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Archiv "Therapie des Kalziumoxalat- und Harnsäuresteinleidens: Ernährungsmedizinische Aspekte" (04.09.1998)

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Academic year: 2022

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(1)

ie exakte physikalische Ana- lyse der Steinkomponenten ist, neben der Bestimmung der 24-Stunden-Harnparameter und Serumwerte sowie einer detaillierten Ernährungsanamnese, die wichtigste Voraussetzung für eine effektive diä- tetische Rezidivprophylaxe beim Harnsteinleiden. Verschiedene anor- ganische und organische Substanzen tragen zur Steinbildung bei, wobei nur etwa ein Drittel aller Harnsteine mo- nomineralisch ist. Die weitaus häufig- ste Steinsubstanz ist Kalziumoxalat, das bei 72 Prozent aller Steine als Hauptkomponente diagnostiziert wird. An zweiter Stelle folgt Harnsäu- re, die als Hauptbestandteil in rund zehn Prozent der Fälle nachgewiesen wird (13) (Grafik 1). Sowohl Kalzium- oxalat- als auch Harnsäuresteine, und damit insgesamt 80 Prozent aller Stei- ne, gehören zu den diätetisch beson- ders gut therapierbaren Steinarten.

Eine Vielzahl verschiedener ali- mentärer Faktoren wie Protein, Kalzi- um, Oxalsäure und niedermolekulare Kohlenhydrate können über kom- plexe metabolische Interaktionen Ein- fluß auf die Harnzusammensetzung und damit auf Nukleation und Wachs- tum von Kristallen im Harntrakt neh- men. Seit den siebziger Jahren werden

in größerem Umfang Ernährungsstu- dien durchgeführt mit dem Ziel, Auf- schluß über den pathogenetischen Stellenwert einzelner Nahrungsbe- standteile und potentielle Korrelatio- nen zwischen Ernährungsfaktoren und Steinbildung zu erhalten.

Im Rahmen der Nachsorge von Steinpatienten kann das Risiko einer erneuten Steinbildung durch diäteti- sche Maßnahmen deutlich verringert werden. Der Stellenwert einer stein- artspezifischen und auf metabolische Störungen abgestimmten diätetischen Therapie ohne Begleitmedikation wurde an 56 Patienten aus dem „Bon- ner Nachsorgeprogramm für Harn- steinpatienten“ im Rahmen der Rezi- divprophylaxe untersucht. Die Stein- abgangsrate lag bei dem Patienten- kollektiv vor Studieneintritt bei durchschnittlich 5,4 Steinen pro Pati- ent. Im Zeitraum von einem Jahr vor Studienteilnahme wurden durch- schnittlich 1,8 Steinepisoden pro Pati- ent ermittelt. Die ausschließlich diäte- tische Therapie der Steinpatienten führte im Verlauf von einem Jahr nach

Studieneintritt zu einer signifikanten Senkung der Steinabgangsrate auf nur noch 0,5 Steine pro Patient (35).

Die Ergebnisse bestätigen, daß durch steinartspezifische Ernährungs- empfehlungen, die pathologische Harnparameter und individuelle Er- nährungsrisiken des Patienten be- rücksichtigen, eine effektive Meta- phylaxe erzielt werden kann. Insbe- sondere bei diagnostizierten metabo- lischen Anomalien wie absorptiver Hyperkalziurie und Hyperoxalurie kann das Steinbildungsrisiko durch ei- ne gezielte Ernährungstherapie er- heblich reduziert und Rezidive ver- hindert werden. Unter den metaphy- laktischen Maßnahmen spielt beim Steinleiden die Flüssigkeitszufuhr und damit die Höhe des Harnvolu- mens eine zentrale Rolle.

Flüssigkeitszufuhr

Voraussetzung für die Bildung von Kristallen im Urin ist die Über- schreitung des Löslichkeitsprodukts durch eine pathologische Harnkom- position oder eine unzureichende Harndilution. Die Steigerung der Flüssigkeitszufuhr und somit des Harnvolumens gilt daher als vorran-

Therapie des Kalziumoxalat- und Harnsäuresteinleidens

Ernährungsmedizinische Aspekte Roswitha Siener

Torsten Keßler Albrecht Hesse

Stichwörter: Kalziumoxalatsteinleiden, Harnsäurestein- leiden, Rezidivprophylaxe, Ernährung, Getränkezufuhr Mit den modernen Methoden der Lithotripsie von Harnstei- nen ist die Steinentfernung heute nahezu unproblematisch geworden. Dennoch ist die Steinentfernung stets eine sym- ptomatische und keine kurative Maßnahme. Ohne detail- lierte diagnostische und metaphylaktische Maßnahmen tre- ten bei 60 bis 100 Prozent der Patienten Rezidivsteine auf.

Unter den prärenalen Risikofaktoren spielt die Ernährung eine zentrale

Rolle. Insbesondere bei den beiden diätetisch sehr gut thera- pierbaren Steinarten, dem Kalziumoxalat- und Harnsäure- steinleiden, trägt eine gezielte Ernährungsumstellung mit spezifischer Flüssigkeitszufuhr zu einer deutlichen Senkung des Steinbildungsrisikos und zu einer erheblichen Verringe- rung der Rezidivrate bei.

