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Archiv "Guinea: Mit Kräutern gegen Malaria und Aids" (04.06.2004)

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ls Verwalter des Mangels macht Ousmane Balde eine gute Figur:

Sein grüner Kaftan mit dem pas- senden Fez auf dem Kopf haben orienta- lischen Chic, das angenehm klimatisierte Büro mit den tiefen Ledersesseln strahlt Macht und Einfluss aus. Ganz im Gegen- satz zu den Szenen, die sich vor seiner Bürotür abspielen: Im Hof des Kreis- krankenhauses der ostguineischen Pro- vinzhauptstadt N’Zerekore schöpfen Frauen in der gleißenden Mittagshitze Wasser aus einem Ziehbrunnen, bereiten für ihre Angehörigen, die in einem der spartanischen Zimmer rund um den Hof behandelt werden, das Essen zu, waschen die Wäsche und verleihen der Klinik das Flair eines afrikanischen Basars.

„Uns fehlen mindestens 50 Betten, Schränke, ein Röntgengerät, Material für den Operationssaal und gut ausgebildete Mitarbeiter“, klagt Balde, der Direktor des Hauses. Die Glücklicheren der Pati- enten bekommen eines der 150 Betten und ein eigenes Moskitonetz. Für viele andere bleibt nur eine Bastmatte auf dem Fußboden.

Wesentlich ärmer als in Guinea geht es in kaum einem anderen Land zu: Im Entwicklungsindex der Vereinten Natio- nen taucht das westafrikanische Land unter 162 Staaten auf dem 150. Platz auf – der Grund wird spätestens beim Blick auf die statistischen Daten zur Gesund- heitsversorgung deutlich: Für 7,3 Millio- nen Menschen stehen gerade einmal 35 Krankenhäuser zur Verfügung, ein Arzt muss theoretisch 10 000 Menschen ver- sorgen. Allerdings nutzten nur etwa 21 Prozent der Bevölkerung die staatlichen Gesundheitszentren – schließlich müssten sie für jede Behandlung etwa zehn Dollar bezahlen, erklärt Ousmane Balde. „Bei einer Bevölkerung, die in der Regel nicht einmal zehn Dollar im Monat verdient, kann sich das kaum jemand leisten.“

Die Säuglingssterblichkeit beträgt 112 auf 1 000 Geburten, jährlich sterben mehr als 60 000 Kinder unter fünf Jahren an den Folgen von Unterernährung und an Malaria. 34 Prozent der Menschen sind mangelernährt, 48 Prozent haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwas- ser, die Lebenserwartung liegt bei 47 T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 234. Juni 2004 AA1661

Guinea

Mit Kräutern gegen Malaria und Aids

Die medizinische Versorgung im westafrikanischen Guinea gehört zu den schlechtesten der Welt.

Klinik in N’Zerekore: Die Versor- gung der Patienten wird von den Familien übernommen.

den USA untersucht. Dabei zeigten 30,9 Prozent der Sportler ein auffälliges Er- gebnis, was vergleichbare Werte für nicht behinderte Jugendliche und Erwachsene einzelner Länder deutlich überschreitet.

Beispielsweise liegt die Prävalenz von versorgungsbedürftigen Hörstörungen Erwachsener (18 bis 44 Jahre) in den USA bei weniger als zwei Prozent und in Deutschland bei zwei Prozent (15 bis 30 Jahre) beziehungsweise vier Prozent (31 bis 60 Jahre), was in diesen Populationen bei einer üblichen Spezifität des Scree- nings von 96 bis 97 Prozent eine deutlich geringere Zahl auffälliger Befunde als die oben genannte erwarten lässt. Der hohe Anteil von Personen mit auffälli- gem Hörscreening unter den Sportlern weist auf eine nicht ausreichende medizi- nische Betreuung von echten Hörstörun- gen, aber auch auf mangelnde Ohrhygie- ne bei häufig kompletter Gehörgangs- blockade mit Cerumen hin.

Es ist nicht überraschend, wohl aber ein Missstand, dass Hörstörungen bei Menschen mit geistiger Behinderung oft nicht erkannt oder, wenn bekannt, nicht mit beständiger Aufmerksamkeit behan- delt werden. Da die Betroffenen meist ohnehin in ihrer Kommunikation bereits gehandicapt sind, sollte eine Hörstörung unbedingt erkannt und versorgt werden.

Die Daten weisen darauf hin, dass die medizinische Betreuung in diesem Be- reich vielfach nicht ausreichend zu sein scheint und akuter Handlungsbedarf für eine Verbesserung der Diagnostik des Hörvermögens, der Ohrhygiene und der weiterführenden Versorgung besteht.

Da das Healthy Athletes Programme bisher noch nicht Teil der Special- Olympics-Veranstaltungen in Deutsch- land war, werden die Ergebnisse der er- sten Hörscreenings im Juni mit Span- nung erwartet. Als freiwillige Untersu- cher und Helfer für dieses medizinisch und sozial sehr sinnvolle Projekt haben sich bislang Fachärzte aus den Bereichen Phoniatrie/Pädaudiologie, Hals-Nasen- Ohren-Heilkunde und Pädiatrie, wei- terhin Audiologen, Akustiker, Hörge- schädigtenpädagogen, Logopäden, Stu- denten und Schüler gemeldet.

Dr. med. Katrin Neumann, Christina Lattermann, M.S.

Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie Johann Wolfgang Goethe-Universität E-Mail: Katrin.Neumann@em.uni-frankfurt.de

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Jahren – Zahlen, die so finster sind, dass man den Eindruck gewinnen könnte, Afrika habe seinen Beinamen „der schwarze Kontinent“ der medizinischen Unterversorgung seiner Bevölkerung zu verdanken.

