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Archiv "Radioonkologie/Brachytherapie: Wenn Strahlen von innen heilen" (19.04.2002)

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ine Strahlenbehandlung in Frühsta- dien von Prostatakarzinomen kann Männern die Operation ersparen.

„Nach bisherigen Daten sind die Ergeb- nisse mit denjenigen nach Operation vergleichbar, wenn dazu geeignete Pati- enten ausgesucht werden“, erklärte Dr.

Thomas Wiegel (Universitätsklinikum Benjamin Franklin, Berlin) anlässlich der 7. Jahrestagung der Deutschen Ge- sellschaft für Radioonkologie in Ham- burg. In den USA habe sich die Strah- lentherapie von Prostatakarzinomen be- reits durchgesetzt und werde schon in 50 Prozent zur Erstbehandlung angewandt.

Eventuelle Nebenwirkungen der Therapie sind Entzündungen im End- darm und der Blase, die aber meist ge- ring ausgeprägt sind. Dadurch bedingte Beeinträchtigungen der Lebensqualität werden in nur drei Prozent angegeben.

Noch unsicher ist, ob eine Operation bei vorbestrahlter Prostata zu stärkeren Nebenwirkungen führt. Vorteilhaft ist, dass nach Bestrahlung die Potenz über- wiegend erhalten bleibt.

Die Bestrahlung ist perkutan von außen möglich oder „von innen“ mit ins Gewebe eingebrachten Strahlern. Da- bei ist große Erfahrung des Therapeu- ten nötig. Bei dieser „Brachytherapie“

werden Kurzdistanzstrahler verwendet, welche die umliegenden Organe scho- nen. Bei Langzeit-Brachytherapie wird die Prostata mit kleinen radioaktiven Stiften (Seeds) gleichmäßig gespickt.

Diese Seeds, früher Jod- und heute zunehmend Palladiumstrahler, bleiben in der Prostata und strahlen bis zum Abklingen ihrer Radioaktivität. Die Applikation ist nur ein- bis zweimal nötig. Dieses Verfahren eignet sich nur bei bestimmten kleinen Tumoren bis zu bestimmten Grading-Stufen. Nach Daten aus dem Donauspital (Wien) tra- ten innerhalb von bisher zwei Nachbe- obachtungsjahren bei nur drei von 58 Patienten Nebenwirkungen am Darm

auf. Bei der Kurzzeit-Brachytherapie – meist zusätzlich zur äußeren perkuta- nen Bestrahlung, wenn die innere Be- strahlung nicht mehr ausreicht – wird die Prostata kurzfristig mit Nadeln ge- spickt, die an eine externe Strahlen- quelle angeschlossen sind. Die Sitzung dauert nur wenige Minuten. Die Na- deln werden anschließend wieder ent- fernt. Nach Daten aus dem Kranken- haus Offenbach, wo 102 Patienten mit dieser Strahlen-Kombinationstherapie behandelt wurden, blieben nach bisher zwei Jahren 90 Prozent der Betroffenen krankheitsfrei.

Bei 134 behandelten Patienten am Universitätsklinikum Charité (Berlin) lagen die Überlebensraten nach fünf Jahren bei 93 Prozent. An der Univer- sitätsklinik Kiel konnte man bei Patien- ten, bei denen sich erneut Tumorgewe- be bildete, durch Brachytherapie in sechs von zehn Fällen örtliches Weiter- wachsen des Tumors verhindern.

Studie prüft Kombination von Bestrahlung und Hormonen

Wenn der Tumor die Prostata-Kapsel überschritten hat, ist Brachytherapie von innen nicht mehr ausreichend.

Dann ist die perkutane Strahlenthera- pie nötig, in Form der genau aufs Ziel- volumen gerichteten dreidimensiona- len Bestrahlungsplanung, die heute als Standard gilt. In einer Studie des New Yorker Memorial Sloan Kettering Can- cer Center wurde dokumentiert, dass bei Bestrahlungen von Prostatakarzi- nomen trotz sehr hoher Strahlendosen im Zielfeld die Rate chronischer Ne- benwirkungen am Enddarm nach drei Jahren von 15 auf vier Prozent gesenkt werden konnte.