ZUSAMMENFASSUNG

Key words: Calcium oxalate stone disease, uric acid stone disease, secondary prevention, nutrition, fluid intake Although lithotripsy is effective in removing urinary stones, these methods can only treat symptoms, not cure the disease.

Without secondary prevention, there is a recurrence rate of sixty to hundred per cent depending on the nature of the stones. Nutrition is one of the most important prerenal risk

factors in urinary stone formation. The main objective of preventive treatment for all stone-

formers, especially calcium oxalate and uric acid stone- formers, is to correct their abnormal urine biochemistry by appropriate dietary and fluid management and, therefore, to reduce the risk of urinary stone formation as well as the recurrence rate.

SUMMARY

D

Experimentelle Urologie (Leitung: Prof. Dr.

rer. nat. Albrecht Hesse), Klinik und Poliklinik für Urologie der Rheinischen Friedrich- Wilhelms-Universität Bonn

(2)

giges Ziel der Rezidivprophylaxe und stellt für alle Steinpatienten un- abhängig von der Steinart eine ein- fache und gleichzeitig wirkungsvol- le alimentäre Maßnahme dar. Die Diuresesteigerung führt darüber hin- aus zu einer verstärkten Durchspü- lung der harnableitenden Wege und damit zu einer Verkürzung

der Transitzeit des Harns, wodurch Kristallbildung und -wachstum erschwert und pa- thogene Keime infolge von Harnwegsinfektionen ausge- spült werden (24). Zur Ver- meidung von Konzentrati- onsspitzen sollte die Flüssig- keitszufuhr möglichst gleich- mäßig über Tag und Nacht, das heißt über 24 Stunden, verteilt werden. Der Harn ist ausreichend verdünnt, wenn täglich ein Volumen von min- destens zwei Litern gebildet wird (7). Bei durchschnittli- cher körperlicher Betätigung und in gemäßigtem Klima ist dafür eine Flüssigkeitszufuhr von zirka zwei bis drei Litern pro Tag notwendig.

Der therapeutische Ef- fekt einer ausreichenden Harndilution im Sinne einer Verminderung des Steinbil- dungsrisikos wird durch ver- schiedene Studien verdeut- licht. Pak et al. (27) verdünn- ten in vitro Harnproben mit destilliertem Wasser auf un- terschiedliche Volumina und erhöhten in einer Studie an Gesunden und Steinpatien- ten die Flüssigkeitszufuhr der Testpersonen durch destil- liertes Wasser. In den so ge- wonnenen Harnproben wur- de die Kristallisationsneigung von Kalziumoxalat und Kal- ziumphosphat (Brushit) un- tersucht. Durch die zu- nehmende Harnverdünnung konnte in beiden Studien die Neigung zur Kristallbildung der Kalziumsalze signifikant gesenkt werden. Borghi et al. (4) untersuch- ten in einer randomisierten, prospek- tiven Studie den Einfluß einer hohen Flüssigkeitszufuhr auf das Steinbil- dungsrisiko von Patienten mit idio- pathischer Kalziumurolithiasis. Wäh-

rend ein Teil der Patienten angewie- sen wurde, ihr Harnvolumen auf mindestens zwei Liter pro Tag zu steigern, erhielten die anderen Pati- enten keine Instruktionen. Die Harnvolumina der Patienten waren vor Beginn der Studie signifikant ge- ringer, verglichen mit einer gesunden

Kontrollgruppe. Die Anzahl der Re- zidive im Kollektiv mit hoher Flüs- sigkeitszufuhr war im Studienzeit- raum signifikant niedriger und das durchschnittliche Zeitintervall bis zum Auftreten des Rezidivs signifi- kant größer als in der Gruppe ohne Intervention. Die relative Übersätti-

gung und damit das Steinbildungsri- siko für Kalziumoxalat, Brushit und Harnsäure war vor der Studie deut- lich höher als in der gesunden Kon- trollgruppe. Während des Studien- zeitraums sanken die relativen Über- sättigungen für diese Steinkompo- nenten nur in der Gruppe mit der ho- hen Flüssigkeitszufuhr signifikant ab.

Die Untersuchungsergebnisse zei- gen, daß ein geringes Harnvolumen einen wesentlichen Risikofaktor für die Steinbildung darstellt und eine hohe Flüssigkeitszufuhr einen zen- tralen Stellenwert im Rahmen der re- zidivprophylaktischen Therapie der Urolithiasis einnimmt.

Für die Löslichkeit lithogener Harnkomponenten ist neben dem Harnvolumen auch der Harn-pH- Wert und die Konzentration der inhi- bitorischen Substanzen von Bedeu- tung. Bei der Auswahl der Flüssigkeit ist daher auf die Zusammensetzung und die Art der Getränke zu achten, da hiermit ein erheblicher Einfluß auf den pH-Wert und die quantitative Zu- sammensetzung des Harns genom- men werden kann. Je nach Steinart muß eine unterschiedliche Auswahl an geeigneten Getränken zur unter- stützenden Therapie in der Rezidiv- prophylaxe getroffen werden, die nachfolgend vorgestellt wird.

Harnneutrale Getränke

Als harnneutrale Getränke gel- ten solche, die weder die quantitative Zusammensetzung noch den pH-Wert des Harns meßbar beeinflussen, aber zur Diurese und Harndilution beitra- gen. Solche Getränke sind für jeden Steinpatienten, nahezu unabhängig von der zugeführten Menge, geeignet.

