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(1)49 Die Religion und Sitte der Perser und übrigen Iranier nach den griechischen und römischen Quellen

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49

Die Religion und Sitte der Perser und übrigen

Iranier nach den griechischen und römischen

Quellen.

Von Dr. Adolf Eapp.

Schluss (vgl. Bd. XIX. S. 1—89).

B. Der Menscli in seinem Verhältniss zum Göttlichen;

seine Aufgabe.

Der Kampf des Ormuzd und Ahriman ist der Ausdruck der

religiösen Vorstellung und Einbildungskraft für den Kampf, welchen

der Mensch als einen Vorgang in seinem eigenen Innern fühlt, für

den Kampf des Guten und Bösen im menschliehen Subjekt. Die

guten, sittlichen Anlagen und Bestrebungen, welche der natürliche

Mensch in sich vorfindet, werden unbewusst bei der Bildung der

Götterbegriffe in eine causale Beziehung gesetzt zu einem guten,

heiligen Gott; die schlimmen Regungen des menschlichen Herzens,

welche in die sittliche Thätigkeit störend eingreifen, in eine eben

solche Beziehung zu einera bösen Gott. Dieses Causalverhältniss,

welches bei der Entstehung der religiösen Vorstellungen wohl immer

zu Grunde liegt, aber nicht ins Bewusstsein hereinfällt, verkehrt

sich für das religiöse Bewusstsein in ein Zweckverhältniss : weil

Ormuzd der gute Gott, desswegen soll der Mensch gut sein; weil

Ahriman der böse Gott ist, desswegen soll der Mensch alles, was

mit ihm zusammenhängt, meiden und hassen. Seine eigenen guten

Eigenschaften setzt der Mensch unwillkürlich aus sich hinaus in

einen ihm fremden Urheber und Ausgangspunkt, in welchem alle

Realität, auch die ihm zukommende, ihre Quelle hat. Dieses reale

Wesen kommt ihm aber zuerst zum Bewusstsein als der Zielpunkt,

auf welchen er sein Handeln richten soll. Diess ist das sittliche

Element in jeder Religion. Bei der zoroastrischen ist es aber nicht ein Element in der Religion, sondern der wesentliche Grundcharak¬

ter derselbeu. So erwuchs auch für den Iranier seine sittliche

Aufgabe.

Der Iranier sah sich in die Mitte gestellt zwischen die beiden

Reiclie des Lichtes und der Finsterniss, des Guten und Bösen. Er

kounte und sollte sich mit freier Selbstbestimmung für das eine

Bd XX. 4

(2)

50 Rapp, die Religion und SiUe der Perser und iihrigen Iranier

oder audere entscheiden, zu welchem er sich aber zu halten habe,

darüber konnte er keinen Augenblick zweifeln. Bei On mzd fand

er ausser der Beruhigung seines sittlichen Bewusstseins alle wün¬

schenswerthen Güter ; Ahriman dagegen war es, der ihm den Genuss

dieser Güter verkümmerte, der ihm unaufhörlich zu schaden suchte

und sein geistiges und leibliches Heil beeinträchtigte. Die Aufgabe

des Menschen bestand also darin, dem Dienste Ormuzds sich zu

ergeben und mit ihm, mit seiner Hülfe uud zu seiner Unterstützung,

Aiuiman und sein Reich zu bekämpfen. Die Mittel, welche der

Mensch hiezu in Anwendung bringen sollte, möchte man nun frei¬

lich dem Geist dieser ethischen Religion und der hohen Vorstellung,

die wir vom Weseu des Ormuzd gefunden haben, keineswegs ent¬

sprechend finden. Man erwartet Frömmigkeit, Ausbreitung der Lehre

des Ormuzd, Befolgung seines Gesetzes in Gesinnung und Wandel,

Vermeidung alles Bösen. Als Mittel dazu aber linden wir nur an¬

gegeben: Pflege der Geschöpfe Ormuzd's, Tödtung der Ahriman's,

und eine Menge äusserlicher Reinigkeitsgesetze. Diese auffallende

Erscheinung erklärt sich aus eiuem doppelten Grund, einmal: die

sittliche Reinheit war gewiss das Höchste, womit mau Ormuzd dienen

konnte, und wenn wir so hohe sittliche Vorzüge und so tiefen Ab¬

scheu vor dem Laster bei dem Perservolke finden, so hängt diess

nothwendig eng zusammen mit den religiösen Begrilfen. Dieser Zu¬

sammenhang ist aber fast allen alten Schriftstellern ganz entgangen,

wenn auch nicht die Thatsache selbst. Sie hatten nur eiu Auge

für die einzelnen, auffallenden, in die Erscheinung tretenden Züge

und Handlungen dieser Art, welche ihnen freilich auch ganz ab¬

sonderlich vorkommen mussten. Diese Handlungen verlieren aber

alles Auffallende, sobald man sich erinnert, dass die zoroastrische

Religion keine rein geistige ist — und diess ist das Zweite, was

jene Erscheinung erklärt. Wenn sie gleich die sittliche Idee zu

einer für diese Zeit staunenswerthen Höhe entwickelt hat, so hat

doch dieser geistig-ethische Kern seine natürliche Schaale nicht ab¬

gestreift, die sittliche Idee ist und bleibt immer verwachsen mit

den natürlichen Anschauungen von der Reinheit und dem Wesen

des Lichts, aus welchen sie sich herausgebildet hat. Die gleiche

Erscheinung haben wir auch bei Ormuzd gefunden. Sein Reich ist

nicht bloss Geisterreich, soudern der Theil, mit welchem es dem

Menschen am nächsten steht, ist ein sehr wesentlicher : die Natur,

die gute Schöpfung. Bei dem Reiche Ahriman's vollends blieb die

Vorstellung noch viel mehr als bei Ormuzd an dem sinnlichen Uebel,

an der materiellen Unreinheit haften. Für uns ist es allerdings

ziemlich schwer, uns in diese eigenthümliche Anschauung hineinzu¬

versetzen ; schon wenn wir den Umfang des Lichtreichs so bezeich¬

nen wollen, dass es alles Reine und Gute auf dem Gebiet der

Geisterwelt wie der Natur umfasse, so führt diese Unterscheidung

schon auf unrichtige Vorstellungen. Wenn auch der Iranier zwi¬

schen Körper und Geist unterschied , so war ihm doch dieser Uuter-

(3)

nnch den griechischen und römischen QueUen. 51

schied, weuigstens auf religiösem Gebiet in Beziehung auf die Be-

frriffe des Guten, Reinen, Lichtvollen und ihrer Gegensätze ein ganz

fliessender und verschwimmender. Die Natur wurde als gute Schö¬

pfung verehrt, allem, was sie Wohlthuendes für den Menschen ent¬

hielt, wurde sogleich ein guter Genius vorgesetzt, und damit war

sie vergöttert und auch in gewissem Sinn vergeistigt. Der Iranier

hatte eiue ganz andere Naturanschauung, in welche wir uns mit der

grössteu Mühe nicht hineindenken können. In jedem Thiere, jedem

Baum , jeder Pflanze sah er eine Manifestirung irgend eines guten

oder bösen Wesens. Ehrte und pflegte er nun einen guten Natur-

gegcustand, so that er damit dem ganzen Reich des Lichts Vor¬

schub, so hatte er eine sittliche Handlung vollbracht; beschädigte

er deuselben, so hatte er das Lichtreich geschwächt und das ahri¬

manische verstärkt. Ebeuso umgekehrt mit dem ahrimanischen.

Desshalb darf man auch bei dem Begrilf der Reinheit uicht unter¬

scheiden zwischen dem sinnlich und geistig Reinen, denn das sinnlich

Reine ist nach der iranischen Anschauung auch sittlich gut, uud

hat dadurch auch eine geistige Bedeutung: mit beidem ist dem

Ormuzd gleich gut gedient. Das Unreine aber befleckt nicht bloss

den Körper, sondern auch die Seele: durch das körperlich Unreine

dringt Ahriman auch in die Seele ein. Von dieseu Auschauuugen

aus werden uun jene auffallenden Gebräuche und Vorschriften ganz

verständlich.

Das eine Mittel, dem Ormuzd im Kampf gegen Ahriman zu

dienen, ist also die Pflege der ormuzdischen und Vernichtung der

ahrimanischen Schöpfung, wobei natürlich jeder Schaden, der dem

Ahriman angethan wird, dem Ormuzd zu Gute kommt, und jede

Wohlthat, die der ormuzdischen Schöpfung erwiesen wird, die ahri¬

manische schwächt. Es ist bekannt, welchen Werth die Perser auf

Ackerbau und Viehzucht gelegt haben; wer dürres Land anbaut,

vergrössert das Reich des Ormuzd und verkleinert das ahrima¬

nische, desshalb ist Gewächse bewässern und begiessen ein heiliges

Geschäft, zu dem man allein das Wasser gebrauchen darf >). Eiue

goldene Mühle war eiu Geschenk, mit welchem der Köuig dem

Empfänger die höchste Ehre erwies ^). Die Heerden- uud Viehzucht,

namentlicli die Rossezucht auf den nisäischeu Weiden, wurde in

grossartigem Massstab betrieben; noch zu Strabos Zeit lernen die

jungen Perser, wie man die Heerden weidet uud behandelt ; sie übeu

sich im Garteubau und der Baurazucht ^). Die Könige legten gross¬

artige Parke an mit schönen grossen Bäumen; wie hoch dieselbeu

verehrt wurden , haben wir gesehen ; ebenso die Sitte , möglichst

viele Hunde aufzuziehen. Wir finden hierfür nur wenige ausdrück¬

liche Belege bei den Alten, weil diese Seite des iranischen Glau¬

bens weniger auffallend hervortrat, indem der grosse Werth des

Besitzes sich überall findet, und von dem iranischen Volk nur unter

1) AgathiHs II, 24. — 2) Ctes. Pers. 22. — 3) Strabo XV p. 10G6.

