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Von besonderem Interesse war die Erforschung der geographischen Distri¬ bution des höflichen Vokabulars des Javanischen

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Academic year: 2022

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DIALEKTGEOGRAPHISCHE ASPEKTE DES HÖFUCHEN VOKABULARS IM

WESTLICHEN ZENTRAUAVA

Von Bernd Nothofer, Köhl

Im Rahmen der dialektgeographischen Erfassung des javanischen Sprachgebiets

unternahm ich 1979 ein sechsmonatige Forschungsreise durch den Westen Zentral¬

javas' . Karte 1 zeigt das Gebiet, in dem die Dialekte von 34 Dörfern untersucht wurden^ . Von besonderem Interesse war die Erforschung der geographischen Distri¬

bution des höflichen Vokabulars des Javanischen. In einer Anzahl von Sprachen In¬

donesiens (Javanisch, Sundanesisch, Maduresisch, Balinesisch, Sasak) gibt es eine

Unterscheidung zwischen nicht-höfhchem und höfhchem Vokabular. Diese Unter¬

scheidung existiert zwar nur für einen Bruchteü des Wortschatzes dieser Sprachen, sie ist aber dennoch von Bedeutung, da sie bei Begriffen von hoher Gebrauchsfre¬

quenz verwendet wird (z. B. Körperteile, Kleidung, menschliche Handlungen und

Eigenschaften). Das höfliche Vokabular unterghedert sich in mehrere Ebenen. Im

Rahmen dieses Berichts wird nur das höfliche Vokabular behandelt, das im Java¬

rüschen als fcrama-Vokabular bezeichnet wird. Das /rrama-Vokabular kann in zwei

Untergruppen geteüt werden: in /:rama-Formen und in Ärrawa-Wörter. Krama-Fov- men sind solche, die durch morphophonemische Prozesse von ihren nicht-höflichen Entsprechungen («goA:o-Wörtem) abgeleitet sind, z. B. kintin „denken", pinten

„wieviel" und dinten „Tag" sind A:ra/m-Formen, die von den «g^oto-Wörtern kir-^, pir^ bzw. din'^ abgeleitet sind. /Cra/Tw-Wörter sind solche, die nicht durch mor¬

phophonemische Prozesse von ihren n^o/:o-Entsprechungen abgeleitet sind. Höf-

hche Wörter sind z. B. griy^ „Haus" und diem „schlafen", die den nicht-höflichen Wörtern omah bzw. tum entsprechen.

DIALEKTVARIATION DES NICHT-HÖFLICHEN UND DES HÖFLICHEN VOKABULARS

Die Untersuchung hat ergeben, daß das höfliche Vokabular weniger Dialekt¬

variation zeigt als das nicht-höfliche Vokabular. Dies ist wahrscheinhch darauf zu¬

rückzuführen, daß das höfliche Vokabular eine relativ rezente Innovation ist. Einige

1 Dieses Projekt wurde durch ein Stipendium und eine Sachbeihilfe der Deutschen Forschungs¬

gemeinschaft ermöglicht.

2 Die Zahlen bezeichnen folgende Dörfer: 1 = Muarareja, 2 = Sindangjaya, 3 = Rajegwesi, 4 = Galuhtimur, 5 = Tayem, 6 = Sitemu, 7 = Luwijawa, 8 = Kedawung, 9 = Sambirata, 10

= Pengadegan, 11 = Gandrungmanis, 12 = Grujugan, 13 = Karangduren, 14 = Majapura, 15

= Jojogan, 16 = Api-Api, 17 = Lolong, 18 = KaUbening, 19 = Danareja, 20 = Gumawang, 21 = Buluspcsantren, 22 = Plumbon, 23 = Prigi, 24 = Pejawaran, 25 = Wonobodro, 26 = Po- nowareng, 27 = Tegalombo I, 28 = Bojong, 29 = Tegalombo II, 30 = Brunorejo, 31 = Wareng, 32 = Jogoboyo, 33 = Banaran, 34 = Mula

