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DER XV. DEUTSCHE ORIENTALISTENTAG

GÖTTINGEN 1961

Der XV. Deutsehe Orientahstentag war von der Deutschen Morgenlän¬

dischen Gesellschaft für die Zeit vom 30. Juli bis zum 3. August 1961 nach

Göttingen einberufen worden. Es fanden sich 501 Teilnehmer; darunter

118 Ausländer sowohl aus Nachbarländern wie aus dem Nahen und Fernen

Osten. Erfreulicherweise waren in größerer Zahl Nachwuchskräfte vertreten,

die in sämtlichen Sektionen bevorzugt zu Wort kamen. Dank Zuschüssen aus

Bundes- imd Landesmitteln konnte ihnen die Teilnahme erleichtert oder

ermöglicht werden. Am Abend des 30. Juli begrüßten die ansässigen Orien¬

talisten die eingetroffenen Teilnehmer. Die Tagung wmde am Montag, dem

31. Juli, in der Pauliner Kirche, dem größten Hörsaal der Universität, dmch

den ersten Vorsitzenden der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft er¬

öffnet und von Vertretern der Universität und der Stadt Göttingen begrüßt.

Herr Mobenz, Leipzig, hielt den Festvortrag über ,, Ägyptische National¬

religion und griechisch-römische Isismission". Nachmittags begannen die

Referate und Vorträge in den zehn Sektionen. Am Dienstag, dem 1. August,

fand am Nachmittag die Mitgliederversammlung der Deutschen Morgenlän¬

dischen Gesellschaft statt. Im Anschluß daran empfing die Stadt den Vor¬

stand und eine größere Zahl von Teilnehmern aus dem Ausland. Abends

trafen sich die Teilnehmer in der Gaststätte Röhns zu Deklamationen von

Dichtungen Tagores (Schauspieler Walteb Bäumeb), Darbietungen der

indisehen Tänzerin Minati Das und der koreanischen Sängerin Jono-

Whan Choi. Am Donnerstag unternahmen die Teilnehmer einen gemein¬

samen Ausflug zum Kaiser-Wilhelm-Park oberhalb Göttingens. Für den

Orientalistentag zeigte die Niedersächsische Staats- und Universitätsbiblio¬

thek Bestände orientalischer Handschriften aus der Geschichte der Göttinger

Orientalistik. Die Ausstellung wmde am Dienstag, dem 1. August, mit einer

Einführung dmch Herrn De. Wohlgemuth, Göttingen, eröffnet. Von den

150 gehaltenen Referaten sind 85 Manuskripte und Inhaltsangaben ein¬

gegangen. Die Veröffentlichung eines Teiles der Manuskripte ist durch eine

besondere Zuwendung des Bundes-Innenministeriums ermöglicht worden.

Ein vollständiger Abdruck war dagegen wegen des erheblichen Gesamtum-

fanges nicht möglich ; ein Teil der ausführlichen Referate wird jedoch vor¬

aussichtlich in den kommenden Heften der ZDMG erscheinen können.

INHALTSANGABEN DER VORTRÄGE UND REFERATE

(Die mit * versehenen Referate erscheinen demnächst in der ZDMG.)

Sektion I : Ägyptologie

Sieofbied Mobenz, Leipzig: Ägyptische Nationalreligion und griechisch¬

römische Isisniission. Text S. 433.

Wolfgang Mülleb, Berlin: Der Neuaufbau des Berliner Ägyptischen

Museums und der Papyrussammlung.

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Steffen Wenig, Berlin: Die Rückführung von Sammlungsbesiänden des Berliner Ägyptischen Museums und ihre Neuaufstellung.

Hanns Stock, Kairo: Arbeiten in Nubien.

In diesem Referat wurde die Entwicklung der ägyptischen und der

UNESCO-Pläne hinsichtlich der Rettung der nubischen Altertümer be¬

schrieben, soweit dies in der Kürze der Zeit möglich war.

Das Deutsohe Archäologische Institut in Kairo hat sich als erstes Aua¬

landsinstitut angeboten, der ägjrptischen Altertümerverwaltung in Nubien

beizustehen. Nach einer Voruntersuchung wurde das Gebiet flußabwärts

vom Tempel von Amada vorgeschlagen und seit 1959 in zwei kleinen und einer

größeren Kampagne erforscht. Das Hauptgewicht der Arbeit lag in der Frei¬

legung und Aufmessung des Aufwegs zum Amada-Tempel selbst, den 1929

W. Emeby angeschnitten hatte, in der Untersuchung einer größeren rö-

misch-nubischen Siedlung sowie von C-Gruppenhäusern, und in der Auf¬

nahme von Felsinschriften der Gegend. Dabei kamen Teile eines Friedhofes

der 18. Dyn. und leere Vorratsgruben zum Vorschein. Der Friedhof der

römisch-nubischen Siedlung konnte nicht festgestellt werden, er liegt wohl unter einer gewaltigen Düne hinter den Häusern.

Die Siedlung selbst enthielt wenigstens 10 Komplexe mit zahlreichen Einzel¬

räumen, Ställen und Vorratskammern. Die Steinbauweise entspricht fast

genau der modernen nubischen Sitte. Lehmziegel sind kaum festgestellt

worden, so daß an Strohdächer gedacht worden muß. Die Funde in den

Räumen beschränken sieh auf sehr einfaches Steingerät und eine größere

Zahl von hohen Vorratsgefäßen, runden Kochkesseln usw. Ein Felsblook

mit zahlreichen Inschriften ist infolge Überlagerung der Texte und Ver¬

witterung des Gesteins äußerst schwer zu lesen. — Am Schluß wurde der

geplante weitere Beitrag der BRD an der Rettungsaktion in Nubien skiz¬

ziert, nämlich die vorgesehene Ausgrabung des Friedhofes von Gebel Adda

imd die Verlegung des ganzen Tempels von Kalabsha an einen Platz wenig

südlich des in Bau befmdlichen Hochdammes von Aswan.

Dieteb Abnold, München: Tempelanlagen der 18. Dynastie.

Die Tempelanlagen der 18. Dynastie nehmen in der Gesehichte ägyp¬

tischer Kunst und Architektm längst einen festen Platz ein. Dagegen ist

über die Funktion ihrer Höfe, Gänge und Kammern im Kult und damit

über die Bedeutung der ganzen Anlage noch wenig bekannt.

Die Grundrisse dieser Heiligtümer lassen sich — wie es zunächst scheint —

nm schwer miteinander vergleichen und die Bezeichnungen „Säulensaal,

Pronaos" oder ,, Sanktuar", wie sie sich in der Wissenschaft eingebürgert

haben, sind nicht ohne Willkür auf bestimmte Räume anzuwenden. So sieht

sich der Betrachter nach anderen Orientierungshilfen um. Eine solche bietet das Wandrelief.

In reicher Fülle ist der ursprüngliche Bildzusammenhang noch heute in

den Tempeln des Ptah von Karnak, Amun von Medinet Habu, Reharaohte

und Amunre von Amada, Horus von Buhen und Chniun von Kummeh be¬

wahrt. Der Betrachtung ihrer Wandreliefs gilt die folgende Abhandlung.

Eine Übersicht über die einzelnen Bildthemen zeigt, daß in jenen

Kammern, die jeweils am Ende der genannten fünf Tempel in der Tiefe des

Baues liegen, Szenen dominieren, die nach Titel und Handlung das soge¬

nannte „tägliche Ritual" illustrieren (überliefert u.a. in den Hierat.Papyri

der Staatlichen Museen zu Berlin 3055 und 3014 mit 3053): Die Reinigung

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Der XV. Deutsche Orientahstentag Göttmgen 1961 377

der Kultstatue mit Natron, Weihrauch und mit Wasser aus den vier nemset-

imd deschret-Krügen, das Darbringen von Stoffen und Schminken und die

Bekleidung und Salbung des Götterbildes. Die Häufung dieser Szenen (die

in vorderen Tempelräiunen nicht zu beachten ist) kann nur bedeuten, daß

die Kultstatue, an die sich solche Riten richten, in diesen Kammern auf¬

bewahrt wurde. In zwei zentral gelegenen Räumen der Tempel von Medinet

Habu und Buhen findet sich an den Seitenwänden die Darstellung einer

Götterbarke, die auf ihrem Sockel ruht. In diesen Räumen stand, wie auch

architektonische Überlegimgen bekräftigen, die Tragbarke der jeweiligen

Gottheit.

Die Kultbildkammern öffnen sich auf ein bis zwei hintereinanderge¬

schaltete Vorräume, deren Bildprogramm sich deutlich dem Thema „Dar¬

bringen der Opfergaben" unterordnet. Entsprechende Vorräume in ptole¬

mäischen und römischen Tempeln werden inschriftlich als ,,Saal des Opfer¬

tisches" bezeiehnet, so daß kein Zweifel daran bestehen kann, daß hier der

Gottheit die Opferspeisen geweiht wurden. Vermutlich öffnete man dabei

die Tür zur Kultbildkammer, so daß die Kultstatue in ihrem Sehrein die

Opfer empfangen konnte. An diesen Speisungen nahmen auch die Bilder

des Königs mid anderer Götter teil, die im Tempel nur als Begleiter der

Gottheit verehrt wurden. Solche Statuen haben sich in einigen Opfervor¬

räumen gefunden. Dieser Funktion des Raumes, als Versammlungsort der

Götterneunheit, wird die ptolemäisch überlieferte Bezeichnung ,,Saal der

Götterneunheit" gerecht.

Wieder eine andere Aufgabe erfüllt eine kleine Kammer in der Nordost¬

ecke des Tempels von Medinet Habu. An ihren Seitenwänden ist ein lun-

mutef abgebildet, der vor dem thronenden König Riten vollzieht. Die Dar¬

stellung eines Königs, der nicht selbst den Kult ausübt sondern ihn empfängt, kennzeichnet vor allem sogenannte „Sakristeien". Hier wird der Priester ge¬

reinigt und eingekleidet bevor er den Tempel betritt, um den Kult auszu¬

üben. Vielleicht diente auch der nördliche Seitenraum des Buhentempels

diesem Zweck ; liegt er doch wie in Medinet Habu außerhalb der eigentlichen Kulträume und ist von außen leicht zu erreichen.

