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FORUM lmmıssıonssıtuatıon ım A
.. Schweizer Wald
F U R W l S S E N `
Dr. Robert Gehrig F
Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt
1 9 9 2 › Abieiıung Lufifremdsioffe, Umwelttechnik, Dübendoif
Das Interesse an Daten über die Immissionsbelastung durch Iluftschadstoffe in Wäldern wuchs anfangs der achtziger Jahre im Zusammenhang mit der Diskussion um die neuartigen Waldschäden sprunghaft an. Allerdings waren die damals in Betrieb stehenden Messstationen sowohl des Natio- nalen Beobachtungsnetzes für Luftfremdstoffe (NABEL) wie auch der Kantone nicht in Wäldern installiert, so dass hier eine ausgesprochene Wissenslücke bestand. Diese konnte dank des Natio- nalen Forschungsprogramms «Waldschäden und Luftverschmutzung in der Schweiz» (NFP 14+) durch die Aufnahme von Luftschadstoffmessungen auf drei Beobachtungsflächen verringert wer- den. Mit den drei Stationen Lägeren (Zindelen), Alptal (Erlentobel) und Davos (Seehornwald) wurde je ein Wald des Mittellandes, der Voralpen und der Alpen berücksichtigt. Obwohl die Wahl dieser Standorte in erster Linie aus forst- und bodenkundliclıer Sicht erfolgt war, bildeten sie bezüglich Höhenlage und Exposition eine gute Ergänzung zu den acht bestehenden NABEL-
Stationen. .
Für eine Einordnung und Beurteilung der auf den drei Waldstationen gemessenen Schadstoff- belastungen ist es von Interesse, die gefundenen Ergebnisse mit gleichartigen Immissionsmes- sungen an anderen Orten der Schweiz verglei- chen zu können. Zu diesem Zwecke bietet sich das bereits erwähnte, von der EMPA im Auf- trag des Bundesamtsfür Umwelt, Waldltund Landschaft (BUWAL) seit rund 10 Jahren betriebene Nationale Beobachtungsnetz für Luftfremdstoffe (NABEL) an. Dieses Messnetz umfasste zur Zeit der NFP 14+-Aktivitäten acht Stationen in :unterschiedlich stark belasteten Situationen. Seither wurde es auf 16 Stationen
erweitert. k
Entsprechend dem nationalen Charakter misst das NABEL keine örtlichen Besonderhei- Charakterisierung der Messstationen .
ten oder Extremsituationen, sondern die Luft-Ä verschmutzung an durchschnittlich exponierten Standorten. Lokal sind die NABEL-Standorte so gewählt, dass die verschiedenen Belastungs- stufen (stark, mittel, .schwach belastet) adäquat
vertreten sind. __
Die untenstehende Tabelle gibt einen Uber- blick_ über die acht Messstandorte des NABEL und die drei Waldstationen mit :den Stations- namen, den in den Grafiken verwendeten 'Abkürzungen, der Höhe über Meer sowie einer Kurzcharakterisierung des Standorts- bzw. Be- lastungstypus. Ausführlichere Beschreibungen finden sich im jährlich vom BUWAL heraus- gegebenen NABEL-Messbericht und in den NFP 14+-Schlussberichten.
Name Abkürzung Höhe
Dübendorf Dü s 430
Zürich Zü 410
Basel Ba 320
Sion Si 480
Payerne Pa 500
Lugano Lu r 280
Tänikon F Tä 540
Jungfrauj och Ju 3580
Lägeren Lä 685
Alptal Al 1185
Davos Da 1660 T
Standorttypus ' Messnetz Agglomeration
Stadtzentrum Stadtrand ländlich' ländlich Stadtzentrum ländlich hochalpin
Wald, Mittelland ,Wald, Voralpen
Wald, Alpen
NABEL NABEL NABEL NABEL NABEL NABEL NABEL NABEL NFP 14+
NFP 14+
NFP 14+
Die vier untenstehenden Grafiken zeigen Ge- genüberstellungen der Jahresmittelwerte 1989 jener Messgrössen, die sowohl an den Wald- stationen, als auch an den NABEL-Stationen gemessen wurden, und erlaubendamit, einen direkten Vergleich der Belastungen zu ziehen.
