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Archiv "Sowjetunion: Säuglingssterblichkeit steigt wieder an" (09.10.1980)

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AUS ALLER WELT

VEREINIGTE STAATEN

Der neue ethische Kodex der AMA

Auf ihrer diesjährigen Generalver- sammlung hat die American Medi- cal Association (AMA) einen neu- en ethischen Kodex verabschie- det. Er ersetzt ein Dokument aus dem Jahre 1957, das damals zehn Absätze umfaßte; das neue Doku- ment hat nach einer Präambel le- diglich sieben Paragraphen. Der Verabschiedung gingen drei Jahre Ausschußarbeiten voran; der Aus- schuß hat dabei die ganzen Verei- nigten Staaten bereist und sich die Meinung der örtlichen Ärztegesell- schaften angehört.

Eigentlicher Anlaß für die Neufor- mulierung der ethischen Richtli- nien war ein Streit, der vor etwa drei Jahren zwischen der Ameri- can Medical Association und dem amerikanischen Kartellamt aus- brach: Die Kartellbehörde bean- standete das in der alten Berufs- ordnung für Ärzte stehende Wer- beverbot.

Es wurde sehr bald offenbar, daß keine Chance bestand, das Werbe- verbot vor den Gerichten erfolg- reich zu verteidigen. Aus diesem Grunde ist das Auffälligste an der neuen Berufsordnung das, was nicht mehr darin steht.

Hier der Wortlaut der „Principles of Ethics" der American Medical Association in einer unverbindli- chen DÄ-Übersetzung:

„Präambel: Der ärztliche Beruf hat sich seit eh und je an einen Kom- plex ethischer Prinzipien gehal- ten, die in der Hauptsache zum Nutzen des Patienten formuliert worden waren. Als Mitglied des Berufsstandes hat sich ein Arzt nicht nur an der Verantwortung gegenüber seinen Patienten zu orientieren, sondern auch an der Verantwortung gegenüber der Ge- sellschaft, gegenüber den ande- ren Berufen im Gesundheitswesen und gegenüber sich selbst. Die fol- genden Prinzipien, die von der

American Medical Association an- genommen worden sind, sind nicht Gesetz, sondern Verhaltens- normen, die die Grundsätze eines ehrenhaften Verhaltens des Arztes beschreiben.

Erstens: Der Arzt soll sich bemü- hen, kompetente ärztliche Hilfe mit Hingabe und mit Respekt vor der menschlichen Würde zu lei- sten.

Zweitens: Der Arzt soll ehrenhaft (honestly) mit Patienten und Kolle- gen umgehen, und er soll diejeni- gen Ärzte, deren Charakter oder Kompetenz nicht ausreichend sind (deficient), oder die sich be- trügerisch verhalten, keineswegs decken.

Drittens: Der Arzt soll das Gesetz respektieren, aber auch eine Ver- antwortung darin sehen, solche Bestimmungen zu ändern zu su- chen, die den Interessen des Pa- tienten widersprechen.

Viertens: Der Arzt soll die Rechte des Patienten, der Kollegen und der anderen Gesundheitsberufe respektieren, und er soll das Pa- tientengeheimnis im Rahmen der Gesetze beachten.

Fünftens: Der Arzt soll die medizi- nische Wissenschaft ständig wei- terstudieren, sie anwenden und sie voranbringen; er soll bedeutsa- mes Wissen den Patienten, den Kollegen und der Öffentlichkeit mitteilen; er soll um kollegialen Rat nachsuchen und die Kenntnis- se anderer Gesundheitsberufe nutzen, wenn es erforderlich ist.

Sechstens: Der Arzt soll, im Sinn einer angemessenen ärztlichen Versorgung, frei sein (ausgenom- men Notfälle) bei der Wahl des Pa- tienten, bei der Wahl des Partners und bei der Wahl des Ortes für die Gewährung ärztlicher Leistungen.