Somit hat sich aus der anfangs unübersehbar scheinenden Zahl von

Räumen eino Gruppe herausgelöst, die sowohl nach ihrer Lage im Zentrum

des Baues als auch nach ihrer kultischen Funktion eine Einheit bilden, den

Grundbestand eines Heiligtums rait bescheidenem Kultbetrieb. In diesem

Teil des Tempels sind die Wandbilder deutlich auf die Funktion der ein¬

zelnen Rämne bezogen.

Vor und neben den erwähnten Bauteilen liegen größere Räume und Hallen,

deren Abmessung und Anzahl in den einzelnen Tempeln variiert. Es sind

<Jie — an anderer Stelle — ,,Saal des Erscheinens des Gottes" oder ,,Fest- saal" genannten Anlagen, in denen Feste gefeiert werden, deren Ablauf uns

im einzelnen nicht bekannt ist. Darstellungen von Barkenprozessionen oder

Inthronisationsriten des Herrschers deuten nur stichwortartig den Charakter dieser Feste an.

Den betrachteten thutmosidischen Tempeln soll noch das Heiligtum

Amenhoteps III. von Luxor gegenübergestellt werden, mu daran die Be¬

sonderheit der älteren Anlagen zu verdeutlichen.

Szenen aus dem Berliner Ritualbuch kennzeichnen wiederum den hin¬

tersten Raum (in der Mittelachse des Baues) als Standort des Kultbildes.

Hier thronte das überlebensgroße Sitzbild des Amunre. Davor liegt ein

riesiger, quergerichteter Säulensaal, dessen Rückwand große Opferdarstel-

(4)

lungen tragen. Es ist der Opfersaal des Kultbildes. An allen Seiten umgeben ihn die Kultstätten der „Gastgötter". Aus Statuennischen und Vorräumen gebildet, stellen sie jeweils selbständige Heiligtümer dar. Diente somit der

hintere Teil des Luxortempels Amunre und seinem Gefolge als Wohnung,

so wmde in den vorderen Bäumen am Opetfest der Besuch der Barke des

Amunre von Karnak gefeiert. Sie stand, wie die Wandbilder zeigen, im

hintersten Raum des vorderen Raumkomplexes. Die Wandreliefs des davor-

gelegenen Saales bilden wieder Weihungen von Opfergaben ab und weisen

dadurch den Raum als Opfersaal aus. Den vordersten Teil des Baues nehmen

zwei gewaltige Säulensäle ein. Daneben hegen die Barkenrämne des Chons

und der Mut. Das Eckzimmer des Achtsäulensaales mag eine Sakristei ge¬

wesen sein.

Im Gegensatz zu den zuvor betraehteten thutmosidischen Heiligtümern

ist der Grundriß des Luxortempels streng axialsymmetrisch angelegt. War

dort der Blick auf das Kultbild durch einen gebrochenen Zugang verhindert so wird hier die Götterstatue in die Mittelachse, in den Blickpunkt gerückt.

Wenn auoh das Schema des Luxortempels imd der in ramessidischer Zeit

ihm folgenden Heiligtümer bereits in der 12. Dynastie in der Kapelle von

Medinet Mädi und vielleicht schon früher Vorläufer besitzt, wird es kein

Zufall sein, wenn es in der gleichen Zeit seine Blüte erlebt, in der auch die

Gräber der Könige nieht mehr reehtwinklig gebrochene sondern gerade¬

gestreckte Gangsysteme entwickeln. Daß solare Vorstellungen, wie sie sich

in der Form der Königsgräber ausprägen, auch den Tempel beeinflußt haben, läßt sich vermuten.

Herbebt Ricke, Kairo : Ausgrabungen 1961 zwischen Dehmit und Bet

, , el Wali.

f ; (/^ /

V' Die joint expedition des Oriental Institute der Universität Chioago und

des Schweizerischen Instituts für ägyptische Bauforschung und Alter¬

tumskunde in Kairo hat im Winter 1960—61 zwei Ziele verfolgt. Als erstes

sind im Felstempel Bet el Wali bei Kaiabsohe die Wandbilder und Inschriften

durch den Epigrafic Survey des Chicago House Luqsor nach bewährter

Methode facsimile gezeichnet worden als Ergänzung zu den von Roedeb

1908 aufgenommenen und veröffentlichten Photographien. Der Tempel ist

dazu genau vermessen worden. Zu seiner Baugeschichte ist nachzutragen,

daß der sogenannte Vorhof mit einer großen Ziegeltonne überdeckt war.

Als der Tempel in eine christliche Kirche umgebaut wurde, hat man die

eingestürzte Tonne dmch zwei Kuppeln ersetzt, jede in einer Form zwischen Stutz- und Stützkuppel.

Als zweites Ziel der Expedition sollten in der 25 km langen Konzession

zwischen Kbor Dehmit und Bet el Wali alle antiken Reste aufgesucht und

ausgegraben werden, die über dem jetzigen Höchstwasserstande liegen. Es

wurden mehrere Friedhöfe untersucht imd etwa 500 Gräber der X-Gruppe

freigelegt, alle beraubt; dabei wmden Tongefäße mit bisher unbekannter

Ornamentik gefunden. Am Gebel Khor Abu Seneh westlich in der Wüste

bei Kaiabsehe wurde eine Gruppe von monumentalen Gräbern mit Ober¬

bauten aus trocken aufgeschichteten Bruchsteinplatten entdeckt. Es handelt

sich anscheinend um Fürstengräber der Nobatai oder der Blemyes. Im Ober¬

bau eines dieser Gräber wmde ein römisches Trinkgefäß gefimden, vollständig

erhalten bis auf den Fuß, 27,5 cm hoch mit einem Dmchmesser von 8 cm,

mit eingesohliffener griechischer Inschrift und in Streifen angeordneter

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Der XV. Deutsohe OrientaHstentag Göttingen 1961 379

Strichdekoration. Das Glas ist an das Ende des 3. Jahrhunderts n. Ch. zu

setzen und stammt wohl aus einer Kölner Werkstatt. Es wird bei einem der

häufigen Überfälle der nubischen Nomaden auf Syene in den Besitz ihres

Fürsten gekommen soin.

Auf der westhchen Höhe über dem Bab Kalabsche wurde eine Gruppe von

drei römischen Gebäuden ausgegraben, die imter der Bezeichnung „Berg¬

kapelle" bekannt ist, aber noch nie freigelegt und imtersucht worden ist. Der

mittlere Bau ist der älteste, er ist mehrfach umgebaut worden, zuletzt in

eine koptische Kirche. Ursprünglich war er eine Kapelle der Isis, die die

Schiffahrt durch das gefährliche Bab Kalabsche beschützt haben mag. Die

von Roedeb hier im Schutt gefundene Isisstatue könnte als Kultbild in

dieser Kapelle gestanden haben, in deren Boden Opfertafeln mit dem Symbol

der „Isisblume" gefunden worden sind. Die beiden größeren Gebäude sind

auf die Kapelle ausgeriehtet. Sie haben gutgefügte Sandsteinfundamente bzw.

-sookel, die Mauern aus ungebrannten Ziegeln stehen hoch an, die para¬

bolischen Gewölbe sind eingestürzt. Beide Gebäude enthalten an den Innen¬

wänden entlang gebaute Klinen, die für den Inkubationsschlaf gedient

haben werden; Isis war in römischer Zeit auch Heilgöttin.

Nördlich vom Bab Kalabsche und westlich von der römischen Militär¬

station Taphis, dem heutigen Taifa, wurden am Ende eines Wüstentales die

Reste einer Kapelle und deren Vorgelände ausgegraben. Die Kapelle ist zur

Hälfte aus dem Fels ausgehauen, die gebauten Teile sind vollständig abge¬

tragen worden, doch läßt sich aus Bruchstücken von Architektmteilen die

einstige Form zmüokgewinnen. Die Kapelle war das Ziel von Prozessionen,

die vom Isistempel in Taphis ausgegangen sind; der Prozessionsweg läßt

sich an seinen aus dem Felsboden ausgehauenen Stufenläufen noch heute

erkennen.

Innerhalb der Konzession sind drei Fluohtdörfer aufgefunden worden.

Die Häuser für Menschen und Vieh sind aus Bruchsteinen gepackt. Das

best erhaltene Dorf wurde aufgemessen. Als letzte Arbeit wmde südlieh vom

Bab Kalabsche auf einer Bergkuppe (heute Insel im Stausee) ein Dorf mit

starken Befestigimgen aus christlicher Zeit ausgegraben.

Elmar Edel, Bonn : Bericht üher den Stand der Arbeiten auf dem Gräherherg

bei Assuan.

Labib Habachi, Kairo: Neue Entdeckungen in Ägypten. Text S. 436.

Fbitz Hintze, Potsdam : Ausgrabungen im Sudan.

Peteb Kaplony, Heidelberg: Zwei neue Götterfestungen der ägyptischen

Frühzeit.

In dem Referat wird das Verhältnis zwischen Gottespalast und Götter-

festimgen der archaischen Zeit Ägyptens untersucht.

Es gibt nur einen Gottespalast, der im Alten Reich meist den Zusatz

„Oberägyptischer Gottespalast" erhält. Aufgrmid seiner Zugehörigkeit zum

König ist der Gottespalast ein Gebäude der Residenz, in dem die ober¬

ägyptische Kronengöttin Neohbet wohnt. Sie kann bei bestimmten Festen

die imterägyptische Kronengöttin Uto als Gast aufnehmen. Dadmeh wird

der Charakter des Gottespalastes als Residenz-Gebäude unterstrichen. Von

einem gewissen Zeitpunkt an sind Residenz und Gottespalast in Memphis

zu suehen. Demzufolge werden in den Gottespalast auch memphitische

Götter wie Ptah und Apis ausgenommen, und zusammen mit dem Gottes-

(6)

palast das memphitisehe Gebäude der Götterfestung nmtwt-ntrw „Pro¬

zessionen der Götter" erwähnt.

Die Lage der Götterfestungen ist bisher unbekannt gewesen, läßt sich

aber jetzt durch die neue Inschrift aus einer Schweizerischen Privatsammlung

in Memphis bestimmen. Dieser Text nennt die Götterfestung nmtwt-ntrw

„Prozessionen der Götter" im memphitisehen Gau.