Im Sinne obiger Definition sind dies alle handelsüblichen Nieren-, Blasen- und Früchtetees, bikarbonat- und mi- neralstoffarme Mineralwässer und verschiedene Fruchtsäfte, wie zum Beispiel Apfelsaft (Tabelle 1).

Harnalkalisierende Getränke Zur Therapie des Kalziumoxalat- und Harnsäuresteinleidens besonders geeignet sind harnalkalisierende Ge- tränke. In eigenen Untersuchungen konnte nach Verabreichung eines bi- karbonatreichen Heilwassers ein the- Männer (n = 9971)

Frauen (n = 4429) Sonstige 0,9 %

Zystin 0,5 % Brushit 1,4 % Struvit 2,6 %

Kalziumphosphat 8,5 % Harnsäure 11,6 % Weddellit 26,4 % Whewellit 48,1 %

Sonstige 2,0 % Zystin 0,7 % Brushit 0,9 % Struvit 6,6 %

Kalziumphosphat 17,7 % Harnsäure 6,8 % Weddellit 19,2 % Whewellit 46,1 % Grafik 1

Prozentuale Verteilung der Steinarten bei Männern (n = 6 533) und Frauen (n = 3 053) (nach Flach, 1996)

(3)

rapeutischer Einfluß auf das Kalzium- oxalat- und Harnsäuresteinleiden nachgewiesen werden. Unter standar- disierten Ernährungsbedingungen er- hielten 24 gesunde Probanden 2,5 Li-

ter Flüssigkeit, davon zwei Liter Heil- wasser, kontinuierlich über den Tag verteilt. Der Effekt des Heilwassers wurde im volumenäquivalenten Aus- tausch gegen einen harnneutralen Früchtetee getestet.

Nach Aufnahme des Heilwas- sers stieg der pH-Wert im 24-Stun- den-Harn statistisch signifikant von 6,06 (Kontrolltag) auf 6,68 (Bela- stungstag) an (Grafik 2); analog kam es nach Zufuhr des Heilwassers zu ei- nem signifikanten Anstieg der Zitro- nensäureausscheidung im 24-Stun- den-Harn. Die Ergebnisse der Studie bestätigen frühere Untersuchungen mit bikarbonatreichen Mineralwäs- sern (2, 17). Durch die Zufuhr des Heilwassers wird ein pH-Wert er- reicht, bei dem Harnsäure nicht aus- kristallisiert beziehungsweise Kri- stalle wieder in Lösung gehen (16), so daß allein durch die Aufnahme des bikarbonatreichen Wassers ein the- rapeutischer Erfolg beim Harnsäure- steinleiden erzielt wird. Darüber hin- aus führte die Alkalisierung des Harns und die resultierende erhöhte Zitronensäureausscheidung auch zu einer signifikanten Senkung des

Steinbildungsrisikos für Kalzium- oxalat (Grafik 3).

Harnalkalisierend mit konseku- tiv erhöhter Zitratausscheidung wir- ken auch Zitrusfrüchte sowie daraus

gewonnene Säfte (Grapefruit-, Oran- gen-, Zitronensaft). Dieser Effekt be- ruht auf organischen Säuren (zum Beispiel Zitronensäure), die in diesen Früchten vermehrt enthalten sind und die durch die Metabolisierung zu Bi- karbonat für die Alkalisierung verant- wortlich sind. Die Senkung des Stein- bildungsrisikos für Harnsäure und Kalziumoxalat durch Zitrusfruchtsäf- te wurde durch verschiedene Studien

unter Verwendung von Orangensaft (24, 37) belegt. Bei der Zufuhremp- fehlung muß jedoch der Kalorienge- halt der Fruchtsäfte beachtet werden.

Daher sollten Fruchtsäfte möglichst mit einem geeigneten Mineral- oder Heilwasser verdünnt und nicht in übermäßigen Mengen getrunken wer- den.

Ungeeignete Getränke

In jüngster Zeit häufen sich Pu- blikationen über den rezidivprophy- laktischen Effekt von Bier und Wein sowie Kaffee und Tee und den nega- tiven Einfluß von Apfel- und Grape- fruitsaft auf das Steinbildungsrisiko, die auf einer Untersuchung von Curhan et al. (8) basieren. In einer prospektiven Studie wurden rund 45 000 gesunde Personen über einen Zeitraum von sechs Jahren beobach- tet. Anhand des Vergleichs der Harn- steininzidenzen der Personen wur- den relative Risiken für verschiedene Subgruppen berechnet mit dem Ziel, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob und in welchem Umfang bei stei- gender Flüssigkeitszufuhr durch ein bestimmtes Getränk das Risiko der Harnsteinbildung beeinflußt wird.

Die Studie ergab eine inverse Bezie- hung zwischen der Höhe des Bier-, Wein-, Kaffee- und Teekonsums so- wie eine positive Beziehung zwischen Apfel- beziehungsweise Grapefruit- saft und dem Steinbildungsrisiko. In der Gruppe mit der höchsten Flüs- sigkeitszufuhr wurde zudem ein ge- ringeres Steinbildungsrisiko als in der Gruppe mit der niedrig- sten Flüssigkeitszufuhr be- obachtet.