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52 Rapp, die Religion untl Sitte der Perser und ührigen Iranier

einen religiösen Gesichtspunkt gestellt wurde. Besser ist die andere Seite bezeugt, die Verdienstlicbkeit der Vernichtung ahrimanischer

Geschöpfe. Die Magier hatten hierin als die Priester eine doppelte

Verpflichtung. Von ihnen weiss schon Herodot, dass sie es sich

gfosse Mühe kosten lassen, Ameisen, Schlangen und andere krie¬

chende und geflügelte Thiere zu tödten Plutareh sagt, dass die

Perser den, der die meisten Wasserigel getödtet habe, glücklich

preisen und an einei- andern Stelle berichtet er, dass die Magier

die Mäuse tödten, da sie dieselben selbst hassen und auch glauben,

dass dem Gott dieses Thier zuwider sei ^). Ameisen tödten wird

auch in den Akten del- persischen Märtyrer als ein Zeichen des

Uebertritts von der christlichen zur persischen Religion angesehen

Agathias endlich erzählt von „dem grössten persischen Feste, Ver¬

nichtung der bösen Dinge genannt, an welchem die Perser die mei¬

sten Reptilien und von den andern Thieren alle reissenden und die

in der Wüste lebenden umbringen und sie den Magiern vorzeigen

als Beweis ihrer Frömmigkeit. Denn damit glauben sie dem guten

Gott einen Gefallen zu erweisen, den Arimanes aber zu ärgern und

zu schädigen" ^).

Das zweite Mittel das Reich Ormuzd's auszubreiten und zu

verstärken, den Einfluss Ahriman's zu schwächen, ist die Reinhaltung

seiner selbst und der heiligen Geschöpfe des Ormuzd. Die Iranier

hatten einen ausgebildeten Sinn für Reinlichkeit und Anstand ; was

nur im mindesten etwas Unreines, Ekelhaftes an sich hat, flösst ihnen

ein unüberwindliches Grauen ein. Diess hängt zum Theil damit

zusammen, dass das Unreine meist auch ungesund und schädlich

ist, aber in vielen Fällen lässt sich der Grund der Unreinheit nicht

darauf zurückführen; der Iranier hatte gewissermassen einen beson¬

deren sechsten Sinn für das Reine. Alles derartige hat nach seiner

Ansicht seinen Ursprung in der Finsterniss, im Dunkeln ; in solchen

Gegenständen bansen nach seiner Vorstellung die bösen Geister,

und wenn er derartiges an sich herankommen lässt, so verschafft

er damit dem bösen Geiste Zutritt und Gewalt über sich, Für un¬

rein aber galt alles Schmutzige an fremden Gegenständen ,' wie am

Leib des Menschen; alles, was vom Menschen abgeht, auch sein

Speichel und sein Hauch dann auch Menschen, die mit hässlicben

Krankheiten behaftet waren. Das Unreinste des Unreinen aber

war das Todte, tedte Thiere und Leichname, daher auch das Blut.

Ansserdem natürlich die ahrimanische Schöpfung. Alles das soll

also der Mensch von sich fern halten. Herodot berichtfet, dass es

ihnen nicht, erlanbt sei, in Gegenwart eines Andern auszuspeien

oder den Urin zu lassen '); auch Xenophon sagt , dass die 'Perser

1) Herod. I, 140. — 2) Plut. de Isid. 46. — 3) Plutareh : Ue^i <pörov xai fiiaovs p. 537 A. ed. Wyttenbach. — 4) Act. Martyr, p. 203. - 5) Agath II, 24; eooTiji' TF rrnniöv tteiC^orn Tijv tiöv xnxfiiv kEyoiiivijr ii.vai(ieoiy ix- itf-oioiv. — 6) Strabo XV p. 1065. lOGG. - 7) Herod. I, 133.

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iMch den griechischen und römischen Quellen. 53

zu seiner Zeit es für schimpflich halten, vor Andern auszuspeien

sich zu schneuzen, oder sich sonst unanständig aufzuführen, auch

sehe man nicht leicht einen Perser weggehen, um ein Bedürfniss

zu verrichten Ammianus Marcellinus bestätigt diess und setzt

noch hinzu, dass sie beim Essen nicht sprechen*), wahrscheinlich

um nichts durch den Speichel zu verunreinigen. Auch über die

Behandlung des Aussätzigen waren Bestimmungen vorhanden; Hero¬

dot berichtet, dass ein Aussätziger nicht in die Stadt komme und

nicht mit den andern Persern umgehe; wenn er aber ein Fremder

sei, werde er aus der Stadt hinausgetrieben Ebenso sagl Ctesias,

dass ein Aussätziger von Allen vermieden werde*). Die unreinen

Thiere durfte man natürlich auch nicht gemessen*). Am meisten

aber hatte man sich zu hüten vor dem Todten. Darius I. fuhr nicht

unter einem Thore hindurch, weil in einem oberen Gemach dessel¬

ben ein Leichnam lag^). Die Magier trieben dies nach Porphyrius

so weit, dass sie nicht nur nichts Todtes berührten, sondern selbst

mit denjenigen keinen Umgang hatten, welche Thiere umbringen,

mit Schlächtern und Jägern Wer sich aber so verunreinigt hatte,

musste sich durch religiöse Ceremonien vom Priestsr wieder reini¬

gen lassen. Pythagoras, erzählt Porphyrius, sei zu Zaratos gekom¬

men, welcher ihn „von der Befleckung seines frühern Lebens ge¬

reinigt und ihn gelehrt habe, von welchen Dingen sich die Froramen

rein halten müssen" 8). Agathias sagt bei der Beschreibung der

persischen Bestattung, wenn einer, der als todt ausgesetzt worden

sei, wieder zurückkehre, so fliehen alle vor ihm, wie vor einem

Fluchbeladenen, der schon den Unterirdischen angehöre, und er

dürfe nicht eher an der gewöhnlichen Lebensweise Theil nehmen,

bis ihn die Magier von der dadurch, dass er den Tod erwartet hat,

auf ihn gekommenen Befleckung gereinigt haben, und er so gleich¬

sam das Leben von Neuem empfangen habe Eine ebenso grosse

oder noch grössere Sünde, als durch Verunreinigung seiner selbst,

lud man aber durch Verunreinigung eines göttlichen und heiligen

Naturwesens, wie namentlich des Wassers, des Feuers, der Erde u. a.

auf sich. Nach Strabo steht auf diesen Verbrechen die Todes-

trafe"), welche jedoch nur bei absichtlicher Uebertretung dieser

Gebote in Anwendung gekommen sein wird, also höchst selten

oder nie.

Nach diesen Anschauungen bestimmt sich nun auch die Behand¬

lung des menschlichen Leichnams, die Bestattung. Wenn die

Erde durch den Todten verunreinigt wnrde, so konnte der Leich¬

nam nicht begraben werden, noch viel weniger aber konnta er ver¬

brannt werden, da hiermit ein grosser Frevel gegen das noch viel

1) Cyrop. I, 2, 16; VIII, 8, 8. — 2) Ammisn. XXHI, 6. — 3) Herod. I, 138. — 4) Ctes. Pers. 41. — 5) Act. Martyr. 8. 181. — 6) Herod. I, 187. — 7) Porphyrins vit. Pythag. p. 6 ed. Nauck. — 8) ibid. p. 12. — 9) Agkthias II, 32, Uber die Sache selbst s. unten. — 10) Strabo XV p. 1065.

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54 Rapp , die Religion und Sitte der Perser utul übrigen Tränier

heiligere Feuer begangen worden wäre. Diess sagen auch die alten

Schriftsteller ausdrücklich; so Herodot, es sei den Persern nicht

erlaubt die Leichname zu verbrennen, weil sie das Feuer für eine

Gottheit hielten und Nikolaus Damascenus erzählt, bei dem Vor¬

fall mit Krösus auf dem Scheiterhaufen hätten die Perser das schon

seit alten Zeiten bestehende Verbot Zoroasters gegen das Verbren¬

nen der Leichname von Neuem bestätigt Die von dem zoroastri¬

schen Religionsgesetz vorgeschriebene Bestattungsart war vielmehr,

die Leichname den wilden Thieren zum Frass auszusetzen. Dies

geht aus verschiedenen Gründen hervor. Erstens war es die von

den Magiern beobachtete Art; Herodot sagt, über die Bestattung

der Perser erfahre man nichts Gewisses, sie sei eine Art Geheimniss.

Von den Magiern aber wisse er gewiss, dass sie die Leichname nicht

eher begraben, als bis sie von Vögeln oder Hunden zerfleischt wor¬

den sind. Die Perser dagegen bestreichen die Leichname mit Wachs

und bergen sie in der Erde 'j. Ebenso Cicero *j und Strabo , nur

dass dieser sagt, die Magier begraben die Leichname gar nicht, son¬

dern überlassen sie den Vögeln Da auch spätere Nachrichten

beweisen, dass die Gebeine, wenn sie ganz von Fleisch eutblösst

waren , noch verscharrt wurden ^) , und nicht wohl anzunehmen ist,

dass dies zur Zeit Strabos anders gehalten worden sei, als frülier

und später, so behält wohl Herodot hierin Recht. Zweitens war

diese Behandlung des Leichnams im östlichen Iran nicht bloss bei

den Priestern, sondern auch beim Volk die einzige gebräuchliclie,

und dort war ja das zoroastrische Gesetz gegebeu worden. Su er¬

zählt Onesikritos bei Strabo, dass bei den Baktrern die Todton

Hunden vorgeworfen werden, welche eigens hiezu gehalten wurden

und in ihrer Landessprache Leichenbesfatter hiessen '). Cicero (a.

a. 0.) sagt das Gleiche von den Hyrkaniern mit dem Beisatz, dass

das Volk öffentliche Hunde hiezu halte, die Vornehmen eigene,

und dass das eine besonders edle Race von Hunden sei**;. Auch

von den Oriten wissen wir dies aus Strabo und Diodor Drittens

endlich war dies ira Sasanidenreich, wo alle religiösen Vorschriften streng durchgeführt waren, die einzig erlaubte liestattungsart; auch

das Begraben des Leichnams, welches wir bei deu alten Persern

findeu, war damals verboten Eine sehr ausführliche Beschrei-

1) Herod. IU, 16. - 2) Nicol. Damasc. frgm. 68; cfr. Ctes. Pers. 57 ii.

