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Archiv "Europäisches Patentamt: Eine überforderte Behörde" (03.03.2000)

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ie Ablehnung des europäi- schen Patents „EP 0695351“

ist einhellig ausgefallen: Un- ter anderem die deutsche und die ita- lienische Regierung kündigten Ein- spruch an gegen die Patentierung der Erfindung der Universität Edinburgh, welche die „Isolierung, Selektion und Vermehrung von tierischen Transgen- Stammzellen“ betrifft. De facto be- schreibt das Patent die gentechnische Veränderung von Embryonen und lässt keine Zweifel, dass damit auch Menschen gemeint sind. „Im Zusam- menhang mit dieser Erfindung soll der Begriff ,tierische Zelle‘ alle tieri- schen Zellen bedeuten, insbesondere Säugerzellen, inklusive menschlicher Zellen“, definiert der Text des Paten- tes. Das ist nach den Patentrichtlinien rechtswidrig.

Dass das in München ansässige Europäische Patentamt (EPA) seinen

„Fehler einräumt“ und ihn „bedau- ert“, ist nur ein schwacher Trost. Denn man muss davon ausgehen, dass Feh- ler in der Behörde an der Tagesord- nung sind, wenn auch weniger spekta- kuläre. Dazu genügt schon ein Blick in den Jahresbericht des EPA von 1998. Das EPA ist das Produkt des 1977 in Kraft getretenen Europäi- schen Patentübereinkommens. Bis da- hin mussten Erfinder in jedem Land Europas einen eigenen Patentantrag einreichen. Das Patentübereinkom- men, dem bis heute 19 Staaten beige- treten sind, gibt den Erfindern die Möglichkeit, einen einzigen Antrag beim EPA zu stellen und dort auszu- wählen, in welchen Ländern das Pa- tent gelten soll.

Wenn das Amt das Patent erteilt, gilt eine neunmonatige Einspruchs- frist. Ist diese verstrichen, dann zer- fällt das Patent in die beantragten ein- zelstaatlichen Patente. Für das um-

strittene Klon-Patent endet die Ein- spruchsfrist am 8. 9. 2000. Einlegen darf den Protest jeder, der bereit ist, die Gebühr von 1 199 DM zu zahlen.

Einen besonders kritischen Blick auf einen Patentantrag darf man vom EPA grundsätzlich nicht erwarten.

Das Patentamt ist dem eigenen Selbst- verständnis nach eine Behörde für die Erteilung von Patenten, nicht für de- ren Ablehnung. Zitat aus dem Jahres- bericht: „Ein noch effizienteres, ko- stengünstigeres und ganz auf die Be-

dürfnisse des Anmelders ausgerichte- tes Erteilungsverfahren ist das Ziel . . .“, schreibt Ingo Kober, der Präsi- dent des Amtes.

Die erfinderfreundliche Haltung wird noch verstärkt durch den Zwang, sich selbst zu finanzieren. Die Behör- de muss ihre Ausgaben und sogar ei- nen Rentenfonds über die eingenom- men Gebühren decken. 1998 hat das EPA immerhin 1,24 Milliarden DM

eingenommen und sogar einen Über- schuss von 235 Millionen DM erzielt.

Zudem steht das EPA durchaus in Konkurrenz zu den nationalen Pa- tentämtern.

Im Wettbewerb um die Gunst der Erfinder ist deshalb der Ruf des EPA, nicht allzu kritisch zu sein, gut für die Anmeldezahlen und das Gebühren- aufkommen. Doch mittlerweile ist der Marketing-Erfolg zum Hauptproblem geworden. Ein Blick auf den Weg ei- nes Patentes: Der Antrag wird norma- lerweise in zwei Stufen bearbeitet.

Der ersten Schritt ist eine umfang- reiche Literaturrecherche, die den

„Stand der Technik“ feststellt: Was ist bereits erfunden? Was ist schon öf- fentlich beschrieben? 1998 wurden laut EPA-Jahresbericht 120 100 Re- chercheanträge gestellt, 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Diese Recherche führt dazu, dass etwa jeder zehnte An- trag zurückgezogen wird, weil klar wird, dass Voraussetzungen nicht er- füllt sind.

