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Häsler, R. (1992). Auswirkungen der Witterung auf den Wald. In Forum für Wissen: Vol. 1992. Waldschadenforschung in der Schweiz: Stand der Kenntnisse (pp. 137-142). Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft.

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gggüm ~ Auswirkungen der Witterung

FÜR wıssem aufdenwald

Dr. Rudolf Häsler 1 9 9 2 WSL, Birmensdorf '

Die Wechselwirkungen zwischen Witterung und Wald sind sehr vielfältig und komplex. Neben Strahlung, Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind auch Niederschlag, Wind und Gewitter von gros- ser Bedeutung, wobei diese Faktoren nicht unabhängig voneinander wirken. Die bestehenden Wälder sind meist gut an die durchschnittlichen Witterungsbedíngungen (Klima) des -Standortes angepasst. Zu Schäden führen mehr oder weniger seltene extreme Witterungsereignisse. Am Bei- › spiel von Temperatur und Niederschlag werden die komplizierten Zusammenhänge zwischen Wit- terung und Wald bis auf die Stufepflanzenphysíologíscher Vorgänge erläutert.

Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Wit- terung gibt es, seit die Pflanzen das Land er- obert haben. Ob an einem bestimmten Ort Bäume gedeihen und Wälder entstehen können, hängt mindestens teilweise von der Witterung bzw. vom Klima ab (selbstverständlich spielen auch der Untergrund oder die Konkurrenz usw.

eine wichtige Rolle; diese Faktoren sollen aber hier nicht diskutiert werden). Im Tertiär, bei Beginn der Alpenfaltung, herrschte in Mit- teleuropa ein wärmeres Klima, „und dort, wo bereits Land vorhanden war, wuchsen subtro- pisch-tropische Wälder. Schliesslich, gegen Ende des Tertiärs, wurde es kälter. Mehrere Eiszeiten folgten aufeinander. Wärmeliebende Pflanzen mussten weichen, laubwerfende Bäume und Nadelhölzer nahmen ihre Plätze ein. Während der Eiszeiten änderte das Klima mehrmals, gefolgt von entsprechenden Wech- seln der Vegetation.

Unterschiedliches Klima gab es aber nicht nur im Laufe der Jahrtausende. Auch räumlich, je nach Exposition und Höhenlage, herrschten und herrschen verschiedene klimatische Bedin- gungen. Bei günstigen Voraussetzungen können meist viele Arten überleben, auf extremen Standorten nur einige «Spezialisten››, welche meist besonders an die bestehenden Verhält- nisse angepasst sind. -Arve und Lärche bei- spielsweise bilden in den zentralen Alpen die Waldgrenze, andere Baumarten können unter den dort vorhandenen Bedingungen nicht über- leben. Zwergsträucher und Kräuter dagegen gedeihen unter der noch extremeren Situation

der alpinen Stufe. '

.Ist es wirklich das Klima (d.h. die durch- schnittliche Witterung), welches massgebend ist für das Wachstum der Pflanzen? Für die gesamte Vegetation mag dies bis zu einem gewissen Grad zutreffen, kaum aber für die einzelne Pflanze. Hier entscheiden meist ausser-

ordentliche Witterungsereignisse über Leben oder Tod. Oft genügen ein einzelner Windstoss, ein Blitz oder ein Frost, um einen Baum zum Absterben zu bringen. Von ausschlaggebender Bedeutung sind die Extreme, welche :ausserhalb der Bandbreite liegen, in der eine Pflanze überleben kann. An geschützter Lage können über einige Zeit auch oberhalb der alpinen Waldgrenze Bäumchen gedeihen, meist _aller- dings nur bis zum Auftreten des nächsten scharfen Frostes oder der nächsten Frosttrock- nis (Austrocknendes Sprosses bei schon war- mer, trockener Witterung im Frühjahr, wenn aus dem noch gefrorenen Boden kein Wasser aufgenommen werden kann).

Praktisch alle Witterungselemente können für Pflanzen schädliche Wirkungen haben und im Extremfall zum Tod führen: .