Nach Operation muss der PSA-Wert bei null liegen. Steigt das PSA danach wieder an, und wird daraufhin die

Prostataloge bestrahlt, fällt das PSA in 50 bis 70 Prozent der Fälle wieder auf null ab. Dort bleibt es in 30 bis 40 Pro- zent auch noch nach fünf Jahren. Die Strahlentherapie von Prostatakarzino- men ist demnach in solchen Fällen eine neue Therapiemöglichkeit mit kurativer Chance, was bei der gegengeschlechtli- chen Hormontherapie nicht der Fall ist.

Eine bundesweite Studie unter Lei- tung der Abteilungen für Urologie und Radioonkologie der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf soll klären, ob Bestrahlung allein oder kombiniert mit Antiandrogenen die besten Ergebnisse bringt. Teilnehmer sind 900 Patienten nach Radikaloperation, bei denen das PSA erneut angestiegen ist.

„Unbedingt beendet werden sollte der Streit der Disziplinen darüber‚wo der Patient hingehört“, betonte Prof.

Thomas Herrmann (Universität Dres- den). „Die Therapie darf nicht durch diejenige Tür bestimmt werden, durch die der Patient zufällig zuerst geht.“ Er- forderlich sei nach Diagnose eine ge- meinsame Sprechstunde mit dem Uro- logen und dem Radioonkologen, die mit dem Patienten die bestmögliche Therapie festlegen. Dabei sollten auch psychologische Determinanten berück- sichtigt werden. Wenn der Betroffene nicht damit leben kann, dass der Tumor (obwohl behandelt) nicht ganz entfernt wurde, sollte man dies in die Entschei- dung einbeziehen.

Die bisherige Tendenz der perkuta- nen Strahlentherapie-Ergebnisse ge- genüber einer fachgerechten Operation sei nach inzwischen acht bis neun Jah- ren ermutigend, so die anwesenden Ex- perten. Valide Aussagen allerdings sei- en beim Prostatakarzinom – im Gegen- satz zu anderen Karzinomen – erst nach 15 Jahren möglich, sagte Herrmann.

Bei günstigem Grading sind die Ergeb- nisse der Operation sehr gut (Fünfjah- resheilungsraten von 90 bis 95 Prozent).

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 16½½½½19. April 2002 AA1071

Radioonkologie/Brachytherapie

Wenn Strahlen von innen heilen

Verschiedene Verfahren der Strahlentherapie erobern nicht nur neue Gebiete, sondern werden zugleich schonender und effektiver.

Medizinreport

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Nach Strahlentherapie betrug die ent- sprechende Heilungsrate 85 Prozent, doch waren darin auch viele Tumoren mit ungünstigem Grading eingeschlos- sen. Rechnet man diese heraus, sind die Ergebnisse vergleichbar.

Endoluminale Bestrahlung kann Restenosen verhindern

In Deutschland werden jährlich 600 000 Herzkatheter-Untersuchungen vorge- nommen, die zu 180 000 Interventionen in Form der Koronardilatation führen, die nicht immer erfolgreich sind. In 20 bis 50 Prozent kommt es schon Wochen bis Monate später zu Restenosen, so umriss Prof. Winfried Alberti (Univer- sitätsklinik Hamburg-Eppendorf) das bekannte Problem.

Nach Koronardilatation werden in Deutschland jährlich 123 000 Stents ein- gesetzt. Auch das verhindert in 25 bis 35 Prozent den erneuten Verschluss nicht. Bei 25 000 bis 35 000 Betroffenen kommt es zu wiederholten Koronarver- engungen, darunter zu diffusen lang- streckigen Verengungen. Diese Patien- ten, sonst Kandidaten für einen Bypass, profitieren am meisten von einer Strah- lenbehandlung direkt anschließend an eine Dilatation, so Alberti.

Bei der endoluminalen Brachythera- pie werden winzige Beta- oder Gamma- Strahler in Form gasförmiger oder flüs- siger Nuklide per Katheter über Bein- arterien hinauf zum Koronar-Stent ge-

führt, in dessen Bereich die Wiederver- engung (In-Stent-Restenose) auftrat.

Nach erneuter Dilatation folgt die Strahlentherapie, punktförmig über de- finierte Strecken, in genau berechne- ter Dosis. So wurden in 50 bis 80 Pro- zent künftige Restenosen verhindert.

Gelingt es, eine Wiederverengung zu verhindern, dann sei der Erfolg an dieser Stelle dauerhaft. Wiederveren- gungen nach Strahlentherapie traten bisher nur an anderen Stellen auf. In den USA sei dieses Verfahren seit Jah- ren populär.