Diogeq. Laert. Prooem. Segm. 6 ; die begebeuheit mit Krösus selbst ist ohne Zweifel nnhistoösch s. Duncker II, S. 539. — 3^ Herod. 1, 140. — 4) Tus- culan. I, 45. — 5) Strabo XV p. 1068. — 6) Acl. Martyr. S. 78 id fert Per¬

sarum consuetudo, ut cadavera tamdiu inhumata rclinquantur, quamdiu con- sumptis carnibus nudentur ossa, eaque sola in sepulcrum iid^erunt. Ebenso Justin. Martyr XLI. von den Parlhem: sepultura vulgo aut avium aut canum Uuiatus est. Nuda demum ossa terra obruunt. Agathias im Folgenden freilich anders. - 7) Strabo XI p. 786 cfr. Porphyrius dc abstinentia IV. — 8) cfr.

Curtius VII, 24. — 9) Diodor XVII, 105. — 10) Acta Martyr. S. 181 u.

Henander Protector frgm. 11 bei Müller.

(7)

nach lieu tp-icclihchni uml römischrn Quellen. 55

billig, wie CS in dieser Zeit, nnd ohne Zweifel auch in der alten,

damit gehalten worden, gibt Agathias. Nach alter Sitte, sagt er,

werde der Leichnam von seinen Angehörigen vor die Stadt hinaus¬

getragen, dann verlassen und unverhüllt hingelegt, um von den Hun¬

den und aasfressenden Vögeln aufgezehrt zu werden. Wenn aber das

Fleisch weggenommen sei, werden die entblössten Gebeine auf die

Felder zerstreut umhergeworfen und verfaulen. Den Todten in eine

Gruft oder Sarg zu legen, oder ihn in die Erde zu vergraben, ist

ihnen streng verboten. Wenn die Vögel und Hunde den Todten

nicht sogleich zerfleischen, dann beklagen ihn die Angehörigen als

einen schlechten Menschen, wenn er aber sogleich verzehrt wird,

preist man ihn selig. Agathias erzählt, dass die gemeinen Leute

im Heer, welche mit einer sehr schweren Krankheit behaftet siud,

noch lebend hinausgeführt und ihnen ein Stück Brot, Wasser und

ein Stock zum Abwehren der wilden Thiere mitgegeben werde, so

dass oft diese Unglücklichen halb lebend von den wilden Thieren

zerrissen würden Diess wäre aber eine so unerhörte Grausamkeit

und stünde mit der persischen Anschauung vom Werth des Lebens

so sehr in Widerspruch, dass es, obgleich auch die Alten, Onesi-

kritus und Porphyrius, diess von den Baktrern sagen, doch für nichts

weiter zu halten ist, als für eine fabelhafte Uebertreibung dieses

für Fremde allerdings sehr auffallenden Verfahrens, welches nach

griechischer wie christlicher Anschauung eine so grosse Impietät

War, dass zu derjenigen, welche jene Schriftsteller den Iraniern

noch dazu andichten, nur ein kleiner Schritt zu sein schien

Diese vom religiösen Gesetz vorgeschriebene Bestattung fand

aber in alter Zeit nicht im ganzen persischen Keich Anerkennung,

vielmehr steht aus sicheren Zeugnissen fest, dass der Westen eine

eigene landesübliche Bestattung hatte. Sie laesteht, wie nach Hero¬

dot, Strabo und Cicero bereits erwähnt ist, darin, dass die Leich¬

name mit Wachs bestrichen und in die Erde verscharrt werden.

Diese Bestattungsart war nicht blos in Persien , sondern auch in

Medien die übliche,, was aus der Erzählung des Ktesias hervorgeht,

dass des Astyages Leichnam verlassen in der Wiiste liegen blieb,

aber wunderbarer Weise von den wilden Thieren nicht zerrissen

wurde, da ihn Löwen bewacht haben sollen; dann sei er aber

prächtig bestattet worden *), offenbar also auf eine andere Weise,

als die zoroastrische, aber auch nicht verbrannt, da derselbe Ktesias

das Verbot des Verbrennens ausdrücklich erwähnt*), also wurde er

begraben. Dasa diese Erzählung eine Sage zur Verherrlichung des

Astyages war, thut natürlich nichts zur Sache. Auch Agathias sagt,

dass die alten Meder die zoroastrische Art der Bestattung nicht

gehabt haben können, da sich Grabhügel und Grüfte aus der alten

Zeit in Medien fänden Für die Perser steht diese Sitte auch

1) Agathias II, 22. 23. — 2) vergl. Dancker II S. 400. — 3) Ctes.

Pers. 5 cfr. frgm. Pers. 3 ed. Bähr. — 4) Ctes. Pera. 57. — 5) Agath. II, 23.

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56 Rapp , die Religion vnd Sitte der Perser vnd illirigen Iranier

noch aus andern Zeugnissen fest i). Man wird wohl annehmen

dürfen, dass dieses Begraben immer nach vorhergegangener Uebei'-

ziehung mit Wachs Statt gefunden habe. Aber was hatte dies zu

bedeuten? Sollte der Zweck hiervon, den Cicero angibt, um die

Leichname möglichst lang zu erhalten, richtig aufgefasst sein, so

müssten ganz andere Vorstellungen über den Zustand naeh dem

Tod für das westliche, als für das östliche Iran vorausgesetzt wer¬

den. Doch ist auch eine andere Erklärung recht wohl möglich,

dass die Leichname desshalb mit Wachs überzogen wurden, damit

sie nicht durch ihre unmittelbare Berührung die Erde verunreinig¬

ten, und diese ist wahrscheinlicher. — Eineg anz besondere Art der

Bestattung wurde aber für die persischen Könige in Anwendung

gebracht. Die Achämeniden hatten in Persepolis eine grossartig

angelegte Begräbnissstätte, in welche alle Achämeniden von Kyros

an nach ihrem Tod gebracht wurdenSie war nach Diodor hoch

an einer Bergwand in den Felsen eingebauen und enthielt mehrere

Kammern, in welchen die Särge beigesetzt wurden. Diese musste

man aber in Ermangelung eines Eingangs mit Maschinen hinauf¬

ziehen 5). Ein besonderes Grab dagegen hatte der Stifter dieser

Dynastie, Kyros, in Pasargadä. Es war nach der ausführlichen

Beschreibung des Arrian *) und Strabo *) ein Thurm , in dessen

oberster, mit einem Dach bedeckter Kammer ein Sarg stand und

daneben viele Gegenstände der gewöhnlichen Einrichtung. Die Be¬

wachung desselben durch die Magier ist schon erwähnt. Wann die

Perser und Meder ihre landesübliche Bestattung mit der vom reli¬

giösen Gesetz vorgeschriebenen vertauscht haben , lässt sich nicht

genau bestimmen, jedenfalls nach dem Ende des alten Perserreichs

und wahrscheinlich erst mit der Gründung des Sasanidenreichs.

Dass die von Zoroaster gegebenen Reinigkeitsgesetze nicht

blos Reinheit des Leibs, sondern auch der Seele forderten, deutet

die Stelle des Agathias an, wo er von der Bestattung redet: „wenn

die Vögel und Hunde einen Leichnam nicht sogleich zerfleischen,

so glauben die Perser, dieser Mensch sei in seiner Gesinnung un¬

heilig und seine Seele ungerecht und finster gewesen und dem bö¬

sen Dämon verfallen. Wer aber sogleich verzehrt wird, den preisen

sie selig und dessen Seele bewundern sie über die Massen als eine

ganz vortreffliche, gottgleiche". Die Aufgabe des Menschen im um¬

fassendsten und höchsten Sinn besteht also dprin, Gott, d. h. Ormuzd

gleich zu sein an Heiligkeit und Reinheit der Gesinnung, an Ge¬

rechtigkeit, namentlich aber, wie wir später sehen werden, an

Wahrheit

1) Herod. VII, 117 cfr. VUI, 24. Curtius III, 31. — 2) Ctcsia.s Pers. LS.

15. 44 etc. — 3) Diodor XVII, 71; cfr. Ctes. 15 vergl. die au.'^fiihrliche Be¬

schreibung bei Heeren Ideen etc. 1. Thl. S. 253 ff. der 4. Ausg. Duncker II S. 400 ff. — 4) Arrian III, 27, 7. — 5) Strabo XV p. lOiil.

(9)

nack den griechischen und römischen Quellen. 57

C. Das Ziel des Kampfes in der Menschen- und

Götterwelt.

Der Kampf des Lichtes und der Finsterniss muss aber ein

Ende und ein Ziel haben; ein ewiger Wechsel, ein erfolgloses Spiel

der die Welt beherrschenden feindlichen Mächte wäre nicht blos

unvernünftig, sondern trostlos; Trost und Beruhigung ist es aber

ja gerade, was das fromme Gefühl in dem Gedanken an eine ver¬

nünftige und gütige Vorsehung eines höchsten Wesens sucht und

findet. Dass das Licht über die Finsterniss, das Gute über das

Böse endlich den Sieg davontragen muss, ist nothwendig das Po¬

stulat jeder ethischen Weltanschauung und jeder ethischen Religion;

und eine solche ist eben die zoroastrische. Gutes und Böses stehen

sich nach der iranischen Anschauung nicht als zwei gleichmässige

Prinzipien gegenüber, sondern das Gute ist immer mächtiger, als

das Böse, das Licht immer mehr als die Finsterniss, und deshalb

muss es sich auch zuletzt, sei es nun durch allmählige Ausbreitung

und Verstärkung oder in einem entscheidenden, kritischen Augen¬

blick dieses Kampfs mächtiger erweisen. Dem sittlich-religiösen

Bewusstsein genügt es aber nicht, diesen endlichen Triuinph des

Guten für die Weltordnung zu verlangen, das Subjekt im Gefühl

seines unendlichen Werths fordert auch für sich einen Antheil an

jener Errungenschaft des Siegs, namentlich, wenn es diesen Sieg,

wie der Iranier, miterfechten musste. Wie der ewige Kampf der

beiden Reiche ein trostloser wäre ohne den endlichen Sieg des

Guten, so wäre auch der Kampf, welchem sich der Ormuzdgläubige

sein ganzes Leben hindurch für das Reich des Lichts gegen die

Finsterniss unterzieht, ein trostloser, wenn der Mensch keine Be¬

lohnung dafür erhalten würde, und zwar hat er auf eine Belohnung

Anspruch, welche ihn in vollstem Mass entschädigt für alle Leiden

dieser Welt, auf das höchste, was sich der endliche, sterbliche Geist wünschen kann : die Unsterblichkeit und Seligkeit.