- Strahlung (Licht): bei Mangel (Schatten) ist kein Wachstum möglich. Starklicht kann zu Schädigungen im Photosyntheseapparat füh- ren. Hohe UV-Strahlung verändert Proteine

und Membranen. 1, j

- Temperatur: Bereits Kälteeinwirkung kann Nekrosen bewirken, Frostzerstört die Mem- branen. Hitze führt zu verstärkter Atmung, der Energiehaushalt wird gestört, und im Extremfall werden die Proteine denaturiert.

- Gewitter: Starker Wind und Stürme entwur- zeln oder knicken Bäume, wobei nicht nur die Windgeschwindigkeit, sondern auch die Böigkeit von Bedeutung ist. Starker Regen kann Keimlinge zerstören oder Boden unter den Bäumen wegschwemmen. Blitze töten Bäume ab oder führen zu Waldbränden.

- Wasser: Trockenheit und,Dürreperioden füh- ren zum Austrocknen der Pflanzen. Die Pho- tosynthese wird behindert (Schliessen der Spaltöffnungen), und so ist auch die Reserve- stoffbildung eingeschränkt. Nässe in der Luft vermindert die Transpiration, Nässe im Bo-

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138 . I 1

FORUM für Wissen Ruedi Häsler den die Wurzelatmung und damit die Nähr-

stoffaufnahme. Niederschlag in Form von Hagel zerstört Blätter; Reif, Eisregen und Schnee können Ast- oder Stammbrüche be- wirken. Schneegleiten, Schneekriechen und Lawinen führen zu Bruch und Entwurzelung.

Je nach Witterungselement, Pflanzenart und Pflanzenindividuum (Genetik), Pflanzenorga- nen wie Knospen, Blätter, Zweige, Wurzeln etc.

(Anatomie, Morphologie) und Zeitpunkt (Phänologie) liegen die kritischen Grenzen ver- schieden. Für die Pflanzendecke ist dies über- lebenswichtig, für unsere Untersuchungen und Beurteilungen erschwerend. Hinzu kommt, dass die meisten Witterungselemente nicht unabhän- gig voneinander sind. Starke Sonnenstrahlung, Hitze und Trockenheit sind meist eng miteinan- der verbunden.

Wirkung tiefer Temperaturen

Pflanzen sind wechselwarm, sie nehmen die Temperatur der Umgebung an. Sowohl hohe als auch tiefe Temperaturen können zu Schäden führen. In unseren Breitengraden waren bisher tiefe Temperaturen meistens von grösserer Bedeutung, weshalb hier auf .zu hohe Tempera- turen nicht eingegangen wird. Dass Temperatur- stürze in unseren Wäldern grosse Auswirkun- gen haben können, zeigte sich besonders deut- lich bei den Frösten im Winter 1986/1987.

Für Pflanzen, welche im Normalfall an das Klima angepasst sind, begrenzen oder verun- möglichen nicht die mittleren, sondern die ex- tremen Bedingungen das Wachstum. Einen grossen Einfluss hat auch die Geschwindigkeit, mit der ein Witterungs-Wechsel erfolgt. Geht es zu schnell, so sind physiologische Anpassungen nicht mehr möglich.

Mit abnehmender Temperatur werden. die chemischen Reaktionen und damit auch die Lebensprozesse langsamer. Schlüsselprozesse dürften Energieversorgung und -transport sein.

Die Frosttoleranz einer Pflanze hängt daher wahrscheinlich weitgehend von der Frosttole- ranz der Zellorganellen ab, in denen der Ener- gieumsatz vor sich geht (Chloroplasten und Mitochondrien sind die Organellen, in denen die Photosynthese bzw. die Atmung ablaufen).

Die eigentlichen photochemischen Reaktio- nen sind praktisch nicht temperaturabhängig.

Diese Vorgänge werden erst durch Rückkoppe- lung, d.h. wenn sich die Endprodukte zu stark anhäufen, gehemmt. Energie steht damit auch in der Nähe des Gefrierpunktes noch genügend zur Verfügung. Atmung, Assimilation von Koh- lendioxid und anderer Stoffe nehmen mit

zunehmender Kälte schneller ab als die photo- chemischen Reaktionen. Wenn das Wachstum ganz aufhört, wie das bei Samen und ruhenden Pflanzen der Fall ist, werden die noch anfallen- den Assimilate in löslíche Eiweisse eingebaut und tragen, damit zur Frosthärte bei.

