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Archiv "ETHIK: Hemmungen" (16.04.1982)

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Die Information:

Bericht und Meinung Medizinische Ethik

Position, die heute kaum seriöse Unterstützung fin- den dürfte, hat mit der zeit- genössischen Debatte über Euthanasie, die das Recht jedes Menschen auf Ster- behilfe vertritt, nichts zu tun.

7. Herr Furch bemängelt, daß Legalität und Ethik nicht absolute Deckungs- gleichheit aufweisen. Das ist zwar richtig, aber kaum verwunderlich. Ethik, die gesetzlich gesichert ist, hört auf, Ethik zu sein, um Moral zu werden. Ethik ist nicht ein Kodex von Richtli- nien, sondern ein Bündel von Problemen. Der philo- sophische Zweig der Ethik ist nur lebendig, solange er nicht zu Kochrezepten de- gradiert oder in Gesetzen fixiert ist. Eine ethische Ge- genposition braucht weder als „vorherrschende Ideo- logie" noch als „fragwürdi- ge, willkürliche Kultur"

oder als „überkommene Wertvorstellung" abgekan- zelt zu werden. Solche Min- derungsversuche degra- dieren die eigene Position.

8. Nicht nur Kritik, auch konstruktive Vorschläge sind in Furchs Schrift zu finden: Ethik-Kommis- sionen, Ethik-Lehrstühle, Ethikforen sind einige sei- ner begrüßenswerten Vor- schläge. Nur wird implizit und z. T. explizit gefordert, daß diese Initiativen im Schoße der organisierten Ärzteschaft erfolgen sollen, ein Novum, das kaum Par- allelen findet. Ethiklehr- stühle in den USA oder Eu- ropa (beispielsweise in Großbritannien oder Hol- land) sind oft von Philoso- phen oder Theologen be- setzt. Das gilt auch für Zeit- schriftenredaktionen, Sym- posia- und Kongreßleitun- gen. Insofern kann eine Re- novation der Medizinethik nur dann erfolgen, wenn wir Ärzte uns der Diskus- sion mit anderen Diszipli- nen stellen. Unser Handeln soll nicht außermedizinisch diktiert werden, aber unser Denken muß für den Dialog

mit den Geisteswissen- schaften offen bleiben.

Zusammenfassend und vorschlagsweise: Unsere Ethikdiskussionen sollten viel fraktionierter erfolgen:

einzelne Themen, durch- dachte Argumentation, ausgiebige Debatte, zag- hafte Schlußfolgerung. Nur so läßt sich der Weg zu ei- ner reifen Ethik anbahnen!

Dr. Michael Kottow Elisabethenstraße 15 7000 Stuttgart 1

Hemmungen

Was Furch schreibt, er- scheint auf den ersten Au- genblick einleuchtend.

Dennoch bleibt nach Lesen seiner Ausführungen ein Gefühl der Unbefriedigtheit zurück. Furch hat an die Zeit erinnert, wo das, was Hitler vorschrieb, als gut galt. Dabei verfällt er in den Fehler, nunmehr die Ten- denzen jener Zeit als von vornherein schlecht zu ver- stehen. Dadurch wird leicht übersehen, daß zum Bei- spiel die gedanklichen We- ge zur Euthanasie eben nicht von Leuten ausgin- gen, die sich Teufeleien einfallen lassen wollten, sondern die die Menschen einer großartigen Vervoll- kommnung zuführen woll- ten. Ethik ist so viel wie Sit- tenlehre; Sitten haben den Sinn und Zweck, das Ver- halten der Menschen zu- einander, zur Natur und zu Gott zu regeln und zu er- leichtern. Es ist verständ- lich und richtig, gegen die Verwilderung der Sitten an- zugehen. Es ist aber auch angebracht, über sie nach- zudenken. Immer dann

nämlich, wenn die Sitten an ihrem ursprünglichen Zweck vorbeigehen, kön- nen sie gegenstandslos werden. Jesus Christus hatte bekanntlich den Ju- den oft das Unsinnige des Festhaltens an sittlichen Geboten, die längst im Ge-

