Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 31–32|
8. August 2011 A 1685STUDIEN IM FOKUS
Die Einnahme nichtsteroidaler An- tiphlogistika (NSAID, ausgenom- men Acetylsalicylsäure) begünstigt möglicherweise die Entwicklung von atrialen Arrhythmien, indem sie die Nierenfunktion ungünstig beeinflussen. Frühere Studien leg- ten eine Assoziation zwischen kar- dialen Arrhythmien und der Ein- nahme von NSAID nahe. Die Da- tenlage war aber begrenzt und er- laubte keine Aussagen zu Subtypen von Arrhythmien. Unter diesem As- pekt sind in einer dänischen Fall- Kontroll-Studie Daten von 32 602 Patienten ausgewertet worden, die zwischen 1999 und 2008 mit Vor- hofflimmern oder -flattern stationär aufgenommen worden waren. Dar - unter waren 2 925 Patienten (9 %), die NSAID einnahmen. Die Verord- nungshäufigkeit war höher als in ei-
ner in Bezug auf Alter und Ge- schlecht gematchten Kontrollgrup- pe (n = 325 918) ohne kardiale Ar- rhythmien, in der 21 871 Patienten (7 %) NSAID einnahmen.
Für Neuanwender nichtselekti- ver NSAID (Einnahmebeginn in- nerhalb der letzten 60 Tage vor In- dexzeitpunkt) ergab sich eine Inzi- denzrate von 1,46 (95-%-Konfi- denzintervall (KI) 1,33–1,62). Für COX-2-Inhibitoren betrug die In - zidenzrate sogar 1,71 (95-%-KI 1,56–1,88). Für die Gesamtgruppe (Neuanwender und Einnahme bis zu 365 Tagen vor Indexzeitpunkt) lagen die Inzidenzraten bei 1,33 (95-%-KI 1,26–1,41) für nichtse- lektive NSAID und 1,50 (95-%-KI 1,42–1,59) für COX-2-Inhibitoren.
Für Diclofenac war das Risiko höher als bei Naproxen oder Ibu-
profen, für Celecoxib höher als für (das vom Markt genommene) Rofe- coxib. Bei COX-2-Hemmern war die Inzidenzrate vor allem bei Pa- tienten mit rheumatoider Arthritis (Inzidenzrate 2,49), und bei Patien- ten mit chronischen Nierenerkran- kung (Inzidenzrate 2,87) erhöht.
Fazit: Auf 1 000 Patienten, die eine Therapie mit nichtselektiven NSAID beginnen, kommen statis- tisch vier zusätzliche Erkrankungen an atrialen Arrhythmien pro Jahr, bei COX-2-Hemmern sind es sie- ben. Herzflimmern oder -flattern sollten als kardiovaskuläres Risiko bei der Verordnung von NSAID be- rücksichtigt werden, resümieren die Autoren. Rüdiger Meyer
Schmidt M, Christiansen CF, Mehnert F, Roth- man KJ, Sorensen HT: Non-steroidal anti-in- flammatory drug use and risk of atrial fibrilla - tion or flutter: population based case-control study. BMJ 2011; published online doi:10.1136/bmj.d3450 UNERWÜNSCHTE WIRKUNGEN VON SCHMERZMITTELN
Nichtsteroidale Analgetika begünstigen Arrhythmien
Durch eine Transkatheter-Aorten- klappen-Implantation (TAVI) lässt sich die Letalität bei Hochrisikopa- tienten mit Aortenstenose, bei de- nen ein herzchirurgischer Eingriff zu riskant wäre, senken. Ob der mi- nimal-invasive Eingriff dem übli- chen chirurgischen Aortenklappen- ersatz ebenbürtig ist, wurde in einer randomisierten Studie bei 699 Hochrisikopatienten mit schwerer Aortenklappenstenose geprüft. Die Patienten wurden mit TAVI (trans- femoral oder transapikal) oder chirurgisch behandelt. Mit der Stu- die sollte die Nichtunterlegenheit des minimal-invasiven Verfahrens belegt werden, primärer Endpunkt war die 1-Jahres-Letalität.
Die 30-Tages-Letalität lag in der TAVI-Gruppe mit 3,4 % niedriger als im Vergleichsarm mit 6,5 %.
Der Unterschied war nicht signifi-
kant. Die 1-Jahres-Letalität betrug 24,2 % nach TAVI und 26,8 % nach OP (p = 0,44). Der p-Wert für die Nichtunterlegenheit liegt bei 0,001;
diese gilt damit als belegt.
Allerdings erlitten mit 3,8 vs.
2,1 % mehr Patienten unter TAVI schwere Schlaganfälle (p = 0,20) in den ersten 30 Tagen postoperativ und mit 5,1 vs. 2,4 % auch inner- halb eines Jahres (p = 0,07). Eben- falls traten unter TAVI signifikant häufiger Gefäßkomplikationen auf (11,0 % vs. 3,2 %, p < 0,001); ande- re Nebenwirkungen waren unter TAVI seltener: vor allem schwere Blutungen (9,3 % vs. 19,5 %, p < 0,001) und neu auftretendes Vorhofflimmern (8,6 % vs.16,0 %, p = 0,006).
Fazit: Die Studie ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Beurteilung der
klinischen Relevanz des katheter- gestützten Klappenersatzes, so die Bewertung von Prof. Dr. med. Dr.
h. c. Friedhelm Beyersdorf, Univer- sitätsklinikum Freiburg. Die Daten belegen zum einen, dass der konventionelle Aortenklappenersatz sogar bei Hochrisikopatienten bei der 30-Tages- und 1-Jahres-Letali- tät nicht signifikant schlechter ist als mit TAVI, auch wenn es einen Trend bei der 30-Tages-Letalität zu- gunsten der TAVI-Gruppe gibt.
Zum anderen gibt es bei den Kom- plikationen zwischen beiden Grup- pen signifikante Unterschiede: häu- figere Gefäßkomplikationen bei TAVI einerseits und Neuauftreten von Vorhofflimmern beim konven- tionellen Klappenersatz anderer- seits. Christine Vetter
Smith CR, et al.: Transcatheter versus surgical aortic-valve replacement in high-risk patients.
NEJM 2011; 364: 2187–98.
Die Studie wurde unterstützt von Edwards Life- sciences.
METHODENVERGLEICH ZUR IMPLANTATION EINER AORTENKLAPPE