Sohwefeldioxid
Jahresmittelwerte 1989
60 (ug/m3)
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Jahresmittelwerte 1989
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Wo vorhanden, wurde auch der Grenzwert der Luftreinhalteverordnung (LRV) angegeben.
A Im Vergleich mit den NABEL-Stationen las- sen sich die Immissionsbelastungen an den drei Waldstandorten Lägeren, Davos und Alptal wie folgt charakterisieren:
Ozon V
Jahresmittelwerte 1989
(ug/m3) V
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Stickstoffdioxid
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Vergleich der Jahresmittelwerte von Luftschadstoffen an den drei Waldstationen des NFP 14+ mit den entsprechenden NABEL-Stationen.
FORUM für Wissen Robert Gehrig 83 Schwefeldioxid V
Lägeren weist eine Belastung auf, die etwa der schwachen Belastung der beiden .ländlichen NABEL-Stationen Tänikon und Payerne ent- spricht. Die Stationen Davos und Alptal erhal-`
ten nur etwa die Hälfte davon. Im Vergleich mit dem Grenzwert der LRV (30 μg/m3) liegen die gefundenen Werte sehr tief.
Stickstoffmonoxid
Alle drei Stationen, insbesondere Davos und Alptal weisen nur sehr geringe Belastungen auf.
Der Grund hierfüreliegt in der Tatsache, dass keine Verbrennungsgase (Fahrzeuge, Heizun- gen) in unmittelbarer Nähe emittiert werden.
Stickstoffdioxid ` V
Die Belastung an der Station Lägereníentspricht etwa den Stationen Tänikon und Payerne des NABEL-Messnetzes. Dies reflektiert die Tat- sache, dass in der weiteren Umgebung der Waldstation Lägeren recht bedeutende Emis- sionen von Stickoxideni stattfinden (Autobahn N1, lndustrieraum Limmattal).Der Grenzwert der LRV von 30 μg/m3 wird zwar eingehalten, doch sind die Konzentrationen deutlich höher als an den Stationen Davos und Alptal mit wie- derum nur geringer Belastung.
Ozon ` 1
Alle drei Waldstationen zeigen hohe mittlere Ozonwerte. Von grösserer Bedeutung als die Mittelwerte sind bei diesem Schadstoff aller- dings die Belastungsspitzen, die an den drei Standorten recht unterschiedliches Verhalten zeigen. Obenstehende Tabelle «Spitzenwerte von Ozon›› zeigt neben den Jahresmittelwerten die Anzahl der LRV-Grenzwertüberschreitun- gen des 1-Stundenwertes von 120 μg/m3 in den Monaten April bis September der Jahre 1987 bis 1989, wobei sich markante Unterschiede erge- ben, die nachstehend ausführlicher diskutiert werden.
Jahresmittelwerte und Häufigkeit (der Spitzen- werte von Ozon _
Jahr 1 Lägeren MW >120 52 388 58 598 61 795 1987
1988 1989
Davos MW >120
64 19
65 20
67 33
Alptal MW >120' 69 173 72 292 76 423 MW = Jahresmittelwert Ozon in ug/m3
120 = Anzahl Stundenwerte über 120 ug/m3 (April - September) -
Es ist interessant, den Einfluss der Belastung mit primären Schadstoffen und der Höhenlage auf die Ozonbelastung näher zu untersuchen, was am Beispiel der Ozondaten des Jahres 1987 für folgende sechs ausgewählte Stationen ge- schehen soll: Zürich, Dübendorf, Payerne, Lägeren, Davos und Jungfraujoch (Unten- stehende Tabelle «Ozon-Jahresmittelwerte››).
