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Archiv "KRANKENPFLEGE: Erstaunliche Geduld der Betroffenen" (06.03.1992)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT ESERBRIEFE

KRANKENPFLEGE

Zu dem Leserbrief „Nicht un- erheblicher artifizieller Pflegenot- stand" von Dr. Heilberger in Heft 3/1992 (der sich auf den Beitrag

„Akademisierung auf dem Vor- marsch?" von Dr. Clade in Heft 49/1991 bezog), sind eine Fülle von Zuschriften eingegangen. Stellver- tretend für alle nachstehend vier davon:

Jeder ist an seinem Platz unentbehrlich

Großes Unverständnis lö- ste der Artikel von Dr. Heil- berger bei mir aus:

(1) Aufgaben- und Ver- antwortungsbereiche im Krankenhaus sind Not-wen- dender-Weise klar zu regeln:

vom Pflegedienst zur Zeit mitgetragene Tätigkeiten (i.v- .-Injektionen, Blutentnahmen etc.) erfordern Berücksichti- gung bei den Planstellen; vor allem, wenn dadurch die Grundpflege vernachlässigt werden muß.

(2) Konflikte zwischen beiden Berufsgruppen sind konstruktiv zu lösen, das heißt im sachlichen, koopera- tiven Gespräch miteinander.

Innerbetriebliche Fortbil- dung ist unverzichtbar zur Anpassung an aktuelles Wis- sen.

(3) Die Akademisierung der ltd. Pflegekräfte (PDL, Lehrer für Pflegeberufe) voll- zieht eine bewährte Entwick- lung im Ausland nach (zum Beispiel Pflegeforschung zu leisten).

(4) Ausreichende Pflege- dokumentation (gleich Regi- strieren der durchgeführten Pflegemaßnahmen und der Ergebnisse — Pflegebefund) sichert die Evaluierung der Arbeit und weist die rechtzei- tige Intervention in Scha- densfällen am Patienten nach. Das angeführte Bei- spiel ist realitätsfern.

(5) Eine umfassende Übergabe aller Mitarbeiter ist Schutz vor unnötigen Ge- fahren am Patienten.

(6) Maßnahmen zur Be- hebung des Notstandes der Pflege/ der Pflegenden tan- gieren auch den ärztlichen Bereich, was dort als „Macht- verlust" erlebt wird.

(7) Wenn „ausreichende"

Pflege droht, „gefährlich" zu werden, müssen Betten/Sta- tionen geschlossen werden.

(8) Hygienische Erforder- nisse können das Schließen von OPs zur Folge haben (steht nicht im Belieben einer PDL).

(9) Die Erfahrungen der Pflegenden prägen mit das Bild der Krankenpflegeberu- fe in der Öffentlichkeit:

— unzureichende Arbeits- bedingungen („Mädchen für alles zu sein"), ungünstige Arbeitszeiten und häufig rei- ne Funktionspflege statt Be- reichspflege. Zusätzliche Hilfskräfte zementieren die- sen Ist-Zustand.

(10) Qualifizierte Leitung (im Pflegedienst) berücksich- tigt die Ressourcen in Orga- nisation und Durchführung der Patientenpflege (zum Beispiel angepaßte Dienst- plangestaltung, Pflegestan- dards, Mitarbeiterführung und vor allem Motivation, beispielhafte Pflegeplanung).

(11) Die Professionalisie- rung der Krankenpflegekräf- te führt zu Vorbehalten und Ängsten, wenn der fachliche, kooperative Austausch zwi- schen beiden Berufsgruppen ausbleibt.

Jeder ist an seinem Platz unentbehrlich in der Bewälti- gung der komplexen Aufga- benstellung am kranken Men- schen.

Berthold Beyer, ltd. Un- terrichtspfleger, Johanna- Neuman-Straße 26, W-5180 Eschweiler

Mit eigener Berufsgruppe auseinandersetzen

. . . Die von Ihnen ange- regte Diskussion empfinde ich im Bezug auf meine Be- rufsgruppe Pflegepersonal als äußerst unqualifiziert, und Sie selbst stellen sich, nicht nur hinsichtlich Ihres Wissens über die Pflegedokumentati- on, ein Armutszeugnis aus.