Der Glaube an die Fortdauer der Seele nach dem Tod ist

aber nicht nur durch den allgemeinen Charakter des zoroastrischen

Systems gefordert, sondern insbesondere zwei Lehren desselben

weisen sehr bestimmt darauf hin: die Verehrung der Seelen von

Verstorbenen als göttlicher Genien und das Gebot, die Leichname

zu zerstören. Vom Ahnenkult ist es an sich klar; aber auch die

zoroastrische Art der Bestattung setzt jenen Glauben nothwendig

voraus. Bei allen Völkern zeigt sich der natürliche Wunsch, dass

das Wesen des Individuums so lang wie möglich erhalten werden

möchte, und wenn, wie bei den Griechen und Römern, das Leben

der Seele in einer andern Welt diesen Wi^nsch nicht ganz befriedigt,

so findet man eine Entschädigung dafür in dem Fortleben dessen,

was der Verstorbene gewesen ist und gethan hat, in seinem Wir¬

kungskreis, daher die sorgfaltige Aufbewahrung der Reste und das

(10)

58 Tlaj)j>, flic Rcliijioii und Sitte der Perser und übrigen Iranier

Aufrichten von möglichst dauerhaften Denkmalen. Wenn nun aber

ein Volk die irdischen Üeberreste des Verstorbenen ganz zerstört

und jede sichtbare Erinnerung an denselben verschmäht, so kann

es dies nur in der zuversichtlichen Hoffnung auf den reichligen Er¬

satz dafür, welcher in dem Fortleben der Seele nach der Vernich¬

tung der irdischen Hülle besteht. Somit dürfen wir annehmen, dass

der iranische Unsterblichkeitsglaube so alt ist, als der Ahnenkult

uud das Aussetzen der Leichname. Das Vorkommeu des Ahnen¬

kults bei den verwandten scythischen Völkern beweist aber ein

sehr hohes Alter dieser Sitte. Für die frühere Zeit sind wir frei¬

lich von den Zeugnissen der Alten ganz im Stich gelassen, und die

späteren von dem Ende des alten Perserreichs, welche ausführlicher

davou sprechen, geben diese Lehre nur im Zusammenhang mit der

vou der allgemeinen Auferstehung, welche den eigentlichen Uu-

sterblichkeitsglaubeu schon etwas verrückt. Schon Xenophon lässt

Kyros den Aelteren im Angesicht seines Tods sehr erhebende Worte

über das Wesen und die Bestimmung der Seele sprechen, nament¬

lich über Unsterblichkeit, aber nicht bloss die Gedanken, sondern

selbst die Ausdrücke sind so ganz sokratisch, dass es sehr zweifel¬

haft ist, ob Xenophon an den persischen Unsterblicbkeitsglaubcn

anch nur dabei gedacht hat ^). Erst aus . der Zeit Alexanders des

Grossen ist das bekannte Zeugniss des Theopomp uud Eudemos,

eines Schülers des Aristoteles, dass nach der Lehre der Magier

die Menschen wieder anflehen und unsterblich sein werden, und

dass durch ihre Bitten Alles bestehen werde*). Rein von dieser

letzteren Beimischung sind aber zwei Angabeu des Curtius aus der

gleicheu Zeit, welche den Glauben an Unsterblichkeit zwar nicht

als Lehre aussprechen, aber ganz bestimmt andeuten. Wie Bessus

dem Alexander von seinem früheren Freund Spitamenes ausgeliefert

wird, sagt dieser: „Möge Darius zu diesem Anblick die Augen

öffnen, möge er sich erheben von den Abgeschiedenen, welcher jener

Strafe unwürdig, aber dieses Trostes würdig ist"'). Dreissig zum Tod verurtbeilte vornehme Sogdianer, welche auf Befehl Alexanders

zum Tod geführt werden, legten durch Gesaug und Waffentanz eine

übermässige Freude an den Tag. Um den Grund bievon befragt,

antworteten sie : „Da sie von einem so grossen Köuig ihren Ahnen

zurückgegeben werden, so feiern sie diesen ehrenvollen von allen

tapfem Männern gewünschten Tod durch freudige Gesänge" *). Noch

Ammian erzählt i?bn den Parthern seiner Zeit, dass bei ihnen die¬

jenigen vor Alleu selig gepriesen werden, die in der Schlacht ge¬

fallen seien*). In den beiden letzteu Stellen liegt nicht nur die

1) Cyrop. VIU, 7, 17 £f. — 2) Diogenes Laert. Prooem. Segm. 9 os

(Theopomp) xai ävaßtiiaia9ni xarä roie Mayovs yrjai tovs ivtfoojnovs xai ^tiEOytai nx^nvaxovs xni in ovm mXs niircov inixXrfOfOi Sinitevelv,

Dies sage auch Eudemos. — 3) Curtius'VU, 24. — 4) Curtius VII, 39. —

5) Ammianus Marc. XXUI, 6.

(11)

nach den griechischen und römischen Quellen 59

Erwartung der Unsterblichkeit, sondern auch einer mit allem Wün¬

schenswerthen beglückenden Unsterblichkeit, der Seligkeit. Diese

Hoffnung finden wir bei Agathias in der angeführten Stelle sebr

bestimmt ausgesprochen „wessen Leichnam sogleich verzehrt wird,

den preisen sie selig und dessen Seele bewundern sie über die

Massen als eine ganz vortreffliche und gottgleiche , die zu dem Ort

des Guten hinaufsteigen werde" ^). Dieser Ort des Guten kann

aber kein anderer sein als der Lichthinimel , in welchem Ormuzd

in seiner Herrlichkeit thront, in dessen Umgebung also die guten

Seelen ein solches Leben führen werden. Was geschieht aber dann

mit den Seelen der Bösen? Auch hierüber finden wir erst bei

Agathias Aufschluss: „wenn ein Leichnam", sagt er an derselben Stelle, „nicht sogleich zerfleischt wird, so glauben sie, dieser Mensch

sei in seiner Gesinnung unheilig, und seine Seele ungerecht und

finster gewesen, nnd dem bösen Dämon verfallen. Dann beklagen

ihn die Angehörigen noch .vi«!' mehr als einen, der vollständig ge¬

storben sei und keinen Theil habe an dem besseren Loos" Dieses

„vollständig gestorben sein" ist aber wohl nicht so zu verstehen,

dass die Seele ganz aufgehört habe, sondern nur von einem gei¬

stigen Tod, einer Fortdauer, die noch schlimmer ist, als der Tod;

denn die Seele ist ja dem bösen Dämon verfallen, dieser, d. h.

Ahriman, hat sie also im Besitz. Hiefür spricht auch die schon

angeführte ^) merkwürdige Stelle aus dem Pseudo-Callisthenes, welcher

sie, ohne Zweifel ein Stück der persischen Alexandersage, aufge¬

nommen hat. Die frevelhafte Tochter Alexanders geht hier „in die

Einöde unter die Dämonen" und der frevelhafte Koch wurde, nach¬

dem er ersäuft war, „zu einem Dämon, und liess sich an einem

Orte des Meeres nieder." Ob diese Anschauungen vom Endschicksal der Bösen auch die alten sind, Wissen wir freilich nicht. Jedenfalls

stimmen sie im Allgemeinen zu der Anschauungsweise der Iranier,

so dass man dies wohl wird annehmen dürfen. Doch deutet Cle¬

mens ein anderes Schicksal der Bösen an eine Bestrafung durch

Feuer, welche dem Begriff des Feuers gemäss nothwendig eine Rei¬

nigung in sich sehliessen würde, welche die Bösen durchzumachen

hätten, um dann auch in die Seligkeit einzugehen. Sehr auffallend

ist es aber, dass nach den Akten der persiscben Märtyrer die Perser

im Sasanidenreich Nichts von einem seligen Fortleben nach dem

Tod gewusst haben sollen, während doch damals der zoroastrische

Glaube in voller Geltung War und wir an den Afigaben des Ammian

und Agathias bestimmte Zeugnisse für jene Zeit haben. Die christ¬

lichen Märtyrer halten nämlich den Persern ihren festen Glauben an

ein ewiges seliges Leben überall in einer Weise entgegen, als ob

1) Agath. II, 23 röv toü nya9ov jro'POP <ivnßriaofiivr;v. — 2) ui' ftnexovia T^e K^eirtovos fioigas. Das Wort für ,, finster" heisst ßa^nd'QoiSvf, eigeutlich kluftähnlich ; vielleicht auch „der in den Abgrund gestürzt zn wer¬

deu verdient." — 3) 8. ohen Bd. XIX. 8.80. — 4) Clemens Alex., Stromat. V p. 692.

s

(12)

60 Rapp, die Religion und Sitte der Perser und übrigen Iranier

diese gar nichts der Art gehabt hätten Sapor II. weist einmal

die Märtyrer hin auf das Schicksal iiirer Vorgänger, welche im

Glauben an ein unsterbliches Leben in den Tod gegangen seien;

wie eitel und unüberlegt aber dieser Glaube sei, sähen sie ja selbst;

denn jene seien nicht wieder aufgelebt*). Und doch war die per¬

sische Vorstellung, wie sie z. B. Agathias gibt, von einem seligen

Leben im Himmel fast die gleiche wie die der damaligen Christen.