Der Verlauf der>Monatsmittelwerte (Grafik auf der nächsten Seite: «Verlauf der Monatsmittel- werte von Ozon 1987››) zeigt für die vier Statio- nen Zürich, Dübendorf, Payerne, Lägeren ein ausgesprochenes Maximum im Sommer und ein Minimum im Winter. Die hohen J ahresmittel- werte von Ozon in Davos und Jungfraujoch sind hingegen mit einer kleinen jahreszeitlichen Variation verknüpft. Ausserordentliche meteo- rologische Verhältnisse im Mai und Juni 1987 (wenig Sonne, viel Regen) führten zurr_ı_ untypi- schen Absinken der Junimittelwerte. Uber die gesamte Periode wird aber die Reihenfolge des zunehmenden Jahresmittelwertes mit zuneh- mender Höhe gut eingehalten.Während in den durch primäre Schadstoffe nur sehr schwach belasteten Stationen Davos und Jungfraujoch die Ozonkonzentrationen nur wenig variieren, tritt bei den anderen Stationen die sommerliche Spitzenbelastung deutlich hervor, mit dem maximalen Monatsmittelwert im Juli. Eine Ana- lyse der Anzahl Stundenwerte über 120 μg/m3 Abhängigkeit der Ozon-Jahresmittelwerte und der Anzahl Stundenmittelwerte über 120 μg/m3 im Jahr 1987 von Höhe und Expositionstyp der Messstation
Station Höhe Expositions-typ *) Jahresmittel ,
V lm] ' [Ms/H13]
zürich 410 stark belastet
Anzahl Werte
>120 μg/m3 1 20
Dübendorf 431 mässig belastet 37
Payerne 490 mässig belastet 47
Lägeren V 685 mässig belastet
Davos 1660 7 schwach belastet
52 64 Jungfraujoch 3580 . - sehr schwach bel. _ 71
96 293 238 381 19 16
*) Der Bxpositionstyp beschreibt qualitativ die Belastung der Station mit photochemischen Vorläufer- substanzen (Stickoxide, flüchtige organische Verbindungen) 1 V
FORUM für Wissen Robert Gehrig_
Verlauf der Monatsmittelwerte von Ozon 1987
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(Grenzwert der (LRV) ergibt einen deutlichen Kontrast zu den Jahresmittelwerten. Die hoch gelegenen, wenig mit photochemisch aktiven Primärschadstoffen belasteten Standorte weisen deutlich weniger hohe Spitzenwerte auf. Am häufigsten wird der Grenzwert von 120 μg/m3 bei den im Einflussbereich primärer Schadstoff- quellen liegenden Standorten Dübendorf, Läge- ren und Payerne überschritten. Bedingt durch die als Ozonsenke wirkende grossflächige Stick- stoffmonoxidbelastung in der Stadt bleibt die Station Zürich von Ozon eher abgeschirmt, was sich in tieferen Mittelwerten und weniger ausge- prägten Spitzenwerten äussert.
Das Konzept der luftchemischen Messungen auf den drei Waldstationen umfasste Probe- nahmen auf zwei unterschiedlichen Höhen am Mast. Diese wurden so gewählt, dass sich eine obere Probenahmestelle an der Mastspitze befand. Diese erfasste die Luft über den Baum- kronen, in einer Höhe von ca. 5 m über den höchsten Wipfeln. Eine zweite, untere Probe- nahmestelle in 4 bis 10 m Höhe erfasste die Luft unterhalb des Kronenraums. Ziel dieser Mess-
anordnung war es, abzuklären, ob die Schad- stoffgehalte der von aussen an die Baumkronen herangeführten Luftmassen sich von den im Wald liegenden Luftmassen unterscheide.
Da sich die Konzentrationen von Schwefel- dioxid und Stickoxiden an den Stationen Davos und Alptal meist im Bereich der Nachweis- grenze der Messgeräte bewegten, wurde an die- sen zwei Standorten auf die kostspielige Instal- lation doppelter Instrumentensätze für diese Schadstoffe verzichtet. Hingegen wurde Ozon an allen drei Stationen gleichzeitig auf zwei Messniveaux erfasst.
