• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Arbeitgeber-Anregungen (Teil 1)" (31.07.1975)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Arbeitgeber-Anregungen (Teil 1)" (31.07.1975)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Die Information:

Bericht und Meinung

72. Jahrgang/Heft 31 31. Juli 1975

Postverlagsort Köln

Redaktion:

5023 Lövenlch Postfach 14 30 Dieselstraße 2 Ruf: (0 22 34) 70 11 -1 Fernschreiber 8 89 168 Verlag und

Anzeigenabteilung:

5023 Lövenlch Postfach 14 40 Dieselstraße 2 Ruf: (0 22 34) 70 11 -1 Fernschreiber: 8 89 168

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Arbeitgeber-Anregungen

Erklärungen zur sozialen Sicherung

unter veränderten wirtschaftlichen Bedingungen

In die Diskussion um die Kostenentwicklung im System der sozialen Sicherung haben sich nun auch die Arbeitgeber mit einer Denk- schrift eingeschaltet. „Soziale Sicherung unter veränderten wirt- schaftlichen Bedingungen" ist der Titel eines Memorandums, das die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) zu Beginn der nachrichtenflauen Sommerzeit der Öffentlichkeit vor- legte. Den Arbeitgebern geht es — nach eigenen Bekundungen — in erster Linie um eine Bestandsaufnahme und Durchleuchtung des geltenden sozialen Sicherungssystems und um ein Aufzeigen von Wegen zu einer langfristigen Konsolidierung und Stabilisierung.

Die soziale Sicherung auf den Prüfstand zu heben, sie zu inspizie- ren und gründlich zu warten, Auswüchse und Mißstände abzustel- len, lautet die Arbeitgeber-These, die sich wie ein roter Faden durch die sozialpolitische Denkschrift zieht. Zwar werden alle Zweige der Sozialversicherung, ihre engen Wechselwirkungen durchleuch- tet und im Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung als Einheit gewertet, doch nimmt die Gesundheitssicherung wegen ihrer angeblich besonders ausgeprägten Kostendynamik eine Vor- rangstellung in der Gewichtung ein.

Die Arbeitgeber nehmen nicht für sich in Anspruch, daß sie rund- um befriedigende Patentlösungen entwickelt hätten. Die „Erwä- gungen" und „Betrachtungen" sind zum Teil unverbindlich und vage. Sie nehmen vielfach Rücksicht auf Einzel- und Gruppenin- teressen. Streckenweise liest sich das Arbeitgeberpapier wie eine Sammlung alter Vorschläge und Erkenntnisse. Spektakulär Neues zu erwarten wäre aber nicht berechtigt, wenn es darum geht, das geltende System sozialer Sicherung zu verbessern.

Arbeitgeberpräsident Dr. Hanns Martin Schleyer machte an- läßlich einer Pressekonferenz in Bonn deutlich, wo nun die Arbeitgeber der Schuh drückt: „Die angespannte Wirt- schafts- und Beschäftigungslage stellt auch unsere beitragsfinan- zierte Sozialversicherung vor schwierige Probleme; denn zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung und der sozialen Sicherung be- stehen enge Wechselwirkungen. In den einzelnen Zweigen der

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 31 vom 31. Juli 1975 2195

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung Arbeitgeber-Memorandum

Sozialversicherung tritt dies unter- schiedlich zutage, am stärksten in der Renten- und Arbeitslosen- versicherung. Zu den Auswirkun- gen der Rezession kommen struk- turelle Schwierigkeiten vor allem im Bereich der Krankenversiche- rung hinzu, die sich aus dem Zu- sammentreffen von wirtschaftli- chen Interessen der Vertragspart- ner, hohen Leistungserwartungen der Versicherten und unzureichen- den Steuerungsmechanismen erge- ben." Soweit Schleyer.

In der Tat, das Netz der sozialen Sicherungen konnte in der Vergan- genheit immer enger geknüpft wer- den, weil ständig wachsende So- zialleistungen und gesetzlich ver- anlaßte Leistungsausweitungen durch ein bislang hohes Wachstum des Sozialproduktes ermöglicht wurden. Das Arbeitgeber-Papier nennt folgende Zahlen, die die Ent- wicklung verdeutlichen: Die Sozial- leistungsquote (Anteil der Sozial- leistungen am Bruttosozialprodukt) ist von 24 Prozent im Jahre 1965 über 26,1 Prozent im Jahre 1968 auf 28,5 Prozent im vergange- nen Jahr gestiegen. Bereits für 1978 wird von der Bundesregierung im jüngsten Sozialbudget eine So- zialleistungsquote von 29,1 Prozent prognostiziert. Die Kehrseite dieser Entwicklung: Die Sozialabgaben der Versicherten und ihrer Betrie- be haben sich ebenfalls ständig er- höht. Die durchschnittliche Abga- benbelastung des Arbeitnehmer (Sozialabgaben plus Steuern) be- trug 1965 durchschnittlich 21,6 Pro- zent, 1968 bereits 24,0 Prozent und ist auf 30,3 Prozent im vergange- nen Jahr angewachsen. Im laufen- den Jahr wird sie auf Grund der Steuerreform für die Arbeitnehmer zwar wieder auf 27,3 Prozent zu- rückgehen. Die Gesamtabzüge dürften aber nach Arbeitgebervor- aussagen schon bald wieder stei- gen, wie dies auch im Sozialbud- get bereits für 1976 erwartet wird.

Die Arbeitgeber befürchten, daß da- durch die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer geschwächt und die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft gefährdet werden könnten.

