Geringe Sachkenntnis
Ergebnisorientierte Ver- gütung: Eine wunderbare Idee des Sachverständigenra- tes. Es werden sich freuen:
Die Kollegen der Dialyse- abteilung (keine Heilung ih- rer terminal niereninsuffizi- enten Patienten); die Kolle- gin, die schwerstbehinderte Kinder betreut (Progredienz der progredienten Erkran- kung ihrer Patienten); der Kollege, der mit enormem Engagement eine Ambulanz für HIV-Infizierte und AIDS- Kranke aufgebaut hat (trotz großer Erfolge der Therapie keine Heilung seiner Patien- ten); die Kollegin, die onko- logische Patienten behandelt usw.
Vorschlag: Alle Genann- ten sollten in andere Berei- che wechseln, zum Beispiel in die Chirurgie, wo – bei Be-
schränkung auf bestimmte Eingriffe – große Erfolgsquo- ten der Behandlung möglich sind.
Im Ernst: Wie gering muß die Sachkenntnis sein, um in den Sachverständigenrat zu
gelangen? Und wieso wehrt sich die KBV nicht massiv ge- gen solche Vorschläge, son- dern unterstützt sie letztlich?
Dr. med. Dietrich Tamm, Lindenstraße 28, 56073 Ko- blenz
A-1340 (12) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 22, 29. Mai 1998
S P E K T R U M LESERBRIEFE
Heinrich Heine
Zu dem Leserbrief „Unspektakuläre Erklärung“ in Heft 14/1998, der sich mit der möglichen Bleivergiftung Heinrich Heines befaßt:
Keine Erklärung
Der von uns geführte Nachweis von Blei in Hein- rich Heines Haaren ermög- licht – ebensowenig wie die bei Heinrich Heine beschrie- bene Symptomatik – noch keine Aussage zur Ursache der Bleivergiftung. Bleiver- giftungen nach Aufnahme
von Getränken, die in Kera- mikgefäßen mit bleihaltiger Innenglasur aufbewahrt wor- den waren, sind schon sehr früh und relativ oft beschrie- ben worden. Bleihaltige In- nenglasuren wurden im Deut- schen Reich bereits im vori- gen Jahrhundert verboten, finden sich aber an importier- ter Keramikware bis heute.
Inhalatorische Bleivergiftun- gen sind bei Arbeitern be- obachtet worden, die mit Bleifarben gestrichene Me- tallteile geschweißt oder ge- schnitten haben. Zur Frage der inhalatorischen Bleibela-
stung aus Wandfarben, die von Frau Michaelis zur Dis- kussion gestellt wurde, haben wir unter Berücksichtigung physikalisch-chemischer und physiologischer Parameter Modellrechnungen durchge- führt.
Danach ist das von Frau Michaelis vorgeschlagene Mo- dell kaum geeignet, eine schwere Bleivergiftung zu er- klären.
Der Nachweis von Arsen in Haaren, die von Napoleon stammen sollen, hatte seiner- zeit großes Aufsehen erregt.
Über den Nachweis von Blei in den Haaren Napoleons (wie im Leserbrief referiert) wurde aber nirgends berichtet.
Literatur beim Verfasser Priv.-Doz. Dr. med. Dr. rer.
nat. H. Kijewski, Institut für Rechtsmedizin der Univer- sität Göttingen, Windausweg 2, 37073 Göttingen