Die gegenüberstehende Grafik «Konzentra- tionen über- und unterhalb der Baumkroneni .l..»
zeigt, dassibei den Jahresmittelwerten auf den beiden Messniveaux für Schwefeldioxid und die Stickoxide nur sehr geringe Konzentrations- unterschiede festzustellen sind. Tendenziell liegen die Konzentrationen über den Baum- wipfeln etwas höher als im Wald selbst.
Deutliche Unterschiede sind hingegen an allen drei Standorten für Ozon sichtbar. Dies ent- spricht durchaus den Erwartungen und zeigt,
FORUM für Wissen Robert Gehrig 85 Verlauf der Ozonkonzentrationen über- und unterhalb der Baumkronen.
Station Alptal vom 26. Juni bis 5. Juli 1987
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Lägeren Lägeren Lägeren Lägeren Alptal Davos
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2 unteres Niveau I:I oberes Niveau
Konzentrationen über- und unterhalb der Baum- kronen (dargestellt am Beispiel der Messdaten des Jahres 1988).
Datum I
dass der Wald selbst als Ozonsenke wirkt, d.h., dass der Luft durch Deposition an Pflanzen und Boden Ozon entzogen wird.
Der Konzentrationsunterschied ist an der .Station Lägeren etwas weniger ausgeprägt als in Davos oder im Alptal. Die Ursache hierfür ist darin zu suchen, dass an der Lägeren der.Mast in einerkleinen Waldlichtung liegt, die untere Probenahmestelle also weniger als in Davos und im Alptal durch Baumkronen von der oberen Probenahmestelle getrennt wird (dadurch bes- sere Durchmischung). Auch wird an der steilen Hanglage der Station Lägeren durch thermische Hangwinde die Luft im Waldraum unter den Kronen rascher erneuert, als in Davos oder im Alptal. Interessante Einblicke in den Tagesver- lauf der Differenzen der Ozonkonzentrationen an der unteren und oberen Probenahmestelle gibt die Darstellung einer mehrtägigen Episode mit relativ hohen Ozonkonzentrationen im Alp- tal (Obenstehende Grafik «Verlauf der Ozon-
konzentrationen ...››). Deutlich ist sichtbar, dass tagsüber, bedingt durch den turbulenten Tal- wind der Luftaustausch im Waldraum recht rasch erfolgt, was sich in einer Annäherung der Ozonkonzentrationen der beiden Messniveaux ausdrückt. Nachts, bei langsamem Abfluss des kühleren Bergwinds, der durch fast stillstehen- de Luft unter dem Kronenraum gekennzeichnet ist, baut sich das Ozon-hier rascher und stärker ab (Deposition an Pflanzen und Boden) als über den Baumkronen.
Zusammenfassung
lm Rahmen des Nationalen Forschungspro- gramms «Waldschäden und Luftverschmutzung in der Schweiz» wurde von der EMPA ein umfangreiches luftchernisches Messprogramm auf den drei in Wäldern gelegenen Testflächen Lägeren, Davos und Alptal durchgeführt. Es umfasste »-unter anderem Imrnissionsmessungen der Schadstoffe Schwefeldioxid, Stickoxide und
Ozon. Erwartungsgemäss war die Belastung durch Schwefeldioxid, Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid an der Station Lägeren am höchsten. Die Werte erreichten hier das Niveau eines mässig belasteten ländlichen Standorts des schweizerischen Mittellands.
Die Stationen Davos und` Alptal waren nur sehr schwach mit Schwefeldioxid und Stick- oxiden belastet.
Auf allen drei Testflächen wurden dagegen recht hohe mittlere Ozonkonzentrationen ge- funden. Die Stationen Lägeren und Alptal wiesen zudem häufig hohe Ozonspitzenwerte auf, wogegen in Davos solche Spitzenwerte nur selten auftraten. Die detaillierte Analyse der Daten des photochemisch gebildeten Schad- stoffs Ozon auf den Testflächen sowie an ausgewählten Messstationen des Nationalen Beobachtungsnetzes für Luftfremdstoffe (NABEL) zeigt deutlich die anthropogene Ursache für die Bildung der meist weit über dem Grenzwert. der Luftreinhalteverordnung liegenden Spitzenwerte (Photosmog). 1