Im Gegensatz zum Gottespalast existiert kein abstrakter Begriff ,, Götter¬

festung"; vielmehr gibt jeder König bei seinem Regierungsantritt der

Götterfestung einen neuen Namen. Zu den bisher bekannten vier Namen

von Götterfestmigen imr-ntrw ,, Gefährte der Götter" des Königs Shtj,

iswt-ntrw ,, Sitze der Götter" des Königs Dwn, qsw-ntrw ,, Hügel der Götter"

des Königs Qi-' und seines ephemeren Nachfolgers snfr-ki, und qbh-ntrw

,, Libation der Götter" vom Beginn der 3. Dynastie können wir nun von

einem Lehmverschluß hwt-ntrj-ntrw ,, Natronhaus der Götter", den Namen

der Götterfestung des Nj-ntr und von der oben erwähnten Inschrift nmtwt-

ntrw ,, Prozessionen der Götter" hinzufügen. ,,Die Prozessionen der Götter"

ist vielleicht der Name der Götterfestung des Königs 'nd-ib.

Durch den Wechsel des Namens sind die Götterfestungen besonders stark

mit dem herrschenden König verbimden, der bei seinem Regierungsantritt

mit den versammelten Göttern einen neuen Bund eingeht. Vermutlich be¬

herbergt der Gottespalast im Alten Reich auch die von auswärts zu Besuch

kommenden Götter und verdrängt damit die Götterfestung, deren Aufgabe

dies msprünglich gewesen ist.

Webner Kaisbb, Heidelberg : Zur Bedeutung einiger Hebsed-Bilder des Ne-

user-re.

Hellmut Bbunneb, Tübingen: Zur Deulung des Spruches 312 der Sargtexte.

Text S. 439.

Philippe Derchain, Heusy-Verviers : Die Bedeutung des ptolemäischen

Felstempels von Elkab.*

Michel Malinine, Paris: Ä propos d'un document ptoUmaique inidit

relatif au culte d'Amenothes, fds de Hapou.

Wolja Erichsen, Kopenhagen : Neue demotische Papyri aus Hawara.

Ursula Kaplony, Heidelberg : Die demotischen Tempeleide.

Seit Beginn des II. Jahrhunderts vor Christus bis ziu frühen Römerzeit,

also über rund zweihundert Jahre, pfiegt man in Theben und Gebelen Strei¬

tigkeiten vor Gericht mit einem prozeß-entscheidenden Tempeleid zu be¬

enden und in der Verhandlung den Wortlaut und das zweizüngige Urteil

aufzuzeichnen. Die Verwendung des billigen Ostrakon, die Angaben des

Regierungsjahres ohne Herrscher, die Beschreibung der Streitparteien ohne

Titel lassen darauf schließen, daß die Aufzeichnungen in einem späteren

Verfahren nicht als Beweisstück vorgelegt werden können. Wir möchten

vermuten, daß dieser Rechtsbrauch des prozeß-entscheidenden Tempeleides

schon längere Zeit in der einheimischen Bevölkerung in Oberägypton geübt

worden ist, ohne daß ein Niederschreiben erforderlich gewesen wäre. Ein

Zusammenhang mit den Prozeßurkunden des Neuen Reichs läßt sich nioht

erkennen. Aus welchen Gründen man in der ausgehenden Ptolemäerzeit den

Tempeleid niederschreibt und warum nach zwei Jahrhunderten die Do¬

kumente dieser Art spmlos verschwinden, ist uns verborgen.

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Der XV. Deutsche Orientalistentag Göttingen 1961 381

Rolf Ibscheb, Berlin : Methodik und Praxis der Papyrusrestaurierung im

Wandel der Zeit.

Kabl-Heinz Pbiese, Berlin : Zur Oeschichte der Könige von Napata.

Klaus Paelasca, Frankfurt : Zur Entstehung der Mumienportraits.

Der archäologische Aspekt der Frage nach der Entstehung der gemalten

Mumienporträts ist noch nicht befriedigend geklärt (vgl. H. Dbbbup, Die

Dat. der Mumienporträts [1933] 15 f.). Seit frührömischer Zeit werden die

überall nachweisbaren ptolemäischen Kartonnagemasken in den verschie¬

denen Gegenden des Landes in unterschiedlicher Weise umgebildet. Das

zweifellos auf den Einfluß römischen Porträtempfindens zurückzuführende

Bedürfnis nach individuellerer Ausgestaltung der Maske führte im Fayum

zunächst zu Übergangsformen, die besonders an den Funden von Hawara

gut zu studieren sind (Edgab, Gr.-Eg. Coffins [1905] Taf. 7f. ; Petbie,

Rom. Portr. [1911] Taf. 10. 12ff.). Zuerst treten modische Züge bei der

Haartracht beider Geschlechter auf (Taf. 1, 1). Einer porträtmäßigen Bil¬

dung der Gesichtszüge waren durch die Technik der Masken gewisse Grenzen

gesetzt. Deshalb fügte man dem plastischen Oberteil der Mumien später

gelegentlich ein gemaltes Bildnis ein (Edgab, a. a. O. Taf. 31; hier Taf. 1, 2).

Das jüngste Beispiel dieses Typus iat hadrianisch (Manchester Museum

Nr. 1767, unpubl.). Neben derartigen Kartonnagemasken gibt es aber be¬

reits seit der 1. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. normale Porträtmumien (z. B.

Aline-Grabfund in Berlin; Ebman in: Ant. Denkm. 2 [1893/94] Taf. 13,

Text Abb. 1—3).

Die anscheinend vor allem in Sakkara beliebten Leichentücher mit

Porträts in römischem Stil (Mobenz, Forsch, und Ber. [Berlin] 1, 1957,

52 ff.) sind ein Seitenzweig der eigentlichen Mumienporträts, die ältere, in

ägyptischem Stil dekorierte Arten solcher Tücher beeinflußt haben. Sie

gehören zu Mmnien, die äußerlich wie die normalen Porträtmumien aus¬

sahen. Die frühesten gehören in die Mitte des 1. Jh., so das durch die Frisur

der Frau sicher zu datierende Berliner Exemplar Nr. 11652 (Mobbnz,

a. a. O. 65, Abb. 7: 4. Jh. n. Chr.). Die Deutung dieser dreifigurigen Kom¬

positionen als „Werden zu Osiris" ist fraglich (vgl. das beste Stück der

Gattung in Moskau (A. Stbelkov, Fajumskij portret [1936] 132ff., Nr. 25,

Taf. 28 f. — R. ScHUBiNOVA, Fajumskie portret'i [1960] 5, Taf. 1; hier

Taf. 2, 1). In der Mumie links ist sicherlich der Gott Osiris selbst und nicht der vergöttlichte Tote zu erkennen.

Das Bedürfnis nach lebensnahen Porträts der Toten scheint auch mit

der Sitte zusammenzuhängen, die Mumien lange, und zwar stehend, im

Hause aufzubewahren (Petbie, a. a. O. S. 2). Dieser Brauch führte im

Fayum (V. Schmidt, Levende og d0de [1919] Abb. 1495) und im benach¬

barten Abusir el Meleq (Eeman, Die Rel. der Äg. [1934] 412 Abb., 176 (hier

Taf. 2, 2); E. G. Budde, Armarium und Kißcoxö? [1940] 34f. Abb. 24f.) zm

Entwicklung der Schranksärge, in denen die Mumien aufrecht aufbewahrt

wurden. Offenbar war dies aber nur eine lokale Sitte.

In Oberägypten, wo die Mmnienporträts im allgemeinen nicht gebräuch¬

lich waren, entwickelten sich zunächst ähnliche Maskenformen wie im

Fayum (z. B. in Meir: M. L. Buhl, Late Eg. Anthrop. Stone Sarcoph.

[1959] 158, Abb. 86), später die bekannten, meist farbig bemalten Stuck¬

masken. Diese Mumien waren aber, wie jüngere Beispiele mit stark auf¬

gerichtetem Kopf lehren, ausschließlich für eine waagerechte Lage gedacht

(8)

(M. MoGBNSEN, La coll.lilg.de la Glyptoth. Ny Carlsberg [1930] Taf. 78;

hier Taf. 3, 2).

Ein Teilgebiet des Entstehungsproblems der Mumienporträts bilden dii

frühen Exemplare aus Antinoopolis, von denen eines im Louvre besonders

interessant ist (Coche de la Febte, Rev. des arts 3, 1953, 54ff. — Bull,

trun. de la soc. fr. d'igyptol. Nr. 13, Juin 1953, 73ff.; hier Taf. 3,1). Die Frisur ist deutlich die der Kaiserin Plotina (nioht die der Sabina!). Das zu

Lebzeiten gearbeitete Bildnis gehört demnach zu einer Angehörigen der

z. T. aus dem Fayum stammenden Neusiedler der hadrianischen Stadt¬

gründung, die in der Sitte ihrer Heimat mit ihrem Porträt beigesetzt wmde.

Die Vorlagen für Taf. 1, 1; 2, 2 und 3, 2 werden den Museumsdirektionen verdankt.

ViLMOs Wessetzky, Budapest : Denkmäler der ägyptiachen Kulte der rö¬

mischen Kaiserzeit in Ungam.

Die Denkmäler der ägyptisehen Kulte in Pannonien sind auf die Zeit des

römischen Kaiserreiches zu beschränken, da die Eroberung dieser Provinz

in den ersten Jahren u. Z. begann. Im Vergleich mit der Verbreitung ita¬

lischer Kulte läßt sich so ein Unterschied nachweisen, da es in den Pro¬

vinzen schon nieht mehr zu jenen Verboten kam, die in Italien die För¬

derung des Isiskultes zunächst verhindert hatten. Im Gegenteü fanden

diese Kulte starke Beschützer in den — wie Leclant sie nannte — Cäsaren-

Pharaonen.