Siebtens: Der Arzt soll bereit sein, Verantwortung zu übernehmen bei der Teilnahme an den Bemü- hungen um eine bessere Gesell- schaft." bt

SOWJETUNION

Säuglingssterblichkeit steigt wieder an

Die Säuglingssterblichkeit in der Sowjetunion ist in den 60erJahren ähnlich wie in den meisten Indu- striestaaten einigermaßen gleich- mäßig zurückgegangen; seit 1970 aber ist sie bis auf den Stand von 1962 wieder angestiegen. Dies ist eine Beobachtung, die der ameri- kanische Arzt Dr. William A. Knaus in einem Buch über die Medizin in der Sowjetunion mitteilt, das im kommenden Frühjahr erscheinen soll; die Angaben über die Sterb- li>chkeit in der Sowjetunion sind von der Zeitung der American Me- dical Association jetzt vorab veröf- fentlicht worden. Aus dem Jahr 1961 war eine Säuglingssterblich- keit von etwa 32 auf 1000 Gebur- ten bekannt; sie sank bis auf unter 23/1000 im Jahr 1971. Dann knick- te die Kurve jäh nach oben und stieg bis auf knapp unter 32/1000 im Jahr 1977.

Knaus gibt diese Zahl mit allem Vorbehalt an. Er hat längere Zeit in der Sowjetunion gearbeitet und hat auch zahlreiche persönliche Bekanntschaften mit Persönlich- keiten des sowjetischen Gesund- heitswesens. Bei seinem letzten Aufenthalt in der Sowjetunion hat er festgestellt, daß das Wiederan- steigen der Säuglingssterblichkeit von den Verantwortlichen keines- wegs geleugnet wird, so daß man die Zahlen zumindest in der Grö- ßenordnung als richtig ansehen kann.

Eine Reihe von Gründen werden angeführt und für die statistische Entwicklung verantwortlich ge- macht: So spiele es in der Ge- samtstatistik sicherlich eine er- hebliche Rolle, daß in der letzten Dekade die absolute Geburtenzahl in dem besser ausgestatteten europäischen Teil der Sowjetuni- on stagniert habe, während sie in den asiatischen Sowjetrepubliken erheblich anstieg. Dort aber ist wegen der schlechteren Ausstat-

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AUS ALLER WELT

tung des Gesundheitswesens mit einer höheren Säuglingssterblich- keit zu rechnen, die sich bei einem Steigen der absoluten Geburten- ziffer auf die Gesamtstatistik aus- wirkt. Dies erklärt das Ansteigen aber keineswegs allein; auch in

„westlichen" Sowjetrepubliken ist ein Wiederansteigen der Säug- lingssterblichkeit zu beobachten, beispielsweise in Litauen.

Dr. Knaus stellt eine Reihe weite- rer Vermutungen an: Zugenom- men hat nach seinen Beobachtun- gen die Zahl der Schwanger- schaftsabbrüche — nach seinen Angaben läßt die Sowjetfrau im statistischen Durchschnitt sechs- mal während ihres Lebens abtrei- ben.

Erheblich zugenommen habe auch der Alkoholismus und das Rauchen unter den sowjetischen Frauen. Ein russischer Autor hat auch zu erkennen gegeben, daß die Zahl der mißgebildet oder be- hindert zur Welt kommenden Kin- der ständig anwachse, und dies auf die zunehmende Umweltver- schmutzung im Zusammenhang mit der Industrialisierung zurück- geführt.

Knaus erkennt durchaus an, daß die Sowjetregierung in den ersten 40 bis 50 Jahren ihres Bestehens einen ganz erheblichen Nachhol- bedarf zu befriedigen hatte und es in der Tat geschafft habe, auf dem Gebiet des Gesundheitswesens ei- nen großen Teil des Rückstandes gegenüber dem Westen aufzuho- len. Es sei aber unübersehbar, daß dieses Aufholen etwa seit 1970 ab- gebrochen ist. Zwar sei das sowje- tische Gesundheitssystem perso- nell sehr gut besetzt, seine techni- sche Ausrüstung lasse aber erheb- lich zu wünschen übrig. Mögli- cherweise ist der Bruch in der Ent- wicklung darauf zurückzuführen, daß etwa 1970 ein Stand erreicht worden war, den man mit mehr personellem Einsatz nicht mehr verbessern konnte. Die technische Ausrüstung des Gesundheitswe- sens habe jedoch keine hohe Prio- rität. bt