Man kann sich dies nur so erklären, dass für die Christen im Be¬

wusstsein ihres alleinseligmachenden Glaubens jede heidnische Vor¬

stellung, mag sie nun ihrer eigenen ähnlich oder entgegengesetzt

gewesen sein, eigentlich gar nicht vorhanden war, höchstens als ein

vom Teufel angestifteter Glaube, und dass sie deshalb den Heiden

jede dor christlichen ähnliche Anschauung von vorn herein ab¬

sprachen. Dann muss man freilich jene Worte Sapors für Erdich¬

tung des Verfassers des betreffenden Martyriums, des Bischofs

Maruthas, ausgeben und so die Autorität dieser Akten, die sonst

gut beglaubigt ist, in Zweifel ziehen.

Diesen ächt zoroastrischen Glauben an ein seliges Fortleben

der Guten, der sich bis an das Ende des Sasanidenreichs behauptet

hat, finden wir nun am Schluss der Achämenidenherrschaft modifi¬

cirt zu der Vorstellung von einem Ende des allgemeinen Götter-

und Weltkampfs, von einem grossen, plötzlich eintretenden Sieg

des Lichts über die Finsterniss, und von Einem grossen alle Men¬

schen umfassenden Reich der Seligkeit. Die schon angeführten

Worte aus Theopomp und Eudem, dass nach den Magiern der

Mensch wieder aufleben und unsterblich sein und dass durch sein

Bitten Alles bestehen werde, finden ihre Erklärung in der ausführ¬

lichen Angabe des Plutareh : „Es kommt eine bestimmte Zeit , in

welcher Arimanios durch die Seuche und die Hungersnoth, die er

herbei führt, nothwendig selbst ganz vernichtet werden und vet-

schwinden niuss; und nachdem die Erde fest und eben geworden,

wird Ein Leben und Ein Staat der gesammten seligen und Eine

Sprache redenden Menschen sein. Theopomp aber sagt, nach der

Lehre der Magier herrsche abwechselnd jeder der beiden Götter

3000 Jahre, und der andere werde beherrscht, weitere 3000 Jahre

aber streiten und kämpfen sie und vernichte der eine die Werke

des andern. Zuletzt aber unterliege') der Hades (Ahriman), und

1) Acta Martyr. Seite 24. 33. 34. 91. 117. 161. 185. — 2) Act. Mart.

Seite 114 cfr. S. 188. 195. — 3) Es liegt nahe, die Stelle xeXos Se ano- Xsineo&ai rov '!AiSTjv so «u fas.sen: zuletzt bleibe der Hades, d. h. ein Ort der Seligen, übrig. Doch scheint die gegebene Uebersetzung vorzuziehen. Denn 1) findet sich meines Wissens keine Stelle, wo anoleinsod'ai im Passiv in der Bedeutung ,, übrig bleiben" vorkäme ; auch im Aktiv ist die Bedeutung

„Übrig lassen" selten, das Gewöhnliche hierfür xaraleineir ; während äno- Xeinea^ai sehr häufig die Bedeutung hat „zurückbleiben" in dem Sinn von

„seinen Zweck nicht erreichen". 2) steht Hades auch kurz vorher für Ahriman.

3) erwartet man nach dem Vorhergehenden, wonach die Götter frUher abwech-

(13)

nach den griechischen und römischen Quellen. 61

die Mensclien werden glücklich sein, weder der Nahrung bedürftig,

noch Schatten werfend. Der Gott aber, der das Alles veranstaltet

habe, ruhe eine Zeit, welche für einen Gott nicht lange sei, son¬

dern mässig wie für einen schlafenden Menschen" (der Sinn dieser

etwas undeutlichen Worte scheint jedenfalls zu sein : nicht lange,

nur so lange, als für den menschlichen Massstab der Schlaf eines

Menschen dauert; wie sich der Mensch zu Gott, so verhält sich

der Schlaf des Menschen zu der Zeit, welche Gott ruht). Dass

dies zu Theopomps Zeit persische Lehre war, ist sehr glaublich.

Einige Züge sind ächt iranisch, so, dass in jener Zeit die Erde

eben, die Klüfte und Löcher, der Aufenthalt der bösen Geister,

verschwunden sein werden ; dass der Mensch keinen Schatten mehr

werfen werde. Wenn aber auch beide Vorstellungsweisen, jene ein¬

fachere, ältere, und diese theopompische, an sich mit dem zoroastri¬

schen System als wohl vereinbar erscheinen können, so sind es

doch zwei verschiedene Anschauungsweisen von den letzten Dingen,

welche sich streng genommen nicht neben einander vertragen. Die

ältere und verbreitetere — wir haben sie ja auch im Osten gefun¬

den — wie sie sich bei Curtius und Agathias hauptsächlich dar¬

stellt, will offenbar die Seelen gleich nach ihrer Trennung von dem

Leib in die Seligkeit, in den Himmel Ormuzds, eingehen lassen;

die andere dagegen schiebt die Beseligung des Einzelnen hinaus

bis zu einer allgemeiuen Auferstehung, auf welche eine Wieder¬

bringung aller Dinge i) und Ein grosses Reich seliger Menschen

mit verklärten Leibern *) unter der Regierung des Ormuzd — Ahri¬

man hat ja aufgehört — folgen werde. Denn der Gott, der Alles

veranstaltet hat, ist ohne Zweifel Ormuzd selbst, da von einem

dritten nirgends die Rede ist und zu dem Reich der Seligkeit

offenbar die Herrschaft des guten Lichtgottes gehört. Aber ein

solches in einem bestimmten Zeitpunct eintretendes Reich der Selig¬

keit ist ja unnöthig, da dieses nach der älteren Vorstellung fort¬

während im Himmel besteht, wo die guten Seelen ein seliges Leben

führen, in das sie sogleich nach dem Tod eintreten; ebenso ist ein

Leib irgend welcher Art überflüssig, wenn die Seelen schon vorher

selnd geherrscht, dann mit einander gekämpft haben, nothwendig den Sieg des einen über den andern. Fasst man aber Hades als einen Kaum, welcher allein noch übrig bleibe, so weiss man nicht, ob Ormuzd und Ahriman nun auch zu, Grunde gegangen oder noeh da sind. Sind sie noch da, wie kann ein Reich der Seligen bestehen , so lange Ahriman da ist ? sind sie nielit mehr da , so muss ein Untergang des Ormuzd angenommen werden, was aueh nicht möglich ist. So will ohne Zweifel Plutareh seine eigene Angabe mit der im Wesent¬

lichen übereinstimmenden aber spezielleren des Theopomp ergänzen, nicht damit eine ganz andere anführen. Diese Auffassung bestätigt auch der Minokliired : ,,wenn die 9000 Jahre zu Ende sind , wird Ahriman abnehmen". Spiegel Avesta II, S. 218.

1) Diog. Laert. Prooem. Segiu. 9 xni rn vvra T«ie nvrcov irtixXijaeoi 8tn/tevelv. — 2) Dies geht daraus hervor, dass sie zwar eine Sprache reden und eineu Staat bilden, aber keiuer Nahrung bedürfen und keinen Schatten werfen

(14)

02 Ttopp , die Religion und SiUe der Perser nnd, übrigen Iranier

selig sind. Wenn man aber diesen Vorstellungen über die letzten

Dinge uicht näher auf den Grund ging uud in solchen Dingen war

wohl in der zoroastrischen Religion der freien Einbildungskraft des

Einzelnen Spielraum gegönnt, so werden die beiden Lehren einan¬

der nicht gerade ausgeschlossen haben. Welche von den beiden

aber die einfachere und zugleich reinere und geistigere sei, kann

kein Zweifel sein: es ist die ältere und ächt zoroastrische. Wäh¬

rend sich die Lehre von der allgemeinen Auferstehung in sinn¬

lichen Erwartungen einer Wiederholung irdischer Daseiusformen

ergeht, sucht dagegen jener einfachere Glaube in der frommen

Hoffnung auf eine nach dem Tod eintretende selige Vereinigung

und ewige Gemeinschaft mit dem reinen Gott der Wahrheit Trost

und Beruhigung für die Leiden und Kämpfe dieser Welt.

D. Mythologisches und Kosmologisches.

Vou der reichen Mährchenwelt des Orients erwarten wir billig

einen mannichfaltigeren und sinnieicheren Mythenstoff, als uns die

alten Schriftsteller gebeu. Die iranischen Mythen siud ihnen, wie

es scheiut, theils entgangen, weil sie im Kultus uieht äusserlich hervortraten, theils aber scheinen sie auch keinen Sinn dafür gehabt

zu haben, indem sie uns einen gewiss untergeordneten und verhält¬

nissmässig werthlosen Theil der Mytheuwelt jls eine Sammlung von

Curiositäten auftischen, von den bed^euten(^eren Mythen aber nur

Weniges, und dies meist sehr unverständlich erwähnen. Dass es

aber den Persern an mythischem Stoff keineswegs gefehlt hat, sehen

wir z. B. aus Strabo, welcher bei der Schilderung der persischen

Erziehung sagt, dass die Lehrer der Jünglinge zu dem Nützlichen

auch das Mythenhafte zuziehen, indem sie theils ohne Melodie theils

mit Gesaug die Thaten der Götter uud der trefflichsten Männer

vortragen. Doch ist hiebei auch zu bedenken, dass die Gottheiten

des zoroastrischen Systems grösstentheils beinah gar nicht zur

Mythenbildung sich eignen. Ormuzd ist zu geistig gefasst, steht zu

hoch hierzu; die Genien sind für den Mythus, der concrete Per¬

sonen verlangt, zu unbestimmt, allgemein und abstrakt gehalteü;