Im Gegensatz zur bisherigen Forschung, die hauptsächhch drei Ursachen

für die Verbreitimg orientahscher Kulte festgestellt hatte, nämlich: 1. die Vermittlerrolle der Kaufleute, 2. die Infiltration orientalischer Sklaven und Freigelassener, 3. die Mitwirkung orientalischer Soldaten, weist gerade der von mir untersuchte ungarische Teil des pannonischen Denkmalmaterials

auf die starken Zusanunenhänge mit dem Kaiserkulte hin. Dafür spricht

einerseits, daß ein Großteil des auf dem römischbesetzten Gebiet gefundenen,

als Lokalfund zu betrachtenden Denkmahnaterials sich auch dort meldet,

wo militärische oder wirtsehaftliche Gesichtspunkte keine bedeutende

Rolle spielten. Andererseits ist an den vom Standpunkt des Handels

oder der militärischen Bedeutung bemerkenswerten Siedlungen solches

Material geradezu abgängig. Das ganze Denkmalmaterial kann in zwei

Schichten eingeteilt werden, insofern es sich entweder um die Einfuhr ur¬

sprünglich-ägyptischer Gegenstände, oder um ägyptisierende Lokalprodukte der ägyptischen Kulte der Kaiserzeit handelt, welch letztere oft ein interes¬

santes Beispiel für das Weiterleben der ägyptischen Kulte bieten. Beide

Typen lassen sich in den beiden Sitzen des pannonischen Kaiserkultes nach¬

weisen: zu Aquincum in Unterpannonien, wo außer einem Steinfragment

aus dem Alten Reich auch Uschebti-Statuetten und ein Amulett der Thoeris

und des Harpokrates nachgewiesen werden konnten, andererseits an den

Lokalprodukten der Töpferei die Gestalten der Isis und des Seth nachweisbar

sind. Ebenda sind - neben dem Mumienfund aus Carnuntum - zwei

Mumienbegräbnisse bekannt, die den Beweis für das Weiterleben ägyptischer Kulte in der Spätzeit liefern.

In Oberpannonien ist Savaria der Sitz des Kaiserkultes. Diese Stadt trat

dmoh einen der bemerkenswertesten Funde der letzten Jabre in den Vorder¬

grund. Es handelt sieh um die Ruinen des Iseums, des HeUigtums der Isis,

auf dessen Vorhandensein ich schon früher auf Grund eines großen Reliefs

(9)

Abb. 1: Mumienmaske aus Hawara;

Edinburg 1911. 210. 2 Abb. 2: Oberteil einer Mumie aus Hawara,

Kairo CG. 33216 (nach Edgar).

(10)

Moskau 4229 (nach Pamjatniki Muz. izjaschn. i.sk. Schranksarg aus Abusir el Meleq ;

[Moskau 1912/13], Taf. lö). Berlin 17039/40.

(11)

Abb. 1: Mumienporträt aus Antinoopolis;

Paris, Louvre P. 217 (nach Rev Arts 3, 1953, Farb taf. nach S. 54).

(12)
(13)

Der XV. Deutsche Orientahstentag Göttingen 1961 383

mit Darstellungen der Isis, des Serapis und des Anubis geschlossen habe.

Die neueren Ausgrabungen, die seit 1955 vom Direktor des Museums von

Szombathely, T. Szentlälbky geführt werden, ergänzten das Material, das

auf das Zentrum ägyptischer Kulte hindeutet, mit einem Relief, welches

Isis-Sothis darstellt. An der österreichisch-imgarischen Grenze ist eine Sta¬

tuette des Heilsgottes Chons mit dem auoh als Heilszentrum wirkenden

Heiligtum von Savaria in Zusammenhang zu bringen. In Scarbantia kann,

auf Grund eines der Isis-Bubastis geweihten Altars, ein Privatheiligtum

dieser Göttin vermutet werden. Meines Eraohtens gehören auch die beiden

schönsten Gegenstände des ägjrptischen Denlanalmaterials der römischen

Kaiserzeit in Ungarn : Kanne und Pfanne von Egyed, mit Abbildungen der

Isis, des Thot und des Horus, zu den Kultgegenständen des Heiligtums von

Savaria. Neuestens kam am Ufer des Plattensees ein ägjrptisoher Altarstein

mit Darstellungen des Osiris, Anubis und Horus, sowie Hierogljrphen und

Pseudohierogljrphen — der Name des Osiris ist richtig geschrieben ans

Licht.

Eine Untersuchung des zahlreichen ägyptischen Denkmahnaterials längs

des römischen Wegnetzes, z. B. der Limeslinie — bronzene Götterstatuetten,

Amulette, Uschebtis, ferner Inschriftenmaterial mit Bezug auf den Kult

des Serapis — sprechen eindeutig dafür, daß die Anhänger der ziemlich weit

verbreiteten ägjrptischen Kulte sich vor allem aus der römischen oder ita¬

lischen Bevölkerung rekrutierten. Sie vereinigten die noch immer inhalts¬

reichen ägjrptischen Kulte mit dem Kaiserkult.

Mabtin Kbause, Kairo : Uer koptische Handschriftenfund hei Nag Hammadi.

Umfang und Inludt.

Ingbid Waüebt, München: Bezeichnete imi eine Palmenart des Alten

Ägyptens ?

Das Berliner Wörterbuch sieht, im Anschluß an J. de Rouge und

H. Bbugsch, in im/ eine Bezeichnung der Dattelpalme. Mehrere Gründe

scheinen zunächst diese Übersetzung zu stützen: vor allem einige Texte,

die angeblich die Datteln (bnr.w) als die Früchte des imz-Baumes nennen

und das angebliche Bild der Dattelpalme als Schriftzeichen mit dem Laut-

wrert im! oder gar als Determinativ dieses Wortes. Das Wörterbuch schränkt

allerdings die Bedeutung von ims auf die „männliche Dattelpalme" ein,

aufgrund von Anastasi IV, 12. 8—9, wo imi als ein „Baum ohne eßbare

Frucht" genannt sei. Diese Übersetzung ist bis heute von zahlreichen For¬

schern als gesichert übernommen worden, obwohl sie früh von anderen Ge¬

lehrten angezweifelt wmde, so von G. J^quibb' und K. Sethb^, schließlich

von L. Keimeb', der sich in einer kmzen Anmerkung, leider ohne Angabe

irgendwelchen Beweismaterials, bereits 1931 zugunsten eines Laubbaumes

aussprach.

Die Ref. schließt sich diesen Gelehrten aus folgenden Gründen an:

A. Gegen eine Gleichsetzung des ^m/-Baumes mit der männlichen Dattel¬

palme spricht:

1. die übertragene Bedeutung von imi im Sinne von süß, angenehm, die

wie bei hnr nm auf eine süße, angenehme Frucht zmückgehen kann.

1 BIFAO 19 (1922) p. 14ff.

2 Dramatische Texte p. 125, 21c.

3 BIFAO 31 (1931) p. 196 n. 3.

(14)

2. gerade die erwähnte Stelle Anastasi IV. 12. 8-—9. Wenn dort nämlich ein an die Grenze versetzter Beamter klagt : „Ich liege unter im/-Bä\uuen, die keine eßbaren Früchte haben", so will er damit nichts Allgemeines

aussagen, sondern vielmehr mit Nachdruck die Trostlosigkeit rmd

Unfruchtbarkeit des Grenzlandes Knkn-ti betonen, in dem selbst die

fm/-Bämne keine eßbaren Früchte tragen, „denn — so fährt der Text

fort — ihre 6nr-Früchte, welche nieht reiften, sind fort." Anastasi

IV. 12. 8—9 betont also ausdrücklich, daß der im/-Baum nm unter

anormalen Umständen keine, unter normalen Umständen hingegen

Früchte trägt.

B. Auch die Gleichsetzung des im/-Baumes mit der weiblichen Dattel¬

palme oder mit der Dattelpalme schlechthin läßt sich nicht halten :

1. Wenn in Anastasi IV. 12. 8—9 die bnr.w als Früchte des imz-Baumes

genannt werden, so beweist dies keineswegs seine Identität mit der

Dattelpalme, da bnr im Neuen Reich neben seiner speziellen Bedeutung als „Dattelfrueht" längst im weiteren Sinne zur Bezeichnung jeder

süßen Frucht geworden war, wie auch ht bnr im Neuen Reich jeden

beliebigen Obstbaum bezeichnete.

2. Die vier angeblichen Beispiele' für das Bild der Palme als Schrift¬

zeichen mit dem Lautwert im; oder gar als Determinativ dieses Wortes erweisen sich bei genauerer Prüfung als falsch aus dem Hieratischen

transkribiert. Im Gegenteil, das Schriftzeichen für imi war seit dem

Alten Reich ein Laubbaum^, und der Laubbaum hat die phonetische

Bedeutung imi, imim' bis in die ptolemäische Zeit beibehalten. Sehlie߬

lich sei darauf hingewiesen, daß in einer einzigartigen Liste im Grabe

des Ennene (Theben Nr. 81)'', nach Brugschs Abschrift, imi mit dem

Zeichen des Laubbaumes determiniert war, also als Laubbaum cha¬

rakterisiert wie die meisten Bamnnamen dieser Liste, während die

Namen der drei aufgezählten Palmenarten deuthch dmch das Deter¬

minativ der Palme hervorgehoben sind.

3. Gegen die Gleichsetzung des im/-Baumes mit der Dattelpalme sprechen ferner die altägyptischen Texte^ selbst. Sie berichten von einem Joch,

von Schiffen, sogar Statuen aus dem Holz des im/-Baumes. Das fa¬

serige Holz der Dattelpalme wäre dazu kamn brauchbar gewesen,

völlig imdenkbar jedoch zum Schnitzen von Statuen oder Statuetten, selbst schlechtester Qualität.

4. Schließlich verbieten die durch die Legende gesicherten Darstellimgen

des 2»n/-Baumes', in ihm eine Pahne zu sehen. Die für unsere Frage

aufschlußreichste DarsteUung befindet sich im Tempel von Edfu'. Sie

zeigt eindeutig einen Laubbaum, dessen knorrige Äste einem äußerst

dicken Stamme entwachsen. Mit langen, offenbar gefiederten, sehr

^ Pap. Sanier II, 7. 5; Pap. Ebers 47. 11; Pap. Anastasi IV. 12. 8; ZÄS 47 (1910) p. 125.

2 Erman, Ägyptische Grammatik^, Berlin (1911) p. 300.

* Fairman, BIFAO 43 (1945) p. 63. * Urk. IV, 73.