Es muß allerdings beach- tet werden, daß ausschließlich Studienteilnehmer aus ausge- wählten Berufsgruppen re- krutiert wurden. Die durch- schnittliche Zufuhr der diver- sen Getränke wurde anhand eines standardisierten Frage- bogens über die Konsumhäu- figkeit geschätzt und nicht über die tatsächliche Volu- menzufuhr berechnet. Darü- ber hinaus wurden keine Harnvolumina erfaßt, so daß zum Beispiel eine hohe Flüs- sigkeitszufuhr durch eine Tabelle 1

Trinkempfehlungen für Kalziumoxalat- und Harnsäuresteinpatienten

Ziel Ausscheidung von 2,0 bis 2,5 l Harn pro Tag beziehungsweise Aufnahme von mindestens 2,5 bis 3,0 l Flüssigkeit pro Tag Allgemeine >Vermeidung übermäßiger Flüssigkeitsverluste

Maßnahmen (zum Beispiel durch Sauna, Sonnenbäder, Abführmittel)

>Verteilung der Trinkmenge gleichmäßig über den Tag

>Anpassung der Flüssigkeitszufuhr an die körperliche Aktivität und Umgebungstemperatur

Geeignete >alkalisierende Getränke:

Getränke bicarbonatreiche Mineralwässer Zitrussäfte

>harnneutrale Getränke:

Nieren-, Blasen-, Früchtetees mineralstoffarme Mineralwässer verdünnte Fruchtsäfte

Ungeeignete >koffeinhaltiger Kaffee Getränke >schwarzer Tee

>zuckerhaltige Limonaden und Cola-Getränke

>alkoholhaltige Getränke (zum Beispiel Bier, Wein)

7,5 7,0 6,5 6,0 5,5 5,0

4,5 Kontrolltag Belastungstag

pH-Wert

***

Grafik 2

Einfluß eines bikarbonatreichen Heilwassers („Staatlich Fachingen“

1 715 mg HCO3/l) auf den pH-Wert im 24-Stunden-Harn (M, SEM, n = 24, [***] signifikant gegenüber Kontrolltag für p 0,001)

(4)

überproportionale Transpiration un- erkannt überkompensiert werden konnte. In dem Modell zur Berech- nung der getränkespezifischen, relati- ven Steinbildungsrisiken wird die Ge- samtflüssigkeitszufuhr nicht

berücksichtigt, die jedoch ei- nen erheblichen Einfluß auf die Übersättigung des Harns haben kann. Da zudem die Steinzusammensetzung der Inzidenzfälle nicht ermittelt wurde, die diätetische Thera- pie des Steinleidens jedoch von der Steinart abhängig ist, sind die Studienresultate nicht übertragbar.

Im Gegensatz dazu wur- de in eigenen standardisierten Untersuchungen (3) zum Ein- fluß verschiedener Biersorten auf die Harnzusammenset- zung, alkoholhaltiges Bier durchaus als Risikofaktor der Harnsteinbildung identifi- ziert. Nach Aufnahme von je-

weils einem Liter Bier pro Tag kam es im zirkadianen Verlauf zwar kurzfristig zu einer Diuresesteigerung, die jedoch durch eine antidiuretische Phase kom-

pensiert wurde. So konnte im An- schluß an die Bieraufnahme ein signifi- kanter Anstieg der Harnsäureaus- scheidung beobachtet werden. Darü- ber hinaus kam es, vermutlich bedingt durch eine alkoholinduzierte Laktata- zidose, zu einer Senkung des Harn-pH- Wertes (Grafik 4), was insbesondere bei Kalziumoxalat- und Harnsäure- steinbildnern unerwünscht ist.

Bier, Wein und andere Alkoholika sollten nicht nur wegen ihres Risikopo- tentials für den Steinbildner, sondern auch im Hinblick auf alkoholinduzier- te Erkrankungen nicht in die Trink-

empfehlungen eingehen. Da für alko- holfreies Bier kein negativer Einfluß auf die Harnzusammensetzung festge- stellt werden konnte, kann es unter Berücksichtigung des Kalori- en- und Puringehalts zur Ab- wechslung in ein Trinkschema eingebaut werden.

Zuckerhaltige Limona- den und Cola gehören eben- so wie alkoholhaltige Ge- tränke zu den für den Stein- patienten ungeeigneten Ge- tränken. Einerseits fördert ein hoher Anteil an nieder- molekularen Kohlenhydra- ten die Kalziumaus-

scheidung, anderer- seits führt der hohe Kaloriengehalt die- ser Getränke leicht zu einer positiven Energiebilanz und damit zu Überge- wicht. Shuster et al. beobach- teten bei Steinpatienten, die regelmäßig Limonaden kon- sumierten, eine höhere Rezi- divquote als bei Patienten ohne Limonadenkonsum (33). Weiss et al. (39) konn- ten nach der Verabreichung von Cola an gesunde Proban- den eine signifikante Abnah-

me der Ausscheidung von Magnesi- um und Zitronensäure, Inhibitoren der Kalziumoxalatsteinbildung, und einen signifikanten Anstieg der Oxal- säureausscheidung und damit des Steinbildungsrisikos für Kalzium- oxalat nachweisen. Im Gegensatz zu Limonade und Cola können die soge- nannten „Light“-Produkte zur Ab- wechslung des Trinkplans eingesetzt werden. Da die enthaltenen Säue- rungsmittel, wie zum Beispiel Phos- phorsäure, möglicherweise einen ne- gativen Einfluß auf die Harnzusam- mensetzung haben, sollten sie aller- dings nur in geringer Dosierung kon- sumiert werden.

