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Archiv "Beispielsweise Rabelais und sein Ruhm als Anatom" (17.12.1982)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 50

vom 17. Dezember 1982

Beispielsweise Rabelais und sein Ruhm als Anatom

Daß Fran9ois Rabelais nicht nur ein bekannter Dichter und Humanist, sondern auch ein großer Arzt und Anatom war, erfährt der Leser aus dem äußerst preiswer- ten, hervorragend bebil- derten und geradezu bi- bliophil gestalteten Buch des (verstorbenen) Züri- cher Arztes Dr. Eugen Koch, der jahrzehnte- lang sich im Geiste Hen- ri Dunants um den Schweizerischen Sama- riterbund verdient ge- macht hat. Nebenbei, sozusagen als Hobby, machte er durch bemer- kenswerte medizinisch- historische Publikatio- nen von sich reden.

Eugen Koch: Ärzte, die Ge- schichte machten, Sternstun- den der Heilkunde in 30 Le- bensbildern, Verlag Hofmann- Druck, Augsburg, 1981, 21 x 23 cm, 196 Seiten, 150 Abbil- dungen, Efalin mit farbigem Schutzumschlag, 34 DM

Berühmte und weniger be- kannte Größen vergange- ner Zeiten läßt der Autor mit ihren Biographien' an uns vorüberdefilieren: Es fängt an mit Imhotep (2600 v. Chr.), Hippokrates, Ga- len, Rhazes, Maimonides, Fracastoro und Paracelsus, dann folgen Parö (der Chir- urg), Vesalius, Clowes, Har- vey, Boerhaave, von Swie- ten, Auenbrugger, Heim (der populäre Praktiker) und Hufeland. Danach könnte man fast schon von Anfängen einer modernen Medizin sprechen: Sem- melweis, Virchow, Pasteur, Lister, Goll, Kocher, von Behring, Koch, Röntgen, Osler, Pawlow, Cushing und Sauerbruch, eine inter- nationale Gelehrtengalerie.

Mitten unter ihnen ent- deckt man dann ganz uner- wartet den Dichter Rabe- lais. Der „französische Pa- racelsus", geboren 1494 als Sohn eines Advokaten

(in der Nähe von Chinon), entscheidet sich 1521 Prie- ster zu werden und studiert zunächst Theologie an der Benediktiner-Abtei in Seul- ly, dann an der Universität von Angers. Damals über- setzt er ein Buch von Hero- dot aus dem Griechischen ins Lateinische, aber das

„heidnische" Werk wird sofort beschlagnahmt.

1527 legt Rabelais die Mönchskutte ab und be- sucht verschiedene franzö- sische Universitäten. So kommt er auch in die in ganz Europa berühmte me- dizinische Fakultät von Montpellier, macht dort seinen Doktor der Medizin und verfaßt eigene medizi- nische Abhandlungen, die einen solchen Erfolg ha- ben, daß ihm die Stelle ei- nes Chefarztes am großen Spital Hotel-Dieu in Lyon angeboten wird, wobei ihm seine hervorragenden Sprachkenntnisse und sei-

ne brillante Redekunst den Weg ebneten.

Offen und empfänglich für alles Neue, beginnt er „ex- perimentelle Medizin" zu treiben, und das ist die da- mals in Frankreich so gut wie unbekannte Anatomie.

Da nämlich durch das Kon- zil von Tours (1163) das Se- zieren von Leichen verbo- ten war, zerlegte man Schweine und übertrug sinnigerweise die dort ge- wonnenen Erkenntnisse auf den Menschen! Ausge- rechnet die Italiener mach- ten sich als erste von den Vorschriften der Kirche frei: 1316 erschien die

„Anatomie" von Mondino, ein lange anerkanntes Standardlehrbuch. Rabe- lais war es, der als einer der ersten Ärzte in Frankreich Leichensektionen vor- nahm, und zwar als Dozent

„in aller Öffentlichkeit" vor seinen Studenten.

Eigentlich lebte Rabelais in ständigem Streit mit der konventionellen Medizin, aber was ihm half, waren drei Dinge: Sein Humor, wie er auch in seinen litera- rischen Werken zum Aus- druck kommt, seine „Be- ziehungen", vor allem zur Kirche und zu König Franz I., sowie seine vielen Rei- sen durch Frankreich und Italien (Rom!). Er muß ganz schön clever gewesen sein, dieser Rabelais, zuletzt in der Stellung eines Pfarrers in Meudon, und er hat sich raffiniert an seine Zeit an- passen müssen. Von die- sen Zwängen konnte er sich nur in seiner Dichtung befreien. „Ich will jetzt das große Vielleicht aufsu- chen", soll er sterbend (1553) gesagt haben, und in seinem Testament heißt es: „Ich schulde viel. Ich habe nichts. Den Rest ver- erbe ich den Armen."

Gerhard Uhlenbruck, Köln

Ausgabe B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 50 vom 17. Dezember 1982 61

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