^ Mariette, Denderah IV, pl. 36, 1. 60; ZÄS 66 (1931) p. 121 V. 12; Na¬

vtlle, Les quattre steles orientis du Musee de Marseille, Lyon (1880)

P. 8 T. I, pl. XII.

« Naville, Todtenbuch I, pl. 80; Fleute, Over drie Handschriften of

Papyrus. Amsterdam (1884) pl. 7, p. 16; Mariette, Dendirah IV, 71.

' Chassinat, Edfou XI, pl. 318.

(15)

Der XV. Deutsche Orientahstentag Göttingen 1961 385

feinen Blättern bilden sie eine mächtige, nach oben spitz zulaufende

Krone, die dem ganzen Baume eher den Anblick eines großen Busches

als eines wirklichen Baumes verleiht. An eine Palme mit ausladender,

strahlenförmiger Wedelkrone auf schlankem, hochstrebendem Stamme,

wie sie uns andere Darstellungen desselben Tempels zeigen, ist nicht

zu denken.

Zusammenfassung: Der jot; -Baum war keine Palme, sondern ein Laubbaum,

ähnlieh der Sykomore und dem Zizyphus spina Christi, in deren Reihe er

bereits in den Pyramiden genannt wird, am ähnlichsten der Akazie, auch

mit der Weihrauchsykomore zu vergleichen, die ihn in Varianten der Sarg¬

texte zuweilen ersetzt.

Neben den Fragen der Verwaltung und der Außenpolitik sind in bezug

auf die ägyptischen Expeditionen die der Wirtschaft am wichtigsten, und

zwar speziell das Problem, welche Rolle die ägyptischen Expeditionen bei

dem Import von Rohstoffen spielten. Das Material hierfür besteht

1. in den Expeditionsinschriften und in den Textstellen aus der Über¬

lieferung des eigentlichen Niltales, die die Herkunft von Rohstoffen er¬

wähnen und

2. im Zusammenhang damit in den Ergebnissen von chemischen imd geo¬

logischen Untersuchungen, die darüber Aussagen machen, welehe Ma¬

terialien wann in Ägypten belegt sind.

Für die Betrachtung ausgewählt wurden folgende Rohstoffe, die

a) aus dem Norden kamen : Malachit {ism. t) (und das daraus gewonnene

Kupfer), dessen Abbau auf dem Sinai schon in vorgeschichtlicher Zeit

wahrscheinlich von Einheimischen dmchgeführt wurde und dessen Vor¬

kommen in der Ostwüste relativ wenig ausgebeutet wurde (von wem und

wann [das angebliche Zeugnis aus der 12. Dynastie nennt Amethyst und

nicht Kupfer] ist fraglich); Türkis {mfki. t) und Lapislazuli;

b) aus dem O und SO: Gold, Elektron, Silber (zu deren Gewinnung zahl¬

reiche Expeditionen in die Ostwüste gesandt wiuden); Grauwacke (die

aus dem Wadi Hammamat kam) ;

c) aus dem S mit Einschluß von Punt: Weihrauch (sntr, Olibanum) und

Myrrhe {'ntjw), die im wesentlichen von Punt kamen, und (Elefanten-)

Elfenbein und Ebenholz {hbnj, Dalbergia melanoxylon), die vornehmlich aus Nubien eingeführt wurden.

Es gibt folgende Möglichkeiten für die Art und Weise, wie der einzelne Roh¬

stoff vom Ort seiner Herkunft nach Ägypten kam :

1. Er wmde von Ausländern gewonnen und kam durch Direkt- oder Zwi¬

schenhandel nach Ägypten (z. T. in Form von Abgaben) oder

2. an ägyptische Expeditionen wie vielleicht Malachit und Kupfer auf dem

Sinai.

3. Die Gewinnung erfolgte unter ägyptischer Regie, wie z. B. beim Großteil des nubischen Goldes.

4. Er wmde von ägyptischen Expeditionen gewonnen.

Eine Versorgung Ägyptens mit den genannten Materialien aussehließlich

durch Expeditionen scheint es, auf die Dauer gesehen, in keinem Fall ge¬

geben zu haben.

Rolf Gundlach, Heidelberg: Bemerkungen zum ägyptischen

wesen.

(16)

Die schriftlichen Quellen lassen die Expeditionen gegenüber dem DLrekt-

und Zwischenhandel unmittelbar nach Ägypten zu stark hervortreten. Der

tatsächliche Anteil der Expeditionen an der Versorgung Ägyptens mit Roh¬

stoffen ist daher wohl geringer anzusetzen als es die Zahl der belegten Ex¬

peditionen zunächst vermuten läßt.

Hans Goedioke, Baltimore: Zur Chronologie der Ersten Zwischenzeit.*

Weener Vycichl, Genf: Neue Forschungen üher das alte Ägypten in der

Literatur fremder Völker.

Nachrichten und Motivparallelen ergänzen nieht selten unser Bild des

alten Ägyptens und seiner Literatur : als Beispiel eines gemeinsamen Motivs

wird die Geschichte von der Haarlocke des Papyrus d'Orbiney und eines

kaukasischen Märchens behandelt. Der Seelenvogel war den heidnischen

Arabern bekannt. Namensänderungen von Staatsverbrechern im Grab¬

räuberprozeß und in Äthiopien. Die berberisehen Fürsten von Libyen exi¬

stieren noch in griechischer Zeit als Libyarchen in der Cyrenaiea und die

Isebeten des Hoggar-Massivs in der Sahara sind mit den Isebetu aus der

Zeit Ramses III. zu verbinden. Begrabungssitten der Kermazeit (Kuppeln

mit Dienerbestattungen) haben sich im Sudan noch über dreitausend Jahre

erhalten. Erscheinungsfenster des Königs in Mogadischu wie in Medinet

Habu. Ein christliches Totenbuch der Kopten ist äthiopisch überliefert. Aus Ortsnamen in 'Abdellatifs Geographie lassen sich Züge des verschollenen baschmurischen Dialektes im Ostdelta erkennen. Koptische Geschichtsauf¬

fassung läßt sich aus der äthiopischen Chronik des Johannes Madabbar und

Maqrizis ägyptischer Topographie erschließen. Das Motiv des schwangeren

Gottes bei Horus und Seth entspricht einer hethitischen Szene zwischen

Anu und Kumarbi.

Schlußwort: Anregung zm rationellen Ausschöpfung nichtägyptischer

Literatmen zum bequemen Gebrauch für Ägyptologen. Der Vortrag wurde

aus Zeitgründen leicht gekürzt wiedergegeben.

H. Mijllee-Fbldmann, Grafing: Zur Frage der Fälschungen antiker, ins¬

besondere altägyptischer Werke aus Stein und Bronze.

Sektion II : Keilschriftforschung

Adam Falkenstein, Heidelberg: Zur altbabylonischen Dynastie Sinkaäids

von Uruk.

Onofeio Caeeuba, Berlin: Lydisch und Hethitisch. Text S. 458.

VLADiMm SouÖEK, Berlin: Probleme der Erforschung der Sozial- und Rechts¬

verhältnisse im hethitischen Reich.

Wolfbam v. Soden, Münster: Neue Forschungsergebnisse.

B.A. VAiT Pboosdij, Leiden: Erwdhlungsglaube in Altmesopotamien (Sä-pä

und nasäqu).

Feiedeich Cobnelius, Greifenberg: Vom Maskenbund zum TammuzkuU.

Jussi Aeo, Tapiola: Gemeinsemitische Ackerbauterminologie.*

Leon de Meyee, Gent: Neuinterpretation der Susa-Urkunde MDP XXIII,

Nr. 172.

RiEKELE BoBGEB, Göttingen: Kurze Mitteilung über das Repertorium der

sumerischen und akkadischen KeUschrifttexte.

(17)

Der XV. Deutsche Orientahstentag Göttingen 1961 387 Sektion III: Altes Testament

Otto Rössler, Tübingen: Über eine hisher unerkannte Tempusform im Alt¬

hebräischen. Text S. 445.

Rudolf Meyer, Jena: Die Bedeutung des Reuchlinianm für die hebräische

Sprachgeschichte . *

Wolfram Herrmann, Leipzig: Oedanken zur Geschichte des altorientalischen Beschreibungsliedes.

Herrmann Eislno, Münster: Zur Redaktion der Genesis.

Von den Ergebnissen der Literarkritik und Formgeschichte her ist es mög¬

lioh, auoh die Eigenart redaktioneUer Arbeit an der Genesis zu erforschen.

An der Spitze der Patriarchenerzählungen steht die Verheißung Gn 12,

1—3 als wichtige Umschreibung ihrer Tendenz, wonach die Zusanunenstel-

luxig der Haupterzählungen entsprechend deren drei Segensgütern erfolgt

ist. Daraus erklären sich etwa die beiden Teüe von Kap. 15 nebeneinander,

wie auch der Beschneidungsbund Gn 17, ferner das Interesse an Isaaks Ver¬

heißung imd Gefährdung und an Jakobs Nachkommenschaft.

Von der segensvermittelnden Bedeutung des Patriarchen her sind die drei

Erzählungen über die Gefährdung der Ahnfrau bestimmt. Eine davon hat

samt den damit verbundenen Motiven vom Streit um Brunnen und Vertrag

in Gn 20 f die Nachricht über Isaaks Gebmt und Hagars Vertreibung in

ihren Komplex gezogen, wie die von Gn 26 die Erzählung über die Söhne

Isaaks unterbricht. Die Bedeutung des Patriarchen und GrOttes Schutz für

ihn und seine Frau sind Motiv für die redaktionelle Arbeit gewesen.

Als weiteres Mittel des Zusammenbaus ist eine Ortsreihe der Wanderungen

Abrahams von Haran bis Mamre und eine bei der Rückkehr Jakobs deutlioh

festzustellen. Die eben erwähnten Erzählungen bzgl. der Ahnfrau stehen zu

diesen Ortsreihen in Spannung: 12, 10—20 unterbricht die Reihe und 20f

und 26 sind künstlich mit Aufenthaltsnotizen im Negeb in Zusammenhang

gebracht.