gensatz zu menschlichen Erfordernissen standen, vorgeworfen. Furchs Mah- nungen sind sicherlich nicht falsch; aber man be- kommt Hemmungen, sich seinen Forderungen anzu- schließen. Ein profunder Denker wie Furch, der sich auf das Gebiet der Philoso- phie begibt, sollte dem Drange widerstehen, sich einfach auf einen anderen, zum Beispiel auch Hippo-

krates, zu berufen. (Hierbei sei aber nicht gesagt, daß der Eid des Hippokrates wertlos sei!) Es ist leichter, eine Ethik-Kommission im Rücken zu haben oder zum Beispiel die Euthanasie grundsätzlich abzulehnen, als vielleicht in einem selte- nen Ausnahmefalle nach seinem Gewissen und ge- gen das Gesetz zu handeln.

Wer einmal einen Augen- zeugenbericht vernommen hat, wie beim Durchqueren eines brasilianischen Flu- ßes ein Mensch von den gefährlichen Barracudas angefressen und gefährlich verletzt wurde, so daß er dann flehentlich um den Tod bat, wird die Dinge nicht mehr so absolut se- hen können. Mir ist auch eine Angelegenheit erin- nerlich, die eine Hebamme betraf. Diese hatte es unter- lassen, die Asphyxie eines dysmelen Kindes mit einem Wasserkopf zu bekämpfen.

Das neugeborene Kind starb wenige Tage später, und der Hebamme, die we- der eine eiskalte Frau noch eine Engelmacherin gewe- sen war, wurden Vorwürfe gemacht. Sie entgegnete damals, daß sie ihr Verhal- ten mit ihrem Gewissen ab- gemacht habe.

Im übrigen gibt es m. W.

(noch) keine Weltethik; wir haben allenfalls (so etwas wie) eine Ethik des weißen Mannes. Dadurch, daß der weiße Mann vor 100 Jahren (und zuvor und danach) seine Ethik den Eingebore- nen Afrikas und Amerikas beigebracht hat, hat er die- sen Völkern keinen nach-

haltigen Segen beschert.

Unsere guten moralischen Absichten waren oft die er- sten Schritte, die zur Ent- wurzelung dieser Men- schen führten. Es ist kein Wunder, daß die schwar- zen und braunen Eingebo- renen, nachdem sie mit un- serer (halb-)christlichen Gesinnung nur noch wenig anzufangen wissen, nun- mehr auf die für sie beque- mere sozialistisch-kommu- nistisch gefärbte zurück- greifen. Etwas bedenklich erscheint es auch anzuneh- men, daß die „medizini- sche Ethik" — im Gegensatz zur „übrigen" Ethik — in Ost und West gleich sei. Ich schließe mich gern der For- derung an „Aller Anfang ist Anstand!", die Schaffung von Lehrstühlen für medizi- nische Ethik (wo man uns Mores lehren will) lehne ich jedoch ab.

Dr. med. Albert Och mann Fürbringerstraße 18 2970 Emden

Schritt voran

Für den Beitrag . . . bin ich außerordentlich dankbar.

Bitte, tun Sie alles, um die- se aktuellen ethischen Fra- gen mehr ins Gespräch zu bringen! Die täglich tau- sendfache Tötung ungebo- renen Lebens darf uns nicht gleichgültig sein!

Auch ich sehe in der Bil- dung von Ethik-Kommis- sionen und Errichtung von Ethik-Lehrstühlen einen wichtigen Schritt voran, ebenso in vermehrter Dis- kussion ethischer Fragen im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT sowie an Fortbil- dungs- und anderen Stan- des-Veranstaltungen. — Un- sere Ärztekammer sei hier- mit dringend gebeten, Schritte in dieser Richtung vorzubereiten und rasch zu verwirklichen.

Dr. med. W. Walther Am Fohrenhang 7743 Furtwangen 12 Heft 15 vom 16. April 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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