Die übrigen Anträge werden zu- sammen mit den recherchierten Do- kumenten an die Abteilung „Prü- fung“ weitergegeben. Diese müssen dann aufgrund der Unterlagen ent- scheiden, ob der Antrag die drei for- malen Kriterien erfüllt:

❃Neuigkeit: Der Gegenstand des Patentes muss den Stand der Tech- nik übersteigen, und er darf vor dem Prioritätstag nirgendwo auf der Welt A-511

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 9, 3. März 2000

Europäisches Patentamt

Eine überforderte Behörde

Ein Blick in den Jahresbericht des Europäischen

Patentamtes belegt, dass Fehler der Behörde auch zukünftig nicht auszuschließen sind.

D

Gegenstand internationaler Kritik: das Europäische Patentamt in München Foto: dpa

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schriftlich oder mündlich beschrieben worden sein.

❃ Erfinderische Tätigkeit: Die Erfindung muss sich für den Fach- mann des Gebietes nicht in nahelie- gender Weise aus dem Stand der Technik ergeben und das Können des Durchschnittfachmanns übersteigen.

❃ Wirtschaftliche Verwertbar- keit: was in der Regel das kleinste Problem ist.

Arbeitsüberlastung

Insgesamt wird nach der Prüfung ein Viertel der Anmeldungen zu- rückgewiesen oder vom Anmelder zurückgenommen. 1998 haben die 965 Patentprüfer insgesamt 89 300 neue Prüfanträge auf die Schreibtische be- kommen. Bei 220 Arbeitstagen pro Jahr blieben einem Prüfer theoretisch also kaum 19 Stunden, um sich durch die in der Regel mehrere Ordner um- fassenden Unterlagen zu arbeiten.

Die Tatsache, dass die Prüfer dieses Pensum nicht schaffen können, be- kommen die Erfinder auf zwei Weisen zu spüren: Es dauert immer länger, bis über den Antrag entschieden ist: Als das umstrittene Klon-Patent im De- zember letzten Jahres erteilt wurde, hatte der Antrag fünfeinhalb Jahre im Amt gelegen. Die Rückstände an noch nicht bearbeiteten Anträgen hat sich alleine 1998 von etwa 6 900 auf fast 13 900 mehr als verdoppelt.

Die zweite Konsequenz der Ar- beitsüberlastung ist, dass die Prüfer zwangsläufig bei der Sorgfalt Kom- promisse machen müssen. Während

die Behörde „die große Rechtssicher- heit des europäischen Patentes lobt“, stützt der Jahresbericht einen ganz anderen Eindruck. Insgesamt wurde 1998 immerhin gegen eines von 16 EPA-Patenten Einspruch eingelegt.

Eigenartig ist: Für die Bearbei- tung der Einsprüche ist im EPA die- selbe Abteilung zuständig, die das Pa- tent geprüft hat. Trotzdem sind die Chancen recht gut, dass ein Kollege dem anderen Nachlässigkeiten be- scheinigt: Nur etwa eines von drei Pa- tenten hält einem Einspruch stand, ein Drittel wird ganz zurückgezogen, ein Drittel muss zumindest geändert werden. Aus Sicht eines Erfinders zeigt sich die Qualität seines Patentes offenbar weniger darin, ob es ihm er- teilt wurde, sondern ob er es im Streit- fall auch behält.