In die Ortsreihen sind kurze Angaben über das Begräbnis Abrahams

(25, 7—10) und Isaaks (35, 27—29) aufgenoimnen, die die Redaktion aus P

einfügt im Gegensatz zu der Anlage der Erzählung nach den anderen QueUen,

die mit dem Auftrag des alten Vaters an den Knecht (24), bzw. an den Sohn

(28) wegen der Heirat den Schritt zm Erzählung vom Sohn tun, ohne Tod

und Begräbnis des Vaters zu erwähnen. Die Ortsreihe aber führt wieder ziun

Vater und aueh wieder mit Ismael und Esau zusammen, die sich danach

erst vom Bruder trennen. Hier ist das Motiv des im Ausland erworbenen

Besitzes für die Trennung bedeutsam. Die ältere Erzählung hatte die Tren¬

nung erzählungsmäßig schon anders vollzogen.

Wie manchmal das Verheißungsmotiv verstärkend eingetragen wird (z. B.

22, 15—18; 31, 3), so ist es durch die Bethel-Erscheinung (28, 10—22) der

J'akob-Laban-Erzählung aufgeprägt, wozu dmch 35, 9—15 ein Rahmen

gebildet wird. Die Engel von 28, 12 scheinen denen von Mahanaim 32, 2f zu

entsprechen, an welche Notiz vermittels des Motivs der TeUung verschie¬

dene Szenen zm Vorbereitung der Begegnung Jakobs mit Esau angeschlossen

werden.

Sowohl der breit angelegte Bericht über Eliezers Brautwerbung Gn 24

als auch die aus vielen Einzelszenen trotz konkmrierender Motive höchst

konsequent durchgeführte Josephserzählung sind bestimmt durch hand¬

lungsinternes göttliches Wirken, herausgeholt durch Gebet und gedeutete

Träume. In dieser nicht zu übersehenden Eigenart sind diese Abschnitte

26 ZDMG 111/2

(18)

zusamniengesteht mit anderen, in denen Gott persönhch auftritt oder un¬

mittelbar spricht.

Das Vorkommen des Bewährungsmotivs bei Abraham in Gn 22 läßt ver¬

muten, daß die Redaktion durch insofern nieht ausdrücklich gedeutetes

Zusammenstellen des Jabbokkampfos mit Gottes Bückwanderungsauftrag

(31, 3 u. 32, 23—33) ähnliches für Jakob ausdrücken wollte. Auch wird

letzterer aus der Gesamterzählung als betrogener Betrüger anzusehen sein.

So darf man manchmal sogar mit Aussagen aus der Redaktion des über¬

lieferten Materials rechnen, wo die älteren Erzählungen nicht ausdrücklich deuten.

Neben der verdienstvollen Arbeit, das Werden der Genesis aufzuhellen,

muß man aueh die Redaktion mit ihren Absichten und Aussagen werten.

Sie hat nicht nur eine Stoffsammlung gewollt, sondern läßt sich vielfach

nach eigenem Plan tmd eigenen Aussagen erkennen. •

Klaus-Dietrich ScHmJCK, Greifswald: Erwägungen zur Oeschichte und

Bedeutung von Mahanaim.*

Henning Gbap Revbntlow, Kiel : Eine Predigt ilber das erste Gebot.

Kabl-Heinz Bebnhabdt, Rostock: Elemente mythischen Stils in der alt¬

testamentlichen Oeschichtsdarstellung.

Fbiedich Nötscheb, Bonn: Die Namen des Bar Kochba. (erscheint in

,Vetus Testamentum' Bd. XL).

Claus Westebmann, Heidelberg: Zur Sammlung des Psalters.

1. Auf den ersten Blick zeigt sieh, daß die Klage des Einzelnen (die im

Psalter häufigste Gattung) ganz auf die erste Hälfte des Psalmbuohes kon¬

zentriert ist, und zwar in den beiden großen Sammlungen 3—41 und 51—72;

dazu kommt nachher nm noch die kleine Sammlimg 140—143. Außerhalb

dieser drei Komplexe begegnet die KE nur noch in eingeschobenen oder

angefügten Einzelpss.: 77; 94; 102; 109.

2. Größere Gruppen von Lobpsalmen begegnen nur in der zweiten Hälfte

des Psalters; außer 120—134 und 140—143 enthalten alle Sammlungen

naeh Ps. 90 Lobpsalmen. Es ergibt sich also das klare Bild, daß die erste

Hälfte des Psalters überwiegend Klagepsalmen, die zweite Hälfte über¬

wiegend Lobpsahnen enthält.

3. Die Psalmenüberschriften lassen einige Sachgruppen erkennen. Alle

Gruppen von Davidpsalmen enthalten in der Mehrzahl Psalmen des einzelnen

(in der Hauptsache KE). Psalmen des Vollees bzw. der Gemeinde begegnen

fast nur in den Gruppen der Korach- und der Asaph-Psalmen, außerdem in

den ma'alot-Vss. Dem Psalter liegen also sachlich geordnete Gruppen zugrunde.

4. In den kleineren Sammlungen haben Lobpss. häufig die Funktion eines

Sammlungsabschlusses ; so die Doxologien am Ende der Psalmbücher (Ps.

41,14; 72,19; 89,52; 106,48; 150), Ps. 134 (Sammlung 120—134), 117

(111—118), 100 (93—99) 145 (?) (140—143). Vor Ps. 90 haben wahrscheinlich

alle begegnenden Lobpsalmen diese Funktion: Ps. 18 und 19; 33 und 34; 40;

65 und 66.

5. Die Königspss., bei denen eine eigene Sammlung naheläge, begegnen

durch den ganzen Psalter hinduroh nur als Anfügungen. Ps. 2 und 89 rahmen

die beiden großen Sammlungen 3—41 und 42—83 (mit 84—88) ein, als An-

oder Euifügungen stehen Ps. 20; 21; 72; 101; HO. Hier zeigt sich klar ein

(19)

Der XV. Deutsche OrientaHstentag Göttingen 1961 389

für das Verständnis der Königspsalmen wichtiger Tatbestand : Die Königspss.

sind in einem bestimmten Stadium des Sammlungsprozesses einzeln auf¬

genonunen und einzeln Sanunlungen eingefügt worden, offenbar nieht mehr in

ihrer msprünglichen kultischen Bedeutung für den jeweils regierenden

König (für dieses Stadium gab es gewiß einmal geschlossene Corpora von

Königspsalmen), sondern schon in der sekundären messianischen Deutung.

6. Eine deutlioh erkennbare Sammlung von Liturgien enthält der

Psalter nieht. Wo sie begegnen (z. B. Ps. 24 oder 118), sind sie vorhande¬

nen Sammlungen ein- oder angefügt. Für die Bedeutung der Litmgien im

Psalter scheint mir das sehr beachtenswert.

7. Die Kriterien, die für das Entstehen von Sammlungen erkennbar sind,

zeigen zwei grundlegende Unterscheidungen : einmal werden Psalmen des

Einzelnen von Psahnen der Gemeinschaft unterschieden, dann werden Klage-

und Lobpsalmen unterschieden. Diese beiden Unterscheidmigsmerkmale

sind mit Sicherheit zu erkennen, sie müssen also den Sammlern imd Tra¬

denten fiu die Bestimmung eines Psalms wichtig gewesen sein. Diese beiden

Kriterien nun treffen exakt zusammen mit den beiden grundlegenden Kri¬

terien bei der Gattungsbestimmung der Psalmen.

CI.AUS Westebmann, Heidelberg: Eine Paalmenauslegung von Franz Leo¬

pold Sänke.

Die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissen¬

schaften, im Jahr 1859 von Leopold von R anke ins Leben gerufen, bereitet

eine Publikation des Nachlasses Leopold von Rankes in 4 oder 5 Bänden

vor. Der Hauptbearbeiter ist Walteb Ebnst Fuchs, Historiker an der

Techn. Universität Karlsruhe und an der Universität Heidelberg. Er hat in

den nachgelassenen Manuskripten Rankes u. a. eine Auslegung der ersten

30 (31) Psalmen gefunden, datiert vom August 1815, die Ranke während

seines Studiums in Leipzig geschrieben hat. Sie ist einmal von ihm genannt :

In den gesammelten Werken Bd. 53/64, Vier Diktate zur eigenen Lebens¬

gesohichte, erwähnt ein Abschnitt S. 29 unten diese Auslegung; der Ab¬

schnitt beginnt: „Großes Vergnügen machte mir der Versuch, die Psalmen

zu übersetzen " (1863). Aus jetzt erst gefundenen Manuskripten ist

deutlich geworden, daß Ranke sich danach, wahrscheinlich einige Jahre

später, noch einmal mit den Psalmen (vor allem der Übersetzung) beschäftigt

hat. Der Titel des Manuskriptes ist: Die Psalmen, nach Art der Urgestalt

verdeutscht, mit einleit. Bemerkimgen, Fbanz Leopold Ranke, Augustl815.

EvA OsswALD, Jena: Zum Problem der vaticinia ex eventu.

Sektion TV: Christi. Orient und Byzanz

Heinz Ludwig Hempel, Rom: Zur Ikonographie des sog. „Paliotto von

Salemo".

TCt.attr WESSEL, München: Eine provinzialbyzantinische Brunnenmündung

aus Sudermanns Nachlaß.

AxEXANDEB BÖHLIG, Halle: Religionsgeschichtliche Probleme aits einer

Schrift von Nag Hamadi.

Die Behandlung religionsgeschichtlicher Probleme ist nicht verfrüht, ob¬

wohl das bisher edierte Textmaterial bisher noch sehr gering ist. Die im

(20)

Codex II enthaltene titellose Schrift' bietet so viele versohiedenartige re¬

ligionsgeschichtliche Phänomene, daß ihre Einzelinterpretation erfolgreich genug scheint. Es handelt sich um einen Traktat, der die These von der Ent¬

stehung der Welt aus dem Chaos widerlegen soll und in mjrthologisoher

Form von der Weltentstehung bis zu ihrem Ende vmd der Apokatastasis

führt. Das Werk selbst zerfällt in 8 HauptteUe, bei denen man sieht, wie

mitunter ein Teil in einen anderen Abschnitt hineinredigiert wurde; ferner

scheinen verschiedene Traditionsreihen in den Texten vorzuliegen, die die

Archontenkräfte mit dem Namen ÄpxovTs;, imd andere, die sie mit dem

Namen e^outjtat bezeichnen. Die mythologisohen, philosophischen und

theologischen Vorstellungen entstammen der ägyptischen Religion, der

griechischen Mythologie und Philosophie, dem Spätjudentum und Christen¬

tmn.