Koffeinhaltiger Kaffee und schwarzer Tee sind ebenfalls ungeeig- nete Getränke für den Steinpatienten und sollten daher nur in geringen Mengen, das heißt nicht mehr als zwei bis drei Tassen pro Tag, aufgenommen werden. Koffein stimuliert das vegeta- tive Nervensystem und führt zu einer Steigerung des Grundumsatzes. Da- durch resultiert eine erhöhte Harnsäu- reausscheidung sowie eine Senkung des Harn-pH-Wertes, Effekte, die im Hinblick auf die Steinbildung uner- wünscht sind. Entkoffeinierter Kaffee kann dagegen in begrenztem Umfang als Alternative zu Bohnenkaffee ange- sehen werden.

Protein

Durch verschiedene epidemiologi- sche Studien wurde eine Korrelation zwischen der Aufnahme von tierischem Protein und der Steinbildungsinzidenz

***

***

2,5 2,0 1,5 1,0 0,5

0,0 KontrolltagBelastungstag KontrolltagBelastungstag Relative Übersättigung Relative Übersättigung

4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 Harnsäure-

Steinbildungsrisiko Kalziumoxalat- Steinbildungsrisiko Grafik 3

Einfluß eines bikarbonatreichen Heilwassers („Staatlich Fachin- gen“ 1 715 mg HCO3/l) auf die relative Übersättigung (RS) für Harnsäure und Kalziumoxalat im 24-Stunden-Harn (M, SEM, n = 24, [***] signifikant gegenüber Kontrolltag für p 0,001)

8,0 7,5 7,0 6,5 6,0 5,5

5,0 7–9 9–11 11–13 13–16 16–19 19–22 22–7 Uhr pH-Wert

^ ^

Kontrolltag Belastungstag

* *

*

Grafik 4

Einfluß von Bier (Pils) auf den Harn-pH im zirkadianen Verlauf (M, SEM, n = 9, [*] signifikant gegenüber Kontrolltag für p 0,05), [^] Zufuhr von jeweils 500 ml Bier (Pils)

7,0 6,7 5,0 4,0 3,0 2,0

Proteinzufuhr (g/die)

Kalzium (mmol/die) Kreatinin-Clearance (ml/min) 150 140 130 120 110 100 90

30 80 200 80

Ka (mmol/d) Kreatinin-Clearance (ml/min) Grafik 5

Einfluß von Protein auf die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) und die Kalziumausscheidung im Harn (nach Brändle et al., 1995)

(5)

nachgewiesen (29), wogegen eine vege- tarische Kostform mit einem verringer- ten Steinbildungsrisiko assoziiert wur- de (30). Dabei wurde eine Zunahme der Kalziumausscheidung mit steigen- der Proteinzufuhr beobachtet (6, 29).

Der Wirkungsmechanismus von Protein auf die Harnzusammenset-

zung ist komplex. Es wird angenom- men, daß es durch die Oxidation von schwefelhaltigen Aminosäuren (Zy- stin, Zystein und Methionin), die in besonders großen Mengen in tieri- schem Protein enthalten sind, zu einer Zunahme der endogenen Säurepro- duktion kommt. Obwohl bisher kein signifikanter Anstieg von ionisiertem Kalzium im Serum nach einer Pro- teinbelastung beobachtet wurde (32), gibt es Hinweise darauf, daß die vorü- bergehende metabolische Azidose zu einer Steigerung der Kalziumresorpti- on aus dem Knochen und einer Zu- nahme der glomerulären Filtrations-

rate in der Niere führt (5)(Grafik 5).

Darüber hinaus resultiert der Anstieg der renalen Säureexkretion in einer Hemmung der Kalziumreabsorption in den distalen Tubuluszellen. Da der renale Kalziumverlust nicht durch Erhöhung der gastrointestina- len Kalziumabsorption kompensiert

wird, hätte demnach eine lang- fristige Belastung des Organismus mit hohen Proteinmengen eine negative Kalziumbilanz zur Folge (25). Der kalziuretische Effekt einer oralen Proteinzufuhr ist bei Steinbildnern größer als bei Gesunden (38).

Ergebnisse von Studien, wonach ein hoher Konsum von tierischem Pro- tein durch den höheren Gehalt von be- stimmten Aminosäuren, besonders von Tyrosin, Phenylalanin, Trypto- phan und Hydroxyprolin die endogene Produktion und renale Exkretion von Oxalsäure fördert (29, 31), konnte durch eigene Untersuchungen nicht

bestätigt werden. Danach hatte die Verabreichung einer proteinreichen Kost (95 g Protein/die) mit einem ho- hen Anteil an tierischem Protein im Vergleich zur Basiskost (65 g Pro- tein/die) keine Auswirkung auf die Oxalsäureausscheidung (34).