die Naturgottheiten dagegen sind zu sehr an die natürlichen Ele¬

mente und Gegenstände gebunden. Ueberhaupt ist das zoroastrische

System der Mythenbildung keineswegs günstig; der Kampf der

Götter, welcher, wie man glauben sollte, viel Stoff dazu darbieten

könnte, ist auf der eineu Seite kein direkter, auf der andern ein

geistig-ethischer. Die dogmatisch-reflektirende Richtung schlägt in

diesem Glauben so sehr vor, dass sie der dichtenden Phantasie und

ihrem Liebling, dem Mythus, auf dem dogmatischen Gebiet ziemlich

die Flügel bindet; ausserhalb des religiösen Systems im engeren

Sinn aber war ihr noch ein reiches Feld gelassen, und dass sie

dieses reichlich mit Gestalten bevölkert hat, lassen uns die Anga¬

ben der Alten wenigsteus ahnen

(15)

nach den griechischen und römischen Quellen. 63

Was vou dem Kampf zwischen Ormuzd und Ahriman in die

Mythologie gehört, die Götterschöpfung, ihre abwechselnde Herr¬

schaft u. s. w., ist schon angeführt. Hinzuzusetzen ist nur noch

die merkwürdige Vorstellung, dass Ormuzd die 24 Genien in ein

Ei eingeschlossen, die von Ahriman hervorgebraehten Dämonen aber

das Ei durchlöchert hätten woher das Gute mit dem Bösen ge¬

mischt sei. Das Ei ist ein im Alterthum gewöhnliches Bild für

die Weltkugel. Dieses Mythologem macht durchaus nicht den Ein¬

druck einer fiischen, volksthümlichen Göttersage, sondern viel eher

glaubt man darin das blasse Phantasiegebilde eines über den Ur¬

sprung des Uebels reflektirenden Priesters zu sehen. Ebenfalls

eine künstliche Allegorie und dazu noch mit griechischer Philosophie

zersetzt ist die übrigens interessante Weltschöpfung bei Dio Chry¬

sostomus „Der höchste Gott, heisst es da, bekam Sehnsucht

nach einer Welt; und der Liebe und Schöpfung gedenkend, machte

er sich sanft und liess sich gehen und wandte sich zu dem feuer¬

ähnlichen Dunstkreis des milden Feuers; dann vereinigt er sich mit

der Hera und'nimmt an dem vollkommensten Lager 'l'heil und nach¬

dem er ausgeruht, entlässt er wiederum die ganze Geburt des Alls.

Diese glückliche Vermählung der Hera und des Zeus besingen die

Söhne der Magier bei den geheimnissvollen Weihefesten." Von

Mithra, welcher sich am Besten von den zoroastrischen Gottheiten

zur Mythenbildung eignet, finden wir wenigstens Andeutung einer

solchen. Julius Firmicus sagt von den Persern und Magiern , sie

verehren einen Mann als Wegtreiber von Rindern, und diesen nen¬

nen sie Mithra'). Was näher damit gemeint ist, ob man etwa die

Wolken, welche der Sonnengott verscheucht, darunter zu verstehen

hat, dafür fehlt jede weitere Andeutung. Bei Porphyrius wird

Mithra in den Mysterien mit dem Mythus von einem Zeugungsstier

in Verbindung gebracht: „Mithra reitet auf dem Zeugungsstier, und

beide werden Demiurg und Herr der Schöpfung genannt"*). Auch

von diesem heiligen Stier, der nach jenen hohen Prädikaten von

grosser Bedeutung sein muss, erfahren wir Nichts weiter.

Eine eigene Mythenwelt aber bilden die Sagen, welche bei den

Persern über das Gebirgsland östlich von Baktrien und nördlich

von Indien, wie aus den neuesten Forschungen mit Sicherheit her¬

vorgeht, die Heimath der arischen Völker, im Umlauf waren. Es

ist dies das uralte Fabelland des Orients, welches die Griechen

meist unbestimmt unter Indien befassen, oder auch genauer als

Imausgebirge bezeichnen. Dieses Gebirgsland bevölkerte die ira¬

nische Einbildungskraft mit einer grossen Menge höchst abenteuer¬

licher Gestalten, wunderbaren Bäumen, Thieren und Menschen.

Weim, auch Manches davon dem wirklichen Wunderland des Indus

1) Plut. de Isid. 47. — 2) Dio Clirysost. orat. XXXVI. Borysthcn. p.449 ed. Dindorf. — 3) Julius B^irmicus de errore prof. rel. cap. 5 ed. Münter. — 4; Porpliyrius de antro Nymplf. 23 Mi<^(iat inoxtiiai rnvfio .i'<;o(id'ti//w.

8 *

(16)

64 Rajip, die Religion und Bitte der Perser und übrigen Iranier

entnommen ist, so ist dagegen Anderes offenbar das reine, freie

Erzeugniss der iranischen Phantasie. Hierher gehören vor Allem

die Wunderthiere des Ktesias, welcher damit weder eigene willkür¬

liche Dichtung, noch wirkliche Thatsachen geben wollte, sondern

die Sagen, welche er während seiues Aufenthalts am persischen Hof

hörte 1). „In den indischen Gebirgen , sagt Ktesias , wohnt der

wilde Esel, der so gross und grösser als ein Pferd ist. Sein Kör¬

per ist weiss, sein Kopf roth; auf der Stirne trägt er ein spitziges

Horn, eine EUe lang, welches unten weiss, in der Mitte schwarz

und oben roth ist. Es ist eines der stärksten und schnellsten

Thiere, weder ein Pferd, noch ein anderes Thier kann ihn einholen.

Es vertheidigt sich mit dem Horn, mit seinen Zähnen und seinen

Hufen; und hat schon viele Menschen und Pferde umgebracht"

Aelian gibt aus Ktesias den Namen dieses Thiers an , es heisst

Kartazonon„Es gibt, sagt Ktesias ferner, ein indisches Thier

von gewaltiger Stärke, grösser als der grösste Löwe, von rother

Farbe wie Zinnober, dichtbehaart wie Hunde; bei deu Indern heisst

es Martichoras, auf Griechisch Menschenfresser. Sein Kopf ist

nicht wie der eines Thieres, sondern wie das Angesicht eines Men¬

schen. Seine Füsse sind wie die eines Löwen, an seinem Schweif

hat es einen Stachel, wie ein Skorpion." Eiu drittes Wunderthier

ist der Greif, welchen schon Herodot kennt, ebenfalls in Verbin¬

dung mit einer ähnlichen Sage: „Die Greifen, sagt er, bewachen

im hohen Norden grosse Schätze an Gold ; aber mau sagt, die Ari¬

maspen, einäugige Männer, rauben es den Greifen"*). Den Greif

beschreibt Aelian aus Ktesias folgender Massen: „Der Greif ist ein

vierfüssiges indisches Thier; er hat die Klauen eines Löwen, sein

Rücken ist mit Flügeln bedeckt. Sein Vordertheil ist roth, die

Flügel weiss, der Hals blau. Sein Kopf und seiu Schnabel sind

wie die des Adlers. Er nistet auf den Bergen und wohnt in der

Wüste (offenbar der Wüste Gobi), wo er das Gold hütet" *). Dass

diese Sagen lange im Mund des Volkes lebten, sieht man aus einer

Stelle des Athenäus: Hipparch erwähne (150 vor Chr.) eineu per¬

sischen Teppich, iu welcheu persische Männer und persische Greife

eingewoben waren ''). Die angeführten Stellen aus Ktesias mögen

einen Begriff geben von diesen Wundergestalten, deren er selbst

noch viele hat und welche man bei vielen Alten, namentlich deu

Alexanderschriftstellern, ebenso findet. So erzählt z. B. Onesikritos

1) Was diesen von Ktesias bescliriebencn und so oft geringgescliätzten Wandergestalten eine hohe Bedeutung gibt, ist die voUliommene Uehereinstim¬

mnng derselben mit den grossartigen Bildwerlien in Persepolis, der heiligen

•Stadt der Perser, woraus aueh ihre religiöse Bedeutung hervorgeht. Diese Ueber¬

einstimmung hat Heeren Ideen etc. 1. Thl. S. 205—212 und 23S ff. sehr über¬

zeugend nachgewiesen; cfr. Beilage zum 2. Bde. Nr. IV. — 2) Ctes. Indic.

25. — 3) Aelian. Hist. Anim. XVI, 20. — 4) Herod. III, 116. •— 5) Aelian.

Hist. Anim. IV, 26. — 6) Athenaeus, Deipnos. XI, 7 §. 55.

(17)

nach den griechischen und römischen Quellen. 65

von ungeheuren indischen Sclilangen, 80 bis 140 Ellen lang');