Doch die Einspruchsquote spie- gelt nicht die gesamte Widerspruchs- rate. Einige erfahrene Patentanwälte lassen lieber die Einspruchsfrist bei der EPA verstreichen, weil sie be- fürchten, dass der für den Einspruch zuständige Beamte nicht kompeten- ter ist als der Prüfer. Sie fechten das Patent dann lieber vor den nationalen Patentämtern an. Während andere Behörden einen zu kleinen Etat als Erklärung für solche Organisations- mängel anführen können, scheidet diese Entschuldigung für das EPA aus. Während sich die Anträge stau- en, macht die Behörde seit Jahren Profite und hat 1998 über flüssige Mit- tel von 420 Millionen DM verfügen können. Geld gäbe es also genug, aus- reichend Personal einzustellen und zu qualifizieren. Klaus Koch

A-514

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 9, 3. März 2000

Chargenrückruf von Mescorit 850

Das Unternehmen Hoffmann-La Roche AG (Grenzach-Wyhlen) ruft folgen- de Chargen des Antidiabetikums Mescorit®850 mit der Packungsgröße 120 Film- tabletten zurück: 759 979 02, 759 980 01, 759 981 01, 759 982 01, 760 204 01, 760 205 01, 760 206 01, 760 207 01, 760 208 01 und 760 298 01.

Grund für den Rückruf ist ein Druckfehler in der Packungsbeilage hinsichtlich der Dosierung für Mescorit 850 (Wirkstoff: Metformin): Hier wird die Tages- höchstdosis unzutreffend mit sechs Filmtabletten angegeben; die korrekte Anga- be lautet drei Filmtabletten. Betroffen sind nur die Packungen zu 120 Filmtablet- ten der oben genannten Chargen.

Das Unternehmen bittet alle Ärzte, ihre Patienten darauf hinzuweisen, dass Mescorit 850 gemäß der ärztlichen Verordnung anzuwenden ist beziehungsweise dass die maximale Tagesdosis drei Filmtabletten beträgt. Mit dieser Maßnahme soll die korrekte Anwendung von Mescorit 850 sichergestellt werden. EB

Neu: Telefonischer Informationsdienst

„Krebsschmerz“

Ab dem 2. März können Patien- ten, Angehörige und Ärzte unter der Telefonnummer 0 62 21/42 20 00 im Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg anrufen und sich über ak- tuelle Erkenntnisse der Forschung und Standards in Diagnostik und The- rapie von Schmerzen bei Krebser- krankungen informieren.

Der mit Mitteln des Bundesmini- steriums für Gesundheit – in Ergän- zung zum Angebot des Krebsinforma- tionsdienstes – eingerichtete Telefon- dienst schafft zusätzliche Kapazitäten für die Beantwortung von Fragen zum Thema Krebsschmerz und -therapie.

Dieser Dienst ist eine Anlaufstelle für Patienten und Angehörige, die nach den bisher in Deutschland erhobenen Daten vielfach nicht genügend dar- über informiert sind, dass es zur Be- handlung von Krebsschmerzen viel- fältige Methoden und international abgestimmte Vorgehensweisen gibt.

Die Zahl der Krebsschmerzpatienten wird in Deutschland auf 480 000 ge- schätzt.

Aber auch speziell für nieder- gelassene Ärzte soll der Zugang zu adäquaten Informationen erleichtert werden. Die Hotline vermittelt indivi- duelle Beratungen mit schmerzthera- peutisch erfahrenen Kollegen und nennt Bezugsquellen für Hilfsmittel und Informationsmaterialien. Ziel die- ser Serviceeinrichtung ist es auch, Vorurteile gegenüber der Verordnung von Opioiden abzubauen.

Der „Informationsdienst Krebs- schmerz“ kooperiert mit dem Schmerz- zentrum, einer Einrichtung der Uni- versitätsklinik für Anästhesiologie der Universität Heidelberg; damit ver- fügt der „Informationsdienst Krebs- schmerz“ über eine direkte Hotline zu den dort tätigen Ärzten. Diese – wie auch andere Schmerztherapeuten der Universitätskliniken Mannheim oder aus den schmerztherapeutischen Praxen im Heidelberger Raum – sind zudem in die Fortbildung der Mit- arbeiter am Telefon und der wis- senschaftlichen Rechercheure einge-

bunden. EB

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