M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 36½½½½7. September 2001 AA2271
ne einer therapeutischen Bindung ge- staltet werden. Selbstverletzendes Ver- halten ist in hohem Maße beziehungs- gefährdend: Der Therapeut fühlt sich immer wieder in die Enge getrieben, hintergangen, brüskiert und ent- täuscht. Die Beziehung zum selbstver- letzenden Patienten muss immer wie- der neu stabilisiert werden, um eine Kontinuität trotz vielfacher Ein- brüche und Einschnitte aufrecht zu er- halten. Vor dem Hintergrund einer so gestalteten Beziehung gilt es die Akti- onssprache der Selbstverletzung in zwischenmenschliche Wortsprache zu übersetzen und gemeinsam mit dem Patienten neue Kommunikationsfor- men zu erschließen.
Vor einer Erarbeitung der traumati- schen Vergangenheit ist es notwendig, eine kurz- und mittelfristige Perspek- tive gemeinsam mit den Jugendlichen herzustellen. Erst in der Geborgenheit einer sicheren Gegenwart und im Hin- blick auf eine realistische Zukunfts- planung soll schließlich die langsame fürsorgliche Aufarbeitung biographi- scher Traumen beginnen. Dieser Re- konstruktions- und Integrationspro- zess braucht Geduld, einen langen Atem und eine therapeutische Be- scheidenheit, die den Jugendlichen nicht überfordert. Therapiekonzepte zur Behandlung von Borderline-Pati- enten sind bei der Behandlung selbst- verletzender Jugendlicher hilfreich.
Nicht vergessen werden darf, dass sol- che Patienten, eine personale Würde und Fürsorge auf Kosten ihres Kör- pers aufrechterhalten, eines Teils ihrer Person also, der in ihrem Leben zu- meist bereits schicksalhaft von ande- ren instrumentalisiert worden war.
Wir danken der Körberstiftung Hamburg für die freundli- che Unterstützung unserer Arbeit.
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 2001; 98: A 2266–2271 [Heft 36]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Franz Resch Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie Universität Heidelberg
Blumenstraße 8 69115 Heidelberg
Bei übergewichtigen Personen mit ge- störter Glucosetoleranz entwickelt sich langfristig häufig ein manifester Diabetes mellitus Typ 2. Ob sich dies durch Änderung der Lebensführung beeinflussen lässt, war Thema einer finnischen Interventionsstudie.
522 übergewichtige Personen mitt- leren Alters mit einem BMI von im Mittel 31 und bereits eingeschränkter Glucosetoleranz wurden randomisiert einer Interventions- beziehungsweise einer Kontrollgruppe zugeordnet. Die Interventionsgruppe wurde individu- ell mit dem Ziel beraten, das Körper- gewicht zu reduzieren, die Gesamt- fettaufnahme und die Zufuhr gesättig- ter Fettsäuren zu vermindern, die Bal- laststoffzufuhr zu erhöhen und sich vermehrt körperlich zu bewegen. Als Zeichen einer erfolgreichen Interven- tion konnte in der Interventionsgrup- pe eine Gewichtsabnahme von 4,2 kg
im ersten Beobachtungsjahr gegen- über 0,8 kg in der Kontrollgruppe fest- gestellt werden. In der Nachbeobach- tungsphase von 3,2 Jahren kam es in der Kontrollgruppe bei 23 Prozent zu einem klinisch manifesten Diabetes mellitus, hingegen war dies nur bei elf Prozent der Patienten der Interventi- onsgruppe der Fall. Somit ließ sich nach Ansicht der Autoren eindrucks- voll demonstrieren, dass eine Ände- rung der Lebensführung bei Adiposi- tas das Erkrankungsrisiko für Typ-2- Diabetes-mellitus signifikant senken
kann. acc
Tuomilehto J et al.: Prevention of type 2 diabetes melli- tus by changes in lifestyle among subjects with impaired glucose tolerance. N Eng J Med 2001; 344: 1343–1350.
Prof. Tuomilehto, National Public Health Institute, De- partment of Epidemiology and Health Promotion, Diabe- tes and Genetic Epidemiology Unit, Mannerheimintie 166, Fin-00300 Helsinki, Finnland.
Diabetes-Prävention durch Änderung der Lebensführung
Referiert
Patienten mit transfusionsbedingter Hepatitis C vervielfachen durch über- mäßigen Alkoholkonsum das gegen- über anderen transfusionsbedingten Hepatitiden bereits vergrößerte Risi- ko, eine Leberzirrhose zu entwickeln.
Die Ergebnisse einer retrospektiven Studie, die an mehreren amerikani- schen Leberzentren durchgeführt wur- de, erlauben es, die jeweiligen Risiken genauer zu definieren: So betrug das absolute Risiko für Patienten mit He- patitis C, eine Leberzirrhose zu ent- wickeln, 17 Prozent und war damit, verglichen mit 3,2 Prozent für Patien- ten mit Non-A-, Non-B-, Non-C-He- patitis und 2,8 Prozent in der Kontroll- gruppe, deutlich erhöht. Alkoholismus allein führt viermal häufiger zu Leber- zirrhosen – in Kombination mit einer transfusionsbedingten Hepatitis C er- gab sich jedoch eine drastische Ver- größerung des Zirrhoserisikos: Die Odds-Ratio von 7,8 stieg im Vergleich zu den Kontrollfällen ohne Alkohol-
missbrauch auf 31,1 an. Inwieweit die erhobenen Daten bezüglich des per- sönlichen Alkoholkonsums realistisch sind, lässt sich nachträglich nicht mehr kontrollieren, so die Autoren, und es könne davon ausgegangen werden, dass die hier vorgestellten Risiken im- mer noch zu niedrig seien. Gerade des- wegen aber sollten Patienten, die sich durch Transfusionen mit dem Hepati- tis-C-Virus infiziert haben, ausführlich bezüglich ihrer Trinkgewohnheiten be-
raten werden. goa
Harris D Robert et al.: The relationship of acute transfu- sion-associated hepatitis to the development of cirrhosis in the presence of alcohol abuse. Ann Intern Med 2001;
134: 120–124.
D. Robert Harris, Westat, 1650 Research Boulevard, Rockville MD 20850, USA.
Zirrhoserisiko transfusionsbedingter Hepatitiden und Alkoholmissbrauch
Referiert