Leider gibt es keine allgemeingültige untere Temperaturgrenze. Je nach Pflanzenart oder gar Individuum, Pflanzenteil und Entwicklungszu- stand liegen die Grenzen des schädigenden Einflusses bei unterschiedlich tiefen Tempera- turen. Die untenstehende Abbildung zeigt den Jahresgang der Frosthärte von Fichten an der alpinen Waldgrenze. Empfindlichstes Stadium ist das Austreiben im Frühjahr, während die grösste Frosttoleranz im Winter erreicht wird.

Der physiologische Zustand der__ Gewebe hat eine grosse Bedeutung für das Uberleben bei tiefen Temperaturen. Wie unterschiedlich zwei Individuen je nach Entwicklungsstadiuni sein können, zeigt die Abbildung auf der nebenste- henden Seite oben. Bereits einige Tage nach dem Frost am 2. August erreichte die Photosyn- these der Lärche auf dem ostexponierten Son- nenhang wieder normale Werte, während die Lärche auf dem Schattenhang erst nach rund drei Wochen wieder Photosyntheseraten in der gleichen Grössenordnung aufwies wie vor dem Frost. Für die Lärche am Schattenhang mit dem wärmebedingten späteren Ausapern kam der Frost während des empfindlichen Stadiums des Austreibens, auf dem wärmeren Hang hatten die Nadeln bereits eine gewisse Reife und damit Frosttoleranz erreicht.

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Jahreszeitlicher Verlauf der aktuellen Frostresistenz (°) von Fichtennadeln an der Waldgrenze sowie der potentiellen Resistenz (*) nach viertägiger Abhär- tung und minimaler Resistenz (o)nach dreitägiger Enthärtung. Aus LARCHER und HÄCKEL (1985).

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Juli August Seßlißfflbef

Tagesmittelwerte der Lufttemperatur resp. Photo- synthese von Lärchen auf verschieden exponierten Hängen der grossen Runse auf dem Stillberg bei Davos (---- E-Exposition und --- N-Exposition).

Aus HÄSLER (1985).

Weshalb sind verschiedene Gewebe zu ver~

(schiedenen Zeitpunkten unterschiedlich emp- findlich? Die Pflanzen passen sich physiolo- gisch dern jahreszeitlichen Temperaturverlauf an: gegen den Winter hin entwässern sie den Zellinhalt. Giftige Substanzen werden abgebaut oder abgegeben (Abwurf mit den Blättern oder Nadeln), damit auch nach einem Wasserverlust in den Zellen keine kritischen Konzentrationen von schädlichen Stoffen entstehen. Spezielle Eiweisse werden zum Schutzder Zellmembra- nen synthetisiert. In die Zellflüssigkeit eingela- gerte Zucker und Aminosäuren verhindern die Eisbildung (untenstehende Abbildung). Diese Anpassungen erfolgen nicht in allen Geweben in gleichem Masse. Besonders frosthart im Win- ter ist das Kambium (Gewebe mit den Zellen, die sich beim Wachstum teilen), während bei- spielsweise die weniger der Kälte ausgesetzten Wurzeln empfindlicher bleiben.

Bei Temperaturen unter Null wird zuerst das Wasser in den Interzellularen (Zwischenräume zwischen den Zellen) unterkühlt. Schliesslich

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März April Mai *Juni 'Juli *August September Oktober November.Dezember Schematische Übersicht über die phänologischen, cytologischen, cytochemischen und resistenz- physiologischen Vorgänge in Zusammenhang mit Erwerb und Verlust hoher Frosthärte. Die Rasterbänder kennzeichnen Perioden starker Resistenzänderungen. Aus LARCHER und HÄCKEL (1985).