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Dialektgeographische Aspekte des höflichen Vokabulars 387

der im modernen Javanisch als krama verwendeten Wörter treten zwar bereits im

Altjavanischen (d. h. zwischen 900 und ± 1600 n. Chr.) auf, aber vermuthch hatten

diese Wörter im Altjavanischen noch nicht die Funktion, die sie heute haben. Es

ist anzunehmen, daß die Wörter, die heute krama sind, ursprünghch hauptsächlich

als stilistisches Mittel zur Vermeidung der Wiederholung verwendet wurden. Auch

einige der im Neujavanischen als krama verwendeten Formen treten bereits in altja¬

vanischen Texten auf. Auch sie dienten ursprünghch wahrscheinhch nicht der Un¬

terscheidung nicht-höflich höflich. Das Entstehen dieser Formen geht u. a. auf

den Einfluß der altjavanischen Poesie zurück.

DISTRIBUTION DES KRAMA-VOKABULARS

Die westlichen Dialekte haben weniger ÄrraAna-Vokabular als die weiter im Osten gesprochenen Dialekte. Das Gebiet, das am wenigsten /:rama-Vokabular verwendet, ist die Region um Tegal (Dörfer 1, 2, 3, 4, 7, und 8). Die Dialekte 32, 33 und 34

besitzen mehr fcrama-Vokabular als ahe anderen untersuchten Dialekte. Diese Di¬

stribution läßt sich folgendermaßen erklären. Die Unterscheidung zwischen nicht-

höfhchem und höfhchem Vokabular stammt wahrscheinhch aus dem Gebiet um

Yogyakarta. Von diesem kulturellen Zentrum aus verbreitete sich dieses Phänomen in die umliegenden Regionen, aber es erreichte nicht immer die peripheren Gebiete

des Sprachraums (siehe Karte 2^). Eine solche Entwicklung konnte auch im sun¬

danesischen Sprachgebiet beobachtet werden" .

Gelegenthch haben die krama-äxmexen Gebiete Ärama-Vokabular für Konzepte,

die in fcrama-reicheren Gebieten ohne A:rawa-Vokabular auftreten. Dieses krama- Vokabular ist als lokale Innovation zu betrachten (siehe Karte 3).

CHARAKTERISTIKA DES HÖFLICHEN VOKABULARS IN ^TÄAAM-ÄRMEREN

GEBIETEN

1. In einigen Fällen ist das fcrama-Wort eine Entlehnung des n^oto-Worts der be¬

nachbarten Dialekte (siehe Karten 4 und 7).

2. Das Arrama-Wort kann eine Entlehnung des ngoko-^oxts aus den Arrama-reicheren

Gebieten sein (siehe Karte 5). Vermuthch wurden zur Zeit der Verbreitung des

höflichen Vokabulars die n^ofco-Wörter der /cra/na-reicheren Gebiete als höf- hcher betrachtet. [Seltener kommt es vor, daß Dialekte der Ä:rama-reicheren Ge¬

biete das ngoko- oder das neutrale (d. h. das weder als ngoko noch als krama markierte) Wort der fcrama-ärmeren Regionen als krama-VJoit verwenden.]

3 Es gibt zahlreiche Dialektkarten, die diese Beobachtung belogen. Aufgrund der begrenzten Seitenzahl, die für diesen Bericht zur Verfügung steht, beschränke ieh mich - wie auch fiir alle weiteren Beobachtungen - auf nur ein Kartenbeispiel.

4 Nothofer, Bernd, Dialektgeographische Untersuchungen in West-Java und im westlichen Zentral-Java. Wiesbaden 1980, 83-86 und Karten 61-63 und 66.

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3. Es gibt Fälle, in denen die ngoko- und fcrama-Wörter der krama-äimeren und

der fcrama-reicheren Gebiete miteinander vertauscht scheinen (z. B. auf Karte 6). Was Karte 6 betrifft, so kann man das ngoko-V/ovt der A:rama-ärmeren Gebie¬

te als eine ältere Entlehnung aus dem Malaiischen erklären und das entsprechende krama-yJort als eine Entlehnung des n^ofco-Worts der A:rama-reicheren Dialekte.

Das krama-VJoit der fcra/?ja-reicheren Dialekte ist wahrscheinlich eine relativ re¬

zente Entlehnung aus dem Malaiischen oder aus den benachbarten westlichen

Dialekten.