Für unsere Berufsgruppe ist es sehr belastend, daß wir Ärzte wie Sie an unserem Ar- beitsplatz vorfinden. Gerade diese sich den Pflegeforde-

rungen des 19. Jahrhunderts verbunden Fühlenden tragen einen erheblichen Teil dazu bei, daß sich hochmotivierte Krankenpflegekräfte aus ih- rem Beruf herausbegeben.

Ihren Ansichten über die Akademisierung der „leiten- den Pflegekräfte" und dem Einsatz von Hilfskräften stel- le ich gegenüber, daß eine ho- he Qualität in der Kranken- pflege nur durch qualifizier- tes Personal erzielt werden kann. Da die Krankenpflege- kräfte wichtige Aufgaben ver- richten, sind sie natürlich je- derzeit bereit, sich zu qualifi- zieren. Wir stehen erst am Anfang, werden aber auf lan- ge Sicht eine kritische Berufs- gruppe im Interesse des/der Patienten werden. Ich hoffe, daß Sie bis dahin dazu gelernt oder das Rentenalter erreicht haben!

Erstaunliche Geduld der Betroffenen

Es handelt sich nicht um einen Pflegenotstand, son- dern um einen Schreib- und besonders Dokumentations- notstand, der durch Politik und Rechtsprechung herbei- organisiert worden ist.

Die echten Pflegeaufga- ben, das heißt die eigentliche Arbeit am und für den Pa- tienten, wäre mit den vorhan- denen Kräften unter Redu- zierung der Schreibarbeit und der sonstigen bürokratischen Belastung wohl zu bewälti- gen.

Somit ist auch die angebli- che Kostenexplosion im Ge- sundheitswesen keineswegs ein Ergebnis vermehrter Möglichkeiten auf ärztlicher und medizinischer Seite oder vermehrter Ansprüche der Patienten. Die moderne Ent- wicklung der Medizin hat auch durch Verbesserung der Effektivität zu erheblichen Rationalisierungen geführt, die den erhöhten Zeitauf- wand, vielleicht auch die hö- heren finanziellen Aufwen- dungen, durch die verbesser- ten technischen Möglichkei- ten, zumindest zu einem gro- ßen Teil, ausgleichen dürfte.

Ich rate Ihnen, sich mit Ih- rer eigenen Berufsgruppe auseinanderzusetzen, denn die „aktiv" an der pflegeri- schen Patientenversorgung beteiligten Chefärzte sind mir nicht bekannt. Bekannt aber sind mir solche, die mit „Pri- vatambulanzen", „Privatpa- tienten/innen" beschäftigt sind. Auch sind sie sehr aktiv damit beschäftigt, sich zum eigenen Vorteil, nicht dem des Krankenhauses, zu profi- lieren! Achtung habe ich wohlgemerkt vor der großen Anzahl von Stationsärzten/in- nen und AiP (letztere werden nur geringfügig entlohnt), die im Interesse des/der Patien- ten/innen den Klinikalltag be- streiten!

Monika Kirsch, leitd.

Krankenschwester mit Uni- versitätsstudium, Tivoliweg

15, W-2178 Otterndorf

Erstaunlich ist bei der Entwicklung der letzten Jah- re, die das Gesundheitswesen zunehmend lähmt, unkreativ und ineffektiv macht, die Ge- duld der Betroffenen: Insbe- sondere der Ärzte, des Pfle- gedienstes und auch der Krankenhausverwaltungen.

Diese sollten sich endlich so- lidarisieren und den Gesetz- geber zu Stellungnahmen ver- anlassen und in die Verant- wortung nehmen, aus der er sich ständig herauszuwinden sucht, indem er — rhetorisch überlegen — den Betroffenen die Schuld für negative Ent- wicklungen zuschiebt, die er selbst verursacht. An dieser Unwahrheit krankt insgesamt die politische Moral, nicht nur in unserem Lande.

Auf der ärztlichen Seite müßte sich unsere Selbstver- waltung angesprochen fühlen, von der bisher wenig Initiati- ven ausgegangen sind. Den letztendlich Leidtragenden, den Patienten, ist diesbezüg- lich kein Vorwurf zu machen.