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140 FORUM für Wissen Ruedi Häsler bildet sich dort Eis, da ausserhalb der Zelle die

Lösungen weniger stark konzentriert sind als im Zellsaft. Ausserhalb der Zellen gibt es daher mit zunehmender Kälteeinwirkung immer weni- ger flüssiges Wasser, der Wasserdampfdruck- gradient zwischen Zelle und Umgebung nimmt zu. Es tritt zusätzlich Wasser aus der Zelle aus, bis wieder ein Gleichgewicht erreicht ist. Dieser Vorgang braucht Zeit. Bei zu grosser Kälte, d.h.

zu starker Entwässerung, schrumpfen schliess- lich die Zellmembranen unter eine kritische Grösse und werden geschädigt (untenstehende Abbildung), oder noch schlimmer, das Wasser in den Zellen gefriert, was meistens tödliche Folgen hat, da die Eiskristalle die Zellstruk- turen zerstören. t

Phasenubergang in Biomernbranen

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Ablauf und Ursachen der Schädigung kälteempfind- licher Pflanzenzellen. Aus LARCHER und HÄCKEL (1985). l

Bäume sind besonders dafür bekannt, dass in ihren Geweben stark unterkühlte Lösungen vorkommen können. Wenn es an Kristallisa- tionskeimen fehlt, lässt sich Wasser weit unter den Gefrierpunkt abkühlen, ohne dass es zur Eisbildung kommt (kleine Wassertröpfchen theoretisch bis auf -38,1 °C). Auf diese Weise können pflanzliche Gewebe - mindestens kurz- fristig - tiefe Temperaturen (theoretisch bis etwa -50 °C) schadlos überstehen.

-Schadsymptome werden meist erst nach dem Auftauen sicht- und nachweisbar, wobei offen

ist, ob während der Auftauphase noch zusätzli- che Schäden entstehen. Besonders gefährlich für die Pflanzen sind häufige kurzfristige Wechsel zwischen hohen und tiefen Temperatu- ren.

Wirkung von Trockenheit .

Wie bei Frost werden die Zellen auch bei Trockenheit entwässert. Trockenstress 'tritt auf, wenn das im Boden verfügbare Wasser begrenzt ist und die herrschenden atmosphärischen Be- dingungen einen starken Wasserverlust ver- ursachen. Häufig ist Trockenstress zudem mit hohen Temperaturen gekoppelt. Wind kann zusätzlich die Wirkungvon warmer, trockener Luft wesentlich verstärken. W

Die chemischen Reaktionen und die Ener- gieversorgung werden bei leichtem Trocken- stress nicht behindert. Da die Spaltöffnungen bei Trockenheit aber geschlossen werden, wird die Kohlendioxidversorgung eingeschränkt. Mit steigender Temperatur nimmt zudem die Atmung rapid zu, was den Kohlendioxidhaus- halt zusätzlich belastet.

Hält die Trockenheit länger an (Tage oder Wochen), wird mit der Zeit der Welkepunkt erreicht, bei dem das Wasserpotential der Pflanze und des Bodens gleich gross sind. Von diesem Moment an kann die Pflanze kein Was- ser mehr aus dem Boden aufnehmen; sie ver- dorrt undstirbt.

Mit dem Tagesrhythmus unterliegt auch der Wasserhaushaltgder Pflanzen einem Wechsel.

Während des Tages verlieren die exponierten Blätter besonders viel Wasser, der Stress nimmt zu. Bäume weisen innerhalb der Krone oft grosse Temperaturunterschiede und auch grosse Wasserpotentialgradienten auf. Kurzfristig ist ein Wasserausgleich zwischen Kronenteilen mit unterschiedlichem Wassergehalt möglich. Wäh- rend der Nacht, wenn es kühler und feuchter ist, können sich die Pflanzen meist wieder etwas erholen. Pflanzen, die länger anhaltenden Trok- kenstress ertragen, verfügen meist über Mecha- nismen, welche entweder den Wasserverlust ver- mindern oder die Wasseraufnahme fördern.

Bereits bei geringer Trockenheit lässt der Tur- gor (Druck) in den Blattzellen nach. Er ist ein sehr empfindliches Signal für sich andeutende Wasserknappheit. Bäume müssen dasdurch die Wurzeln aufgenommene Wasser besonders weit transportieren, bis es in die Blätter gelangt.

