A 204 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 5|
5. Februar 2010BÖRSEBIUS
Das Orakel hat zugeschlagen
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er Mann, dessen Name ich später noch nennen werde, hat im letzten Jahr eine ganz furcht- bare Performance hingelegt. Er hat nichts, aber auch gar nichts ver- dient, sondern sogar ein paar Pro- zent für seine Anleger verloren.Nun wäre es aber völlig verfehlt, ihm argumentativ Felsbrocken hin- terherzuwerfen, wie: „Der DAX hat doch zweistellig zugelegt!“
Einmal davon abgesehen, dass bei diesem Indexaufstieg ohnehin vergleichsweise wenige dabei wa- ren (weil der DAX bei dünnen Um- sätzen zugelegt hat), kommt es im- mer auf die Langfristigkeit bei einer Anlageentscheidung an – also auf die Frage, was wird mein Invest- ment in drei, vier, fünf oder mehr Jahren abwerfen. Wer heute Sie- mens, Deutsche Bank, Bayer oder Allianz kauft, kann möglicherweise auch am Ende dieses Jahres wieder nicht reüssieren und wird argwöh- nische Kritiker auf den Plan rufen,
aber wer kennt schon den niedrigs- ten Einstiegskurs. Auf längere Sicht jedoch bin ich ziemlich zuversicht- lich, dass mit diesen Werten noch viel Ertrag ins Portefeuille kommt.
Ja, und was wäre dann zum Bei- spiel mit der Münchener Rück? Das ist ein wirklich guter Einwand. Da- mit komme ich, siehe oben, wieder zum schlechten Performer des Jah- res 2009, dem legendären Warren Buffett nämlich, auch bekannt als Orakel von Omaha.
Die Investmentlegende aus dem US-Bundesstaat Nebraska überzeugt seit Jahrzehnten mit einer ziemlich treffsicheren Nase und deutlichen Überrenditen für seine Investment- gesellschaft Berkshire Hathaway, aber eben in der Langfristbetrach- tung. Buffett kauft nur Werte, deren Geschäftsmodell er versteht und von denen er glaubt, dass deren innerer Wert derzeit von der Börse als viel zu niedrig taxiert wird. Dieses Prin- zip kann so schlecht nicht sein, denn
mit diesem Value-Ansatz hat es der gute Buffett immerhin zu einem Privatvermögen von 37 Milliarden US-Dollar gebracht.
Nun also hat das Orakel von Omaha wieder zugeschlagen und aktuell gemeldet, es habe mehr als drei Prozent an der Munich Re er- worben, den meisten von Ihnen eben doch noch als Münchener Rück be- kannt. Munich Re, die im Herbst letzten Jahres umbenannt wurde, ist im Geschäft für Großrisiken tätig.
Versicherer decken ihre Risiken über sie ab. Es sieht also so aus, dass Buffett wieder einmal Krisenzeiten nutzt, um bei profitablen Geschäften günstig einzusteigen.
Und die Munich Re ist, das lässt sich mit Fug und Recht sagen, ziem- lich gut durch die schlimmen beiden letzten Jahre gesegelt. Für das ver- gangene Jahr dürften die Münchener etwas mehr als zwei Milliarden Euro verdienen, und das soll wohl auch für das laufende Jahr erreicht werden.
Kurzum: Wenn ein seit Jahrzehn- ten erfolgreicher Investor sich einen Wert einverleibt, kann es durchaus erfolgversprechend sein, seiner Fähr- te zu folgen. Auch wenn er kurz - zeitig falschliegt. Vermeintlich. ■