Bevölkerung der Endemiegebiete trotz dieser relativen Seltenheit ge- boten. Dies gilt vor allem für Perso- nen, die in Beruf oder Freizeit Zek- ken besonders ausgesetzt sind. Bei vorübergehendem Aufenthalt in ei- nem Endemiegebiet, etwa als Urlau- ber, Sportler, Wanderer oder Pilze- sammler, ist das Infektionsrisiko ge- ringer.
In den Jahren 1978 bis 1984 wur- den in der Bundesrepublik 42 FSME-Fälle (5,2 jährlich) erfaßt (3), die sich nach Vorgeschichte in Kärn- ten, der Steiermark, Nieder- und Oberösterreich sowie Tirol infiziert hatten, verglichen mit der Zahl der jährlichen Sommerurlauber nur eine kleine Zahl. Die Indikation zur akti- ven Impfung vor einem vorüberge- henden Aufenthalt in einem FSME- Endemiegebiet, sei es in der Bundes- republik oder in Österreich, Ungarn, Tschechoslowakei, Jugoslawien, Schweiz, Schweden oder Finnland, sollte danach gestellt werden, ob in dem betreffenden Gebiet wiederholt FSME-Fälle aufgetreten sind, und ob ausgiebiger Kontakt zur Vegeta- tion beabsichtigt ist. Für den Un- geimpften läßt sich das Risiko, durch den Stich einer Zecke in einem FSME-Naturherd infiziert zu wer- den, auf 1:900 schätzen, das zu er- kranken auf 1:5400 und das auf blei- bende Schäden auf allenfalls auf
1:78 000.
Postexpositions- prophylaxe
Zur Prophylaxe einer FSME nach einem Zeckenstich in einem Endemiegebiet kann FSME-Immun- globulin eingesetzt werden. Bis zum Ablauf der ersten 48 Stunden wer- den 0,1 ml/kg Körpergewicht zur in- tramuskulären Anwendung empfoh- len, anschließend bis 96 Stunden da- nach 0,2 ml/kg Körpergewicht. Diese Maßnahme verspricht, von zehn Er- krankungen sechs zu verhindern (13). Der Einsatz der passiven Im- munisierung erscheint angezeigt in Gebieten mit gehäuftem Vorkom- men von FSME. Außerhalb von Endemiegebieten und bei bereits er- folgter aktiver Immunisierung ist die Gabe von FSME-Immunglobulin
überflüssig. Auch bei der passiven Immunisierung wurde nach gleich- zeitiger Tetanusimpfung einmal eine neurologische Symptomatik ähnlich einer postvakzinalen Polyneuritis be- obachtet. Deshalb sollte eine gleich- zeitige Tetanusimpfung auch hierbei möglichst vermieden werden.
Allgemeine
Schutzmaßnahmen
Auch ohne Immunprophylaxe läßt sich eine FSME verhindern, in- dem Zeckenkontakt vermieden wird.
Hierzu ist es lediglich notwendig, jegliche Berührung und unmittelbar- ste Nähe mit der niederen Vegeta- tion zu meiden. Zum Durchstreifen der Vegetation empfiehlt sich abdek- kende Kleidung, insbesondere ab- schließende Beinkleidung. In der Haut festgebissene Zecken sollten unverzüglich entfernt werden. Hier- zu wird die Zecke mit Öl, Alkohol oder Klebstoff betäubt und unter fe- stem Zupacken, gegebenenfalls mit- tels Pinzette, leicht drehend heraus- gezogen. Die Stichstelle sollte sorg- sam desinfiziert werden. Zum Schutz gegen eine Borrelieninfektion kann sie zusätzlich mit Tetracyclin oder Erythromycinsalbe versorgt werden.
Literatur
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Anschrift für die Verfasser
Privatdozent Dr. med.
Michael Roggendorf
Max von Pettenkofer-Institut für Hygiene und
Medizinische Mikrobiologie Pettenkoferstraße 9a 8000 München 2
NOTIZ
Psychosoziale AIDS- Beratung für Frauen
Die Universität München hat aus Bundesmitteln eine spezielle Be- ratungsstelle für Frauen im Zusam- menhang mit der HIV-Infektion und AIDS eingerichtet. Sie führt telefo- nische und persönliche Beratungen und psychotherapeutische Behand- lungen für Frauen durch, die direkt als Patientinnen oder indirekt als Angehörige betroffen sind, und steht Ärzten und der Öffentlichkeit für In- formationen zur Verfügung. Die Hauptaufgabe besteht in der Beglei- tung infizierter oder AIDS-kranker Frauen. Träger dieses BMJFFG-Mo- dellprojektes „Frauenberatung" ist die Abteilung für Psychotherapie und Psychosomatik der Universitäts- nervenklinik Die Beratungsstelle befindet sich in der Landwehrstra- ße 32 b, 8000 München 2, Telefon:
0 89/55 36 60. ❑
A-1998 (44) Dt. Ärztebl. 86, Heft 27, 6. Juli 1989