Ausbildungs- angebot: Furore mit überholten Fakten

An die besondere Verantwortung der Freien Berufe haben Sprecher der Bundesregierung appelliert, alles zu tun, um arbeitsplatz- und ausbildungsplatzsuchende Ju- gendliche unterzubringen. Die Freien Berufe waren sich dieser besonderen Aufgabe bewußt und stellten in steigendem Maße Aus- bildungsplätze in ihren Praxen und Büros bereit. So stiegen die Ausbildungsplätze beispielsweise bei Ärzten und Zahnärzten 1978 auf über 55 000; bei Anwälten und Notaren im gleichen Jahr auf 23 000.

Das Ausbildungsplatzproblem hat sich somit — 1980 — im wesentli- chen entschärft. Es zeigt sich heu- te schon die umgekehrte Tendenz:

Vielfach ist ein Mangel an qualifi- zierten Kräften erkennbar.

Daß man vor zwei, drei Jahren die Situation auf dem Markt für Lehr- stellen vorausschauend kennen- lernen wollte, ist nur zu gut ver- ständlich. Deshalb wurde 1977/78 beim Bundesinstitut für Berufsbil- dung in Berlin eine Erhebung in Angriff genommen, die, basierend auf Erkenntnissen aus der Zeit von September bis Dezember 1978, ei- ne Prognose des potentiellen An- gebots an Ausbildungsplätzen lie- fern sollte. Die erst 1980 — also zu einem sehr späten Zeitpunkt —ver- öffentlichte Studie liefert immer- hin noch soweit interessante Er- kenntnisse, als sie die positive und erfolgreiche Beteiligung der Frei- berufler an der Ausbildung ihrer Helfer in einem besonderen Licht erscheinen läßt.

So beteiligten sich durchschnitt- lich etwa die Hälfte der befragten Kanzleien, Büros und Praxen bei steigender Tendenz an der Ausbil- dung. In der Spitzengruppe waren die Notariate mit 62 Prozent und

DER KOMMENTAR

die Zahnärzte mit 61 Prozent Aus- bildungspraxen zu verzeichnen.

Auch die Ausbildungsintensität, das ist das Zahlenverhältnis von auszubildenden und ausgebilde- ten Fachkräften, ist bei Freiberuf- lern relativ hoch. Sie liegt bei 14 Prozent im ärztlichen Bereich, 13 Prozent bei den juristischen Beru- fen und bei den beratenden Beru- fen immerhin noch bei zehn Pro- zent.

Möglicherweise von besonderem Interesse ist auch die Erkenntnis, daß neugegründete Praxen eine größere Neigung besitzen, sich an der Ausbildung in den Helferberu- fen zu beteiligen. Die Studie kommt zur Erkenntnis, daß die vorhandene Zahl der Auszubilden- den in den Praxen von Freiberuf- lern etwa um die Hälfte gesteigert werden könnte, wollte man das gesamte Ausbildungspotential der Freiberufler aktivieren.

So interessant und so befriedi- gend die Erkenntnis auch ist, daß

„die freien Berufe fleißige Ausbil- der sind", so neu ist dies letztlich nicht.

Kein faires Verfahren

Ärgerlich wird es, wendet man sich Einzelheiten zu. Man ent- deckt Schwachstellen und Män- gel. Beinahe vor den Kopf gesto- ßen fühlt man sich, wenn der Ver- such unternommen wird, aus ei- ner nicht mehr so recht aktuellen Untersuchung aus dem Jahr 1978 in 1980 noch politisches Kapital zu schlagen. Dies muß sich das Pres- sereferat des Bundesinstituts sa- gen lassen. Dessen tendenziöse Presseerklärung könnte bewirken, die guten Absichten und Anstren- gungen der Freiberufler zu unter graben. Daß dies auch dem zu- ständigen Bildungsminister nicht recht sein kann, läßt sich so kurz vor dem Wahltermin leicht aus- malen.

Bereits der Titel der Expertise wur- de manipuliert. „Ausbildungs- platzangebot und Ausbildungsver-

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Referenzen

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