4. Das itrama-Wort kann ein Relikt sein. Siwer) „leer" auf Karte 7 ist älter als das

ngoko-^OTi suwuT). Neujavanisch suwut) ist das Resultat der Entwicklung

Altjavanisch -ewi- >Neujavanisch -uwu-.

5. Krama-Fomien sind relativ häufig Neubildungen, die analogisch nach gewissen morphophonemischen Prozessen konstruiert sind, die fcrama -Formen von ngoko- Wörtern ableiten. Auf Karte 8 ist die krama-Fom bar) bät/bambet „Bambus"

nach dem Modell

gebUdet (z. B. ngoko: jambu, krama: jambet „Guavabaum" oder ngoko: labuh, krama: labit „kämpfen fiir").

6. Es kommt vor, daß das fcrama-Wort identisch ist mit dem ngoko-^oit eines se¬

mantisch verwandten Konzepts eines östlichen oder eines benachbarten Dialekts.

Auf Karte 9 z. B. wird jur) kat in einigen Dialekten als das Ärama-Wort für „Egge"

verwendet. In den anderen Dialekten erscheint juij kat als das ngoko-^ort für

„Kamm".

7. Das fcrawM-Wort kann identisch sein mit dem krama-V/oit eines semantisch ver¬

wandten Konzepts eines östlichen oder eines benachbarten Dialekts. Auf Karte

10 ist sawuT) in den westlichen Dialekten das krama-^oti für „Huhn", in den östlichen Dialekten jedoch ist es das krama-^ort für „Hahn".

8. Das Ä:rama-Wort kann eine Entlehnung aus dem Malaiischen sein. Ein Beispiel

erscheint auf Karte 11: tumbuk „Reis stampfen" stammt wahrscheinlich aus

dem Malaüschen.

Karte 12 zeigt wie Entlehnungen aus dem Malaiischen an der Entstehung von

fcrama-Wörtern teilnehmen. Wir fmden zwei große Dialektgebiete, in denen nur

ein neutrales Wort für „süß" existiert : in den westhchen Dialekten wird das malai¬

ische Lehnwort manis verwendet und in den östlichen Dialekten das javanische

Wort legi. An der Grenze zwischen diesen beiden Territorien gibt es Gebiete, in

denen das benachbarte neutrale Worte als krama-^oxi auftritt: an der Peripherie des

ma/i/'s-Gebiets finden wir eine Region, wo manis das ngoko-^oxi und l^gi das

krama-^oxi ist; an der Peripherie des /e^-Gebiets finden wir zwei Regionen, wo

ligi das ngofco-Wort und manis das A:rama-Wort ist.

Eine exaktere und umfangreichere historische Analyse des höfhchen Vokabulars wird erst dann möglich sein, wenn ein größeres bzw. das gesamte javanische Sprach¬

gebiet dialektgeographisch erfaßt ist. Da die diachronische Interpretation der gesam¬

melten Daten eines der Hauptziele dieser dialektgeographischen Untersuchungen ist, soll die Feldforschung bald auf den Osten Zentraljavas und auf Ostjava ausgedehnt werden.

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390 B. Nothofer

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KARTE 3

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Dialektgeographische Aspekte des höfliehen Vokabulars 393

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Fachgruppe 12: Indonesische und SUdsee-Sprachen 401

WEITERE VORTRÄGE

Rainer Carle, Hamburg: Anmerkungen zu Armijn Panes Roman ,.Belenggu".

Irene Hilgers-Hesse, Köln: Elemente zeitgenössischer Prosa Indonesiens und Malay¬

sias.

U. Kratz, London: Die Anfänge der modernen indonesischen Literatur: Die neue

Poesie.

Wolfgang Marschall, BoUigen: Lehnwörter im Nias.

Ulrike Mosel, München: Die Entwicklung des Tolai zur Lingua franca im Bismarck- Archipel.

Peter W. Pink, Hamburg: Moderne Tendenzen der bahnesischen Religion.

Thomas Schweizer, Köln: Konsumverhalten im ländhchen Java; erschienen in So¬

ciologus, 20 (1980), 123-153.

Referenzen

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