Zum ersten fehlt ihnen der Überblick ... Zum zweiten merken sie zur Zeit noch we- nig, weil die für ihr Wohlerge- hen verantwortlichen Ärzte, Pflegepersonen und Kran- kenhausverwaltungen mit ei- A1-746 (6) Dt. Ärztebl. 89, Heft 10, 6. März 1992

(2)

nem verzweifelten Arbeits- einsatz versuchen, die negati- ven Entwicklungen für die Kranken möglichst wenig spürbar zu machen und von ihnen fernzuhalten.

In Übereinstimmung mit der Pflegedienst- und Ver- waltungsleitung unserer Kli- nik:

Prof. Dr. med. Karl Till- mann, Rheumaklinik, W-2357 Bad Bramstedt/Holstein

Pflegenotstand nicht ganz so gravierend

. . . Aus eigener achtjähri- ger Krankenhauserfahrung in unterschiedlichen kleinen Häusern und in der Universi- tätsklinik Mainz kann ich alle Ihre Beobachtungen und Feststellungen voll und ganz bestätigen.

Ich möchte sogar noch krasser formulieren und eine falsche Interpretation von Arbeitszeit für die unzähligen Überstunden teilweise mit verantwortlich machen.

Der Arbeitsablauf im Pfle- geberuf ist derart vom einzel- nen Patienten und seinen

GLOSSE

Gedanken zur aktuellen Ge- sundheitspolitik:

Den Politikern ins Stammbuch!

Der verantwortlichen Poli- tikerkaste wurden von beru- fenerer Feder nicht nur mehrmals, sondern zuhauf Argumente für die Kosten im Gesundheitswesen ins Stammbuch geschrieben.

Aber weder die Häufigkeit des Vortrages noch die Deutlich- keit der Argumente scheint den eigens aufgebauten Schutzwall von uneinsichtiger Stupidität dieser Politkaste von Sozialpolitikern und ihren Geschwistern, den Gesund- heitspolitikern, durchbrechen zu können.

Die nimmer endenden Forderungen dieser Damen und Herren (nicht im konser- vativen Sinne des Wortes!),

Wünschen abhängig, daß häufig zwangsweise Pausen bei der Arbeit entstehen (häufige Zigarettenpausen etc.), die jedoch vom Pflege- personal nicht als Pause, da nicht frei gewählt, akzeptiert werden, sondern global als Arbeitszeit betrachtet wer- den.

Im Gegensatz dazu arbei- tet ein Arbeiter am Fließband seine achtstündige Arbeits- zeit ununterbrochen bezie- hungsweise tatsächlich acht Stunden täglich, während beim Pflegepersonal während einer achtstündigen Arbeits- schicht eben nicht acht Stun- den lang gearbeitet wird.

Möglicherweise wäre wäh- rend dieser Zwangspausen die Möglichkeit der persönli- chen Zuwendung zum Patien- ten doch noch gegeben.

Insgesamt erscheint mir der Pflegenotstand de facto in unseren Krankenhäusern doch nicht ganz so gravierend zu sein, wie man uns dies an- läßlich von Tarifverhandlun- gen glauben machen möchte.

Dr. med. Klock, MDK Rheinland-Pfalz, Schloßstra- ße 8, W-6540 Simmern

der Sinn und Quell ihres ge- mütlichen, nicht nur phrasen- beschwingten, sondern auch leistungsreziprok alimentier- ten Daseins schlägt sich eben in durch Gesetz und Verord- nung fixierten, kostenträchti- gen Rechten der Menschen nieder, und diese fordern dann eben nicht selten, insbe- sondere durch Neidclaque angeheizt, was das Zeug — sprich Gesetz und Verord- nung — hergibt.

Darum nochmals. Der Arzt verantwortet nicht, was dem Patienten zusteht, son- dern allenfalls, ob es ihm zu- steht — und bei dieser Ent- scheidung wird's eben häufig eng bei dem „armen Schwein" von Medizinmann.

Denn nicht nur aus der An- forderung der Gesellschaft im Bereich der ärztlichen Be- rufsethik, sondern auch aus eigenem Berufsverständnis will der Arzt den Patienten kein Unrecht antun.