Bäton, in einem grossen Thal des Imausgebirges sei eine Gegend,

Abarimon, in welcher Waldmenschen lebten, bei denen die Fuss-'

sohlen von den Beinen rückwärts ständen, aber von ausgezeichneter

Schnelligkeit *). Man sieht , wie die Griechen solche Sagen auch

ins Abgeschmackte trieben. Eine ganze Sammlung solcher Wunder

findet, wer Lust bat, in dem Pseudo-Callisthenes, wo Alexander

auf seinem Zug zu den Brahmanen '), also eben in diesem Land

der Mährchen, bald Menschenfresser findet, die wie Hunde bellen *),

bald Menschen mit sechs Händen und sechs Füssen und Hunds¬

köpfen *), bald Wunderbäume, die mit Aufgang der Sonne entstehen,

bis Mittag wachsen , dann wieder abnehmen und vergehen ''). Was

bei dem Versuch, diese Bäume abzuhauen, vor sich ging, ist bereits

erzäblt. Hierauf kam Alexander in ein I.and, wo gar keine Sonne

schien '); hier nahmen ihn ungeheure Vögel in die Luft, da sah er

eine grosse Schlange, welche einen Kreis bildete, und in der Mitte

der Schlange eine Tenne, und ein Vogel in Menschengestalt sprach

zu ihm: Erkennst du, was das ist? die Tenne ist die Welt, die

Schlange aber das Meer, welches die Erde umschliesst*). Auch

Namen von Ungeheuern, Hebdomadarion und Odontotyrannus, nennt

Alexander in einem Brief an Aristoteles Mag immerhin daran

viel griechische Dichtung und Uebertreibung sein, der Grundstock

davon ist jedenfalls persisch, wie aus einzelnen Zügen deutlich her¬

vorgeht. Zwei besonders interessante Mythen seien hier noch er¬

wähnt. Der erste ist folgender. Alexander führte mit Eurymithres,

dem Beherrscher der Beisyrer, Krieg. Die Völker desselben wurden

geschlagen und einen weiten Weg verfolgt bis zu zwei grossen Ber¬

gen; als sie nun da hineingegangen waren, verfolgte Alexander sie

nicht weiter; da er aber sah, dass die Berge geschickt seien, sie

einzuschliessen, betete er zu der Gottheit, dass die Berge zusam¬

mengehen und ihnen den Ausweg verschliessen möchten. Dies ge¬

schah sogleich und Alexander befestigte den Platz mit ehernen

Thoren. Alexander hatte aber 22 Könige sammt ihren Völkern

darein eingeschlossen und nannte die Thore kaspische i"). Einge¬

schlossen aber seien diese Völker worden wegen ihrer Unreinheit,

da sie Unreines assen, Hunde, Mäuse, Schlangen und Fleisch von

Leichnamen. Einen sehr anziehenden Mythus endlich hat uns

Chares von Mytilene aufbewahrt. „Hystaspes hatte einen jüngeren

Bruder Zariadres, beide waren nach der Sage der Landesbewobner

Söhne der Aphrodite und des Adonis. Hystaspes beherrschte Me¬

dien und das Land darunter (Persien?), Zariadres das Land über

1) Onesicritus frgm. 7 im Arrian von Dübner und Müller. — 2) Baeton frgm. 3 ebendaselbst. — 3) Pseudo-Callistli. II, 35 zeigt dies. — 4) ibid. II, 33. — 5) ibid. II, 34. — 6) ibid. II, 35. — 7) ibid. II, 37. -- 8) ibid. II, 41. — 9) ibid. III, 17. — 10) ibid. III, 26; vgl. einen ähnliehen Mythus bei Duncker II, S. 304; die Gegend des Demawend ist ganz dieselbe, wie die der kaspischen Thore, vrgl. Duncker S. 296 und 322.

Bd. XX. .'S

(18)

(JG Itapp , die Religion und Sitte der Perser utul iibrigen Iranier

den kaspischen Thoren bis zum Tanais. Der Ivönig der Marather

jenseits des Tanais aber, Omartes, hatte eine Tochter Namens

Odatis. Von dieser wird erzählt, dass sie den Zariadres im Schlaf

sah und sich in ihn verliebte, das Gleiche aber widerfuhr ihm mit

ihr, und seitdem sehnten sich beide nach einander. Odatis war

aber das schönste Weib in Asien und auch Zariadres war schön.

Zariadres liess nun bei Omartes um sie werben, dieser aber gab

sie als sein einziges Kind nicht einem Fremden. Aber kurz darauf

hielt Omartes ein Gastmahl , führte seine Tochter herein und hiess

sie einen der Anwesenden zum Gemahl wählen, indem sie ihm eine

goldene Schale mit Wein überreichen sollte. Sie aber wandte sich

weinend ab. Sie hatte jedoch dem Zariadres sagen lassen, dass

ihre Hochzeit bevorstände. Dieser kam, als Scythe verkleidet, bei

Nacht in den Pallast, trat ein und gab sich als Zariadres zu er¬

kennen. Darauf gab sie ihm die Schale, und er entführte sie, ohne

dass ihr Vater wusste, wohin. —• Diese Liebesgeschichte wird bei

den Barbaren Asiens mit ausserordentlicher Bewunderung gesungen,

und diesen Mythus malen sie in den Heiligthümern und im Königs¬

pallast, aber auch in Privathäusern, und viele Vornehme nennen

ihre Töchter Odatis" Dass dieser Mythus eine religiöse Bedeu¬

tung hat, ist damit ausgesprochen, dass er in den Heiligthümern

bildlich dargestellt wurde. Der Schlüssel zu diesem anziehenden

Räthsel ist uns aber leider verloren gegangen.

Auch einige kosmologische der persischen Anschauungsweise

angehörende Ideen haben uns die Alten aufbewahrt. Von der

pythagoreischen Darstellung der zwei weltbildenden Prinzipien bei

Hippolytus und der neuplatonischen bei Damascius und dem Werth

dieser beiden war schon die Rede. Der persischen Religion an¬

gemessener, welche zwischen einer geistigen und sinnlichen Welt

unterscheidet, vielleicht auch eine spezielle Hinweisung auf die

Lehre von den Genien, welche den Menschen wie den Naturgegen¬

ständen vorstehen,* ist eine Angabe bei Clemens *).- „Die barbarische Philosophie kennt eine intelligible und eine sinnlich wahrnehmbare

Welt, jene das Urbild, diese das Abbild jenes Musters; jene setzt

sie der Monas, die sinnliche der Hexas gleich." Die letzten Worte

sind unverständlich, sie stammen wohl aus der pythagoreischen

Zahlenlehre. Eine sehr grossartige Vorstellung von dem Weltall

und dessen oberster Lenkung linden wir aber in der scbon mehr¬

fach erwähnten Darstellung des Dio Chrysostomus Er schreibt

die darin enthaltenen kosmologisr.hen Ideen ausdrücklich und wie¬

derholt den Magiern zu; so entschieden aber auch ein guter Theil

davon mit griechischen Vorstellungen zersetzt ist, so ist doch nicht

1) Chares von Mytilene , in Diihner und Müllers Arrian ; er war ein Be¬

gleiter Alexanders und ein zuverlässiger Geschichtsschreiber. — 2) Clemens Alex., Stromat. V p. 593 C; unter der harbarischen Philosophie versteht er immer die persische, vgl. Strom. V p. 592. - 3) Dio Chrysost. orat. XXXVI.

(19)

'iMch den griechischen und römischen Quellen. 67

zu verkennen, dass ganz eigenthümlich persische Anschauungen

darin enthalten sind. Theils jene Vermischung mit griechischeu

Elementen, theils der phantastische Charakter macht dieSen Ab¬

schnitt oft sehr unverständlich. Von der langen Darstellung möge

es genügen, einige bedeutendere Gedanken herauszuheben. Die

Magier besingen den höchsten Gott, Vater und König, als den voll¬

kommenen und ersten Lenker des vollkommensten Wagens. Der

Wagen der Sonne, sagen sie, sei, mit jenem verglichen, jünger, aber

der Menge wohl bekannt, da seine Bewegung in die Augen falle;

dieser werde auch von den Dichtern allgemein besungen. Den

starken und vollkommenen Wagen des Zeus aber hat noch keiner

unserer Dichter würdig besungen, weder Homer uoch Hesiod, son¬

dern uur Zoroaster uud die Söhne der Magier, welche es vou jenem

gelernt haben, besingen ihn. Der Inhalt dieser Gesänge ist: es

gibt nur Eine Führung und Lenkung des Alls, welche von der

höchsten Weisheit und Stärke immer bewirkt wird, unaufhörlich in

unaufhörlichen Zeitperioden. Die Umläufe von Sonne und Mond

sind aber nur Bewegungen von Theilen, von der Bewegung und

dem Umschwung des Alls dagegeu versteht die Menge Nichts und

kennt nicht die Grösse' dieses Getriebes. Die Welt geht also >m

Perser nicht auf in ücm sichtbaren Himmel mit seinen Köriiern,

sondern er schaut diese nur als einen Theil des unendlichen Welt¬

raumes an, der unter der Oberleitung des Ormuzd steht. Hiwauf

folgt eine lange Beschreibung der allegorischen Bilder, in welchen

die Magier die Weltbewegung anschauen. Der Grundgedanke davon

ist: das Weltall ist ein Viergespann, bestehend aus vier Rossen

von immer aufsteigender Schnelligkeit, welche sich so bewegen, dass

das äusserste und erste den grössten Kreisbogen beschreibt, das

zweite einen kleineren, das vierte aber sich auf dem Platz dreht.

Das erste, grösste und stärkste gehört dem Zeus und strahlt vom

reinsten Lichtglanz (der Himmel mit den glänzenden Himmelskör¬

pern) ; das zweite , sanft und zart , an Schnelligkeit jenem nach¬

stehend, gehört der Hera (der irdische Luftkreis); das dritte noch

langsamere dem Poseidon (also das Meer) ; das vierte ist starr,

hartnäckig und unbeweglich und gehört der Hestia (die Erde). Vor

langer Zeit aber setzte eiue starke Beklemmung, welche das erste

als das muthvolle beliel, die andern in eine solche Hitze, dass diese

dem vierten (der Erde) die Mähne und seinen ganzen Schmuck

verbrannten — also ein Weltbrand. Eiu ander Mal aber wurde

das Ross des Poseidon scheu und gerieth in eine solche Angst,

dass es mit seinem Sehweiss das vierte ganz überschwemmte —

also eine grosse Fluth. — Das Ross des Zeus aber als das stärkste

und vou Natur feurig habe alle andern in sich aufgezehrt und das

ganze Wesen aller in sich aufgenommen *), und es sei dann viel

stärker und glänzender, auch viel stolzer gewesen und habe nun

1) xrjv ovoiav navrotv nttaav eii nvrnv avnXnßnvjn.

5*

(20)

(58 Itapjl, die Religion und Sitte der Perser und übrigen Iranier

einen noch grösseren Raum eingenommen. Wenn die Magier, sagt

Dio, bis dahin in der Erzählung gekommen sind, so scheuen sie

sich, die Natur des Thiers noch dieselbe zu nennen. Denn das

Ross sei alsdann geradezu die Seele des Rosselenkers und Gebie¬

ters oder vielmehr das Denkende und Leitende der Seele selbst.