Alberti nannte einige Zahlen aus Deutschland: An der Universitätsklinik Lübeck wurden 48 Patienten mit In- Stent-Restenose mit endoluminaler Brachytherapie behandelt. Nach einem halben Jahr war bei nur 13 Prozent eine erneute Gefäßverengung eingetreten.

Am Städtischen Klinikum Karlsruhe wurden 44 Patienten nach Stenteinsatz, konsekutivem Wiederverschluss und zweiter Dilatation endoluminal be- strahlt. Nach sechs Monaten zeigte sich in der Koronarangiographie nur bei ei- nem Patienten ein erneuter Verschluss.

Auch am Universitätsklinikum Aachen wurden 28 Patienten mit Restenose nach Stenteinsatz bestrahlt, von denen sechs erneut Stenosen, einer einen kompletten Gefäßverschluss erlitt. In Chemnitz traten bei 40 Patienten nur in drei Fällen behandlungsbedürftige Re- zidive auf.

Ob auch Patienten, die sich zum er- sten Mal einer Dilatation oder Stentein-

lage unterziehen müssen, von der Be- strahlung profitieren, ist Gegenstand laufender Studien. An der Erlanger Universitätsklinik wurden 15 Patien- ten, die einen ersten koronaren Stent erhielten, direkt anschließend be- strahlt. Bisher kam es in keinem Fall zu erneutem Verschluss. Im vergangenen Jahr wurden an der Universitätsklinik Hamburg 100 Patienten koronar be- strahlt. In vier bis sechs Prozent der Fäl- le kommt es zu Spätthrombosen, die ei- nen Infarkt auslösen können. Dieses Risiko erfordert die Gabe von Antikoa- gulanzien über längere Zeit.

Die Deutsche Kardiologische Ge- sellschaft verhalte sich bisher zögerlich mit der Empfehlung der Präzisionsbe- strahlung von Koronarien, so Alberti.

Doch die Daten aus den USA und Eu- ropa ließen keine Zweifel an der Wirk- samkeit. Offen sind noch Fragen nach eventuell möglichen Wiederholungen der endoluminalen Brachytherapie, und ob eventuell zu hohe Strahlendosen in kleinen Arterien selbst zur Wiederver- engung führen könnten. Anhand der bisherigen Daten sei es gerechtfertigt, die Strahlentherapie zwar noch nicht primär, aber bei erneuten Stenosen nach Stent-Einsatz anzuwenden.

Weitere Anwendungen

Überschießende benigne und maligne Gewebswucherungen werden durch Bestrahlung gebremst. Dieses Prinzip gilt etwa im Fall überschießender Nar- benbildung in Form von Keloiden nach Operationen, die durch anschließende Bestrahlung verhindert werden kön- nen. Jährlich unterziehen sich circa 16 000 Patienten wegen gutartiger Er- krankungen einer Strahlentherapie.

Nach Einsatz künstlicher Hüftgelen- ke kommt es in zehn Prozent zu Ge- lenksverknöcherungen. Auch hier wird unerwünschtes neues Knochengewebe durch Bestrahlung im Wachstum ge- bremst. An der Universität Münster wurden 117 Patienten mit schmerzhaf- tem Fersensporn zweimal wöchentlich (insgesamt zehn Sitzungen) bestrahlt.

Danach war ein Viertel der Betroffenen schmerzfrei, 34 Prozent gaben eine we- sentliche Besserung an, und 26 Prozent eine Schmerzlinderung. Wolfgang Sass P O L I T I K

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A1074 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 16½½½½19. April 2002

Mithilfe einer dreidimen- sionalen computerbe- rechneten „Gehirnland- karte“ können Neuro- chirurgen der Univer- sitätsklinik Ulm bereits vor der operativen Ent- fernung eines Gehirntu- mors das Tumorgewebe sowie die wichtigsten Funktionszentren genau lokalisieren. Die Metho- de der „multimodalen kranialen Neuronavigati- on“ kombiniert verschie- dene bildgebende Ver- fahren: Kernspintomo- graphie, Diffusions-Kern- spintomographie, Funktionelle Kernspintomographie und Positronenemissionstomographie.

Aus den Daten wird eine dreidimensionale Abbildung erzeugt, die der Chirurg in sein Operati-

onsmikroskop einblenden kann. Foto: Deutsche Telekom

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