Andere Autoren beobachteten eine reduzierte Zitratausscheidung nach einem hohen Proteinkonsum und führen diesen Effekt auf eine Ver- ringerung der Zitratbildung in den re- nalen Tubuli als Folge der metaboli- schen Azidose zurück (15, 26). Die Abnahme der Exkretion von Zitro- nensäure, einem bedeutenden Inhibi- tor der Kalziumoxalatkristallbildung und -aggregation, resultiert in einem Anstieg des Kristallisationsrisikos für kalziumhaltige Steine.

Die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (10) für die Höhe der Proteinzufuhr beträgt beim Erwachsenen 0,8 g/kg Körperge- wicht/die und wird bei einer mittleren biologischen Wertigkeit von 70 als ausreichend angesehen. Da Protein ein essentieller Nährstoff ist, bezeich- net die Empfehlung eine Untergren- ze, die bei ausgewogener Ernährung einen Proteinmangel mit hinreichen- der Sicherheit ausschließt. Bei übli- cher Mischkost ist eine sichere Ver- sorgung gewährleistet, wenn die Hälf- te des Proteins aus tierischen Lebens- mitteln stammt. Eine optimale Zufuhr ist auch mit Protein ausschließlich pflanzlicher Herkunft möglich, bedarf aber einer besonders sorgfältigen Le- bensmittelzusammenstellung.

Niedermolekulare Kohlenhydrate

Auch nach einer erhöhten Zu- fuhr niedermolekularer Kohlenhy- drate wurde eine Zunahme der Kal- ziumausscheidung im Urin beobach- tet (28). Als Ursache der Hyperkalzi- urie bei Kalziumoxalatsteinpatien- ten wird eine Maladaptation gegen- über niedermolekularen Kohlenhy- draten in Form einer abnormen ga- strointestinalen Insulinreaktion ver- mutet. Allerdings konnte bisher we- der ein Unterschied im Konsum von niedermolekularen Kohlenhydraten zwischen Steinbildnern und Patien- ten (11) noch ein erhöhtes Risiko Tabelle 2

Ernährungsempfehlungen für Kalziumoxalat- und Harnsäuresteinpatienten

Ziel >Reduktion der Ausscheidung lithogener Substanzen

>Förderung der Ausscheidung inhibitorischer Substanzen Allgemeine >Regulierung des Körpergewichts

Maßnahmen >körperliche Bewegung

>ausgewogene Mischkost

Risikofaktor Grenzwert im Urin Ernährungsempfehlung

Kalzium > 8,0 mmol/d >Beschränkung der Kalziumzufuhr auf 800 – 1 000 mg/d

>Restriktion der Proteinzufuhr auf 0,8 g/kg Körpergewicht/die

>Erhöhung der Ballaststoffzufuhr Oxalsäure > 0,5 mmol/d >Verzicht auf oxalatreiche Lebensmittel

>Anpassung der Kalziumaufnahme

>Zufuhr von Magnesium Harnsäure > 4,0 mmol/d >Verringerung der Purinzufuhr Zitronensäure < 2,5 mmol/d >Restriktion der Proteinzufuhr auf

0,8 g/kg Körpergewicht/die

>Bevorzugung von Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft

Magnesium < 3,0 mmol/d >Bevorzugung von Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft

pH-Wert < 6,5 >Restriktion der Proteinzufuhr auf 0,8 g/kg Körpergewicht/die

>Bevorzugung von Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft

(6)

bei Steinpatienten unter kohlenhy- dratreicher Kost nachgewiesen wer- den (14).

Purine

Harnsäure entsteht im menschli- chen Organismus überwiegend in der Leber als Endprodukt des Purinstoff- wechsels. Die Konzentration der Harnsäure im Serum sowie die Höhe der Harnsäureausscheidung im Urin werden sowohl durch den endogenen Purinstoffwechsel als auch durch den Abbau von exogen zugeführten Pu- rinkörpern beeinflußt. Harnsäure ist einerseits selbst lithogene Substanz und kann andererseits Glykosamino- glykane, Inhibitoren oder Kalzium- oxalatlithiasis in ihrer Aktivität hem- men. So führt bereits der Verzehr von 150 g Leber zu einem signifikanten Anstieg der Harnsäureausscheidung im Urin um 32 Prozent (19) (Grafik 6). Neben Innereien zählen einige Fischarten (Sardinen, Sardellen, He-

ringe, Makrelen) sowie die Haut von Fisch und Geflügel zu den purinrei- chen Lebensmitteln.

Kalzium

Die in verschiedenen Studien be- obachtete lineare Korrelation zwi- schen Kalziumaufnahme und -aus- scheidung führte zu der Annahme, daß ein verringerter Kalziumkonsum das Kalziumoxalatsteinbildungsrisiko re-

duziert. Demzufolge galt die diäteti- sche Kalziumrestriktion traditionell als zentrale Ernährungsempfehlung beim Kalziumoxalatsteinleiden. Eine Sen- kung der alimentären Kalziumzufuhr unter den Bedarf resultiert aber in ei- ner mangelhaften intestinalen Bildung von Kalziumoxalat und einer erhöhten intestinalen Absorption von

Oxalsäure. Durch den konse- kutiven Anstieg der Oxalsäu- rekonzentration im Urin wird das Risiko einer Kalzium- oxalatsteinbildung jedoch we- sentlich stärker begünstigt als durch den Anstieg der Kalzi- umkonzentration.