Im Dorf Koundou gibt es einen von der Kinderhilfsorganisation Plan einge- richteten Gesundheitsposten. In einem Raum befinden sich ein Stufenbett und eine Petroleumlampe – „Geburtszen- trum“ nennt Salamanan Sandouno das karge Zimmer. Sandouno ist der Chef von zwölf medizinischen Gemeindehel- fern, die von Plan in die Präfektur Koun- dou entsandt wurden, um wenigstens die Basisversorgung sicherzustellen. Zusam- men mit den Dorfbewohnern bauen sie Gesundheitsposten und Latrinen, boh- ren Brunnenlöcher und klären über die Gefahren von Aids und Malaria auf – und sind dennoch viel zu häufig auf ihr Improvisationstalent angewiesen. Wenn bei einer Geburt ein Kaiserschnitt not-

wendig wird, muss der Krankenwagen der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Gren- zen“ aus der nächstgrößeren Stadt geru- fen werden. Zwei Stunden dauere die Fahrt über die kaum passierbaren Wege, und oft sei es für Mutter und Kind zu spät, sagt Sandouno.

Siba Bilivogui hat es einfacher. „Wenn ich weiß, an welcher Krankheit ein Pati- ent leidet, gehe ich in den Wald und suche die passenden Kräuter“, erklärt der kaum 1,60 Meter große Mann, der im Dorf Goboela als traditioneller Heiler arbeitet. In einer Hütte bewahrt er kleine Tütchen mit getrockneten Blättern, Rin- den und Kräutern auf, die gegen Schlan- genbisse und Knochenbrüche, Durchfall und Impotenz helfen sollen. Mit religiö-

sem Firlefanz habe das nichts zu tun, be- tont der 61-Jährige. Das Wissen um die Heilkraft der Natur sei Jahrtausende alt, werde vom Vater auf den Sohn vererbt und sei in vielen Fällen erfolgreicher als die westliche Schulmedizin. Der Gesund- heitsposten, den Plan auch in Goboela eingerichtet hat, und die sieben traditio- nellen Heiler des Dorfes machen sich je- denfalls keine Konkurrenz. Jeder wisse, was der andere könne, meint Bilivogui, und selbst bei Epilepsie werde meist auf die Kraft der Naturheilkunde vertraut.

Ein erfolgreiches und vor allem we- sentlich billigeres Modell, um die Ge- sundheitsversorgung Guineas auf Vor- dermann zu bringen? Camara Mamadi hat seine Zweifel. Der Chefgesundheits- planer von Plan prognostiziert eine dü- stere Zukunft. Eine internationale Stu- die, an der Mamadi mitgearbeitet hat, zeigt, dass sich HIV/Aids inzwischen auch in Guinea ausbreiten. Verglichen mit dem südlichen Afrika, wo ganze Ge- nerationen von dem Virus dahingerafft

werden, ist eine Infektionsrate von 2,8 Prozent allerdings noch niedrig.

Doch auch die relative politische Sta- bilität Guineas hat ihre Schattenseiten.

Weil das Land in den vergangenen Jah- ren von Bürgerkriegen weitgehend ver- schont blieb, flüchten viele Bewohner aus Liberia, Sierra Leone, Elfenbeinkü- ste, Mali und Guinea-Bissau bei Unru- hen und Hungersnöten nach Guinea. Ex- perten schätzen, dass 600 000 bis 1,3 Mil- lionen Flüchtlinge vor allem in der so ge- nannten Waldregion um die Provinz- hauptstadt N’Zerekore leben. Eine un- geheure Belastung für die ohnehin kaum vorhandene soziale Infrastruktur. „Viele Menschen kamen in den vergangenen Jahren wegen des Bürgerkriegs aus El- fenbeinküste zu uns“, erklärt Camara Mamadi,„und dort liegt die Infektionsra- te mit Aids bereits bei zwölf Prozent.“ Ei- ne Gefahr, gegen die auch in den Wäl- dern, in denen der traditionelle Heiler Si- ba Bilivogui seine Arzneien sucht, kein Kraut gewachsen ist. Armin Jelenik T H E M E N D E R Z E I T

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A1662 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 234. Juni 2004

Kinderhilfswerk Plan

Plan ist eines der ältesten und größten Kinderhilfswerke der Welt, das nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Deutschland half. Derzeit sind die Helfer in 45 Ländern aktiv. Die Arbeit wird hauptsächlich über Paten finanziert, die eine Patenschaft in Höhe von 25 Euro für ein Kind in einem Entwicklungsland übernehmen. In Deutschland gibt es etwa 150 000 Paten.

Mit dem Geld werden in dem Dorf des Kindes von den Plan-Mitarbeitern Projekte zur Selbst- hilfe angestoßen. Die Dorfgemeinschaft muss einen Beitrag zum Bau von Gesundheitspo- sten, Latrinen, Brunnen oder Schulen leisten. So kommt das Geld aus den Patenschaften dem gesamten Dorf und nicht einer einzelnen Familie zugute.

Wer sich für diese besondere Form der Entwicklungshilfe interessiert, kann sich beim deutschen Plan-Büro in Hamburg melden:Telefon: 0 40/61 14 00, E-Mail: info@plan-deutschland.de. jel Gelbfieberimpfung in Goboela: Spenden ermöglichten diese Impfung. Die Auf- klärungsarbeit der Mitarbeiter von Plan International hat den Großteil der Dorfbe- völkerung vom Sinn der Impfung überzeugt.

Apotheke in Gueckedou: Alle vorrätigen Me- dikamente liegen in der Auslage. Der Apothe- ker kann wegen der häufigen Stromausfälle keine Medikamente lagern, die gekühlt wer- den müssen.

Fotos:Karin Rummel

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