Dieser votg, welcher nun die ganze Welt ausfüllt, sehnt sich nach

einer Schöpfung. Nachdem er die Welt hat aus sich hervorgehen

lassen, bildet und formt er sie und alle einzelnen Wesen darauf,

und stellt die Welt als eine unbeschreiblich wohlgestaltete und

schöne hin, viel glänzender, als wie sie jetzt erscheint „strahlend

und durchglänzend und an allen Theilen hellleuchtend, keine Zeit

aber unmündig und scbwach nach Art der menschlichen und sterb¬

lichen Schwachheit der Natur, sondern sogleich jugendlich und

kräftig von Anfang an." Namentlich die letzte Anschauung ist ächt

iranisch. — Persische Vorstellungen aus späterer Zeit enthält viel¬

leicht auch das, was Celsus von den sieben Himmelsthoren auf den

sieben Himmelsleitern berichtet, welche er mit den sieben christ¬

lichen Himmeln vergleicht. Diese Vorstellungen sind aus deu

Mithramysterien genommen und die sieben Thore nach den fünf

Planeten und Sonne und Mond benannt

n. Der Kultus.

1) Die Priesterschaft.

Die Priester der von Zoroaster gestifteten Ormuzdreligion

waren nach den einstimmigen Berichten der alten Schriftsteller die

Magier. Sie waren als Schüler und Nachfolger Zoroasters, des

ersten Magiers, im Besitz der zoroastrischen Religionslehre und sie

übten den heiligen Dienst der Gottheiten dieser Religion aus. Der

Ruhm einer aussergewöhnlichen, übermenschlichen Weisheit, in wel¬

chem Zoroaster stand, ging daher auch auf sie über, und wenn von

Zoroaster immerhin nur die beleseneren und gelehrteren Griechen

etwas wussten, so war dagegen der Name der Magier in Aller

Munde, uud von den griechischen Schriftstellern wird raan wenige

finden, in welchen ihrer nicht in irgend einer Weise gedacht wäre.

Mit welchem Heisshunger die Griechen nach Allem griffen, was den

Namen der magischen Wissenschaft trug, oder ihr nur ähnlich sah,

haben wir uns schon von Plinius treffend schildern lassen; die

ganze alte Welt war von Bewunderung erfüllt für die Weisheit

dieser Priester — und doch, wie viele Griechen und Römer hatten

eine nur annähernd richtige Vorstellung von dem, worin ihre eigent¬

liche Weisheit bestand! Wenn nun die zoroastrische Lehre von

1; Origenes c. Cels. VI , 22; vrgl. hierzu die 7 Himmel in dem Ardäl- Virnf-nämc hei Spiegel. Tradit. Literat, der Parsen S. 12.'S ff.

(21)

nach den griechischen und römischen Quellen. 69

den Alten, namentlich von den genauer Unterrichteten, wie von

Theopomp, an den Namen der Magier geknüpft nnd als Lehre der

Magier bezeichnet wird, so ist dies nieht so zu verstehen, als ob

dies eine blos den Magiern angehörende Lehre, eine Art Geheim¬

lehre, gewesen wäre, vielmehr wird bei den alten Schriftstellern

von den Einen als ein magischer Lehrbegriff bezeichnet, was die

Andern für einen Bestandtheil des persischen Glaubens erklären.

Es soll damit nur das ausgedrückt werden, dass den Magiern die

zoroastrische Religion auf besondere Weise angehört habe, insofern

sie als die Priester im Gegensatz zu den Laien ihre Religion ge¬

nauer, vollständiger und im Sinn der Griechen wissenschaftlich er¬

kennen. So sagt Porphyrius: „bei den Persern werden die, welche

ura die Gottheit wissen und ibr dienen, Magier genannt; dies be¬

zeichnet nämlich Magier nach der einheimischen Sprache" >). Mit

der gleichen Hochachtung spricht auch der Römer Apulejus von

der Magie, „sie sei die von den unsterblichen Göttem geoffenbarte

Kunst, ihnen zu dienen und sie zu verehren, eine fromme, des

Göttlichen kundige Wissenschaft, seit ihrer Stiftung durch Zoroaster und Oromazes berühmt , eine Oberpriesterin der Himmlischen"

Ihre praktische Bestimmung, dass sie die Priester sind, stellt Dio¬

genes Laertius in den Vordergrund, der ihren Unterschied von den

sterndeutenden Chaldäern darein setzt, dass sie sich mit dem Dienst

der Götter beschäftigen, mit Opfer nnd Gebet, indem sie glauben,

sie würden allein erhört. Dabei stellten sie aber, sägt er, auch

Lehren über das Wesen und den Ursprung der Götter auf*).

Plato endlich bezeichnet die zoroastrische Magie ausschliesslich als

Dienst der Götter*), und ebenso an einer andern Stelle Apulejus *).

Diese ihre priesterliche Thätigkeit ist es auch, welche uns hier be¬

schäftigt; durch diese allein nehmen sie eine besondere Stellung

im Volk ein, während sie den Glauben'mit ihren Landsleuten ge¬

mein haben.

Es fragt sich nun, wie sich jene Stellung der Priesterschaft,

ihr Verhältniss zum iranischen Volk und den Laien näher bestimmt?

Vor Allem ist daran zu erinnern, dass die Magier überall nur als

die Priester bei den Medern und Persem vorkommen, von Priestern

der übrigen iranischen Völker erfahren wir nichts. Die roheren

Stämme, welche wir mit Strabo unter dem Namen Arianer zusam¬

menfassen können, hatten, wenn auch im Ganzen dieselben religiö¬

sen Vorstellungen, doch wahrscheinlich einen weniger ausgebildeten

Kult, vielleicht ohne besondere Priesterschaft. Baktrien aber, wel¬

ches an Bildung den übrigen iranischen Ländern voranging, und

dazu die Wiege des Ormuzdglaubens, hatte gewiss eine eigene

1) Porphyrius de abstinent. IV p. 16 ed. Nauck. — 2) Apulejus de^agia

XXVI ed. Hildebrand. — 3) Diogenes Laert. Prooem. Sgm. 6. — 4) Plato

Alcib. I, p. 122 A. /layeiav StSnrnte'. tjjv ZroQoaoTQOv rov '£2qOfin^ov- i'art Se rovro 'J^etöv d-sQaneCa. — 5) Apulejus de Mag. XXV, Persarum lingua Magus est, qui nostra saeerdos.

(22)

70 Rapp , die Religion und Sitte der Perser und übrigen Iranier

Priestersehaft, nach welcher wir aber vergeblich in den Nachrichten

der Alten suchen Wir müssen uns also bescheiden, diese Nach¬

richten und die daraus zu entnehmenden Ergebnisse blos für den

Westen Irans gelten zu lassen, und in Beziehung auf den Osten

unsere gänzliche Unkenntniss hierin aussprechen. Dass diese west¬

lichen Priester einen eigenen Stand bildeten, ist in deu angeführten

Zeugnissen deutlich vorausgesetzt und geht auch, wie wir seheu

werden, schon aus ihrem äusseren Auftreten und ihrer besonderen,

von den Laien sich unterscheidenden Lebensweise hervor. Wie hat

man sich aber diesen Stand zusammengeS|etzt zu denken? war der

Magier blos durch seinen Beruf und durch die besondere Ein¬

weihung in denselben von seinen Landsleuten getrennt, oder war

die Kluft durch das natürliche Band des Bluts eine unüber-

steigliche, waren die Magier ein besonderer Stamm? Das Letztere

sprechen die ältesten und gewichtigsten Zeugnisse entschieden aus,

und noch in späterer Zeit wissen einige Schriftsteller davon. Hero¬

dot führt die Magier ueben vier andern, Parätacenern u. s. w., als

ein Geschlecht der Meder auf*), und diese Angabe steht bei ihm

^nicht vereinzelt, so dass man sie etwa für eiuen zufälligen Irrthum

halten könnte, sie wird bestätigt durch die Geschichte des Magier¬

aufstands, welcher, wie Heeren gewiss richtig gesehen hat'), nicht

als ein hierarchischer Versuch der Magier anzusehen ist, sondern

die Wiederherstellung der medischen Herrschaft bezweckte. So fasst

es Kambyses selbst auf, wenn er auf seinem Todtenbett die Perser,

uamentlich die Achämeniden, beschwört „die Hegemonie nicht wie¬

der an die Meder kommen zu lasseu" *); und ebenso der Perser

Gobryas, wenn er sagt: „als wir Perser beherrscht wurden von

einem Meder, dem Magier" *). Mit den Magiern kommen auch die

Meder zur Herrschaft; dies wird hier als so selbstverständlich an¬

genommen, dass es kein Zufall gewesen seiu kann, ob jener Magier

gerade ein Meder war, sondern er war als Magier auch ein Meder.

Xenophon ferner schreibt dem älteren Kyros die Uebertragung des

Magierinstituts ,und ihres Cultus vou den Medern auf die Perser

zu *). Wenn diese Angabe auch gar keinen historischen Werth hat,

so sieht man daraus jedenfalls das, dass raau zu Xenopbons Zeit

in Persien des Glaubens war, dass die persischen Priester ursprüng¬

lich nichts Anderes als medische Magier waren. Strabo zählt die

1) Clomens Alex., Stromat. I p. 305 stellt mit deu Clialdäern bei den Assyrern und den Magiern bei den Persern die Samanäer bei den Baktrern in gleiche Linie als die Philosophen dieses Volks. Da er aber die Gymnosophisten der Inder in Sarmaneii, Brachmanen und Buddhisten eintheilt, so sind die Namen Samanen und Sarmanen wohl identisch , ohne Zweifel die indischen Zraraaiia, der Name der buddhistischen Mönche, welche ja in Baktrien bedeutende Klöster hatten. Auch an die Schamanen der altaischen Völker könnte man denken, was aber eben von Zramana herkommt. Es waren also keinesfalls Ormuzd- priester. ^ 2) Herod. I, 101. — 3j Heeren Ideen etc. 1. Thl. S. 412. — 4) Herod. III, 65. — 5) Herod. III, 73. - 6) Cyrop. VIU, 1, 23.

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