Ergebnisse einer epide- miologischen Studie von Curhan et al. (9) an einer Ko- horte von 46 375 gesunden Männern im Alter zwischen 40 und 75 Jahren, die sich über einen Zeitraum von acht Jahren periodischen Kontrollen unterzogen, zeig- te eine inverse Korrelation zwischen Kalzium- konsum und Harn- steininzidenz. Nach

Vergleich der höchsten Quin- tile ( 1002 mg/die) mit der niedrigsten Quintile ( 555 mg/die) kommt die Arbeits- gruppe zu dem Schluß, daß eine kalziumreiche Kost mit einem um 30 Prozent ver- ringerten Steinbildungsrisiko assoziiert ist. Eine Kalzium- zufuhr unter 800 mg/die gilt aber nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) (10) als Unterversorgung, die langfristig Mangelerkran- kungen zur Folge hat. Umge- kehrt kann aus dem Resultat einer überhöhten Kalziumzufuhr kein genereller rezidivprophylaktischer Effekt von Kalzium bei allen Steinar- ten abgeleitet werden. Dementspre- chend können die Ergebnisse der Stu- die von Curhan et al. (9) nicht auf re- zidivierende Steinpatienten mit Störungen des Kalziumstoffwechsels (das heißt adorptive, resorptive oder renale Hyperkalziurie) übertragen werden.

Neben einer unzureichenden ali- mentären Kalziumzufuhr kann eine

geringe Kalziumkonzentration und -ausscheidung im Harn auch auf eine Reduktion der Kalziumabsorption durch weitere nutritive Faktoren (zum Beispiel Phosphat, Phytat und bestimmte Ballaststoffe) zurückge- führt werden. In der Folge wird durch eine ungenügende alimentäre Kalzi-

umzufuhr und/oder -absorption über einen längeren Zeitraum die Kalziumhomöostase gestört und nur durch eine gesteigerte Knochenre- sorption kompensiert. Eine auffal- lend geringe Kalziumausscheidung sollte daher durch die Aufnahme von kalziumreichen Lebensmitteln ausge- glichen werden, wobei eine regel- mäßige Kontrolle der Kalzium- und Oxalsäureausscheidung im Hinblick auf die Kalziumoxalatlithiasis unbe- dingt erforderlich ist. Zur Deckung des Kalziumbedarfs und zur Vermei- dung eines Kalziummangels sollten Patienten mit kalziumhaltigen Stei- nen grundsätzlich die von der DGE (10) empfohlenen 800 bis 1 000 mg Kalzium pro Tag aufnehmen. Em- pfehlenswerte Kalziumlieferanten sind fettarme Milchprodukte und kal- ziumreiche Mineralwässer. Da mit ei- ner bedarfsgerechten Mischkost (oh- ne Milchprodukte) durchschnittlich bereits 500 mg Kalzium pro Tag auf- genommen werden, sollten nur noch 300 bis 500 mg Kalzium durch Milch- produkte zugeführt werden. Rund 500 mg Kalzium sind in 400 ml Milch enthalten oder auch bereits in 60 g 5,0

4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5

0,0 Kontrolltag Belastungstag

Harnsäure (mmol/die)

*

Grafik 6

Einfluß einer alimentären Belastung mit 150 g Leber auf die Harnsäureausscheidung im Harn (M, SEM, n = 11,[*] signifikant gegenüber Kontrolltag für p 0,05)

*

*

pH-Wert Oxalat

(mmol/die) Zitrat

(mmol/die) RS CaOx Diät 1 Diät 2

*

0,287 0,376

6,51 6,8

3,226 4,233

2,008 1,75 Grafik 7

Einfluß einer Mischkost (Diät 1) und einer vegetarischen Kost (Diät 2), beide konzipiert nach DGE-Empfehlungen, auf pH-Wert, Oxal- säure- und Zitratausscheidung im Harn sowie die relative Übersät- tigung (RS) für Kalziumoxalat (@Steinbildungsrisiko) (M, SEM, n

= 10, [*] signifikant gegenüber Diät 1 für p 0,05)

(7)

Schnittkäse (zum Beispiel Edamer, Gouda, Tilsiter). Da die Kalziumzu- fuhr möglichst auf mehrere Portionen über den Tag verteilt werden sollte, sind Schnitt- und Hartkäsesorten für die diätetische Therapie einer Hyper- oxalurie beziehungsweise Hypokalzi- urie ungeeignet (18, 21).

Oxalsäure

Eine erhöhte Oxalsäureausschei- dung im Urin ist einer der Hauptrisi- kofaktoren für die Bildung von Kalzi- umoxalatsteinen. Zirka zehn Prozent der Oxalsäure im Harn stammen aus der intestinalen Absorption von ali- mentär zugeführter Oxalsäure und zirka 90 Prozent aus der endogenen Biosynthese des Oxalats aus verschie- denen Vorläufern. Bisher gibt es kein effektives Mittel zur Beeinflussung der endogenen Oxalatproduktion.

Dagegen kann der Umfang der Oxalsäureausscheidung durch eine Reduktion des Oxalsäureangebotes mit der Nahrung erheblich verringert werden, obwohl nur etwa fünf Prozent der exogen aufgenommenen Oxal- säure absorbiert wird. In eigenen Stu- dien wurde nach alimentärer Bela- stung von gesunden Testpersonen mit 200 g Rhabarber beziehungsweise Spinat ein signifikanter Anstieg der Oxalsäureausscheidung im Vergleich zum Kontrolltag verzeichnet (19).

