A K T U E L L
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 365. September 2003 AA2257
Hormonersatztherapie
Behörde ordnet neue Risikoangaben an
D
as Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat in einem Stufenplanschreiben angeord- net, dass in die Produktinformationen von Arzneimitteln zur Hormoner- satztherapie (HET) erweiterte Anga- ben zum Risiko von venösen Throm- boembolien, koronarer Herzkrankheit, Schlaganfall, Brustkrebs und Ovarial- karzinom aufgenommen werden. Meh- rere Studien, darunter die „Million Women Study“ (Lancet 2003; 362:419–427), hätten diese Risiken aufge- zeigt. Arzneimittel zur HET sollen da- her nur noch zur Behandlung ausge- prägter Wechseljahrebeschwerden an- gewendet werden. Außerdem wird empfohlen, die Behandlung so kurz und so niedrig dosiert wie möglich durchzu- führen. Für eine jahrelange HET zur
Vorbeugung vor Osteoporose hält das BfArM das Nutzen-Risiko-Verhältnis für ungünstig.
A
uch nach der aktuellen Studie er- höhen Kombinationspräparate aus Estrogenen und Gestagenen das Brust- krebsrisiko erheblich stärker als Estro- gene allein. Die Autorinnen der Studie schätzen, dass 32 von 1 000 Frauen, die keine HET durchführen, zwischen ihrem 50. und 65. Lebensjahr eine Brustkrebsdiagnose zu erwarten ha- ben. Die Anwendung von reinen Estro- genpräparaten über fünf Jahre führe bei 1 000 Frauen zu circa 1,5 zusätzli- chen Brustkrebsfällen. Bei zehnjähri- ger Anwendung solcher Estrogen- Monopräparate treten etwa fünf zu- sätzliche Brustkrebsfälle auf. Bei einer HET mit Kombinationspräparaten aus Estrogenen und Gestagenen sind die entsprechenden Zahlen für zusätzliche Brustkrebsfälle etwa viermal so hoch (sechs beziehungsweise 19). Die Studie zeigt außerdem, dass Frauen, die Arz- neimittel zur HET anwenden, auch einhöheres Risiko haben, an Brustkrebs zu sterben, als Nicht-Anwenderinnen und dass das Brustkrebsrisiko schon in- nerhalb des ersten Behandlungsjahres einer HET mit kombinierten Arznei- mitteln erhöht ist. Bestätigt wird aber ebenso, dass das Brustkrebsrisiko nach Absetzen einer HET innerhalb weni- ger Jahre wieder auf das altersentspre- chende Grundrisiko zurückgeht.
F
ür Ärzte und Anwenderinnen gilt so- mit, so die Behörde, dass insbesonde- re Estrogen-Gestagen-Kombinationen zur Behandlung ausgeprägter Estro- genmangelsymptome nur nach aus- führlicher Aufklärung der Patientin über die bereits im ersten Anwen- dungsjahr zu erwartenden schwerwie- genden Risiken angewendet werden sollten. Dabei müsse die individuelle Gesundheitssituation berücksichtigt werden. Bei Frauen ohne Gebärmutter sollten nur Estrogene und nicht Estro- gen-Gestagen-Kombinationspräparateangewendet werden. EB
Akut
Präventionsangebote
Projekte für Benachteiligte
BKK fordert Anreize für Krankenkassen-Koopera- tion statt Zwangsabgabe.
U
nter dem Motto „Mehr Gesundheit für alle“ haben die Betriebskrankenkassen (BKK) mehr als 20 Einzel- projekte zur Gesundheits- förderung und Prävention in Deutschland gestartet. Sie richten sich an Arbeitslose, Mi- granten, Obdachlose und Kin- der in sozialen Brennpunkten (weitere Informationen unter:www.bkk.de/gesundheit/vesug).
Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Mitglied des Sachverständigenrats für die Konzertierte Aktion im Ge- sundheitswesen. Zudem wur- de eine enge Kooperation mit der Bundeszentrale für ge- sundheitliche Aufklärung ver- einbart, um Informationen und Erfahrungen über qualitätsgesicherte Pro- jekte auszutauschen.
K.-Dieter Voß, Vor- standsmitglied des BKK-Bundesverbands, begründete das Enga- gement damit, dass die Betriebskrankenkas- sen in Sachen Präventi- on und Rehabilitation
„Überzeugungstäter“
seien. Man wolle den Projek- ten weitere folgen lassen, sofern die Politik den Kran- kenkassen die Möglichkeiten dazu lasse. Eine zwangsweise Finanzierung staatlicher Prä- ventionsfonds durch die Kas- sen, wie derzeit vorgesehen, lehnte Voß allerdings ab. Bes- ser sei es, den Akteuren An- reize zu praktischer Koopera- tion zu setzen.
Agenda 2010
„BIT4Health“
Bundesgesundheitsministe- rium vergibt Projekt „Tele- matik/Gesundheitskarte“.
D
ie Auftragsvergabe für ein Projekt zur Einführung der elektronischen Gesund- heitskarte ist ein weiterer Schritt zur Nutzung der Kom- munikationstechnologien im Gesundheitswesen. Diese Modernisierung ist Teil der Maßnahmen, mit der die Agenda 2010 umgesetzt wer- den soll. Das Bundesgesund- heitsministerium hatte hier- für ein Projekt ausgeschrie- ben, das auch die Definition der notwendigen Rahmenar- chitektur und Sicherheitsin- frastruktur für die Gesund- heitskarte umfasst. Bis 2006 stehen dafür 5,3 Millionen Euro zur Verfügung.Einige Grundsteine seien bereits gelegt im Rahmen europäischer Projekte wie TrustHealth sowie durch die
Telematik-Expertise der In- dustrie, erklärte Dr. Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Gesundheitsministerium.
Auch auf Vorarbeiten des Te- letrust, der BundOnline-Ar- beitsgruppen und insbesonde- re des Aktionsforums Tele- matik im Gesundheitswesen könne zurückgegriffen wer- den. Ziel sei es, die bestehen- den Aktivitäten eng miteinan- der zu verzahnen.
Ein Konsortium, dem IBM Deutschland, das Fraunhofer- Institut für Arbeitswissen- schaft und Organisation, SAP Deutschland, InterCompo- nentWare und Orga Karten- systeme angehören, hat den Auftrag für das Projekt
„BIT4Health – Bessere IT für bessere Gesundheit“ erhalten.
Ein Vergabebeirat aus Medi- zininformatikern, Architek- turspezialisten, Gesundheits- ökonomen und Verwaltungs- fachleuten hat das Ministeri- um beraten.
Die elektronische Gesund- heitskarte ist Bestandteil der Gesundheitsreform 2003. Sie soll bis zum 1. Januar 2006 eingeführt werden.
Foto:BilderBox