Die wesentlichste Eigenschaft des Werkes ist die geschickte Kombination

aus diesen Elementen, die über den Charakter einer bloßen Kompilation

weit hinausgeht. Der Verfasser hätte keine wirkliche Gesamtdarstellung des

Weltgeschehens mit seiner Schrift bieten können, wenn er nicht die er¬

wähnten Vorstellungen der Religionen und Philosophien unter dem einheit¬

lichen Gesichtspunkt der gnostischen Weltanschauung betrachtet hätte.

Nur so gelang es ihm, den verschiedenen Elementen ihren geeigneten Platz

im Weltdrama zuzuweisen. Die griechische Mythosophie des Hesiod wird

teilweise kritisch beleuchtet, teilweise positiv eingeordnet. Die Philosophie

des Schicksalsglaubens mid der damit verbimdene Planetenglaube wird als

in der Welt überwindbar in all seiner Schwäche gekennzeichnet. Aus der

ägjrptischen Welt tritt besonders hervor der Gedanke des ungewordenen

(oder ungezeugten) Gottes, daneben im Rahmen der Paradiesesgeschiehte

eingeschoben der Kult heiliger Tiere, des Phönix, des Krokodils und der

heiligen Stiere. Das Alte Testament liefert zugleieh vom Spätjudentum aus

gesehen den großen Rahmen der Urgeschichte ; deshalb nimmt einen bedeut¬

samen Teil die Schilderung eines 6-Tage-Werkes ein, in das aber auch nicht-

jüdische Komponenten, z. B. griechische, hineingenommen worden sind.

Ebenfalls wird der Verlust des Paradieses und die Verwerfung der Archonten

geschildert. Die christliche Komponente tritt auf mit der Erwähnung des

Jesus Christus, der im Reiche des Sabaoth mit ihm und der Jungfrau des

hl. Geistes eine Trinität büdet. Von den Worten des Evangeliums ist besonders

wichtig das Wort über die Kleinen, die man nicht verachten soll, im vor¬

liegenden Falle die in die Welt gesandten, kirchenbildenden Geister, sowie

das Wort, daß das Verborgene offenbar ist. Die Eschatologie bewegt sieh in

den spätjüdischen und christlichen Vorstellungen. Die große Linie, die durch das Werk hindmohgeht, ist der ständige Kampf zwischen Licht- und Finster¬

nismächten, in dem die letzteren immer aufs neue verfehlte Vorstöße maehen,

obwohl ihr Schicksal eigentlich schon entschieden ist. Das ganze Werk ist

letzten Endes ein Preis der Heilsökonomie Gottes. Der Dualismus des

Kampfes tritt ganz zurück gegenüber dem Optimismus des Sieges des Lichts.

Johannes Iemscheb, Berlin: Palladas-Probleme.

Dem Alexandriner Palladas, einem Dichter der Griechischen Anthologie,

hat während der letzten Dezennien in verstärktem Maße die gelehrte Auf-

1 A. BöHLiNG — P. Labib, Die koptisoh-gnostische Schrift ohne Titel aus

dem Codex II von Nag Hamadi. Veröffentlichung des Instituts für Orient¬

forschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlüi. (Im Druck)

(21)

Der XV. Deutsche Orientahstentag Göttingen 1961 391 merksamkeit gegolten; dabei sind Persönlichkeit, Schicksal und Absichten

des Poeten, für die ledighch sein Opus als Quelle zur Verfügung steht,

plastischer und deutlicher geworden. Als Angelpunkt für die Biographie des

Palladas ergaben sich die Huldigung an die Philosophin Hypatia ((9, 400),

das Gedicht über den Palast der Marina (9, 528) imd der Angriff auf die

politische Aktivität des Themistios (11, 292); der Dichter, der nach eigener

Aussage (10, 91) das 72. Lebensjahr erreichte, müßte nach diesen Angaben

um 360 geboren sein.

Dieses chronologische Gerüst suchte in jüngster Zeit C. M. Bowba in

mehreren Abhandlungen zu erschüttern. Er orientierte die Vita des Palladas

an dem Wirken des alexandrinischen Patriarchen Theophilos (385 412),

auf den der Dichter 10, 90 und 10, 91 offenkundig anspielt. Bowra bezieht

indes auch 9, 175 auf das Verhältnis Palladas — Theophilos: Die Aktionen

des Patriarchen gegen das Heidentum hätten den dichtenden Grammatiker

brotlos gemacht und ihn hilfeheischend vor dem mächtigen Kirchenfürsten

zu Kreuze kriechen lassen; der aber habe den zum Kompromiß bereiten

alten Mann — 10, 97 fällt nach Bowba in diese Zeit — nicht verstoßen.

Dieser neue Zeitansatz verlangt nach Auseinandersetzung mit den bis¬

herigen Fixpunkten der Palladas-Biographie. Bezüglich 11, 292 ergeben

sich dabei keine Sohwierigkeiten, für 9, 400 bestreitet Bowba die Autor¬

schaft des Palladas sowie die Verknüpfung der Verse mit Hypatia, mit seinen

Einwänden gegen das Marina-Epigramm 9, 528 (Byzantinische Zeitschrift

63, 1960, Iff.) befaßt sich der Vortrag.

Nach Bowba ist dieses Gedicht gar nicht auf Marina, die 403 geborene

Tochter des Kaisers Arkadies, und ihren Palast in Konstantinopel zu be¬

ziehen, sondern auf eine Bildersammlung in Alexandria, welche dmch Spe¬

zialbefehl von der allgemeinen Zerstörung ausgenommen wmde; es sei daher

für die Datierung ohne Relevanz und nur dmch den Verfasser des Lemmas

mit jener Persönlichkeit in Verbindung gebracht worden. Gegen diese Hy¬

pothese erheben sich jedooh gewichtige Bedenken.

Zunächst geht es nicht an, von dem Lemmatisten schlechthin zu sprechen;

das Lemma zu 9, 528 geht viehnehr auf den Schreiber J zmück, der sich in

seiner Arbeit vorteilhaft von den anderen Skriptoren des Codex Palatinus 23

abhebt. Auch das Beiwort (XETEopo?, das er singulär dem Palladas attribuiert,

paßt recht gut zu dessen Lebenssituation: „zwiespältig, ohne Halt, in im-

gefestigter Position". Ferner aber läßt sich deutlich machen, daß antike

Standbilder, um die es in dem Gedicht geht, in der Hauptstadt leichter ge¬

schützt werden konnten als in der Provinz, wo niemand dem Terror eines

Theophilos Einhalt zu gebieten vermochte, hier in Konstantinopel dagegen,

wo selbst in der Sophienkirohe heidnische Statuen zu finden waren, konnte

die fromme Marina unangefochten ihre Liebe zur antiken Kunst pflegen.

Daß aber Palladas — und das ist der letzte Einwand Bowbas — im Laufe

eines langen Lebens niemals nach Konstantinopel gekommen sein soll, ist

absolut unglaubhaft angesichts des für jene Epoche bezeugten intensiven

Reiseverkehrs. Es spricht somit alles dafür, daß die Zuweisung von 9, 528

auf den Palast der Marina auf guter und begründeter Tradition beruht.

Joachim Scharf, Göttingen: Neues zu Prodromos.

In dem vornehmlich dmch seine Pindarsoholien bekannt gewordenen

Codex Philologus 29 der Göttinger Universitäts-Bibliothek findet sich auf

fol. 137 eine bisher nahezu unbeachtet gebliebene Auswahl von Textproben

(22)

aus byzantinischen Schriftstellern des 11. und 12. Jahrhunderts: 2 Ge¬

dichte des Nikolaos Kallikles, 3 Gedichte des Christophoros Mytilenaios und

ein Brief des Theodoros Prodromos an den Logotheten Stephanos Meies.

Während die 5 Gediehte bereits anderweitig bekannt und publiziert worden

sind, hat der Prodromos-Brief bisher nur eine anmerkimgsweise Erwähnimg

durch S. D. Papadimitriu' gefunden und harrt demgemäß nooh der Er¬

schließimg und Auswertung^.

An der Echtheit des an den auch als Nomophylax und Protekdikos wohl

bekannten' Logotheten Stephanos Meies gerichteten Briefes ist kein Zweifel erlaubt, wie kompositorische Analogien imd wörtliche Übereinstimmungen

mit anderweitig bekannten Briefstellen des Prodromos beweisen. Da uns der

Cod. Vat. 305 zwei weitere Briefe des Prodromos an den gleichen Logo¬

theten bewahrt hat^, ist unser Brief ein neues Glied in einer anderweitig gesicherten Korrespondenzreihe.

Was die Datierung unseres Briefes anbelangt, so läßt sieh aus dem Inhalt

wahrscheinlich machen, daß er im Februar 1141 aus Anlaß der Rückkehr

des Kaisers Johannes Komnenos von seinem zweijährigen Türkenfeldzug

verfaßt worden ist.

Von besonderem Interesse sind die überlieferungsgesohichtlichen und

paläographischen Fragen, die der Brief aufwirft. Glücklicherweise besitzen

wir durch den Codex Baroccianus 131 aus der Bodleiana auf fol. 173 recto

eine Parallelversion unserer Epistel, die uns überhaupt erst in den Stand

setzt, den dmch Schadstellen teilweise unlesbar gewordenen Wortlaut der

Göttinger Handschrift wiederherzustellen. Ein Vergleich beider Überlie-

forungszweige macht deutlich, daß ein wechselseitiges Abhängigkeitsver¬

hältnis nicht besteht und der Wortlaut der Göttinger Handschrift als der

ältere und dem Original näher stehende anzusehen ist. Die Sohriftform

weist das Göttinger Blatt in die Nähe der auf die Zeit von 1273—1296 da¬

tierten Pariser Codioes 2654/1115/2572.

