MEDIZIN
5. Für wen kommt ein BRCA1 -Gentest nicht in Frage?
Ein BRCA1-Gentest sollte nicht angeboten und nicht durchgeführt werden, wenn die folgenden Umstän- de gegeben sind:
1. Bei Frauen, die selber von ei- ner BK-Erkrankung betroffen sind:
a) Frauen mit einem einzelnen isolierten Tumor und leerer oder nicht positiver Familienanamnese (siehe 4.1 a und b);
b) Frauen mit einer Erkrankung vor dem 50. Lebensjahr (präme- nopausal) und keiner weiteren BK- Erkrankung in der Familie;
c) Frauen mit Erkrankungsalter über dem 50. Lebensjahr (postme- nopausal) und leerer oder nicht ein- deutiger Familienanamnese (siehe 4.1 a und b);
2. Bei Frauen, die selber nicht von einer BK-Erkrankung betroffen sind, soll ein Gentest generell (siehe 4.2.) nicht durchgeführt werden:
a) wenn die Betreffende das 18.
Lebensjahr noch nicht vollendet hat, oder
b) wenn die ursächliche Mutation bei erkrankten Angehörigen (noch) nicht identifiziert und charakterisiert wurde. Ob ein solcher Nachweis ange- strebt werden kann, ergibt sich aus den unter 4.1. genannten Kriterien.
Es ist nicht auszuschließen, daß einzelne Frauen, bei denen diese Aus- schlußkriterien gegeben sind, den- noch eine BRCA1-Mutation tragen.
Dies ist jedoch a priori so unwahr- scheinlich, daß eine Untersuchung dieses Personenkreises gegenwärtig nicht sinnvoll erscheint.
6. Ziele und Nutzen einer BRCA1 -Genteststudie
Über den wissenschaftlichen Er- kenntnisgewinn hinaus werden die Er- gebnisse einer solchen BRCA1-Gen- teststudie eine gesicherte Basis für die Entscheidung liefern, ob und gegebe- nenfalls in welcher Weise und für wel- chen Personenkreis eine BRCA1- Gendiagnostik in der medizinischen Praxis angeboten werden kann. Der Nutzen einer prädiktiven BRCA1-
KURZBERICHT/FÜR SIE REFERIERT
Gendiagnostik wurde in den Medien schon vielfach verkürzt und in der Re- gel übertrieben positiv dargestellt.
Der eigentliche Nutzen kann gegen- wärtig darin gesehen werden, daß ei- nem Teil der durch eine positive Fami- lienanamnese belasteten Frauen die Sorge um ihre Gesundheit und die ih- rer Töchter genommen werden kann.
Welchen Nutzen betroffene Frauen und ihre Familien aus dem Angebot einer BRCA1-Gendiagnostik tatsäch- lich ziehen, müßte jedoch ebenfalls Gegenstand einer BRCA1-Gentest- studie sein und gezielt ermittelt wer- den. Hierzu gehört insbesondere die Bewertung von präventiven diagnosti- schen und therapeutischen Maßnah- men durch diejenigen Frauen, bei de- nen eine BRCA1-Genmutation nach- gewiesen wurde. Die Vermittlung die- ser Maßnahmen im Rahmen eines zu entwickelnden und zu evaluierenden speziellen Beratungskonzeptes ist hierbei von wesentlicher Bedeutung.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1995; 92: A-2414-2418 [Heft 37]
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Diese Zusammenfassung wurde durch eine adhoc-Gruppe im Rahmen des „Gesamtprogramms zur Krebs- bekämpfung" erarbeitet.
Dr. sc. hum. Jenny Chang-Claude Deutsches Krebsforschungszentrum 69009 Heidelberg (Federführend) Dr. med. Gabriele Hundsdörfer Bundesministerium für Gesundheit Gesamtprogramm zur
Krebsbekämpfung, 53108 Bonn Prof. Dr. med. VValtericnof Universitäts-Frauenklinik Hamburg 20251 Hamburg
Dr. rer. nat. Siegfried Scherneck Max-Delbrück-Centrum für
Molekulare Medizin, 13122 Berlin PD Dr. med. Thomas F. Wienker Max-Delbrück-Centrum für
Molekulare Medizin, 13122 Berlin
Anschrift für die Verfasser:
Dr. sc. hum. Jenny Chang-Claude Deutsches Krebsforschungszentrum Postfach 10 19 49
69009 Heidelberg
Ulkusmedikamente und Sehstörungen
Der Bann des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinproduk- te für die intravenöse Applikation von Omeprazol hat weltweit Verwunde- rung ausgelöst.
Eine Analyse von 94 063 Patien- ten bezüglich Sehstörungen unter der Einnahme von Cimetidin, Famotidin, Nizatidin, Ranitidin und Omeprazol im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne Ulkusmedikamente für die Jah- re 1990 bis 1993 ergab, daß unter kei- nem der analysierten Ulkusmedika- mente ein erhöhtes Risiko vaskulärer oder entzündlicher Augenverände- rungen gegeben ist.
Garcia Rodriguez LA, Mannino S, Wal- lander M A: Ocular safety of antiulcer drugs. Lancet 4,1995; 345: 1059-1060 Centro Espanol de Investigation Farma- coepidemiologica, Universidad Complu- tense de Madrid, Madrid 28040, Spanien
A-2418 (68) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 37, 15. September 1995