Verglichen mit kleineren Pflanzen sind daher zusätzliche Leitungswiderstände zu überwin- den, was die Wasserversorgung erschwert. Viele Bäume schliessen bereits bei geringer Turgor-

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abnahme die Spaltöffnungen und vermindern so den Wasserverlust, allerdings um den Preis, gleichzeitig auch. das Wachstum einzuschrän- ken, da durch die verengten_Spaltöffnungen auch weniger Kohlendioxid aufgenommen wer- den kann. Bereits mässiger Trockenstress beein- trächtigt den Kohlendioxidhaushalt. Dauert die Trockenheit weniger als 14 Tage, so ist dieser Verlust meist nicht von grosser Bedeutung. Bei längerdauerndem Trockenstress, besonders bei zusätzlich hohen Temperaturen und damit ge- steigerter Atmung, kann sich .aber doch ein Kohlenstoffmangel in der Pflanze bemerkbar machen. Das Wachstum kommt zum Erliegen, und es können weniger Reservestoffe in Samen und Speichergeweben eingelagert werden, was sich schliesslich auch im folgenden Jahr beim Austrieb auswirkt.

Unter dem Einfluss von Trockenheit werden die Pflanzenzellen, ähnlich wie bei Frost, ent- wässert. Schwerer Trockenstress schädigt eben- falls die Membranen. Die Unterteilungen in-

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Schema des Tagesverlaufes der Transpiration bei zu- nehmend erschwerter Wasserversorgung. Die Pfeile weisen auf Spaltöffnungsbewegungen hin. 1 Uneinge- schränkte Transpiration, 2 Mittagseinschränkung der Transpiration durch Spaltenregulation, 3 vollständi- ger Spaltenschluss über Mittag, 4 Vollständiger Spal- tenschluss, 5 stark herabgesetzte kutikuläre Transpi- ration durch Membranentquellung. Aus LARCHER (1984).

nerhalb der Zellen werden aufgehoben. Damit gelangen Enzyme und Substrate zusammen, wel- che normalerweise in verschiedenen Zellkom- partimenten vorhanden sind, und reagieren mit- einander. Kommen Mitochondrien (Zellbe- standteile, in denen die Atmung abläuft) in Kontakt mit dem Vakuolensaft, so zerplatzen sie. Bei trockenresistenten Pflanzen bleibt das Membransystem länger intakt, teilweise können kleine Bruchstellen auch wieder repariert wer- den. Schliesslich kommt aber auch bei diesen Pflanzen der Punkt,iunterhalb dem eine Rege- neration nicht mehr möglich ist. Selbst Wasser kann dann nicht mehr helfen. ,

Geht die Austrocknung langsam vorsich, wie das in der Natur normalerweise der Fall ist, so hat eine Pflanze genügend Zeit, sich physiolo- gisch auf die Trockenheit einzustellen. Je nach Ausgangszustand, Geschwindigkeit und Mass der Austrocknung können Schäden verhindert oder doch wenigstens das Uberleben gesichert werden. Anhand einiger Beispiele soll dies erläutert werden.

Um den Turgor möglichst nicht abfallen zu lassen, werden kurzfristig innerhalb von Minu- ten zuerst die Spaltöffnungen geschlossen (Nebenstehendes Schema). Es konnte nachge- wiesen werden, dass von den Pflanzen ein Optimum zwischen Wasserverlust und CO2- Aufnahme eingestellt wird. Bei kritischer Trok- kenheit dominiert der Wasser- über den sich durch den Spaltöffnungsschluss ergebenden CO2-Mangel. Dauert die Trockenheit länger an, so kann die Kutikula (Oberflächenschicht der Blätter) verdickt werden, was den Wasserverlust zusätzlich einschränkt. Damit das osmotische Potential sinkt, werden unlösliche Substanzen wieder in löslíche umgewandelt. Anstelle von organischen Säuren werden vermehrt Amino- säuren gebildet, und zwar je nach Grad des Trockenstresses unterschiedliche. Wozu dies dient, ist noch nicht bekannt. Trockenstress beschleunigt bei älteren Blättern den Alte- rungsvorgang und deren vorzeitigen Abwurf, was wiederum die Transpiration vermindert. Da ältere Blätter nur noch geringe Photosyn- theseraten aufweisen, ist dies für den Kohlen- stoffhaushalt kaum von Bedeutung. Zu be- obachten ist teilweise auch ein verstärktes Wurzelwachstum: das Wurzel/Sprossverhältnis wird zugunsten der Wurzeln verändert.