Nach Ausweis des paläographischen Befundes gehört das versprengte

Blatt der Göttinger Handschrift zu einem verlorenen Codex, der einen Aus¬

zug aus der byzantinischen Literatm der neueren Zeit enthielt und mit hoher

Wahrscheinlichkeit in jener kurzen Blütezeit west-östlicher Kontakte, die

1274 in dem Konzil von Lyon gipfelte, aufgezeichnet und in den Westen

gekommen sein dürfte. Im 18. Jahrhundert wurde das Blatt trotz seiner

Vereinzelung der Ehre gewürdigt, aus Anlaß eines Neueinbands verschiedener

Handschriftenkonvolute zwischen die Werke Pindars und Nikanders mit¬

eingebunden zu werden. So blieb es als einzige Textprobe einer verlorenen Handschrift erhalten.

P. Lud GEB Bebnhabd, Salzburg: Zur Chronologie syrischer Handschriften.

Petbb Nagel, Halle: Zum Problem der „Bundessöhne" bei Afderhat.

Sektion V : Semitistik und Islamkunde

Kurt Rudolph, Leipzig: Ergebnisse einer literarkritischen und traditions- geachichtlichen Untersuchung der mandäischen Schriften.*

' Istorico-literaturnoe izsledovanie (Odessa 1905) S. 176/7, Anm. 119.

^ Die Publikation des Briefes folgt an anderer Stelle.

* Vgl. F. Chalandon, Les Comnenes II, S. 19.

* Vgl. MiQNE, PG 133, col. 1007/8 und 1011/12.

(23)

Der XV. Deutsohe Orientalistentag Göttingen 1961 393

Geobg Kbotkoff, Baltimore : Beobachtungen zum Neu-Ostaramäischen.

Die bisher erschienenen Grammatiken des Neu-Ostaramäischen, wie die

von Stoddabt, Nöldeke, Maclean und BnÄTOBf;, basieren auf der von

Missionaren auf Grund des Dialektes von Urmia geschaffenen Schriftsprache

und verwenden fast ausschließlich die nestorianische Sehrift. Dadurch ist

zwar der grammatikalische Bau der Sprache hinreichend bekannt, die

phonetische Seite blieb aber ziemlich unerforscht.

Im Jahre 1959 hatte Referent in Bagdad Gelegenheit, mit einem jungen

Chaldäer (so nennt man die mit Rom unierten christlichen Aramäer im

Irak) aus dem kleinen Gebirgsdorf Aräden durch mehrere Monate hindurch

Sprachaufnahmen zu machen'. Das Dorf Aräden liegt ca. 20 km westlich der

Stadt Amadija imweit der irakisch-türkischen Grenze. Der dort gesprochene

Dialekt gehört zu der Gruppe der sogenannten Fellihi-Dialekte, unter¬

scheidet sich aber von dem der Ebene in einigen Einzelheiten und ist weniger

vom Arabischen beeinflußt. So hatte z. B. der Großvater des Gewährs¬

mannes noch kein Arabisch gesprochen. Die bis jetzt veröffentliohten Auf¬

nahmen des Fellihi (Gmoi, Sachau, Socin, Lidzbabski) stammen alle aus

der Ebene von Mosul oder sind bloß Transkriptionen schriftlicher Texte.

Da sich diese Dialekte gegenüber dem viel besser bekannten von Urmia durch msprünglichere Züge auszeichnen, wäre es wichtig, noch viel mehr Material aus

dieser Gegend zu sammeln. So ist z. B. der Diphtong au noch nicht zu ö ge¬

worden : gaura ,Mann' — Urm. göro, bei einigen sogar göro mit Verschiebung von g zu g. Die in Urmia übliche Verengung von Vokalen hat nicht stattgefun¬

den: jöma ,Tag' — Urm. jüma, reäa ,Kopf' —■ Urm. rlSa, rüia , Schulter' —

Drm. rujsa. Oft weisen verwandte Wörter noch größere Unterschiede auf:

Aösci,Baueh' —• Urm. klsa und clsa. Das partizipiale m-Präfix der abgeleiteten

Verbalstämme ist erhalten, während es in Urmia abgefallen ist, usw.

Besonders interessant ist die Registrierung eines für diese Dialekte bisher

nicht bezeugten Lautes, eines emphatischen c, das der Gewährsmann deut¬

lioh vom gewöhnlichen 6 unterschied. Dieser Laut kommt in relativ wenigen Wörtem vor, von denen keines semitischen Ursprungs zu sein scheint. Bisher konnte nur ein Beispiel für seine phonologische Relevanz gefunden werden:

«Sora ,Ausweg, Abhilfe' — cara ,ein schwarzer Vogel'. Die Feststellung des

C-Lautes im Dialekt von Aräden steht noch zu vereinzelt da, um weitere

Schlüsse zuzulassen. Es müßten neue phonetisch genaue Aufnahmen aller

angrenzenden Dialekte gemacht werden, wobei die Forscher mit dem Vor¬

kommen der Velarisation oder sogar des Stimmritzenverschlusses bei allen

Tenues und Affrikaten rechnen müssen.

Zur Begründvmg dieser Möglichkeit sei auf die folgenden Ergebnisse der

jüngsten Arbeiten über den Urmia-Dialekt hingewiesen.

Für die in der Sowjetunion ansässigen Assyrer, wie sich die nestorianisch-

christliehen Aramäer nennen, wmde ein neues Alphabet auf der Grundlage

des lateinischen geschaffen. Einige kleine Bücher in dieser Schrift, die zu-

fäUig nach dem Westen gelangt waren, bildeten nun den Anlaß für eine er¬

neute Beschäftigung zweier Orientalisten mit dieser Sprache. 1959 publi¬

zierte Johannes Feiedbich eine grammatische Skizze^ und 1960 einige

seiner Texte'. Auf Grund gewisser Gesetzmäßigkeiten in der Orthographie

stellt Fbiedbich das Vorhandensein einer Art Vokalharmonie fest, da be-

' Die angefertigten Tonbandaufnahmen sind im Phonogrammarchiv der

österreichischen Akademie der Wissenschaften hinterlegt.

2 ZDMG 109, pp. 50—81. ' Abh. f. d. K. d. Morgenl., XXXIII, 4.

(24)

stimmte Wörter nur die hellen Varianten, andere hingegen nur die dunklen Varianten gewisser Vokale enthalten.

Einen weiteren Schritt in der Erfassung der einschlägigen russischen Li¬

teratur macht Polotsky in seinem jüngsten Beitrag im Jomnal of Semitic

Studies'. Auf Grund ähnlieher Texte wie Fbiedeich und von Arbeiten

russischer Gelehrter stellt Polotsky die erwähnte Vokalharmonie genauer

dar und gibt sehr interessante Vergleiche verschiedener Transkriptions¬

systeme. Der eigentliche Entdecker der sogenannten Vokalharmonie im

Urmia-Dialekt ist der verstorbene russische Semitist Juschmanov. Er

nannte diese Erscheinung „Sjmharmonismus" und führte sie auf die Nach¬

wirkung geschviomdener velarisierter (emphatischer) Laute und des 'Ain

zurück.

Zu der von Polotsky eingesehenen Literatur sind die Arbeiten des Ge¬

orgiers Konstantin Tseeeteli hinzuzufügen, der im großen und ganzen

auf den Erkenntnissen Juschmanovs aufbaut. Es handelt sieh mn eine

Reihe von Aufsätzen in dem Bulletin der Georgischen Akademie der Wissen¬

schaften zwischen 1946 und 1957 imd vor allem um eine 1958 in Tiflis er¬

schienene vergleichende phonetische Studie der modernen aramäischen

Dialekte^. Das 250 Seiten starke Werk ist zwar in georgischer Sprache ge¬

schrieben, enthält aber ein ziemlich ausführliches russisches Resumö'.

Nach Tseeetelis Darstellung haben die fünf Grundvokale des Urmia-

Dialekts A, E, I, O, U je drei Arten der Aussprache : eine weiche, mittlere

und harte, bzw. vordere, mittlere und hintere. Diese Arten nennt er den

,timbre' eines Vokals. Das Wesen des Synharmonismus besteht darin, daß

in einem Wort, mit geringen Ausnahmen, nur Vokale einer der beiden

äußeren Reihen, eventuell gemischt mit Vokalen der mittleren Reihe, die

eine untergeordnete Rolle spielt, vorkommen. Die beiden äußeren Reihen

stehen zueinander in einem phonologischen Gegensatz, und Juschmanov

spricht von einem „kollektiven Phonem". Die Beispiele, die für diesen Gegen¬

satz beigebracht werden, sind gering an Zahl, z. B. : tälä ,Falle' — tdlä

,Fuchs'. Hier ist die Ursache der dunklen Färbung das geschwundene 'Ain,

vgl. arab. ta'lab. Ein Beispiel aus den eigenen Sammlimgen des Referenten

zeigt, daß das Phänomen nicht immer mit dem Schwund der Velarisation

oder des 'Ain zusammenhängt, da es sich hier um ein Fremdwort handelt:

pilhn , irgendjemand' (= arab./tiZän) und pllitn ,Plan'. Für den Gewährs¬

mann (einen Assyrer in den USA) lag der Unterschied allerdings weniger in

den Vokalen als in den Konsonanten, aber nieht nm beim L (/— i), wo er fm

uns deutlich hörbar ist, sondern auch beim P.

Dies leitet zum Problem der Konsonanten über. Tseeeteli stellt fest,

daß die sogenannte emphatische Aussprache gewisser Laute des Semitischen völlig geschwunden sind. Hingegen wird zwischen ,aspiriert" und ,unas- piriert' unterschieden. Die unaspirierten Laute nennt er ,Abruptivlaute'.

Dieser Unterschied wurde von dem russisch schreibenden Nestorianer

Kalaschew bereits 1894 genau notiert. Wiehtig ist zu bemerken, daß er

sich auf alle drei Tenues P, T, K und auf den Affrikaten C erstreckt. Das

' JSS 6/1961, pp. 1—31.

2 Essay of Comparative Phonetics of the Modem Assyrian Dialects, Acad.

of Sciences of the Georgian SSR, Inst, of Linguistics. Der Titel ist bei Po¬

lotsky genannt.

' Das Resume ist jetzt in deutscher Übersetzung im Anhang zum 3. Band

von F. Altheims Geschichte der Hunnen (1961) zugänglich.

Abbildung

Abb. 1: Mumienmaske aus Hawara;
Abb. 1: Mumienporträt aus Antinoopolis;
Abb. I: (Idldiigraffi-a'.is Sij(lsil)irion.
TAFEL III
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