so ist er auch besoldungsmäßig so ein- zuordnen. Es kommt insoweit nicht auf die juristische Form an, sondern auf die Realstruktur.

Unzulässig wäre es auch, wenn der Klinikträger versuchte, die ge- nannten Realstrukturen erst gar nicht entstehen zu lassen. In jeder Klinik sind Oberärzte erforderlich, um den Standard zu gewährleisten, auf den die Patienten Anspruch haben. Der Bundesgerichtshof hat einmal in der Nichtbesetzung von Funktionsstel- len – insbesondere bezogen auf den Chefarzt – ein Organisationsver- schulden des Klinikträgers gesehen.

Diese Rechtsprechung gilt auch für den Oberarzt. Dieser Grundgedanke verbietet auch die totale Delegation von oberärztlichen Aufgaben auf dazu nicht qualifizierte Fachärzte.

Die moderne Klinik braucht Oberärzte. Sie dürfen nicht nur als Kostenfaktor betrachtet werden, sondern sind ein Erfolgsfaktor. Ohne sie ist ein moderner Krankenhausbe- trieb auf Dauer nicht aufrechtzuer- halten. Deutlich zeigt sich der dro- hende Einbruch wirtschaftlicher Ge- sichtspunkte in die Krankenversor- gung. Ökonomische oder auch sozi- alrechtliche Aspekte dürfen jedoch nur zum optimalen Einsatz von Res- sourcen führen, nicht zur Absenkung des medizinischen Standards. I Prof. Dr. jur. Bernd-Rüdiger Kern, Leipzig E-Mail: kern@rz.uni-leipzig.de

RECHTSREPORT

Gutachten für Rentenversicherungen:

Keine Umsatzsteuerbefreiung

Erbringt ein Arzt eine Leistung in einem Zusam- menhang, der die Feststellung zulässt, dass ihr Hauptziel nicht der Schutz, die Aufrechterhaltung oder die Wiederherstellung der Gesundheit ist, sondern die Erstattung eines Gutachtens, so ist diese nicht umsatzsteuerbefreit. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Die Frage der Umsatzsteuerpflicht für ärztli- che Gutachten in Rentenverfahren für Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ist anhand der Richtlinie des Rates vom Mai 1977 zur Harmoni- sierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaa- ten über die Umsatzsteuer (77/388/EWG) über- prüft worden. Danach sind nur solche ärztlichen Leistungen steuerbefreit, deren Hauptziel der Schutz der Gesundheit ist. Dass der Arzt das

Gutachten schreibt und dafür Patienten körper- lich untersucht, reicht für die Umsatzsteuerbe- freiung ebenso wenig aus wie der Umstand, dass die vorgenommene Tätigkeit indirekt zu- gleich zum Schutz der Gesundheit des Betroffe- nen beitragen kann.

Ein Arzt, der Gutachten erstellt, liefert den Rentenversicherungen eine Entscheidungs- grundlage dafür, ob Versicherte Anspruch auf Re- habilitationsmaßnahmen oder auf Rente haben.

Das Gutachten soll somit einem Dritten eine Ent- scheidung ermöglichen, die gegenüber dem Be- troffenen oder anderen Personen Rechtswirkung erzeugt. Ein mittelbarer Beitrag zum Schutz der Gesundheit reicht nach Auffassung des Bundes- finanzhofs hierbei nicht für die Umsatzsteuerbe- freiung nach § 4 Nummer 14 Umsatzsteuerge- setz aus. (Beschluss vom 31. Juli 2007, Az.: V B

98/06) RA Barbara Berner

So gibt es in Nordrhein-Westfalen

Kliniken, die oberarztfrei sind.

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