Auf den Verzehr oxalatreicher Le- bensmittel, wie zum Beispiel Rhabar- ber, Spinat, Mangold und Rote Bete, sollten Kalziumoxalatsteinpatienten daher unbedingt verzichten. Aber auch Patienten mit enteral bedingter Hyperabsorption von Oxalsäure und gastrointestinalen Erkrankungen (zum Beispiel Morbus Crohn, chroni- sche Pankreatitiden und Dünndarm- resektion) sollten diese Empfehlun- gen unbedingt beachten.

Der Konsum von Produkten mit mittlerem Oxalsäuregehalt sollte beim Kalziumoxalatsteinleiden eben- falls eingeschränkt werden (22). In ei- genen Untersuchungen führte die Verabreichung einer vegetarischen Kost gegenüber einer Mischkost, die beide entsprechend den Empfehlun- gen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung konzipiert waren, zu ei- nem signifikanten Anstieg der Oxal-

säureexkretion auf durchschnittlich 0,4 mmol/24 Stunden, obwohl oxalat- reiche Lebensmittel ausgeschlossen waren. Da die kristallisationsfördern- de Eigenschaft der erhöhten Oxal- säureausscheidung und -konzentrati- on durch den ebenfalls erhöhten Harn-pH-Wert und die Zitrataus- scheidung kompensiert wurde, blieb das Steinbildungsrisiko für Kalzium- oxalat nach Verabreichung der vege- tarischen Kost im Vergleich zur Mischkost unverändert gering (34) (Grafik 7).

Darüber hinaus kann die Oxal- säureausscheidung durch Verabrei- chung von Magnesium reduziert wer- den. Die orale Applikation von Ma- gnesium führt nach Untersuchungen von Berg et al. (1) zu einer Senkung der intestinalen Absorption, vermut- lich als Folge einer Komplexbildung mit Oxalat. Die Inhibitoraktivität von Magnesium im Urin beruht darüber hinaus auf einer Komplexierung von Oxalsäureionen im Urin, wodurch die Löslichkeit von Kalziumoxalat geför- dert und die Ausfällung unlöslicher Kalziumoxalatkristalle verhindert wird (36).

Durch Umstellung der Ernährung und Einhaltung der diätetischen Leitli- nien für Harnsteinpatienten kann beim Kalziumoxalat- und Harnsäurestein- leiden, und somit den häufigsten Stein- arten, eine erfolgreiche Rezidivpro- phylaxe erzielt werden (20, 23). Vor- aussetzung dafür ist die Etablierung der Ernährungsanamnese und Bera- tung als festen Bestandteil der Rezidiv- therapie bei Urolithiasis.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1998; 95: A-2084–2090 [Heft 36]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser

Dr. oec. troph. Roswitha Siener Experimentelle Urologie

Klinik und Poliklinik für Urologie der Rheinischen

Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Sigmund-Freud-Straße 25

53105 Bonn

Gehäuft blutende Magengeschwüre nach Erdbeben

Am 17. Januar 1995 forderte ein Erdbeben in Japan mehr als 6 000 To- desopfer und 25 000 Verletzte, über 300 000 Menschen wurden obdachlos.

Die Autoren untersuchten, ob diese Katastrophe einen Einfluß auf die Ulkusinzidenz gehabt hat. Dabei stellte sich heraus, daß es in den fol- genden beiden Monaten trotz einer Abnahme der endoskopischen Dia- gnostik um 50 Prozent zu einem signi- fikanten Anstieg von blutenden Ma- gengeschwüren kam, wobei die Rate Ulcus ventriculi zu Ulcus duodeni sich deutlich zu Gunsten der Magenge- schwüre verschob. Offensichtlich hat dieses Streß-Ereignis vor allem bei äl- teren Menschen zur Auslösung von Magengeschwüren, die eine auffallen- de Blutungsneigung boten, geführt. w Aoyama N, Kinoshita Y, Fujimoto S, Himeno S, Todo A, Kasuga M, Chiba T: Peptic ulcers after the Hanshin-Awaji earthquake: in- creased incidence of bleeding gastric ulcers.

Am J Gastroenterol 1998; 93: 311–316.

Division of Gastroenterology and Hepatology, Second and Fourth Department of Internal Medicine, Postgraduate School of Medicine, Kyoto University, Sakyo-ku, Kyoto 606, Japan

Diskussionsbeiträge

Zuschriften zu Beiträgen im medizi- nisch-wissenschaftlichen Teil – aus- genommen Editorials, Kongreßbe- richte und Zeitschriftenreferate – können grundsätzlich in der Rubrik

„Diskussion“ zusammen mit einem dem Autor zustehenden Schlußwort veröffentlicht werden, wenn sie in- nerhalb vier Wochen nach Erschei- nen der betreffenden Publikation bei der Medizinisch-Wissenschaftli- chen Redaktion eingehen und bei einem Umfang von höchstens zwei Schreibmaschinenseiten (30 Zeilen mit je 60 Anschlägen) wissenschaft- lich begründete Ergänzungen oder Entgegnungen enthalten.

Für Leserbriefe zu anderen Beiträ- gen gelten keine besonderen Rege- lungen (siehe regelmäßige Hinwei-

se). DÄ/MWR

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