' Derartige Anpassungen an Frost, Trocken- heit oder auch andere Witterungselemente sind noch viele bekannt. Im hier zur Verfügung ste- henden Rahmen konnten nur einige Beispiele erwähnt werden. Es sei daher auf die weiterfüh- rende Literatur verwiesen. l

Da sich, wie bereits erwähnt, verschiedene Pflanzen und auch .verschiedene Individuen je

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. FORUM für wissen Ruedi Hasler

nach Saison unterschiedlich verhalten, sind Prognosen aus Witterungsdaten nur mit grossen Vorbehalten' ableitbar. Selbst Deutungen nach einem einzelnen Ereignis sind nicht immer zuverlässlich möglich, da im Freien meistens zu viele Faktoren beteiligt_sind. Erschwerend kommt hinzu, dass es nur ganz wenige meteoro- logische Stationen in Wäldern gibt und dass zudem beispielsweise die Luft- und die Blatt- temperatur wesentlich voneinander abweichen

können. ' r

Noch schwieriger und unsicherer sind Pro- gnosenüber das Verhalten der Pflanzen bei allfälligen Klimaveränderungen. Trotzdem soll als Ausblick kurz erwähnt werden,'wie Pflan- zen auf einen erhöhten Kohlendioxidgehalt in der Luft undauf die damit wahrscheinlich ver- bundene Temperaturerhöhung reagieren.

Klimaveränderung durch C02-

Erhöhung V.

Nimmt man an, dass sich die Temperatur zusammen mit dem Anstieg der Kohlendioxid- konzentration in der Luft erhöhen wird, so ist dies, mindestens in unseren Breitengraden, für die Pflanzen nicht unbedingt nur negativ.

Laborversuche zeigen, dass die Kohlendioxid- Assimilation ansteigt, während die Transpira- tion eher etwas abnehmen wird: Dank des erhöhten CO2-Angebotes ist auch bei leicht geschlossenen Spaltöffnungen eine gegenüber heute erhöhte Photosynthese möglich. Zudem verschiebt sich bei erhöhtem CO2-Gehalt der Luft das Temperaturoptimum gegen wärmere Werte hin. Diese Aussagen basieren allerdings nur auf relativ kurzfristigen Versuchen mit meist krautigen Pflanzen. Wie sich Bäume ver- halten, wenn sie dauernd bei veränderten Be- dingungen wachsen, ist unbekannt. S Es ist zu erwarten, dass sich bei uns viele Pflanzen an die neuen, Bedingungen anpassen können und die Waldgrenze in den Alpen etwas ansteigen wird. Mit einer Veränderung der Ve- getationszusammensetzung ist ebenfalls zu rechnen. Wie schon eingangs erwähnt, ist dies nichts grundsätzlich Neues. Offen bleibt aber die Frage, ob eine durch den Menschen verur- sachte Verschiebung des Klimas für die Pflan- zen nicht zu rasch erfolgt. Die Zeit-Frage dürfte besonders für die langlebigen Bäume von be- sonderer Bedeutung sein. Zudem sind die bis- her verwendeten Klima-Modelle nur sehr grob, viele wesentliche Parameter (z.B. Wolkenbil- dung) wurden bisher meistens nicht berücksich- tigt. Die Fragen nach dem Ausmass und dem Zeitraum sind damit noch weitgehend offen.

Zusätzlich zur Vorsicht mahnen aber die neue- sten fraktalen Modelle, die wahrscheinlich komplexe natürliche Vorgänge besser beschrei- ben als die herkömmlichen stochastischen.

Diese neuen Methoden zeigen, dass komplexe, chaotische Vorgänge, wie es die Wetterabläufe wahrscheinlich sind, schon durch geringe Aus- seneinflüsse massiv gestört werden können und schliesslich völlig unvorhersehbare Wendungen nehmen. Dies lässt aufhorchen. Es ist daher nicht zu verantworten, das Risiko einer raschen Klimaveränderung einzugehen, von der wir letztlich nicht wissen, wie sie ausgehen und welche Auswirkungen sie haben wird. g

Literatur

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Referenzen

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