Und: Was dem Richter recht ist, sollte für den Arzt billig sein — im Zweifel für den Kranken.

Die Ärzte sollten sich end- lich endgültig verbitten, daß die Politkaste und ihre loya- len Megaphone ihnen die von Sozial- und Gesundheitspoli- tikern gezeichneten Schuld- scheine um die Ohren hauen.

Die Ärzte sollten klar und eindeutig feststellen, daß es unredlich ist (und Unredlich- keit ist ein kriminelles Ver- halten), Rechte auf etwas im Sozial- und Gesundheitswe- sen (auch hier muß säuber- lich unterschieden werden) zu installieren und die durch diese Rechte entstandenen Kosten dann maulend von den Ärzten scheuen zu las- sen.

Und, nur kurz angedeutet, weil kein Funktionär angeb- lich mehr gerne lange liest (wo soll bei den vielen Ar- beitsessen auch noch die Zeit dazu sein), noch folgendes:

Wer einerseits Leistung vermiest und beschimpft, an- dererseits durch fixierte Rechte Leistung herausfor- dert und fordert, sollte sich dann nicht auch noch so schä- big verhalten und über die Kosten der leistungserbrin- genden Leistungsträger de- magogisch lamentieren.

Die politisch Verantwort- lichen (eigenartigerweise wird Versagen in dieser Ver- antwortung hier oft mit einer horrend hohen Pension hono- riert) mögen uns sagen, was sie wollen, und wir werden uns danach richten, aber sie sollen uns nicht sagen, daß sie das, was sie wollen, nicht be- zahlen können — und uns dann noch meuchlings die Schuld hierfür zuweisen.

Politik, sagt man, sei die Kunst des Möglichen — zu- nehmend, zumindest für die Sozial- und Gesundheitspoli- tik, drängt sich aber die Er- kenntnis auf, sie sei der Po- temkinsche Schild, hinter dem sich Schmarotzer verber- gen und es sich wohlergehen lassen.

Dr. med. Wolfgang Grote, Frohnhofweg 4

W-5000 Köln 40

AUSLAND

Erfahrungen bei der Bewer- bung in Großbritannien:

Absurde

Registrierungs-Kosten

Noch während der letzten Monate meiner AiP-Zeit stellte ich fest, daß Assistenz- arztstellen, besonders für die Fächer meines Interessen- schwerpunktes Chirurgie und Orthopädie, sehr rar sind. Da hingegen aus England immer wieder Berichte kamen, wo- nach dort Ärzte fehlen und auch Stellen in den obenge- nannten Fächern frei sind, habe ich mich über eine Ver- mittlungsorganisation, die im Arzteblatt inserierte, dort be- worben.

Gleichzeitig bekam ich als Ergebnis des aufwendigen Bewerbungsverfahrens Mitte Januar eine Stelle im Fach

„Accident and Emer- gency".

Neben vielen Formularen bekam ich vom Arbeitsamt ei- nen Bogen zur Einreichung von Bewerbungskosten zur Arbeitsförderung. Dort war eine Spalte für Übersetzun- gen und sonstige Kosten auf- geführt. Ich legte daher die Rechnungen des Dolmet- schers vor und die Überwei- sung der Registrierungsko- sten der britischen Ärztekam- mer. Hierzu muß man erwäh- nen, daß alle ausländischen Ärzte über das General Me- dical Council registriert wer- den müssen. Das kostet als Assistenzarzt 135 Pfund, als AiP gar 400 Pfund! .. .

Natürlich freue ich mich über meine Stelle in England und bin ganz gespannt auf meine Erfahrungen als

„SHO" in „Accident and Emergency". Aber meine Verwunderung bleibt, über die starren Behörden und ab- surden Kosten, mit denen sich ein flexibler und interna- tional interessierter Arzt rumschlagen muß..

Dr. med. Tanja Fahlbusch, Department of Accident and Emergency, Royal Preston Hospital, Preston, Lancashi- re, England

A1 -748 (8) Dt. Ärztebl. 89, Heft 10, 6. März 1992

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