Auf Grund dieser rein rechneri- schen Sozialbilanz konstatiert das Arbeitgebermemorandum — wie im

übrigen bereits zuvor Bundesar- beitsminister Walter Arendt —, die Grenze der Belastbarkeit der Versi- cherten ,mit Sozialabgaben sowie der Betriebe mit Sozialkosten sei erreicht. Für die Arbeitgeberver- bände gehe es deshalb in erster Li- nie darum, das Erreichte auf Dauer abzusichern. Weitere Leistungs- ausweitungen könnten nicht in Be- tracht gezogen werden, bevor Klar- heit über die Sicherung der sozia- len Sicherheit bestehe. Eine höhe- re dauerhafte Qualität dieses Sy- stems sei das Ziel und nicht sozia- le Demontage. Die Eigeninteressen müßten in bessere Übereinstim- mung mit den Interessen der Soli- dargemeinschaft gebracht und die aufgewandten weiter steigenden Mittel sozial effektiver eingesetzt werden. Gegenwärtig gebe es be-

reits Zweige der Sozialversiche- rung, die von akuten finanziellen Engpässen bedroht seien. Die Ur- sachen hierfür lägen nicht nur in der gegenwärtigen Rezession und in den ungünstigeren Wachstums- aussichten für die Zukunft, sondern auch in den ständigen Leistungs- ausweitungen und in Unzulänglich- keiten hinsichtlich der Ausgestal- tung der sozialen Sicherung.

Umfassende Sicherung

Die Arbeitgeber haben in einer Feststellung zweifellos recht: Die Bundesrepublik Deutschland ver- fügt über ein breitgefächertes So- zialsystem, das nahezu der gesam- ten Bevölkerung eine weitreichen- de und umfassende Absicherung gegen alle Wechselfälle des Le- bens garantiert. Darüber hinaus ist das System so konstruiert, daß viele Leistungen Lohnersatzfunk- tion haben und demnach dynami- siert sind. Hinzu kommt — und das gilt insbesondere bei der sozialen Sicherung bei Krankheit und Ar- beitslosigkeit —, daß das An- spruchsniveau der Bevölkerung in der Bundesrepublik wie in allen Wohlstandsgesellschaften überpro-

portional wächst. Allein im letzten

Jahrzehnt wuchsen die Leistungs- ausgaben in der Gesundheitssiche- rung eineinhalbmal so schnell wie das Bruttosozialprodukt. Gerade bei nicht objektivierbaren Risiken wie beispielsweise dem der Krank- heit und — abgeschwächt — dem der Arbeitslosigkeit besteht durchaus die Gefahr einer miß- bräuchlichen Inanspruchnahme.

In der Vergangenheit hat der Ge- setzgeber stets darauf bauen kön- nen, daß das anhaltend kräftige Wachstum des Sozialprodukts ei- nen ausreichenden Spielraum zur Finanzierung dynamisch steigender Sozialleistungen ermöglicht. So be- reitwillig die Politiker in der Ver- gangenheit das Füllhorn sozialer Segnungen ausschütteten, um so skeptischer werden sie allen For- derungen begegnen, die auf einen Abbau oder eine bloße Konsolidie- rung des Sozialsystems drängen.

Denn schließlich will kein Sozial- und kein Gesundheitsminister ein Jahr vor den nächsten Bundestags- wahlen als „Abbauminister" vor die Wähler treten, obgleich in man- chen Sozialleistungsbereichen — zum Beispiel beim Arbeitsförde- rungsgesetz und in der Arbeitslo- senversicherung — mancher Mittel- verschwendung und Auswucherung Einhalt geboten werden könnte.

In den „Erwägungen" und „Betrach- tungen" sind die Arbeitgeber sicht- lich bemüht, den Eindruck zu ver- meiden, sie nützten die Gunst der Stunde, um in der wirtschaftlichen Rezession „soziale Demontage" zu betreiben. Niemand könne etwas dagegen haben, wenn die soziale Sicherung auf den „Prüfstand"

(Schleyer) gehoben werde und Auswucherungen beseitigt würden.

Die Arbeitgebersprecher ließen keinerlei Zweifel daran, daß sie in den Selbstverwaltungsorganen ebenso wie der von ihnen mit Nachdruck unterstützten „konzer- tierten Aktion aller Beteiligten"

ihre Vorschläge zur Kosteneinspa- rung im sozialen Bereich einbrin- gen werden, um Regierung und Parlament zu bewegen, in der So- zialpolitik die Weichen anders zu

• Fortsetzung auf Seite 2202

2196 Heft 31 vom 31. Juli 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

gleich der Arbeitgeberauf- wendungen bei Mutter- schaft 0,2 Prozent*) des Ar- beitsentgelts der lohnfort- zahlungsberechtigten Ar- beiter, Auszubildenden und Angestellten. Bei

[r]

• Die häufigste Abweichung be- steht darin, dass der Arbeitgeber mit einer Krankenkasse oder ei- ner Privatversicherung für seine Arbeitnehmenden eine

Beteilig- te des BEM-Verfahrens sind üblicherweise der betroffene Beschäftigte, der BEM-Beauftragte (ist in der Regel nicht der Vorgesetze und auch nicht Inhaberin oder

Weiterer Kritikpunkt der Verbraucherver- bände: Aktiv werden soll eine Behörde laut Gesetz dann, „wenn sie davon Kenntnis erhält, daß ein Produkt nicht sicher ist“.. Vom Himmel

Als vor wenigen Monaten Moody's, eine der bekannte- sten amerikanischen Agentu- ren für die Beurteilung der Bonität von Schuldnern, be- kanntgab, daß die Bundesre- publik trotz

Selten kann es, insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, Kollagenkrankheiten oder gleich- zeitiger Therapie mit Allopurinol, Procainamid oder bestimmten

Dabei muß jedoch be- rücksichtigt werden, daß es im Osten eine dem Westen vergleichbare Übernahme von einem aus Altersgründen die Praxis aufgebenden Arzt noch nicht gegeben